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Ver- und Überschuldung Jugendlicher, Heranwachsender und junger Erwachsener

Ein schwieriger Start ins Erwachsenenleben

AutorB. Repp
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl113 Seiten
ISBN9783638784764
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Allgemein, Note: 1,0, Fachhochschule Düsseldorf, 85 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In der Jugendsozialarbeit begegnen mir immer wieder die verschiedenen Konsummuster von Jugendlichen aus allen Gesellschaftsschichten. Bedürfnisse, Wünsche und Träume verändern sich mit den Jahren und können zu Handlungsmustern führen, die nicht unproblematisch sind. Die Wertigkeiten im Rahmen des Konsums, die Zahlungssysteme, Prioritäten bei der Wahl des Geldausgebens sowie die gewünschten Besitzstände, um in der Peergroup anerkannt zu sein, haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Gab es bspw. in meiner Generation im Jugendalter das Bargeld als einzig verfügbares Zahlungsmittel, verfügen Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene heute in der Regel neben dem Bargeld über eine eingeschränkt nutzbare EC - Karte, eine Geldkarte auf der EC - Karte sowie über ein Handy, mit dem bezahlt, bzw. eingekauft werden kann. Das PayPal Zahlungssystem im Internet hat sich für die heranwachsende Generation etabliert, der virtuelle Umgang mit unsichtbarem Geld wird praktiziert. Schon dieses Beispiel zeigt auf, dass sich Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene heutiger Zeit andere Kompetenzen im Umgang mit Geld aneignen müssen, als es vor wenigen Jahren der Fall war. In den Medien wird der Konsum junger Menschen und ihre Ver- und Überschuldungssituation in regelmäßigen Abständen behandelt, oft mit negativem Unterton. Seit einigen Jahren beschäftigen sich namhafte Firmen der freien Wirtschaft, verschiedene Ministerien, Schuldnerberatungsstellen und Schulen mit diesem Thema. Die Erwartung scheint nach den vorliegenden Erfahrungen zu sein, dass sich der Konsum junger Menschen und im Besonderen ihre Verschuldung in den kommenden Jahren verschärfen wird, was verschiedene Studien der letzten Jahre eindrucksvoll belegen. Thema dieser Diplomarbeit ist es, den Start in das Erwachsenenleben unter dem Aspekt der Ver- und Überschuldung junger Menschen zu beschreiben, verschiedene Begriffe des Konsums und der Verschuldung sowie mögliche Ursachen zu klären und Initiativen aufzuzeigen, um Auswege zu ermöglichen.

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Leseprobe

2  Was ist Jugend?


 

Auf der einen Seite weiß jeder, was „die Jugend“ bzw. „das Jugendalter“ ist, da jeder diese Zeit selbst erlebt hat und als markante Phase des eigenen Lebens in Erinnerung haben wird. Auf der anderen Seite tun sich die Sozialwissenschaften schwer, genau zu definieren, was im Kern die Besonderheit dieses außergewöhnlichen Lebensabschnitts ist.

 

Diskussionen über „die Jugend“ und vor allem Jugendprobleme aller Art gehören seit langem zum Alltagsdiskurs, deutlich wird dies nicht zuletzt  z.B. an dem gesteigerten Interesse der deutschen Print-, Rundfunk- und Fernsehmedien, welche in regelmäßigen Abständen das Thema Jugend aufgreifen und meist einseitig beleuchtet publizieren (bspw.: Spiegel: 2001, S. 116).

 

Differenzierter versucht die Fachliteratur das Problem des Jugendalters auf den Punkt zu bringen: „Die ganze Jugend ist ein einziges großes Fadensuchen“ (Göppel, R. 2005 S. 3) so Göppel in seinem Buch „Das Jugendalter“. Die Geschichte der Theorien über Besonderheiten des Jugendalters und ihre möglichen Ursachen können jedoch ebenso als „Fadensuchen“ oder als großes Knäuel vieler Fäden von unterschiedlichen Erklärungen, Beschreibungen und Deutungen dargestellt werden. So ist es nicht verwunderlich, dass der Begriff Jugend in den verschiedenen Sozialwissenschaften und auch in den einzelnen Forschungsrichtungen eines Wissenschaftszweiges oft nicht eindeutig definiert und nicht immer präzise beschrieben wird.

 

Es existieren also unterschiedliche Definitionen der verschiedenen Altersstufen, die sich im Laufe der Zeit immer wieder geändert und verschoben haben (vgl. Stangl, W.: 2006a).

 

Eine Jugend- oder Adoleszenzphase hat es in der Vergangenheit für heranwachsende Men­schen nicht immer und überall gegeben. Ebenso wie ihr nicht immer ein Eigenwert zugestan­den wurde.

 

„Das Jugendalter gibt es als eigenständige Phase der Entwicklung des Menschen etwa seit der Zeit der Industrialisierung zu Beginn des letzten Jahrhunderts“ (Stangl, W.: 2006a). Die bis zu diesem Zeitpunkt übliche Kinderarbeit und oftmals unqualifizierte Arbeit vieler Erwachsener wurde ersetzt durch eine systematische Ausbildung der Fähigkeiten und Fertigkeiten von Ju­gend­lichen und - damit einhergehend - auch der Einführung einer allgemeinen flächende­ckenden Schulpflicht sowie einer berufsschulischen Ausbildung.

 

Vor dem 19. Jahrhundert gab es praktisch keine eigenständige anerkannte Periode des Jugend­alters (Stangl, W.: 2006a).

 

Nach heutigem Verständnis umfasst die Phase der Pubertät jenen Zeitraum, in dem junge Men­schen besonders einschneidende biologische sowie physiologische Veränderungen durch­machen und mit ihnen korrelierende psychische und soziale Entwicklungen beginnen. Dabei handelt es sich meist um eine längere und differenzierte Phase mit zeitlich offenen Grenzen nach oben und unten.

 

Wird die Pubertät also als heterogene und kontingente  Lebensphase begriffen, so ist es kaum möglich, sie mit Hinweis auf ein bestimmtes Lebensalter absolut zu definieren.

 

Aus soziologischer Sicht herrscht in der Frage des Übergangs vom Status Kind zum Status Jugendlicher zum Status Erwachsener weitgehend Einigkeit: Der Übergangsprozess vom Status Kind zum Jugendlichen ist auf keinen festen Zeitpunkt nach biologischem Alter fest­zulegen. Üblicherweise beginnt dieser Prozess in unserem Kulturkreis jedoch im Alter von 12 bis 14 Jahren, wenn die erste soziale Ablösung von den Eltern zugunsten von Gruppen Gleichaltriger beginnt, welche dann mit der Selbstbestimmung der Sozialkontakte einhergeht.

 

Der Statuswechsel vom Jugendlichen zum Erwachsenen kann aus soziologischer Sicht eben­falls nicht am biologischen Alter festgemacht werden. „Der Übergang in den Erwachsenen­status gilt dann als vollzogen, wenn in den zentralen gesellschaftlichen Positionen die volle Selbstständigkeit als Gesellschaftsmitglied erreicht ist“ (Hurrelmann, K. 1997 S. 42).

 

Folgende Bereiche der Erwachsenenrolle müssen erlernt und vollzogen sein, damit sich der Statuswechsel vom Jugendlichen zum Erwachsenen vollziehen kann:

 

1. das Erlernen von intellektuellen und sozialen Kompetenzen, um die berufliche Rolle ausüben zu können, einschließlich der Rolle als ökonomisch selbstständig Handeln­der,

 

2. die Entwicklung der eigenen Geschlechtsrolle und des sozialen Verhaltens zu Gleich­altrigen, um die partnerschaftliche Rolle, einschließlich der als eigenverant­wortlicher Familiengründer, übernehmen zu können.

 

3. die Entwicklung von Handlungsmustern für den Freizeit- und Konsumbereich, um der Rolle als Kulturbürger, einschließlich der selbstständigen, vernünftigen Teil­habe unter Marktbedingungen als Konsument gerecht zu werden,

 

4. die Entwicklung eines eigenen Wert- und Normensystems, sowie eines ethischen und politischen Bewusstseins, um der Rolle als politischer Bürger, also bspw. Trä­ger einer öffentlichen Verantwortung, gewachsen zu sein.

 

Sind diese Handlungssektoren von dem Jugendlichen erlernt und hat er sich diese Kompe­tenzen und Fähigkeiten zueigen gemacht, ist der Übergang vom Jugendlichen zum Erwach­senen aus soziologischer Sicht vollzogen (vgl. Lange, E.: 2004 S. 23ff).

 

2.1 Jugend als klar definierter Altersabschnitt


 

Um Rechtsansprüche und institutionelle Verpflichtungen regeln zu können, sind klare be­griffliche Abgrenzungen für die Handhabbarkeit von Gesetzestexten erforderlich, auch wenn diese nichts über die körperliche oder seelische Reife eines Menschen aussagen, da diese wie beschrieben in der  Adoleszenzphase sehr unterschiedlich ausfallen können.

 

Das SGB VIII  legt sich im Rahmen seiner Begriffsbestimmung folgendermaßen fest:

 

„Nach §7 SGB VIII im Sinne des Buches ist:

 

1. Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist…

2. Jugendlicher, wer 14, aber noch keine 18 Jahre alt ist,

3. junger Volljähriger, wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist,

4. junger Mensch, wer noch nicht 27 Jahre alt ist“ (Stascheid, U.: 2006 §7 110).

 

In §1 des JuSchG wird die Definition des SGB VIII §7 Abs. 1 und 2 wiederholt (vgl.: Sta­scheid, U.: 2006 §1 111).

 

Das StGB schützt das Kind in §19 StGB mit der Schuldunfähigkeit, solange das 14. Lebens­jahr noch nicht erreicht ist. Ab dem 14. Lebensjahr benennt §§ 1,3 JGG:

 

 §1 JGG Abs. 2: „Jugendlich ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist“.

 

 §3 JGG Verantwortlichkeit: „Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Un­recht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln“.

 

(Stascheid, U.: 2006 §§1,3 231).

 

Das BGB dagegen benennt in §1 BGB den Beginn der Rechtsfähigkeit, in §2 BGB den Ein­tritt in die Volljährigkeit und in §104 die Geschäftsunfähigkeit eines unter 7jährigen sowie in §106 die beschränkte Geschäftsfähigkeit vom 7. bis zum 18. Lebensjahr (BGB, 2006 S. 8, 23, 24). So gesehen kennt das BGB den Beginn der Rechtsfähigkeit mit der Geburt, und den Zeitraum bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs als aufgrund des Alters zu schützende Le­bensphase. Die folgende Tabelle soll Lebensalter und Rechtsposition verdeutlichen:

 

Tabelle 3.1: Lebensalter und Rechtsposition

 

  

 

(vgl. Hurrelmann, K. 1997 S. 44f)

 

Auch wenn diese Aufstellung der Rechtspositionen junger Menschen hilfreich bei der Ein­grenzung des Begriffs Jugend ist, kann trotz ihrer Detailliertheit nichts Verbindliches über den Entwicklungsstand eines Einzelnen ausgesagt werden.

 

2.2 Definitionsgrundlage


 

Um im Rahmen dieser Diplomarbeit eine eigene Definition und klare Altersabschnitte junger Menschen erklären zu können, ist es sinnvoll, den Begriff Jugend weiterhin in der Fachlite­ratur anzusehen, zumal sich dieser in den vergangenen Jahren immer wieder gewandelt hat.

 

Während die erste Shell Jugendstudie aus dem Jahr 1953 den Titel „Jugend zwischen 15 und 24“ trug, untersuchte die gleiche Studie 2002 die Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 25 Jahren (vgl.: Hurrelmann, K. 2002 S. 31f).  In dieser, wie auch in der nachfolgenden Studie wird darauf verwiesen, dass sich besonders die Ausbildungszeiten in den vergangenen Jahr­zehnten für junge Menschen deutlich verlängert haben, wodurch ein Verschieben der Alters­grenzen bei dem Erstellen repräsentativer Studien nötig wurde. So werden bspw. in der Ju­gendstudie von Zinnecker aus dem Jahr 2001 mit dem Titel „null zoff & voll busy“ junge Menschen im Alter von 10 - 18 Jahren befragt (vgl. Zinnecker, J. 2003).

 

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