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Die Grundlagen der Rechnungslegung nach HGB

Das aktuelle Bilanzrecht und die geplanten Änderungen durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilMoG)

AutorTobias Hüttche
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl194 Seiten
ISBN9783638908412
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Fachbuch aus dem Jahr 2008 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Fachhochschule Erfurt, 29 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Rechnungslegung wird mitunter als die Sprache der Wirtschaft bezeichnet. Finanzielle Informationen werden kommuniziert, dann aufgenommen und müssen schließlich verstanden werden. In Deutschland existiert bezüglich der Rechnungslegung noch eine Zwei-Klassen Gesellschaft: Auf der einen Seite börsennotierte Konzerne, deren Mutterunternehmen spätestens ab dem 1.1.2007 Konzernabschlüsse nach den IFRSs erstellen müssen. Andererseits kleine und mittlere Unternehmen, die unverbunden und regional tätig sind und auch weiterhin nach HGB und Steuerrecht bilanzieren. Daran wird sich zumindest mittelfristig nichts ändern. Das Handelsrecht bleibt die Referenznorm für das Steuer- und Gesellschaftsrecht. Die Vorschriften über die Kapitalerhaltung und Ausschüttung rekurrieren ebenso auf einen nach handelsrechtlichen Vorschriften aufgestellten Jahresabschluss, wie die steuerliche Gewinnermittlung. Ein großer Teil der Absolventen betriebswirtschaftlicher Studiengänge wird in Unternehmen tätig sein, deren Rechnungslegung - und damit auch das interne Berichtswesen - nach Handelsrecht erfolgt. Auch wenn das HGB auf lange Sicht ein 'Auslaufmodell' sein mag, sprechen auch didaktische Gründe für die weitere Beschäftigung. Das HGB liegt uns bereits sprachlich nah. Die in den vergangenen Jahrzehnten erschienene Literatur erleichtert den Zugang und hilft ein tiefes Verständnis für die Grundprinzipien und Grundprobleme der Rechnungslegung zu entwickeln. Es ist wie mit Latein: Erst eine 'tote' Sprache schafft Verständnis und zeigt Strukturen des 'lebendigen' Worts. Da man immer durch Vergleichen lernt, dient das HGB damit auch als Ausgangspunkt und Referenzsystem, wenn es um neue Gesetze oder Standards geht. Die Ausführungen berücksichtigen den aktuellen Rechtsstand (Januar 2008). Auf den vorliegenden Referentenentwurf eines Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) wird in einem gesonderten Kapitel eingegangen und an den entsprechenden Stellen vermerkt, wo sich Änderungen ergeben können.

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Leseprobe

2 Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung


 

2.1 Funktionen der externen Rechnungslegung


 

Die periodische Bestandsaufnahme diente zunächst der Vermögenskontrolle, ?übersicht und ?verteilung.[21] Bis in das 19. Jahrhundert hinein galt, dass Gewinne erst bei Beendigung der Gesellschaft errechnet und verteilt werden. Gesellschafterwechsel oder Privatentnahmen waren nur möglich, wenn Gesellschaften befristet, also auf etwa 2 bis 4 Jahre gegründet wurden. Bis Ende des 19. Jahrhunderts allgemeine Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften erlassen wurden, bestand zwischen einem Inventar und einer Bilanz kein materieller Unterschied.

 

Mit der Industrialisierung stieg der Kapitalbedarf der Unternehmen. Als Geldgeber fungierten Banken oder Aktionäre, die von der Geschäftsführung ausgeschlossen waren und keinen unmittelbaren Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens hatten. Mit der Trennung von dem Eigentum an und der Verfügungsgewalt über Kapitalien, trat neben die Selbstinformation die Rechenschaft gegenüber Dritten als wichtige Aufgabe der Rechnungslegung.[22] Neben dieser Informationsfunktion ermittelt dient der Jahresabschluss auch der Ermittlung von Zahlungsbemessungsgrundlagen. Die Gesellschafter werden bei ihren Ausschüt­tungen zunächst auf die erwirtschafteten Gewinne verwiesen.

 

Die handelsrechtlichen Vorschriften dienen in diesem Zusammenhang der Objektivierung. Das ausgewiesene Zahlenwerk ist nicht vom Ermessen des Managements abhängig, sondern wird nach für jeden einsehbaren und nachvollziehbaren handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden ermittelt.

 

Die neuere Betriebswirtschaftslehre sieht das Unternehmen als einen Zusammenschluss unterschiedlicher Personenkreise, als Koalition. Alle Beteiligten verfolgen mit ihrem Engagement spezifische, u. U. divergierende Interessen. Dem Unternehmen kann nicht zugemutet werden, für jeden Interessenten eine gesonderte Rechnung aufzustellen. Der Jahresabschluss dient hier als Kompromiss, über dessen Ausgewogenheit die Meinungen freilich auseinandergehen.

 

Dimension und Tiefe der möglichen Interessengegensätze werden bei der börsennotierten Aktiengesellschaft am deutlichsten. Der Unternehmensführung dient ein hohes Ergebnis als Nachweis einer erfolgreichen Tätigkeit. Die Aktionäre sind je nach Größe des Engagements an hohen Ausschüttungen (Minderheitsaktionäre) oder an langfristiger Substanz- und Kapitalerhaltung (Mehrheitsaktionär) interessiert. Die Arbeitnehmer wollen aus dem Jahresabschluss auf den wirtschaftlichen Erfolg und damit auf die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze schließen, der Fiskus schließlich will das zu versteuernde Einkommen feststellen. Insbesondere der Konflikt zwischen Unternehmensführung und Kleinaktionären sorgt für mitunter turbulente Hauptversammlungen.

 

In der GmbH ? insbesondere sofern es sich um solche mittlerer Betriebsgröße handelt ? werden die Konflikte zwischen Geschäftsführer und Gesellschafter nicht in dieser Schärfe auftreten. Sofern von deren Personalunion in Form des geschäftsführenden Gesellschafters ausgegangen werden kann, ist die Hauptaufgabe des GmbH-Abschlusses in der Informationsfunktion zu sehen. Die Gewinnermittlungsfunktion tritt jedoch gerade bei Auseinandersetzungen innerhalb des Gesellschafterkreises in den Vordergrund.

 

Die Interessenkonflikte, die sich bei der Kapitalgesellschaft im Regelfall zwischen Insidern und Outsidern ergeben, finden bei der Personengesellschaft auch in das Innenverhältnis Eingang. Das für die Personengesellschaft ermittelte Ergebnis dokumentiert nicht nur die Leistungsfähigkeit dieser wirtschaftlichen Einheit, sondern bildet auch die Grundlage der individuellen Einkommen der Gesellschafter. Interessenkonflikte, die sich aus den unterschiedlichen steuerlichen Situationen der Gesellschafter und deren individueller Einkommenserwartungen ergeben, sind dadurch vorgezeichnet.

 

2.2 Instrumente der externen Rechnungslegung


 

2.2.1 Bedeutung von Größe und Rechtsform der Unternehmen


 

2.2.1.1 Buchführungspflicht

 

Unter Buchhaltung versteht man die systematische und geordnete Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen. Buchhaltung entsprechend den handelsrechtlichen Grundsätzen bezeichnet man als Buchführung.

 

In ihrer einfachen Form erfasst die Buchführung nur Veränderungen des Reinvermögens, also der Aktiva und Passiva. Diese, auch explizit als einfache Buchführung bezeichnete Aufzeichnungsform ermittelt den Gewinn auf Grundlage eines Bestandsvergleichs. Es gilt dabei

 

Reinvermögen t1 – Reinvermögen t0 = Gewinn der Periode t1

 

Jede Gewinnermittlung setzt dabei die Erfassung und Bewertung von Vermögen und Schulden voraus. Eine zeitnahe und wirtschaftliche Selbstinformation des Kaufmanns ist damit kaum möglich.

 

Werden die Veränderungen des Reinvermögens – also Aufwendungen und Erträge – hingegen unmittelbar auf Erfolgskonten erfasst, erübrigt sich der Bestandsvergleich: Der Gewinn oder Verlust der Periode ergibt sich als Saldo der Erträge und Aufwendungen. Dieser Betrag muss bei Einhaltung der buchhalterischen Regeln auch mit der Reinvermögensänderung übereinstimmen. Diese Form der Buchführung bezeichnet man als doppelte Buchführung. „Doppelt“ ist sie in mehrfacher Hinsicht:

 

(1) Der Gewinn wird durch den Saldo von Stromgrößen (Erträge und Aufwendungen) und den Saldo von Bestandgrößen (Reinvermögen zu Beginn und Ende der Abrechnungsperiode) ermittelt.

(2) Buchungen werden auf Bestandskonten und Erfolgskonten vorgenommen.

(3) Jeder Buchungssatz spricht mindestens zwei Konten und zwar jeweils im Soll und Haben an.

 

Nach § 238 Abs. 1 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen. Das HGB ist das Sonderrecht der Kaufleute. Es dient der Beschleunigung und dem Schutz des Rechtsverkehrs. Nach § 1 Abs. 1 HGB gilt jedes Handelsgewerbe als Kaufmann. Als Handelsgewerbe qualifiziert wiederum ein Gewerbebetrieb, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Ein Gewerbebetrieb verfolgt einerseits eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und die Absicht der Gewinnerzielung. Andererseits wird auch ein in einer kaufmännischen Art und Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich sein (Führung von Kontokorrent, Warenlager, Ladenlokal etc.).[23] Gemäß § 29 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, seine Firma und den Ort seiner Handelsniederlassung bei dem Gericht, in dessen Bezirke sich die Niederlassung befindet, in das Handelsregister einzutragen.

 

Andere selbständige und freiberufliche Tätigkeiten (§ 18 EStG ? Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, Veräußerungsgewinne aus selbständiger Arbeit) sowie Tätigkeiten in der Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) sind keine Gewerbebetriebe.

 

Um auch Kleingewerbetreibenden, also solchen, die nach Art und Umfang ihres Gewerbes eben nicht zwingend als Kaufleute gelten, den Zugang zum Handelsrecht zu ermöglichen, werden diese mit der (freiwilligen) Eintragung zu Kaufleuten. Während die Eintragung des Istkaufmanns in das Handelsregister deklaratorisch ist, hat eine Eintragung des Kannkaufmanns rechtserzeugenden Charakter. Eine Nichteintragung hat den umgekehrten Effekt, es kann keine Kaufmannseigenschaft zugesprochen werden, es wird dementsprechend von Nichtkaufleuten gesprochen. Bei Formkaufleuten, also Handelsgesellschaften qua Rechtsform wie oHG, KG, AG oder GmbH, ist die Kaufmannseigenschaft an die Rechtsform geknüpft. Ist diese wirksam entstanden – i. d. R. geschieht dies mit der Eintragung im Handelsregister – qualifizieren sie als Kaufleute.

 

 

 

Abbildung 2: Feststellung der Kaufmannseigenschaft

 

Quelle: Coenenberg et al. [2004], S. 52

 

Beginn und Ende der Buchführungspflicht bestimmt sich bei Kaufleuten i. S. d. § 1 HGB nach Beginn und Einstellung des Handelsgewerbes.[24] Kannkaufleute i. S. d. § 2 HGB sind mit Eintragung in das Handelsregister zur Buchführung verpflichtet und werden mit Löschung davon entbunden. Für Formkaufleute i. S. d. § 6 HGB gilt die Buchführungspflicht von Gründung der Gesellschaft an (§ 91 AktG, § 41 GmbHG, § 33 GenG) und endet mit deren Auflösung (§ 145 HGB, § 262 AktG, § 60 GmbHG, § 78 GenG). Im Insolvenzfall endet sie mit Abschluss des Verfahrens.

 

Die Buchführungspflicht ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht. Sie obliegt bei der Kapitalgesellschaft den Geschäftsführern bzw. dem Vorstand, bei der Personengesellschaft den geschäftsführenden Gesellschaftern.[25] Bei einer GbR besteht – da es sich um ein nicht kaufmännisches Unternehmen handelt – keine...

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