2 Das Angebot der Natur
Die historisch ältesten vom Menschen genutzten Energieformen sind erneuerbare Energien. Bereits weit vor Christi Geburt wurden sie zum Antrieb von Schiffen, von Windrädern und von Wasserrädern verwendet. Es wurde mechanische Energie erzeugt. Die Wärmeenergie kam entweder direkt von der Sonne oder aber durch Verbrennen von Holz, dessen Wachstum durch die Aufnahme von Sonnenenergie ermöglicht wird. Die zunehmende Zahl der Bevölkerung und ihre Sesshaftigkeit führten bereits im Mittelalter dazu, dass der Energieträger Holz in manchen Teilen Mitteleuropas knapp wurde. Steinkohle war zwar seit dem 9. Jahrhundert in England bekannt, und im Aachener Raum ist ihr Abbau seit ungefähr 1100 herum bezeugt. Die abgebauten Mengen waren jedoch produktionstechnisch bedingt gering. Gemeinsam mit bahnbrechenden Entwicklungen der Energietechnik, wie beispielsweise der Erfindung der Dampfmaschine 1769 oder später des elektrischen Generators, taten sich ganz neue Welten der Mechanisierung in der Produktion, aber auch bei der Mobilität auf. Steinkohle – aber auch Erze – ließen sich nun in großen Mengen abbauen.
Die Menschen erfuhren eine allgemeine Steigerung des Lebensstandards. Auf Erdöl wurde man erst später aufmerksam. Es entwickelte sich aufgrund seiner Eigenschaften schnell zum wichtigsten Energieträger für die Versorgung der Menschheit und ist es bis heute geblieben. Erdgas und Kernenergie sind auf der Zeitachse der Energienutzung noch jüngere Energieträger.
Holz und Torf spielen heute in der Energieversorgung der Industrieländer keine Rolle mehr. In den armen Entwicklungsländern dagegen ist Holz für die Landbevölkerung nach wie vor ein wichtiger Energieträger, der teilweise auch über Händler kommerziell gehandelt wird. Er dient insbesondere dazu, warme Mahlzeiten zuzubereiten. In den meisten Fällen wird mehr Holz genutzt als nachwächst. Dies führt zu zum Teil katastrophalen Folgen für die Umwelt: Am Rande von Wüstengebieten, beispielsweise der Sahelzone in Afrika, dehnt sich die Wüste aus, weil Sträucher abgeholzt wurden, die das Wachsen der Wüste aufhalten sollten. Auf Madagaskar beispielsweise spült der Monsunregen den Mutterboden von den Hängen, eine Wiederaufforstung ist danach nicht mehr möglich. Eine offizielle Statistik über die Holznutzung gibt es nicht. Aber Schätzungen zufolge werden etwa 5 % des weltweiten Energieverbrauchs noch durch Holz gedeckt.
Im Folgenden sollen die einzelnen in der Natur vorkommenden Energieformen, ihre Gewinnung und ihre Umwandlung zu technisch brauchbaren Energieträgern kurz beschrieben werden. Ziel der Ausführungen ist es, ein Gespür dafür zu erhalten, mit welchem technischen Aufwand, welchen Umweltauswirkungen und welchen ökonomischen und politischen Randbedingungen ihre Verfügbarkeit sichergestellt werden kann.
2.1 Kohle
Kohle kommt in unterschiedlichen Qualitätsformen, je nach Alter der Lagerstätte, vor. Ganz grob können zwei große Gruppen unterschieden werden: Braunkohle und Steinkohle. Die Braunkohle, benannt nach ihrer bräunlichen Farbe, ist die erdgeschichtlich jüngere Kohle, und ihre Lagerstätten sind nur in wenigen Ländern auf der Welt zu finden. Dazu gehört Deutschland mit seinen großen Braunkohlevorkommen im rheinischen Revier zwischen Köln und Aachen, in der Lausitz und in Mitteldeutschland um Bitterfeld. Die Braunkohle liegt je nach Gebiet bis zu 150 Meter unter der Erdoberfläche. Da die Braunkohlevorkommen in dichter besiedelten Gebieten liegen, ist mit der Erschließung neuer Tagebaue auch eine Umsiedlung von Menschen verbunden. Die über der Kohle vorhandene Erde, der sogenannte Abraum, muss erst beiseitegeschafft werden, um die Braunkohle dann mit großen Baggern, die bis zu 200 Meter lang und 150 Meter hoch sind, zu fördern. Der Abraum wird entweder in einen benachbarten, ausgekohlten Braunkohlebergbau transportiert, oder aber er wird als Kunsthügel in der Nähe des Tagebaues aufgeschichtet und begrünt. So ist beispielsweise die Sophienhöhe beim größten Braunkohletagebau Europas in der Nähe von Jülich entstanden, ein stattlicher Hügel, der mit fast 200 Metern über der Umgebung aufragt. Um sicherzustellen, dass während der Betriebszeit die Tagebaue wasserfrei sind, muss das Grundwasser großflächig abgepumpt werden. Dies führt zu einem kraterförmigen Absinken des Grundwasserspiegels um den Tagebau herum. Die Braunkohle besitzt einen niedrigen Heizwert und einen hohen Anteil an Wasser, der im Winter auch Transportbänder und Ladungen, beispielsweise in Eisenbahnwaggons, einfrieren lassen kann. Ein weiter Transport ist deshalb wirtschaftlich nicht ratsam. So wird Braunkohle überwiegend auf Bandstraßen direkt aus dem Tagebau heraus zu den umliegenden Kraftwerken transportiert. Deren Standort ist dann durch den Braunkohlebergbau festgelegt. Erfreulicherweise sind die Dicken der Vorkommen, die Flöze, mit bis zu 70 Metern sehr groß. Deshalb lohnt sich der Abbau mit den großen Baggergeräten. Letztendlich ist die Braunkohle aus Kostensicht ein sehr günstiger Energieträger. Sind Teile des Tagebaus ausgekohlt, wird der über der restlichen Kohle liegende Abraum dorthin verbracht, also innerhalb des Tagebaus umgeschichtet. Ist der Tagebau vollständig ausgekohlt, verbleibt ein »Restloch«, das üblicherweise als See mit Erholungslandschaft gestaltet wird.
Braunkohle wird nicht mehr weiterveredelt, bevor sie in den Kesseln der Kraftwerke verbrannt wird. Früher wurde ein Teil zu Briketts weiterverarbeitet, die als Haus- und Industriebrand dienten. Da die Kohle heute keinen nennenswerten Anteil mehr im privaten Wärmemarkt hält, ist auch die Brikettproduktion erheblich zurückgegangen.
Steinkohle ist die ältere Form der Kohle. Sie kommt in unterschiedlichen Sorten mit unterschiedlichen Eigenschaften vor. Ihr Heizwert ist im Schnitt gesehen etwa 2,5-mal so hoch wie der von Braunkohle. Die Steinkohlevorräte der Welt sind – geologisch bedingt – hinsichtlich ihrer technischen Erschließung sehr unterschiedlich. In den USA und in Australien existieren Steinkohlevorkommen, die mit unseren Braunkohlevorkommen hinsichtlich Größe und Flözdicke vergleichbar sind. Sie werden deshalb auch im Tagebau mit großen Baggergeräten abgebaut. Sie können als Importsteinkohle wesentlich billiger auf dem europäischen Markt angeboten werden als die in Europa geförderte Steinkohle. Diese befindet sich in Tiefen – der Bergmann sagt Teufe – von nunmehr 800 bis 1750 Metern und hat nur eine mittlere Flözdicke von etwa 1,5 Metern. Zum Teil liegen die Flöze noch schräg im Boden, sodass es schwierig ist, sie mechanisch abzubauen. Dank eines hohen Grades an Mechanisierung im Steinkohlebergbau in Deutschland konnten hohe Förderleistungen erzielt und die höheren Lohnkosten zum Teil kompensiert werden. Trotzdem ist die unter derlei Verhältnissen abzubauende Kohle teurer als die Importkohle, was zu einem ständigen politischen Druck auf den Steinkohlebergbau führt. Wurden in den 1950er Jahren in Deutschland noch 150 Mio. Tonnen Steinkohle pro Jahr abgebaut, so waren es im Jahre 2008 nur noch 17 Mio. Tonnen, das politisch vereinbarte Ziel ist bis 2018 den deutschen Steinkohlebergbau ganz aufzugeben.
Der Abbau der Kohle erfolgt beispielsweise mit sogenannten Kohlehobeln. Es werden zwei Stollen im Abstand von etwa 100 Metern parallel durch ein Kohlegebiet vorgetrieben und mit einem Querstollen verbunden. In diesen Querstollen wird der Kohlehobel eingebaut. Er sieht beinahe wie eine große Hand mit spitzen Stahlfingern aus, die, an einer Kette gezogen, die Kohle abkratzen. Diese fällt auf ein Transportband, das die Kohle dann bis zum Schacht transportiert, wo sie auf Wagen verladen nach oben befördert wird. Steinkohle wird zum einen zum Einsatz in Kraftwerken, zum anderen als weiterveredeltes Produkt in Form von Koks oder Kokskohle zur Stahlerzeugung verwendet. Früher wurde bei der Koksherstellung das sogenannte Stadtgas gewonnen und zum Beheizen genutzt. Heute ist es durch das Erdgas ersetzt worden.
Die aufgrund der Geologie wesentlich ungünstigeren Verhältnisse des Kohleabbaus in Mitteleuropa gegenüber anderen Kohlevorkommen auf der Welt haben dazu geführt, dass eine Reihe von europäischen Ländern bereits vor zwei Jahrzehnten ihren Steinkohlebergbau aufgegeben oder stark verringert haben: Belgien und die Niederlande haben ihren Steinkohlebergbau ganz eingestellt.
Sowohl Braunkohle als auch Steinkohle enthalten Schwefel. Bei der Verbrennung bildet sich daraus das unerwünschte Schwefeldioxid. Es wird in modernen Kraftwerken über chemische Verfahren aus den Rauchgasen abgeschieden.
2.2 Erdöl
Ölvorkommen sind sowohl vom Lande aus als auch Offshore vom Wasser aus über Bohrplattformen zugänglich.
Erdöl sitzt in den Poren von Sanden oder Gesteinen in Teufen bis zu etwa 3000 Metern in der Erde. Sehr häufig enthalten Erdöllagerstätten auch gasförmige Kohlenwasserstoffe, die in der Lagerstätte neben dem Gebirgsdruck einen zusätzlichen Druck aufgebaut haben. Wird die Lagerstätte nun angebohrt, wird das Erdöl aufgrund des in der Lagerstätte vorhandenen Druckes an die Oberfläche transportiert. In diesem Falle spricht man von Primärförderung. Die meisten heute produzierenden Öllagerstätten funktionieren nach diesem Muster. Ist...