Seit der industriellen Revolution stürmt der technologische Fortschritt unaufhaltsam und mit immer größerer Geschwindigkeit voran. Die Überlegungen und Postulate der frühen Wirtschaftstheorien führten alsbald zu Ökonomisierungstendenzen der Arbeitsprozesse in den immer größer werdenden Produktionsstätten.
Im Jahre 1911 veröffentlichte F.W. Taylor sein berühmt gewordenes Werk <The Principles of Scientific Management(1913 ins Deutsche übersetzt), in welchem er folgende „Grundsätze wissensc haftlicher Betriebsführung“ aufstellte:
- Funktionsteilung, Spezialisierung, Zentralisierung, Kontrolle
- Technisierung, Standardisierung
- Trennung von Hand- und Kopfarbeit,
- Management übernimmt Kopfarbeit (Ziele, Anweisen, Planung, Optimierung)
- Arbeiter übernehmen die Handarbeit (manuelle Ausführung)
Da mit diesen Forderungen gleichzeitig die Überzeugung verknüpft war, daß die Interessen von Arbeitgebern sowie Arbeitnehmern grundsätzlich übereinstimmten, gehörte folglich „[...] zu den wichtigsten Zielen der wissenschaftlichen’ Betriebsführung die Schaffung einer Arbeitsorganisation, die sowohl eine Erhöhung der Produktivität als auch die Gewährung höherer - und objektiv berechenbarer - Löhne ermöglichen sollte.“ (Ulich, 1994, S7).
Taylors Vorstellung, der arbeitende Mensch sei ein ausschließlich durch monetäre Anreize motivierbarer economic man, (ebenda, weiter unten, oder aber die kritische Darstellung in dieser Arbeit im Kapitel 2.1.1.3.3, S.22) führte alsbald dazu, den Arbeiter weitestgehend an die Maschine anzupassen. Er postulierte die Notwendigkeit des one best way, welcher gekennzeichnet ist durch:
- Zerstückelung der Ausführung in kleinste Einheiten (extreme Partialisierung),
- Zeit- und Bewegungsstudien (Analyse),
- Optimierung der Abläufe (Synthese),
- Optimierung des Umfeldes (Werkzeuge, Pausen etc.),
- exakte Vorschrift (was, wie, Arbeitsmittel etc.),
- funktionales Mehrlinien-Führungssystem (Aufsicht, Instandhaltung, Unterweisung etc.) sowie eine
- ständige Perfektionierung.
Daraus resultierte, daß mithilfe von Handlungsablaufsanalysen die Arbeitstätigkeit in kleinste Bewegungseinheiten zerstückelt wurde, um sie anschließend wieder zu optimierten Bewegungsabläufen zusammenzufügen. Diese „Optimierung“ folgte größtenteils auch den produktionswirtschaflichen Maßstäben der damaligen Zeit von der möglichst hohen Ausbringungsstückzahl pro Zeiteinheit, unter nahezu vollständiger Vernachlässigung humanistischer Aspekte der Arbeit. Auf diese Weise wurde der arbeitende Mensch selbst zu einer Art funktionierendem Rädchen im Produktionsprozeß der großen Maschinen.
Spätestens seit den dreißiger Jahren etwa ist diesbezüglich jedoch eine spürbare Zäsur festzustellen. Die Entwicklung der Humanressourcen, die mit den Hawthorne-Studien (diese Untersuchungen wurden 1946 durch Mayo, Roethlisberger und Dickinson in den Hawthorne-Werken der Western Electric Company in den USA durchgeführt. Ziel der Studien war die Messung der Auswirkungen veränderter Umweltbedingungen wie etwa Beleuchtung, Arbeitszeit oder Pausen auf die Arbeitsleistung. Ein Überblick dieser Studien findet sich etwa in Greif, 1993, S.29 f) und dem Human- Relations-Konzept in den dreißiger Jahren begonnen hatte, wurde durch die neuen motivationspsychologischen Erkenntnisse und Modelle von Maslow, Herzberg et al., Mc Gregor und Argyris, welche vor allem die Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung und psychologischem Wachstum in den Vordergrund gestellt hatten, entscheidend beeinflußt. Das Human- Relations-Konzept trug entscheidend dazu bei, daß sich das Menschenbild vom Tayloristischen economic man zum social man entwickeln konnte, nach welchem Mitarbeiter in der Arbeit soziale Bedürfnisse nach Anerkennung, Achtung, Kontakt, etc. zu befriedigen trachten. Aufgabe der Vorgesetzten ist hierbei, die vertikalen und horizontalen "Relations", welche einen entscheidenden Motivationsfaktor darstellen, zu pflegen und zu verbessern.
Gegen Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre entstand das neue Verständnis des Unternehmens als „soziotechnisches System“. Dabei wurde deutlich, daß die Beziehungen zwischen Organisations- und Arbeitsgestaltung sowie zwischen Aufbau- und Ablauforganisation außerordentlich eng sind und daß Technikeinsatz, Arbeitsorganisation und Entwicklung der Humanressourcen nur gemeinsam optimiert werden können. Mit dem Versuch der gemeinsamen Optimierung von Technik, Organisation und Humanressourcen rückte die Frage nach der „Humanisierung der Arbeit” in den Mittelpunkt der Diskussionen (vgl. hierzu etwa Ulich, 1994, S.35 ff ).
Die Themen „Humanisierung der Arbeitswelt“ bzw. „Verbesserung der Qualität des Arbeitslebens“ nehmen in wissenschaftlichen, politischen und öffentlichen Diskussionen bereits seit längerer Zeit eine zentrale Stellung ein (vgl. Bergermaier, 1979, S.4). Die Qualität des Arbeitslebens, hier definiert als die „[...] perzeptuelle Einschätzung der Arbeitssituation durch den Arbeitnehmenden [...]“ (ebenda, S.1), hat insbesondere im Zusammenhang mit der Erforschung der Auswirkungen von Arbeit an Bedeutung gewonnen. Die Arbeitszufriedenheit wird in diesem Kontext als „Indikator humaner Arbeit“ (vgl. Oegerli, 1984, S. 14) betrachtet, was die große Anzahl von Arbeiten aus den vergangenen Jahrzehnten zu diesem Thema unterstreicht (einen Überblick bietet etwa Büssing, 1989, S.137).
Die Annahmen der Hawthorne-Studien, daß Arbeitszufriedenheit mit den Leistungs- bzw. den Fehlzeit- und Fluktuationsraten korreliere, hat eine Vielzahl von Studien hervorgerufen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen waren jedoch ernüchternd. Die Annahmen der Human-Relations- Bewegung konnten nicht bestätigt werden.
Das wirtschaftliche Umfeld wird heute mehr denn je durch organisatorische Veränderungen geprägt (vgl. Bayard, 1997, S. 113). Die wirtschaftliche Lage sowie die sich durch die globale Vernetzung der Märkte zunehmend verschärfende Wettbewerbssituation zwingen die Unternehmen, sich durch Reorganisationen vermehrt und kontinuierlich dem Markt anzupassen. Diese organisatorischen Veränderungen, ob in großem oder in kleinem Ausmaß, zielen vor allem auf die Erhöhung der wirtschaftlichen Effektivität und Effizienz ab. „In einer Zeit, in welcher sich der Blick von Fachwissenschaftlern und Führungskräften zum Teil auf die rein ökonomische Zielsetzung von Unternehmen verengt, erscheint es wichtig, in fundierter Weise die Rolle des Menschen in produktiven soziotechnischen Systemen hervorzuheben.” (Thom & Bayard, 1997, S. V ). Dieses Zitat zeigt, daß auch der „sozialen Effizienz” in einer Unternehmung, insbesondere in Zeiten des organisatorischen Wandels, eine wichtige Bedeutung beigemessen werden muß, denn „[...] es sind die Mitarbeitenden, welche die organisa torischen Veränderungen mittragen müssen und den Unternehmen erst dadurch zum Erfolg verhelfen.“ (Bayard, 1997, S.112).
Der „Faktor“ Mensch kann demgemäß als wichtiger Erfolgsfaktor - im volkswirtschaftlichen Sinne und vor dem Hintergrund seines Einflußpotentials auf die Unternehmeneffizienz vielleicht sogar als „Engpaßfaktor“ - betrachtet werden, wenn es um die erfolgreiche Umsetzung von organisatorischen Veränderungen geht. Diese Tatsache impliziert wiederum die Forderung, daß der Erfolgsfaktor „Mensch” gepflegt und aufgebaut werden muß, damit er sein Potential heute und in Zukunft entfalten kann. Durch die Betrachtung des Mitarbeiters als Geschäftspartner zeigt Borg, daß „[...] Mitarbeiter und Unternehmen aufeinander angewiesen sind und gegenseitig zur Erreichung der Ziele bei tragen.“ (1995, S.16). Dieses Men - schenbild veranschaulicht in eindrucksvoller Weise, daß der Mitarbeiter einen strategisch wichtigen Faktor bei der Erreichung der Unternehmensziele darstellt.
In diesem Zusammenhang muß der subjektiven Bewertung der Arbeitssituation durch den Mitarbeiter eine zentrale unternehmenspolitische Bedeutung zugesprochen werden. Nur wenn sich der Mitarbeiter bei der Verrichtung seiner Arbeit bzw. in seinem Arbeitsumfeld innerhalb der Organisation wohl fühlt, kann er sein Potential voll entfalten und zum Unternehmenserfolg beitragen. Empfindet er hingegen seine Arbeitssituation als unbefriedigend, kann die Kündigungswahrscheinlichkeit oder die Wahrscheinlichkeit einer „inneren Kündigung“ steigen (vgl. Fischer, 1991, S.1). Der Begriff der „inneren Kündigung“ (auch informelle bzw. unausgesprochene Kündigung oder innere Verweigerung bzw. Abwanderung genannt) beschreibt einen Zustand, der durch „[...] bewußte Distanzierung von Enga - gement und Eigeninitiative am Arbeitsplatz [...]“ gekennzeichnet ist (vgl. Faller, 1991, S.1). Im Gegensatz zur „äußeren Kündigung“ (Kündigung des Arbeitsvertrags) verläßt der Mitarbeiter das Unternehmen jedoch (noch) nicht. Die Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation gilt als „[...] zentrale Ursache, die zu einer inneren Kündigung führen kann.“ (ebenda, S.85).
Die Befriedigung zentraler individueller oder gruppenbezogener Ar- beits- und Berufsziele, Wünsche oder...