Social Collaboration in der Farben- und Lackbranche
Grenzenlose Zusammenarbeit
Stefanie Eckart
Ein Unternehmen der Farben- und Lackbranche hatte sich zum Ziel gesetzt, eine neue, moderne Plattform zu schaffen, die eine Steigerung der Produktivität und Effizienz in der täglichen Zusammenarbeit der Mitarbeiter ermöglicht. Informationen sollten einfacher, intuitiver und schneller bereitgestellt, gefunden und ausgetauscht werden können. Als Werkzeug wählte die Firmengruppe SharePoint aus.
Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren stark verändert: Mitarbeiter sind zu Wissensquellen geworden, soziale Technologien haben Einzug in die Unternehmenswelt gehalten und stellen Unternehmen vor kulturelle und organisatorische Veränderungen. Im Zentrum aller Veränderung steht jedoch der Mensch, der diese mittragen und am besten auch noch interaktiv mitgestalten soll. SharePoint stellt eine solide Plattform dar, um diesen neuen Herausforderungen bei der Zusammenarbeit im Unternehmen zu begegnen und gleichzeitig traditionelle Intranetfunktionalitäten zu erhalten. Doch wie kann ein solches Zusammenspiel in der Praxis aussehen? Und was muss beachtet werden, damit Mitarbeiter die Plattform auch nutzen? Ein Praxisbeispiel eines führenden Farbenherstellers mit Firmensitz in Deutschland gibt Antwort.
Das Unternehmen
Bei unserem Praxisbeispiel handelt es sich um den Marktführer für Baufarben in Deutschland. Dieser entwickelt, produziert und vertreibt hochwertige Farben, Lacke, Lasuren, bauchemische Beschichtungen sowie Materialien für die Fassaden- und Dämmtechnik. Mit über einer Milliarde Euro Umsatz stellt das Unternehmen das drittgrößte seiner Branche in Europa dar.
Die Ziele
Als grundlegende Technologie zur Steigerung der Produktivität und Effizienz in der Zusammenarbeit seiner Mitarbeiter wählte das Unternehmen SharePoint. Wichtige Merkmale, die zu dieser Entscheidung geführt haben, waren:
- Die Web-Content-Management-Funktionen von SharePoint zur einfachen Bereitstellung von Webseiten durch Fachredakteure
- Die Dokumentenmanagementfunktionen wie automatische Versionierung, Verschlagwortung, Check-in/-out-Mechanismen etc.
- Die Bereitstellung von virtuellen Arbeitsräumen für Teams mit Tools wie Kalender, Kontakt-, Aufgabenlisten, Diskussionsforen, Ankündigungen etc.
- Die Social-Business-Werkzeuge wie Social Tagging, Social Rating, Wikis, Blogs etc.
- Die integrierte Volltextsuche
- Automatisierte Workflows und Formulare
- Business-Intelligence-Funktionen zur Auswertung und Darstellung von Unternehmenskennzahlen
Von Anfang an machte sich das Projektteam bewusst, dass die alleinige technische Bereitstellung von SharePoint nicht ausreichend sein würde, um die Zielsetzungen zu erfüllen. Zu berücksichtigen waren vor allem organisatorische und planerische Aspekte wie Strukturierung, Gestaltung, Design und Aufbau der neuen Umgebung, Training der Mitarbeiter, Projektmarketing, Erstellung von Support-, Governance- und Kommunikationskonzepten usw. Diese Komponenten mussten im Rahmen des Projekts erarbeitet werden.
Die Lösung
Beim Aufbau des Portals wurde auf die Trennung zwischen Unternehmensinhalten (Publishing) und Räumen der Zusammenarbeit (Collaboration) Wert gelegt.
Abb. 1: Trennung von Publishing und Collaboration im Intranet
Unter dem Begriff „Publishing“ wird der Teil des Intranets verstanden, der die vom Unternehmen quasi offiziell für alle Mitarbeiter freigegebenen Informationen beinhaltet, wie News, Richtlinien, Qualitätsdokumente, Informationen zur Für- oder Vorsorge der Mitarbeiter etc. Dieser Teil ist vor allem dadurch geprägt, dass die große Masse der Nutzer in der Regel nur lesend zugreift und ausgesuchte Redakteure aus den Fachbereichen Inhalte bereitstellen.
Unter dem Stichwort „Collaboration“ fasst man die für Projektteams oder sonstige Arbeitsgruppen bereitgestellten virtuellen Arbeitsräume zusammen. Deren Nutzung ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass nahezu alle Teammitglieder aktiv an der Bereitstellung von Inhalten beteiligt sind. Die Strukturierung und Gestaltung obliegt sehr häufig dem jeweiligen Teamleiter oder entsprechend berechtigten Teammitgliedern.
In unserem Beispielunternehmen wurde die Realisierung des Publishing-Bereichs zur gemeinsamen Aufgabe der Fachbereiche gemacht. Um eine hohe Akzeptanz und eine Erfassung der tatsächlich vorhandenen Anforderungen sicherzustellen, wurden alle Unternehmensteile in die Planung und Realisierung des Intranets miteinbezogen.
Gemeinsam mit dem Dienstleister IPI GmbH wurde ein Coaching-Ansatz gestaltet, der parallel zur Realisierung des Intranets auch einen Wissenstransfer von IPI zu Mitarbeitern des Unternehmens vorsah. Der eigentliche Aufbau des neuen Intranets erfolgte als „Training on the Job“. Die Mitarbeiter des Farbenanbieters konnten nach der gemeinsamen Erstellung exemplarischer Bereiche selbstständig Inhalte einstellen und pflegen sowie Anpassungen und Erweiterungen der Struktur und der Funktionen mit Bordmitteln von SharePoint vornehmen.
Das bisherige Intranet wurde in einem ersten Schritt durch eine neue Publishing-Umgebung abgelöst. Dazu wurden sowohl die Inhalte als auch die Navigation und das Design neu definiert. Wichtige und für alle Mitarbeiter relevante Informationen, die bislang auf Fileservern und in öffentlichen Ordnern lagen, wurden in das neue Veröffentlichungsportal in SharePoint übernommen.
Als Teil des Portals wurden auch die so genannten Mitarbeiterprofile bereitgestellt. Diese dienen als Ersatz für die Telefonliste und wurden um zusätzliche Informationen über die Mitarbeiter (z. B. Skills, Projekterfahrung, Interessen etc.) ergänzt. Die Profilinformationen können über das Active Directory automatisch eingepflegt werden oder durch die Mitarbeiter selbst (z. B. private Interessen, frühere Schulen oder Ähnliches). Über die Suche können Experten so schnell gefunden werden.
Bei der Planung der Collaboration-Umgebung wurden zunächst die Business Use Cases „Besprechungsorganisation“ und „Projektmanagement“ identifiziert und festgelegt. Diese wurden nach einer Anforderungsanalyse in Form des Rapid-Prototyping-Verfahrens umgesetzt und schrittweise optimiert. Ein Governance-Konzept stellt sicher, dass die Bereitstellung und die Nutzung der Teamsites in entsprechend definierten Bahnen und nicht unübersichtlich oder chaotisch ablaufen. Ausgewählte elektronische Workflows wie „Urlaubsantrag“ und „Bedarfsmeldung“ erleichtern die operativen Tätigkeiten.
Abb. 2: Beispiel-Projektraum in SharePoint 2013
Das Ergebnis: Erfolgsfaktoren für ein SharePoint-Intranet
Die Mitarbeiter des Baufarbenunternehmens haben ihr neues Intranetportal sehr gut angenommen. Schnell kamen jedoch neue Anwendungsfälle für einzelne Fachbereiche auf. Dieses Problem kennen viele Unternehmen, die SharePoint im Einsatz haben: Die Informationsplattform wird schnell inkonsistent, unüberschaubar und für die User unverständlich. Speziell der organisatorische Projektanteil wird im Vorfeld einer SharePoint-Implementierung stark unterschätzt. Doch wie lassen sich solche Probleme vermeiden?
SharePoint-Projekt ist nicht gleich SharePoint-Projekt, so viel steht fest. Unterschiedliche Zielsetzungen und Unternehmensgrößen fordern unterschiedliche Maßnahmen für das Gelingen eines Projekts. Aus einer Reihe von Praxisbeispielen wie diesem konnten jedoch Faktoren abgeleitet werden, die zum Erfolg eines SharePoint-Projekts beitragen. Dabei wird erneut unterschieden, ob es sich um das Veröffentlichen von Informationen („Publishing“) oder das Zusammenarbeiten in SharePoint („Collaboration“) handelt.
Beim Thema „Publishing“ stehen folgende Faktoren im Fokus:
- Einbeziehung des gesamten Unternehmens: Für viele SharePoint-Projekte übernimmt die IT-Abteilung das Projektmanagement und implementiert die Plattform, ohne dabei die Fachbereiche oder die Unternehmenskommunikation einzubeziehen. Das Projekt erfährt in diesen Fällen keinerlei oder nur wenig Unterstützung durch die Unternehmensführung. Als Konsequenz erfolgt keine Abstimmung zwischen der Unternehmens- und der SharePoint-Strategie, weshalb das Projekt nicht zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen kann. Dies gilt grundsätzlich für alle Aspekte eines SharePoint-Projekts, ist aber insbesondere im Publishing-Umfeld ein absolutes Muss. Nur wenn das gesamte Unternehmen in die Planung miteinbezogen und Input von Fachbereichen abgegeben wird, können Arbeitsprozesse sinnvoll unterstützt werden. Das SharePoint-Projekt muss zur gemeinsamen Aufgabe werden.
- Gestaltungsprinzipien wie bei einem Internetwebauftritt: Grundsätzlich sollte der Publishing-Bereich nach den gleichen Prinzipien aufgebaut sein, wie sie auch für die Gestaltung eines Webauftritts gelten. Besonderen Wert sollte man somit auf eine intuitive Bedienerführung, eine klare und für jedermann verständliche Navigation, ein modernes und frisches Design sowie ein gutes Redaktionskonzept, das die Aktualität und Gültigkeit der bereitgestellten Informationen sicherstellt, legen. Um bei der Planung allen Projektbeteiligten eine schnelle Vorstellung von der geplanten Lösung zu vermitteln, empfiehlt sich die Arbeit mit grafischen Entwürfen („Screendesigns“) oder Click-Dummys. Da das Design der Benutzeroberfläche ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Intranets ist, kann durch diesen Ansatz gewährleistet werden, dass die SharePoint-Lösung intuitiv bedienbar ist und Anwender gerne mit ihr...