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Wer A sagt ... muss noch lange nicht B sagen

Lebensfallen und lästige Gewohnheiten hinter sich lassen. Vorwort von Jeffrey Young, Begründer der Schematherapie

AutorEckhard Roediger
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641068592
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Sich ändern ist nicht leicht. Aber möglich. Der Neurologe und Psychiater Dr. med. Eckhard Roediger ist Deutschlands wichtigster Vertreter der Schematherapie: ein moderner und integrativer Ansatz, der ein tiefes Verständnis der menschlichen Natur mit praktischen Techniken verbindet. Alltagsnah und mit unterhaltsamen Ausflügen in Evolution, Gehirnforschung und Chaostheorie wird deutlich, warum die menschliche Psyche Verhaltensänderungen erst einmal schwierig macht - was aber auch wirklich hilft, wenn wir etwas ändern wollen.

»Die Resultate der Schematherapie sind eindrucksvoll und evidenzbasiert. Es funktioniert wirklich. Manche dieser nützlichen Dinge können Sie selbst tun. Wie und warum werden Sie beim Lesen herausfinden. Und vielleicht bekommen Sie Lust, Dinge in Zukunft mal ein bisschen anders zu machen.« Jeffrey Young, Bestsellerautor von Sein Leben neu erfinden und Begründer der Schematherapie

Raus aus den Lebensfallen

Schon einmal versucht, eine hartnäckige Angewohnheit aufzugeben? Dann wissen Sie, dass solche Veränderungen schwer sind. Die Schematherapie ermöglicht es, nachhaltig aus ungünstigen Verhaltensmustern oder schmerzlichen Lebensfallen auszusteigen.

Dieses Buch bietet zugleich einen leicht verständlichen Einblick in diese hoch angesehene psychologische Methode wie auch konkrete Anwendungsmöglichkeiten. Alltagnah und mit unterhaltsamen Ausflügen in Evolutionsgeschichte und Gehirnforschung zeigt es, warum die Psyche sich anfangs gegen Veränderungen sperrt - und wie es dennoch möglich wird, neue Wege zu gehen.


  • »Spannend, kurzweilig, amüsant.«<br />Prof. Joachim Bauer
  • Schema ist Thema!
  • Hinderliche Muster verändern mit der Schematherapie
  • Ein kluges, unterhaltsames Sachbuch für alle, die die menschliche Psyche besser verstehen wollen
  • Sich verändern ist nicht leicht, aber machbar


Dr. med. Eckhard Roediger, geb. 1959, ist Neurologe, Psychiater, erfolgreicher Autor und Arzt für psychotherapeutische Medizin. Dozent und Supervisor für Verhaltenstherapie und Schematherapie, Leiter des Instituts für Schematherapie Frankfurt, Sekretär der Internationalen Gesellschaft für Schematherapie (ISST).

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Leseprobe

Warum Menschen einem anderen auf den Po schauen

Diese neutrale Überschrift ist so gewählt, da ja nicht nur Männer Frauen auf den Po schauen, sondern auch Frauen Männern auf den Po schauen können. Und sogar Männer Männern und Frauen Frauen. Grundsätzlich haben wir ja alle eine ähnliche biologische Grundausstattung und ähnliche Basisfunktionen, um die es im Weiteren gehen soll. Meist dienen diese letztlich der Arterhaltung. Wir haben im vorigen Kapitel bereits etwas auf die neuronale Ebene bei der Entstehung von Lebensfallen geschaut. Ein gutes Modell, die Hintergründe dieser selbststabilisierenden Funktion des Nervensystems zu beschreiben und besser zu verstehen, ist die Synergetik. 19 Das Ganze ist weniger kompliziert, als es klingt. Dieses Modell entstammt ursprünglich der Physik und erklärt, wie sich aus einem ungeordneten Chaos heraus Strukturen bilden. Daher die volkstümliche Bezeichnung »Chaostheorie«. Das Prinzip lässt sich am besten an einem Beispiel darstellen:

Sie gehen im Sommer spazieren und kommen an einem See vorbei. Zwischen Ihrem Weg und dem See liegt eine Wiese. Sie durchqueren auf irgendeinem beliebigen Weg diese Wiese und knicken dabei einige Halme um. Vermutlich werden Sie einen relativ kurzen und bequemen Weg wählen, also den Weg des »geringsten Widerstandes« nehmen. Kurz darauf kommen weitere Spaziergänger vorbei und sehen den See. Welchen Weg werden die nehmen? Genau: Die werden mit hoher Wahrscheinlichkeit genau da langlaufen, wo schon ein paar Halme geknickt sind. Warum? Weil dieser Weg der einfachste ist. So geht das weiter, bis ein Trampelpfad entstanden ist. Bestehende Straßen ziehen den Verkehr an. Je breiter, desto mehr. So entstehen Strukturen, die sich selbst stabilisieren. Unser Nervensystem ist ein solches System, das sich selbst stabilisiert, indem es den energieärmsten Zustand einnimmt. Sie sehen: Nicht nur der Mensch als Ganzes hat es gerne bequem. Diese Tendenz steckt tief in unserer Biologie drin. Jeder andere Zustand (bzw. jeder andere Weg zum See) ist zunächst anstrengender. Von sich aus hat der Organismus also keine Motivation, einen anderen Zustand einzunehmen. Darum ist es schwer, sein Verhalten zu ändern. Das Ordnungsprinzip hinter einem solchen Zustand wirkt quasi als Anziehungskraft, entsprechend Attraktor genannt. (Attraktor von lat. »Anziehen«. Um auszudrücken, dass da Kräfte agieren, die fast mechanisch wirken und denen man sich nicht so leicht entziehen kann, werde ich diesen Begriff auch weiterhin verwenden. Damit möchte ich die biologische Dimension betonen, die in unseren Willen hineinwirkt.) Ein Attraktor zieht die Menschen in die angelegten Bahnen. Ein runder weiblicher Po ist einfach »attraktiv« und zieht daher Männerblicke auf sich. Wir können also im Grunde gar nicht anders als hinschauen. Ein knackiger männlicher Po kann – wie gesagt – genau die gleiche Wirkung haben.

Warum es so schwer ist, nicht auf einen attraktiven Po zu schauen

Bevor wir uns dieser Frage theoretisch weiter annähern, möchte ich Sie zu einem kleinen Experiment einladen: Betrachten Sie bitte das Bild auf der nächsten Seite. Was sehen Sie auf der Abbildung 2? Vermutlich werden Sie antworten: Fußabdrücke. Die meisten Leser werden dabei jedoch die Füße paradoxerweise als erhaben (aus dem Sand herausragend) wahrnehmen und sich dieses Urteils ziemlich sicher sein. Nehmen Sie ruhig einmal bewusst zur Kenntnis, mit welcher Bestimmtheit Ihnen Ihr eigenes Wahrnehmungsurteil entgegentritt. Wechseln Sie nun bitte vom gefühlsmäßigen Erleben auf eine selbstkritische Reflexionsebene und stellen sich die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass sich ein Mensch die Mühe gemacht hat, diese Füße aus dem Sand herauszukratzen. Besonders die kleinen Vogelfüße drum herum! Auch wenn Ihnen Ihr Verstand sagt, dass diese Füße doch eher eingedrückt sein müssen, wird sich vermutlich innerlich eine Stimme melden, die sagt: »Aber ich sehe sie doch eindeutig erhaben!« Und schon sind Sie, ohne es zu merken, in einer Lebensfalle gelandet. Zugegeben, in diesem Fall ist das nicht so tragisch, aber Sie werden gleich sehen, wie es sich anfühlt, da nicht mehr herauszukommen.

Abb. 2

Dazu gehen wir jetzt einen Schritt weiter: Von der Frau, die dieses Foto aufgenommen hat, weiß ich, dass es sich um Fußabdrücke am Strand kurz vor Sonnenuntergang handelt. Es müsste also möglich sein, die zunächst erhaben erscheinenden Füße doch als abgedrückt zu sehen (was ein kleinerer Teil von Ihnen vielleicht sogar spontan getan hat). Versuchen Sie jetzt bitte, die jeweils andere Wahrnehmungsperspektive einzunehmen. Wenn Sie die Füße zunächst erhaben gesehen haben, versuchen Sie sie jetzt abgedrückt zu sehen (bzw. umgekehrt). Sie werden merken, dass Ihnen das erstaunlich schwerfällt.

Die Tricks der Attraktoren

Um von der einen Wahrnehmungsperspektive in die andere zu wechseln, müssen Sie in der Sprache der Synergetik von einem Ordnungszustand zum anderen wechseln. Das ist aber gar nicht so leicht, weil Sie der zuerst gebildete Attraktor anzieht und gewissermaßen »festhält«. Dieser zuerst gebildete Attraktor ist stärker und versucht, Ihr Wahrnehmungsurteil unbewusst immer wieder in die vertraute Bahn zu lenken. Das ist beim Bild der Füße nicht anders als bei komplexen Angewohnheiten, wie z. B. dem Rauchen. Der durch Ihre Einsicht gedanklich vorbereitete neue Attraktor ist zunächst schwächer. Wenn sich jemand vornimmt, nicht auf den Po zu schauen (oder mit dem Rauchen aufzuhören), kämpft er oder sie sozusagen gegen sich selbst. Kein Wunder, dass das nicht jeder Mensch schafft!

In einer Schematherapie ist es wichtig, dass eine Übung immer gut ausgeht. Daher möchte ich kurz aufzeigen, wie es mit dem Kippen des Bildes etwas leichter geht. Die folgende Beschreibung gilt für diejenigen, die die Füße erhaben gesehen haben. Wenden Sie sich dazu bitte der Ferse des rechten Fußes zu. Nähern Sie sich von rechts mit dem einfallenden Licht langsam der Kante, an der der Fuß den Sand zusammengedrückt hat. Hinter der Kante wird es dunkel, weil der Fußabdruck im Schatten liegt. Sie sehen also in das Tal hinein, das durch den Fußabdruck entstanden ist. Der linke Rand dieses Tals ist hell, weil dort die Sonne noch hineinleuchten kann. Wenn Sie sich intensiv genug in diese Vorstellung hineindenken, wird es Ihnen eventuell möglich sein, das Bild zu kippen. Was passiert, wenn Sie jetzt mit Ihrem Blick nach oben in den Bereich der Zehen wandern? Bei vielen wird das Bild wieder zurückspringen. Sie können erleben, wie instabil ein solch neu aufgebauter Attraktor ist. So geht es uns auch mit guten Vorsätzen: Die alten Attraktoren in unserem Nervensystem sind einfach oft stärker. Ich hoffe, Sie haben für Ihr eigenes Scheitern und das der anderen jetzt etwas mehr Verständnis. Wenn mir das gelungen ist, hat sich die Mühe, dieses Buch zu schreiben, schon gelohnt. Wir müssen bei unseren Änderungsversuchen also listig und geschickt vorgehen.

Nun bleibt mir noch, diejenigen, die das Wechseln nicht geschafft haben, zu trösten: Positiv gewendet könnte man sagen, dass Sie die Charakterstärkeren sind. Wenn Sie einmal eine Haltung eingenommen haben, behalten Sie sie zuverlässig bei. Sie sind keiner, der sein Fähnchen nach dem Wind hängt! Möglicherweise ist das tatsächlich in Ihrer Konstitution so angelegt. Als zusätzlichen Trost finden Sie ein vertrautes Kippbild, bei dem das Wechseln durch die stärkeren Kontraste leichtfällt.

Abb. 3

Wer fasst schon gerne an einen Elektrozaun: Wie wirken Attraktoren?

Warum ist der Organismus so aufgebaut, dass er überhaupt Attraktoren anlegt? Der Organismus muss einen Vorteil dadurch haben. Wie schon beim Weg zum See angedeutet, folgt er zunächst physikalischen Gesetzmäßigkeiten und sucht immer einen möglichst energie- bzw. spannungsarmen Zustand auf. Im Bild gesprochen: Wasser läuft (sofern es keine weiteren Einflüsse gibt) bergab. Eine Kugel rollt immer an den tiefsten Punkt. Die »Kraft«, die hier wirkt, wird Entropie genannt. Genauso versucht der Organismus durch sein Verhalten, in einen spannungsarmen Zustand zu gelangen. Das erleben wir auch im übertragenen Sinn als »entspannend«. Alle Verhaltensweisen müssen sich in irgendeiner Weise in diesem Sinne »lohnen«. (Dass diese »Rechnung« nicht immer aufgeht, ist ein anderes Thema. Sonst würden Menschen kein Lotto spielen.)

Nehmen wir ein konkretes Bespiel: Warum sehen wir keine Menschen, die an einen elektrischen Weidezaun fassen? Ganz einfach: Weil das nur unangenehm ist und keinen Nutzen bringt (außer es geht vielleicht um eine Mutprobe). Aber stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Ihr lokaler Radiosender verbreitet die Nachricht, dass er ab sofort einen Wagen mit Reportern durch Ihre Region fahren lässt, und der Erste, der mit der Hand am Weidezaun angetroffen wird, bekommt 10 000 Euro. Ich bin sicher, Sie werden Menschen am Weidezaun finden! Wenn kein Reporter kommt, werden die Menschen nach einer gewissen Zeit den Zaun allerdings auch wieder loslassen.

Ein Verhalten wird also nur beibehalten, wenn wir es als belohnend erleben. Die Hirnregion, die diese Erfahrungen abspeichert, liegt in der Tiefe unseres Mittelhirns im limbischen System und wird entsprechend Belohnungssystem genannt. Es ist gewissermaßen ein Kompass, der unser Verhalten aus dem »Bauch« heraus steuert. So wie der Kompass von Captain Sparrow in Fluch...

Blick ins Buch

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