Sie sind hier
E-Book

Schweizergeschichte fürs Volk

Die Darstellung der Schweizergeschichte in den vier Dokufiction-Filmen im Rahmen des Themenmonats 'Die Schweizer' des Schweizer Fernsehens (SRF) im November 2013 und deren Verwendung im Unterricht

AutorDavid Christen
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl92 Seiten
ISBN9783656660705
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Didaktik - Geschichte, Note: 1,5, Fachhochschule Nordwestschweiz (Pädagogische Hochschule), Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Arbeit werden zuerst die Möglichkeiten von filmischer Umsetzung von Geschichte analysiert, dann wird die Verwendung von Filmen im Unterricht beleuchtet und deren Vor- und Nachteile aufgezeigt. Weiter wird die Bedeutung der Nationalgeschichte für die Schweiz aufgezeigt, um danach die vier Dokufiction-Filme auf ihre Geschichtsdarstellung zu untersuchen. Zu diesem Zweck wird auch die mediale Debatte, die durch die Ausstrahlung der Filme ausgelöst wurde, dargestellt. Mit einer Umfrage unter Geschichtslehrpersonen wird dann untersucht, wie diese die Filme beurteilen und ob sie sich vorstellen können, diese im Unterricht zu verwenden. Abschliessend wird erläutert, zu welchen Themen und auf welche Art und Weise die Filme im Unterricht eingesetzt werden können. Die Arbeit zeigt auf, dass die Filme trotz der vielfältigen Kritik, die zum Teil berechtigt ist, sich für den Unterricht eignen. Anlass für die Kritik gab vor allem das Fehlen der Frauen, die Personifizierung und der veraltete Geschichtszugang, der sich an die Nationalgeschichtsschreibung früherer Zeiten anlehnt. Da die nationale Geschichte in der Schweiz eine besondere Bedeutung hat, werden Geschichtsdarstellungen von dieser schnell kritisch beurteilt. Es sind dabei die aktuellen politischen Ansichten, die die Beurteilung der Geschichte beeinflussen. Konservative Kreise befürworten ein unkritisches Darstellen von den alten Mythen während progressivere Gruppierungen einen neuen Blick auf die Geschichte wünschen. Die Serie des Schweizer Fernsehens kann keine dieser Vorgaben erfüllen. Die mythische Ursprungsgeschichte ist ein wichtiger Bestandteil der schweizerischen Identität. Da sie aber verschieden interpretiert und dargestellt werden kann, sind Diskussionen vorprogrammiert. In der Ursprungsgeschichte werden Argumente für aktuelle politische Positionen, zum Beispiel in Bezug auf Europa, gesucht. Für das Verwenden im Unterricht muss beachtet werden, dass die Inhalte nicht unkommentiert präsentiert werden dürfen. Es muss unbedingt das in den Filmen dargestellte Geschichtsbild hinterfragt und analysiert werden. Aus den Filmen und der daraus entstandenen Diskussion kann herausgelesen werden, wie der gegenwärtige Blick auf die Geschichte ist und welche Fragen wir heute an diese stellen. Um dies zu analysieren eignet sich vor allem die erste Folge über Werner Stauffacher, die auch am heftigsten kritisiert wurde, da die Darstellung rein fiktiv ist. [...]

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

3. Die Verwendung von Filmen im Geschichtsunterricht


 

Die Schule ist prägend für das Geschichtsbewusstsein der Gesellschaft. Das Geschichtsbewusstsein kann als „eine komplexe Kombination von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartswahrnehmungen und Zukunftsdeutungen"[33] definiert werden. Wenn Jugendliche und Erwachsene gefragt werden, was sie mit dem Begriff Geschichte assoziieren, nennen die meisten den Geschichtsunterricht an der Schule. Das Geschichtsbewusstsein entsteht aber nicht nur im Geschichtsunterricht, sondern in der gesamten Gesellschaft. Es bietet sich aber in der vertieften Betrachtung von Geschichte an der Schule die Gelegenheit, das Geschichtsbewusstsein zu reflektieren und somit auch bewusster damit umzugehen. Die Identität, die aus diesem Bewusstsein hervorgeht, kann so von einer übernommenen zu einer erarbeiteten werden. Es können in diesem Zusammenhang auch ausserschulisch gebildete Aspekte der Identität problematisiert werden.[34]

 

Da der Geschichtsunterricht so zu einem wichtigen Faktor der Identitätsbildung wird, kann er auch instrumentalisiert werden. Wenn durch den selektiven Rückgriff auf Geschichte Zustände oder Ansprüche legitimiert werden, droht die Gefahr, den Lernenden Identität aufzuzwingen. Es muss deshalb darauf geachtet werden, dass die Schülerinnen und Schüler durch ein differenziertes Geschichtsbewusstsein zu einer selbstbestimmten und kritischen Identitätsfindung angeleitet werden.[35] Da Filme mit ihrer multimedialen Kraft einen grossen Einfluss auf das Geschichtsbewusstsein haben, spielen sie in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.

 

3.1. Wie und wann werden Filme im Unterricht verwendet?


 

Die Verwendung von Filmen im Geschichtsunterricht ging einher mit dem technischen Fortschritt und der damit immer grösser werdenden Verfügbarkeit von Filmmaterial. Mit dem Aufkommen von Videokassetten in den 80er Jahren wurde es für die Lehrpersonen möglich, ohne grossen Aufwand Filme im Unterricht zu zeigen. Im Zuge dieser Entwicklung wurden auch speziell für den Unterricht Filme produziert. Diese können, wenn sie professionell didaktisch gestaltet sind, einen wertvollen Beitrag zum Geschichtsunterricht leisten. Der Einsatz von Filmen ist für Lehrpersonen zu etwas Alltäglichem geworden und kann neben Unterrichtsfilmen auch Dokumentationen, Dokufiction- Filme und Spielfilme umfassen.[36]

 

Es ist auch ein Wandel in der Geschichtsdidaktik, die den Einbezug von Spielfilmen begünstigte. Man will heute nicht mehr nur noch die Geschichte darstellen, wie sie sich wirklich ereignet hat, sondern auch das Geschichtsbewusstsein untersuchen. In diesem Zusammenhang werden auch populäre Geschichtsdarstellungen wie historische Spielfilme interessant, die früher von Historikern und Geschichtsdidaktikern verschmäht wurden. Auch ist man davon abgekommen, in Spielfilmen einen grundsätzlich schlechten Einfluss auf die Jugend zu sehen.[37]

 

Filme eignen sich für unterschiedliche Unterrichtsphasen. Als Einstieg in ein Thema können sie dank ihrer oft emotionale Färbung zur Motivation dienen, zur Einstimmung und um eine Problematik bewusst zu machen. Filmsequenzen können auch zur Präsentation von Lerninhalten dienen, da sie meist eine hohe Informationsdichte aufweisen. Auch können sie durchgenommene Stoffe veranschaulichen oder vertiefen. Weiter kann eine Filmsequenz auch als Bereicherung des Unterrichts eingesetzt werden, indem den Schülern eine spannende und lustvolle Abwechslung geboten wird.[38]

 

Eine Studie an deutschen Schulen hat gezeigt, dass im Geschichtsunterricht eher selten Spielfilme eingesetzt werden. Dokumentar- und Unterrichtsfilme jedoch sind ein verbreitetes Mittel, um Geschichtsinhalte zu vermitteln. Die befragten Lehrerinnen und Lehrer brachten zum Ausdruck, dass noch grosse Unsicherheiten in Bezug auf die Auswahl und den didaktischen Umgang mit Spielfilmen besteht. Wenn Spielfilme eingesetzt werden, dann um das inhaltsbezogene Wissen der Schüler zu vertiefen. Die Darstellungsweise wird kaum analysiert und das vermittelte Geschichtsbild nicht reflektiert. Jedoch gaben die meisten Lehrerpersonen zu Protokoll, dass sie die Schüler auf die Konstruiertheit von Spielfilmen aufmerksam machen und den Einfluss dieser auf das Geschichtsbewusstsein der Schüler thematisieren.[39]

 

3.2. Der didaktische Mehrwert


 

Dokumentarfilme können als historische Quellen die „Wirklichkeit" in einer Vielschichtigkeit und Komplexität darstellen, die eine verbale Erzählung oder Beschreibung nicht erreichen kann. Es können so auch Stimmungen vermittelt werden und es entsteht eine grosse Direktheit, die allein durch Worte nicht erreicht werden kann. Dokumentarfilme können unter Umständen auch objektivere Informationen liefern, weil im Bildausschnitt auch Dinge gezeigt werden, die dem Filmenden unwichtig erscheinen, denen aber beim Anschauen des Films dann Bedeutung vom Zuschauer beigemessen werden kann. Dokumentarische Sequenzen sind ausserdem die einzige Möglichkeit, einen visuellen Eindruck von vergangenen oder geografisch weit entfernten Ereignissen oder Orten zu bekommen, die für die Lernenden sonst nicht zugänglich sind.[40] Der Film kann Objekte und Ereignisse räumlich darstellen und sie so besser fassbar machen. Dazu kommt die Möglichkeit, Geschehnisse in Echtzeit wiederzugeben, die gefilmte Zeit und die Zeit im Film sind dann also identisch. Dadurch können zeitgebundene Abläufe und Handlungen wirklichkeitsgetreu wiedergegeben werden.[41]

 

Für Schüler, denen der Zugang zur Geschichte über Textquellen schwerfällt, können Filmbeiträge eine Hilfe sein. Dieses ist vor allem in der heutigen film- und fernsehgewohnten Gesellschaft ein gewinnbringender Ansatz.[42] Filme haben den Vorteil, dass sie verschiedene Wahrnehmungskanäle bedienen und so die Aufmerksamkeit der Zuschauer bündeln.[43] Studien haben ergeben, dass der Einsatz von Filmen im Geschichtsunterricht einen gesteigerten Lerneffekt bewirkt. Es wurde eine Steigerung von 121% festgestellt, wenn man den „konventionellen" Unterricht ohne Medieneinsatz bei 100% festlegt. Am effektivsten ist dann eine Medienkombination von Filmen, Tonaufnahmen und Texten mit einer Lernsteigerung von 149%.[44]

 

Die Geschichte im Film begegnet der Gesellschaft in erster Linie aber nicht in Dokumentationen, sondern im historischen Spielfilm. Diese eignen sich auch für den Geschichtsunterricht, oft aus didaktischen Überlegungen sogar besser als Dokumentationen. Durch die Mittel der Personifizierung und Dramatisierung werden die Gefühle der Zuschauer angesprochen. Es werden exemplarische historische Gegebenheiten dargestellt. Es gelingt so dem Spielfilm oft besser, ein ganzheitliches Bild von historischen Umständen darzustellen. Wenn die Quellenlage Lücken aufweist, werden diese im Spielfilm meist so gefüllt, wie man sich aufgrund existierender Zeugnisse die beschriebene Zeit vorstellt. So ist es für Lernende einfacher, ein Eindruck einer vergangenen Zeit zu erhalten.[45] Natürlich nehmen es nicht alle Filmemacher sehr genau mit der geschichtlichen Authentizität, da oft das Erzählen einer spannenden Geschichte im Vordergrund steht und historische Fakten sich diesem Ziel unterzuordnen haben. Dennoch gibt es einige Filme, die versuchen mit Hilfe von Historikern die beschriebene Zeit so genau wie möglich darzustellen.[46]

 

Beim Einsatz von Spielfilmen im Unterricht muss die Multiperspektivität berücksichtigt werden. Es muss den Schülern bewusst gemacht werden, dass das Gezeigte auch anders hätte dargestellt werden können. Wenn man ihnen solche variierenden Darstellungen zeigen kann, dann wird dieser Erkenntnisgewinn am besten erreicht. Ausserdem soll mit der Klasse besprochen werden, wer den Film aus welcher Motivation hergestellt hat. Wenn die Schüler mit diesen Überlegungen konfrontiert werden, wird ihr Geschichtsbewusstsein gestärkt und es spielt nicht mehr eine so grosse Rolle, ob im Spielfilm alle Fakten historisch korrekt dargestellt sind.[47]

 

Das Veranschaulichen von vergangenen Ereignissen ist aber nicht das einzige Potenzial von historischen Spielfilmen im Unterricht. Mit ihrem Einsatz kann auch analysiert werden, wie Geschichte dargestellt wird. Es muss dafür die Konstruktion und die Erzählweise des Films untersucht werden. Um in diesen Fragen noch ungeübte Schüler auf die Konstruktion von historischen Spielfilmen aufmerksam zu machen, kann es sich anbieten, einen Film zu zeigen, der offensichtlich seinen Inszenierungscharakter zeigt, indem zum Beispiel moderne Elemente in eine mittelalterliche Handlung integriert werden. Anhand historischer Filme kann auch die Entstehungszeit dieser in den Fokus genommen werden. Die Spielfilme sind so selbst eine historische Quelle, anhand derer das Geschichtsbild einer bestimmten Zeit rekonstruiert wird. Im Sinne einer Förderung des Geschichtsbewusstseins sind diese beiden Zugänge als äusserst gewinnbringend einzuschätzen.[48]

 

Dokufiction-Filme versuchen nun die Vorteile von Dokumentationen und Spielfilmen zu verbinden. Es wird darin versucht, durch nachgespielte Sequenzen die historischen Ereignisse in ihrer Ganzheit darzustellen und Lücken in der Quellenlage mit Fiktion zu füllen, aber gleichzeitig die Geschichte mit Hilfe von Bildquellen und Expertenkommentaren möglichst historisch akkurat wiederzugeben. Diese Methode wird vor allem für historische Epochen...

Weitere E-Books zum Thema: Pädagogik - Erziehungswissenschaft

Weitere Zeitschriften

Arzneimittel Zeitung

Arzneimittel Zeitung

Die Arneimittel Zeitung ist die Zeitung für Entscheider und Mitarbeiter in der Pharmabranche. Sie informiert branchenspezifisch über Gesundheits- und Arzneimittelpolitik, über Unternehmen und ...

Ärzte Zeitung

Ärzte Zeitung

Zielgruppe:  Niedergelassene Allgemeinmediziner, Praktiker und Internisten. Charakteristik:  Die Ärzte Zeitung liefert 3 x pro Woche bundesweit an niedergelassene Mediziner ...

Card Forum International

Card Forum International

Card Forum International, Magazine for Card Technologies and Applications, is a leading source for information in the field of card-based payment systems, related technologies, and required reading ...

cards Karten cartes

cards Karten cartes

Die führende Zeitschrift für Zahlungsverkehr und Payments – international und branchenübergreifend, erscheint seit 1990 monatlich (viermal als Fachmagazin, achtmal als ...

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg) ist das offizielle Verbandsorgan des Württembergischen Landessportbund e.V. (WLSB) und Informationsmagazin für alle im Sport organisierten Mitglieder in Württemberg. ...

dima

dima

Bau und Einsatz von Werkzeugmaschinen für spangebende und spanlose sowie abtragende und umformende Fertigungsverfahren. dima - die maschine - bietet als Fachzeitschrift die Kommunikationsplattform ...

Euphorion

Euphorion

EUPHORION wurde 1894 gegründet und widmet sich als „Zeitschrift für Literaturgeschichte“ dem gesamten Fachgebiet der deutschen Philologie. Mindestens ein Heft pro Jahrgang ist für die ...