Vorwort von Rüdiger Nehberg
der bekannte Abenteurer, Reisebuchautor und Aktionist für Menschenrechte, hat zu diesem Buch das Vorwort geschrieben.
Liebe Elena, lieber Peter,
Vorworte haben etwas Formales und Sachliches an sich. Nach dem Lesen Eures Werkes ist mir die Sachlichkeit abhanden gekommen, und Formales war nie mein Ding. Ich gratuliere Euch aus tiefer Überzeugung sowohl zu Eurer gigantischen physischen Leistung, als auch zu dem poetisch-liebenswerten Buch! Mit jeder Zeile seid Ihr mir mehr ans Herz gewachsen.
Eure Transglobe Friendship Bicycle Tour ist etwas ganz Einmaliges und ebenso ist es Euer Buch. Ich kann es jedem, der von der großen Welt träumt, aber meint, sie müsse ihm verschlossen bleiben, weil er nicht wohlhabend ist, ans Herz und ins Bett legen als Abend- und Traumlektüre. Zum Pläneschmieden und zum Nachmachen.
Zunächst mal zur Radtour: Beim Lesen habe ich alles nacherlebt, was Ihr vorexerziert habt. Jemand, der ja selbst einige tausend Kilometer unter seine Pedale und den Hintern gebracht hat, kann das sicher besser empfinden, als Pauschaltouristen es je könnten. Ich habe mit Euch gelitten beim Gegenwind und im Regen, beim zeitweiligen Zusammenbruch der Räder und den sturen Behördenmenschen. Ich spürte den angespitzten Schraubenzieher an Elenas Halsschlagader in Panama und die Zähne der Hunde in ihren Schenkeln in Brasilien. Diese und andere Ereignisse sind sicher spektakulär, aber andererseits sind gerade sie es, die diese Reise zu einem echten und unvergesslichen Abenteuer machen. Sie haben Euch nie bewogen aufzugeben. Ich kann nachvollziehen, dass Elena manchmal »vor Wut über die zeitweise allzu großen Anforderungen« an ihre physischen Kräfte »das Rad zerhacken wollte«. Solche Reaktionen sind völlig verständlich. Sie gehören sogar zum »Pflichtprogramm« eines jeden Extremradlers, sonst wäre er ein Übermensch. Doch letztlich sind es Sekunden während einer unendlichen Reise, auf der das Positive überwog, weil Sportsgeist weltweit und in allen Kreisen der Bevölkerung Respekt und Anerkennung bewirkt. Ihr habt es mehr als reichlich erfahren.
Aber mehr als die spektakulären Ereignisse Eurer Reise hat mich Eure Philosophie beeindruckt: Die umfassenden Reisevorbereitungen als Referenz gegenüber den Bereisten; der hohe Respekt gegenüber diesen andersdenkenden Menschen und anders gearteten Kulturen; der sensible, feine Humor; Euer gesund kritisches Auftreten gegenüber Ungerechtigkeiten; Eure tief verwurzelte Tierliebe.
Für mich ist Eure Reise Globetrotting par exellence und hochgradig vorbildlich Völker verbindend. Eure Art zu schreiben ist literarisch anspruchsvoll und spiegelt Eure Philosophie wider. Die Schreibe ist heiter, flüssig, interessant, informativ und nie langweilig oder belehrend. Sie ist eine ermutigende Gebrauchsanweisung für jeden, den das Fell juckt, den der Sportsgeist quält, der »süchtig ist nach Herzklopfen« wie Ihr. Ich kann Eure Gedanken nachvollziehen, wenn Ihr schreibt, dass Eure Reiselust und der Wissensdrang während der 2¼ Jahre und 45.000 km nicht etwa gestillt, sondern vergrößert wurden. Wenn man das Buch gelesen hat, möchte man sein Rad putzen und losfahren (allerdings würde ich mir 80 kg Gepäck nicht antun! Ihr müsst ja Elefantenschenkel haben).
Ich wünsche Eurem Werk alles erdenklich Gute. Möge es vielen Menschen zur Anregung dienen, auch ihrem Leben eine neue Qualität und Dimension zu bescheren; nicht Raffen und Konsum zur Maxime zu erheben, sondern Verständnis und Toleranz zwischen unterschiedlichen Völkern.
Ich danke Euch für das Buch.
Herzlich, Euer Rüdiger
Aber eines Tages schwamm auf dem Fluss eine Kiste vorbei. Der kleine Bär fischte die Kiste aus dem Wasser, schnupperte und sagte: »Oooh ... Bananen.« Die Kiste roch nämlich nach Bananen. Und was stand auf der Kiste geschrieben?
»Pa-na-ma«, las der kleine Bär. »Die Kiste kommt aus Panama, und Panama riecht nach Bananen. Oh, Panama ist das Land meiner Träume«, sagte der kleine Bär. (1)
DEUTSCHLAND: Die Sintflut von Baden
Peter:
»O Mann, die kommen genau auf uns zu. Meinst du, die haben uns gesehen?«
»Sei leise«, flüstert Elena, »der Mond strahlt uns voll an - klar haben die uns gesehen!«
Hinter uns steht ein dichtes Zuckerrohrfeld. Der Wind lässt die Stängel mit harten, klickenden Geräuschen aneinanderstoßen. Vor uns erstreckt sich ein langer holpriger Acker. Die Büsche am Feldrand werfen im Mondlicht gespenstische Schatten. Wir haben uns mit unserem kleinen grünen Zelt an den Rand des Feldes geklemmt, irgendwo mitten in Pakistan.
»Kannst du was erkennen?« fragt Elena ängstlich.
»Und ob! Es sind drei Männer, bewaffnet mit Knüppeln und Gewehren!«
Wie eine Wand kommen die Kerle auf uns zu. Turbane und Djalabas flattern im Wind, Metall beschlagene Gewehre blitzen im hellen Mondlicht.
»Wenn uns jetzt in Pakistan was passiert, merkt das von unseren Leuten zu Hause lange niemand. Keiner weiß genau, wo wir sind!« Keine Chance zur Flucht. Wir müssen uns stellen und abwarten, was geschehen wird. Die Typen kommen immer näher auf uns zu. Rechts und links vom Acker sehen wir plötzlich noch weitere Männer; alle sind mit Stöcken oder Gewehren bewaffnet ...
Aber erzählen wir der Reihe nach:
Also - Pilot wollte ich nie werden. Auch Lokführer oder Löwenbändiger war nie mein Berufsziel, obwohl letzteres grob in die von mir angestrebte Richtung ging. Wurde ich als Vorschulkind gefragt: »Na Kleiner, was willste denn mal werden?«, stand für mich fest: »Urwaldforscher!« Verband ich doch in meiner Vorstellung diese Tätigkeit mit interessanten Reisen in aufregende, fremde Länder und dem Bestehen von gefährlichen Abenteuern. Der Anblick einer Reihe von in die Weite führenden Telegrafenmasten erzeugt in mir bis heute sofort Fernweh. Weil man ja bekanntlich immer nur ganz vernünftige Dinge tun soll und nur selten auf seine innere Stimme hört, wurde ich zunächst einmal Industriemeister, dann Musiker, Taxifahrer, Personaldisponent, Theatermanager und freier Künstler. Ich stellte Lichtobjekte aus Recyclingmaterial her.
Zahlreiche Reisen führten mich quer durch Europa und darüber hinaus. 1991 machte ich eine dreimonatige Fahrradtour, die mich über 6.000 km durch Frankreich, Spanien, Marokko, Tunesien, Italien und die Schweiz führte. Das Südwestfunk-Fernsehen sendete einen Beitrag über meine Nordafrika-Reise mit dem Fahrrad, meine Arbeit an einem Figurentheater und die von mir entworfenen Lichtobjekte. Während der Aufzeichnung im Fernsehstudio lernte ich Elena kennen. Auch sie war in der Vergangenheit viel in der Welt herumgekommen und hatte sich schon immer für fremde Kulturen interessiert. Fünf Jahre lebte und arbeitete sie in Rom, bereiste Nordafrika, Asien und noch ein paar andere Ecken der Welt. Zu Hause war sie als Chefsekretärin tätig.
Natürlich plante ich schon bald, Elena mit mir in die Welt hinauszuziehen, denn schnell spürte ich, dass auch sie von diesem gewissen Reisebazillus befallen war, der zuweilen heftiges >Fieber< erzeugen kann. Diese Neugier, dieses >nur noch bis zur nächsten Biegung gehen, mal gucken, was da ist<, war auch bei ihr sehr ausgeprägt. Doch für mein Vorhaben wollte ich Elena einen konkreten Plan vorlegen, den sie unmöglich verwerfen könnte. Einige Zeit benötigte ich, um alle nur denkbaren Schritte zu den Reisevorbereitungen theoretisch zu sondieren. Eines Abends war es dann soweit, Stufe eins begann. Ich präsentierte ihr die wichtigsten Eckpfeiler für die Transglobe Friendship Bicycle Tour. Jetzt war es raus - endlich!
Elena bat sich Bedenkzeit aus.
»Schließlich gibt man nicht so ohne weiteres alle Sicherheiten auf, die man sich in langen Jahren erarbeitet hat«, meinte sie. Aber bereits eine halbe Stunde später stimmte sie zu. Auch bei ihr hatte die Neugier auf das Leben die >Vernunft< überredet. Und was hatten wir auch schon Großes zu verlieren? Natürlich, da war der sichere Arbeitsplatz, da war die Wohnung und das soziale Netz, das uns im Notfall auffangen würde. Aber die Gegenargumente wogen schwer. Ist es wirklich richtig, seine Freizeit hauptsächlich dazu zu verwenden, sich für die Arbeit zu regenerieren? Sollen wir wirklich unsere Lebenszeit ausschließlich in geordnetem, aber eintönigem Kreislauf verbringen? Vielleicht im Alter zurückblicken und verbittert überlegen, warum wir es eigentlich nie riskiert haben, zumindest zeitweise >auszusteigen<? Wir waren nicht damit zufrieden, Dokumentarfilme aus dritter Hand im Fernsehen zu bewundern, sondern wollten selbst mit Herzklopfen dabei sein, Abenteuer erleben, Freundschaften schließen mit fremden Menschen aus einem gänzlich anderen Kulturkreis. Wir wollten die intensiven Gerüche auf den Märkten dieser Welt in uns aufnehmen und hören, welche Musik die Menschen fröhlich stimmt. Und wir wollten in einer Zeit des wiederauflebenden Fremdenhasses unseren Teil zum gegenseitigen Verständnis beitragen, indem wir Bericht erstatten über das Erfahrene, hier wie draußen in der Welt. Hinzu kam der Gedanke des Umweltschutzes, der uns sehr am Herzen liegt und für den wir aktiv etwas tun wollten.
Wir sahen uns an und lachten. Stufe zwei wurde gezündet, die Vorbereitungen...