Warum Buddha
Eltern
glücklicher macht
Vielleicht zweifeln auch Sie öfter daran, dass Sie Ihrer Erziehungsaufgabe gerecht werden und Ihre Kinder auf angemessene Weise ins Leben begleiten können. Vielleicht waren Sie erst heute Morgen mit Ihren Gedanken ganz woanders und haben Ihr Kind kurz abgefertigt, statt ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht haben Sie auch die Geduld verloren, Ihr Kind ärgerlich angefahren, weil Sie in Eile waren und einfach gar nichts so lief, wie Sie es wollten. Besonders in stress-geladenen Momenten ertappen wir uns häufig dabei, überhaupt nicht die Eltern zu sein, die wir gerne wären. Elternsein ist sicherlich eine der anstrengendsten Aufgaben, die es gibt. Das Letzte, was wir uns wünschen, sind noch mehr Aufgaben, noch mehr, was wir machen sollen, um »gute« Eltern zu sein.
In diesem Buch geht es zunächst einmal darum, INNEZUHALTEN, einen Schritt zurückzutreten und Ihre Situation mit den Augen eines Buddha zu betrachten. Vielleicht sehen Sie dann deutlicher, was Sie wirklich wollen, welche Werte Sie in Ihrem Familienleben verwirklichen möchten und wie Sie einen Weg finden können, der es Ihren Kindern und Ihnen selbst ermöglicht, ein erfülltes Leben zu führen und die Beziehung zueinander wesentlich zu verbessern.
Weisheit für das ganze Leben
Die große Faszination und Anziehungskraft, die für immer mehr Menschen auf der Welt vom Buddhismus ausgeht, kommt nicht von ungefähr: Es sind seine scheinbar einfachen, zeitlosen Weisheiten, die uns so fesseln. Wir spüren die tiefe Wahrheit, die in ihnen steckt. Und doch ist es nicht einfach, diese Einsichten auch in unserem Alltag wirksam werden zu lassen. Nehmen wir beispielsweise den buddhistischen Satz: »Es ist, wie es ist.« Hätten wir diesen Satz verinnerlicht, könnten wir mit viel mehr GELASSENHEIT durchs Leben gehen. Doch wie schwer tun wir, uns im Alltag, Gegebenheiten zu akzeptieren! Stattdessen versuchen wir sie zu ändern – wohl wissend, dass uns das nicht gelingen wird. Auch mit der Einladung »Lebe im Hier und Jetzt« haben wir Schwierigkeiten. Oft schwelgen wir in Erinnerungen oder schmieden Pläne für die Zukunft. Und nur selten gelingt es uns, ganz im momentanen Augenblick präsent zu sein – obwohl wir leicht erkennen könnten, dass es letztlich nur diesen Moment gibt: Die Vergangenheit existiert nicht mehr, und die Zukunft gibt es noch nicht. Nur im Augenblick leben wir wirklich, und wie wir diesen Moment leben, beeinflusst maßgeblich, wie jeder folgende sein wird.
Du musst der Wandel sein, den du in der Welt sehen möchtest.
[ Mahatma Gandhi | indischer Politiker (1869–1913) ]
Wege zu einer neuen Beziehungsqualität
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Lehre des Buddha eignet sich nicht, um ein Erziehungsprogramm aufzustellen oder Leitsätze und Regeln zu verfassen, die Eltern raten, was sie in bestimmten Situationen tun sollten. Zur Bewältigung dieser Aufgaben gibt es einfach keine allgemeinen Patentrezepte, denn diese berücksichtigen nie die konkrete Gesamtsituation. Fragen wie »Was mache ich mit einem fünfjährigen Mädchen, das nicht aufräumen will?« könnten hier nicht angemessen beantwortet werden. Dafür müssten wir die Gesamtsituation vor uns ausbreiten sowie uns in das Kind und in die Eltern einfühlen. Wir können Sie mit diesem Buch jedoch darin unterstützen, Ihre eigenen ANTWORTEN zu finden.
Denn eine buddhistische Sicht und Praxis verändert den Blick auf Ihre Kinder und Sie selbst. Wie auch der Dalai Lama betont, ist der Buddhismus eine Schulung des Geistes und des Herzens. Und damit gewinnt Ihre Aufgabe als Eltern eine ganz neue Qualität. Sie lernen, Ihre Kinder und ihre Bedürfnisse besser wahrzunehmen, ihr eigentliches Wesen zu erkennen. Sie begegnen Ihren Kindern dadurch mit mehr Liebe, Respekt und Dankbarkeit, mit mehr Vertrauen und Gelassenheit. Es gelingt Ihnen leichter, alte, rigide Vorstellungen loszulassen, Verantwortung abzugeben und auch in Konfliktsituationen nicht die Nerven zu verlieren, sondern ruhig zu bleiben.
Selbstverständlich müssen Sie den Buddhismus nicht im Sinne einer Religion praktizieren, um der Achtsamkeit in Ihrem Leben einen festen Platz einzuräumen. Sie werden sehen: Buddhas tiefe Weisheiten bereichern den Umgang mit Ihren Kindern jeden Tag aufs Neue. Lassen Sie sich also darauf ein, täglich Ihren Geist und Ihr Herz im Sinne seiner Lehren zu trainieren.
Weisheitsgeschichte
Ein Suchender kommt zu einem Meister und schildert diesem verzweifelt, was er alles getan hat, um zu innerem Frieden und Glück zu finden. Der Meister lacht und antwortet: »Auf deiner Suche nach Glück eilst du so schnell durch dein Leben und bist ständig so beschäftigt, dass das Glück dich nie einholen kann. Du musst nämlich wissen: Dein Glück läuft immer hinter dir her, aber es erwischt dich einfach nicht, wenn du ständig in Bewegung bist. Halte inne, und es wird dich erreichen.«
Wer war Buddha?
Wie essenziell Buddhas Einsichten sind, zeigt sich vor allem an der unverminderten Aktualität und Anziehungskraft, die bis heute von der buddhistischen Lehre ausgeht. Doch Buddha war nicht von Geburt an ein Erleuchteter, sondern erlangte erst im Laufe seines Lebens durch viele Umwege seine WEISHEIT.
Vor über zweieinhalbtausend Jahren wurde er als Königssohn Siddhartha Gautama im Himalajagebiet geboren. Nach seiner Geburt prophezeite ein Weiser seinem Vater, dem König, dass dieses Kind eines Tages entweder ein erleuchteter Weltenlehrer oder ein großer König sein werde. Weil er sicherstellen wollte, dass er einen großen Nachfolger bekäme, hielt der König alles Leid von dem heranwachsenden Jüngling fern. Nur Schönheit, junge Menschen und Luxus umgaben ihn.
Doch eines Tages ritt er mit einem Bediensteten aus und begegnete das erste Mal in seinem Leben Armut, Krankheit und dem Tod – und zum ersten Mal sah er einen Wandermönch, der diese Welt aufgegeben hatte, um nach der Wahrheit zu suchen. Dies beeindruckte ihn so tief, dass er sein Luxusleben hinter sich ließ und einen Weg suchte, das Leiden zu überwinden. Er unterwarf sich strenger Askese, bis er nur noch Haut und Knochen war.
Eines Tages erinnerte er sich wieder an seine Tante und das Gefühl von innerer Freiheit, das er in seiner Kindheit durch ihre Liebe und ihr Mitgefühl erfahren hatte. Da seine Mutter bei seiner Geburt gestorben war, hatte diese Tante ihm die Gefühle vermittelt, die er als Kind gebraucht hatte. So gab er die Askese auf, fing wieder an zu essen, wurde erleuchtet und begann, seine EINSICHTEN an andere weiterzugeben. Eines Tages begegnete er einem Mann, dem die besondere Ausstrahlung des Buddha auffiel. So fragte er ihn: »Was bis du? Ein Gott?« »Nein«, antwortete der Buddha, »ich bin wach!« Und dies drückt auch sein Name aus, denn Buddha heißt übersetzt »der Erwachte«.
Ein neuer Blick auf unsere Kinder
Wenn wir von da ausgehend, wo wir gerade stehen, uns einfach immer wieder erinnern, etwas mehr Aufmerksamkeit, Einfühlsamkeit und Geduld mit uns und unseren Kindern aufzubringen, werden sich unser Leben und die Beziehung zu unseren Kindern entscheidend verändern. Wir können versuchen, unsere eigene INTUITION zu entwickeln und ihr mehr und mehr zu vertrauen und zu folgen.
Im Zen-Buddhismus wird diese innere Haltung der »Anfänger-Geist« beziehungsweise der »Don´t-know-mind« genannt. Er kennzeichnet die Fähigkeit, alles, was wir schon zu wissen glauben, beiseitezulassen, die innere Leere des »Ich-weiß-nicht« zuzulassen und uns immer wieder völlig neu und ohne vorgefertigte Meinungen auf eine Situation oder einen Menschen einzulassen.
Im Geist eines Anfängers gibt es unendlich viele Möglichkeiten, im Geist eines Experten nur wenige.
[ Shunryu Suzuki | japanischer Zen-Meister (1905–1971) ]
Jedes Kind ist ein Geheimnis
Normalerweise ist unsere Sicht auf das Leben stark durch unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit oder angelerntes Wissen geprägt. Dieses Wissen kann auf der einen Seite durchaus hilfreich sein, es kann aber auch unsere Sicht auf das, was wir tatsächlich gerade vor uns haben, verschleiern. Denn nur im Hier und Jetzt können wir unsere Kinder so sehen, wie sie sind, und ihnen wirklich begegnen. Die wichtigste Vo-raussetzung dafür ist, dass wir mit unseren Kindern in Kontakt sind. Bei einer von Buddhas Lehre geprägten Haltung unseren Kindern gegenüber geht es nicht darum, diese so zu erziehen, dass sie sich an uns anpassen und so werden, wie wir uns das erträumen. Natürlich kann es zunächst einmal enttäuschend sein, wenn sich der Sohn so gar nicht fürs Theaterspielen oder Musizieren im Kindergarten oder in der Schule interessiert. Aus der Traum, den Nachwuchs jemals auf der Bühne erleben und voller Stolz seinen Auftritt beklatschen zu dürfen. Sicher mag es auch schwer zu akzeptieren sein, wenn die Tochter den Übertritt aufs Gymnasium nicht schafft, wenn alle in der Familie Akademiker sind.
Doch jedes Kind bringt sein eigenes Wesen mit, das sich bestmöglich entwickeln soll. Deshalb ist es so wichtig, dass wir Eltern unsere Kinder nicht verbiegen, sondern...