Nur wenige Themen wurden in den letzten Jahren in Fachforen und Magazinen der Human Resources Gemeinde so intensiv und vielseitig diskutiert wie der Einsatz von Social Media für Rekrutierung und Employer Branding. Untersuchungen wie die Social Media Recruiting Studie 2012 belegen dies und zeigen gleichzeitig, dass der Einsatz von Web 2.0 Methoden bei der Personalsuche von 61% auf 74% in Deutschland gestiegen sind (Zils 2012: p.4).
Social Media gilt als weltweiter Trend (Weinberg 2010). Immer mehr Menschen hinterlassen Ihre persönlichen Daten im Internet. Soziale Netzwerke bieten somit einen schier unendlichen Datenpool über potentielle Kandidaten zur Führungskräfterekrutierung. Sicher ist, dass Thema ist da und es wird bleiben. Knapp eine Milliarde Facebook-Nutzer weltweit im Jahr 2012 sind ein mächtiges Statement (Facebook 2012). Laut einer aktuellen Studie des Statistischen Bundesamtes (2012) sind 53% der Deutschen in Sozialen Netzwerken aktiv, bei den Personen im Alter von 16 bis 24 sind es sogar 91%. Demnach ist beinah jeder Arbeitnehmer von morgen bereits heute Mitglied in einem sozialen Netzwerk. Kein Wunder also, dass Autoren wie Meister (2007: p.90) unter den Personalmarketing- und Recruiting-Trends das Thema Social Media als einen sicheren Dauergast bewerten.
Interessant ist dabei allerdings die Frage, wie viel beim Social Media Recruiting heute noch Hype und wie viel bereits realer Nutzen für das Tagesgeschäft der Personalbeschaffung darstellt?
Diese Masterthesis geht der spannenden Frage nach, ob und inwieweit sich diese Plattformen und die darin zu findenden Informationen bei der Rekrutierung von Führungskräften, hier exemplarisch am Beispiel der Fashion- und Lifestylebranche, durch Personalrecruiter eignen. Insbesondere für Headhunter ist die Beantwortung der Fragestellung, welche Tools und Strategien sich für das Personalrecruiting von Fach- und Führungskräften beim Einsatz von Social Media eignen dringend zu beantworten, um wettbewerbsfähig und erfolgreich zu bleiben. In Zeiten, in denen Unternehmen durch die neuen Möglichkeiten der Social Media immer stärker gezielt selbst geeignete Kandidaten suchen, gilt es, sich in diesem Gebiet als Headhunter nicht nur gut auszukennen, sondern sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, um (wieder) relevante Dienstleistungen für Unternehmen anzubieten. Der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit wird auf Deutschland begrenzt, das heißt auf die deutsche Modebranche, auf Headhunter in Deutschland und auf für Deutschland relevante Social Media Plattformen.
Um sich dem Thema dieser Masterthesis anzunähern, ist es erforderlich, sich mit der derzeitigen Ausgangssituation im Personalrecruiting zu beschäftigen.
In der Recruiting-Trends Studie 2011 haben Weitzel et al. (2011: p.6) die fünf wichtigsten unternehmensübergreifenden Recruiting-Trends sowie die fünf wichtigsten internen Herausforderungen für die Personalbeschaffung herausgearbeitet:
Abbildung 1.1: Trends & Herausforderungen der Rekrutierung 2011
Zu den wichtigsten unternehmensübergreifenden Recruiting-Trends gehören der demografische Wandel mit der damit einhergehenden Änderung des Bewerberpools, der Fachkräftemangel mit einer Knappheit der Bewerber, der Bologna-Prozess mit der Umstellung auf Bachelor- und Masterprogramme, neue Kommunikationswege über Social Media und die Wirtschaftskrise mit verschärften Effektivitäts- und Effizienzzielen. Daraus ergeben sich für Unternehmen relevante Schlüsselherausforderungen. Für die Untersuchung in dieser Masterthesis sind einige dieser Trends auch im Bezug auf Headhunter relevant.
Der Fachkräftemangel, das heißt die Knappheit qualifizierter Kandidaten, spielt eine große Rolle. Spezialisten stehen auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht in ausreichender Anzahl zu Verfügung (Kolodziej 2012: p.4). Wie eine aktuelle Studie von McKinsey Deutschland (2011) eindeutig belegt, erweist sich die Personalbeschaffung und damit die Besetzung von entsprechenden Stellen als immer größere Herausforderung.
Wenn ein Unternehmen keine qualifizierten Mitarbeiter findet, spricht man von Fachkräftemangel. Dies kann sich negativ auf das Umsatz- und Wirtschaftswachstum sowie die weitere Expansion auswirken bzw. das Unternehmen viel Geld kosten. Der Produktionsfaktor Arbeit und somit die Mitarbeiter sind nach wie vor einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens (Karagah 2010). Die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern gestaltet sich für die Personalverantwortlichen zunehmend schwieriger. Neben dem klassischen Arbeitsmarkt existiert mittlerweile ergänzend ein Bewerbermarkt. Unternehmen warten nicht mehr nur passiv ab, wer sich auf bestimmte Stellenbeschreibungen bewirbt, sondern suchen selbst bzw. über spezialisierte Personaldienstleister gezielt Fach- und Führungskräfte. Im Zuge der Globalisierung wird diese Suche zudem durch die Tatsache erschwert, dass auf Grund überregionaler Arbeits- und Bewerbermärkte die geeigneten Mitarbeiter nur noch durch einen erhöhten Rechercheaufwand ausfindig gemacht werden können. Durch die Konkurrenz um Bewerber mit ähnlichen Qualifikationsprofilen befinden sich die Unternehmen untereinander in einem sog. War for Talents (Strack et al. 2009: p.21). Dies stellt die Personalbeschaffung vor eine neue, große Herausforderung.
Ein deutlicher Anstieg der Fluktuation und des demografischen Wandels erschweren diese Situation zusätzlich (Bierey 2009: pp.6-7).
Abbildung 1.2: externe Personalbeschaffung durch Unternehmen (Nicolai 2009: p.58)
In einer solchen Situation müssen potenzielle Bewerber auf vielfältige Weise auf Stellen aufmerksam gemacht werden. Dabei können Unternehmen passiv oder aktiv vorgehen. Insbesondere für die Besetzung einer Führungsposition wird die Palette an möglichen Vorgehensweisen schmaler. Neben der Veränderung auf den Arbeits- und Bewerbermärkten gibt es weitere deutliche Veränderungen in den letzten Jahren. Neben der seit Jahren anhaltenden Technisierung und Automatisierung von Arbeitsprozessen hat sich die digitale Kommunikation und mit ihr die vernetzte Welt über das Internet immer stärker ausgebreitet. Während im War for Talents traditionelle Instrumente der Personalbeschaffung allein nicht mehr ausreichen, um geeignete Fach- und Führungskräfte zu rekrutieren, bietet das Internet und hier besonders das Web 2.0 diverse neue und damit alternative Instrumente und Mittel zur Personalbeschaffung, bspw. Untersuchungen wie die von Schneider (2012) oder Kupka (2010). Die technischen Möglichkeiten und der Informations- und Kommunikationsaustausch über das Internet haben sich rasant entwickelt. In der angeführten Studie von Weitzel et al. (2011) zu den Recruiting Trends 2011 erwarten die 1.000 größten Firmen aus Deutschland, dass 36,4 Prozent ihrer Vakanzen schwer und 4,3 Prozent gar nicht zu besetzen sind. Die geringste Verfügbarkeit an geeigneten Kandidaten sehen die Teilnehmer der Studie in den Bereichen Forschung & Entwicklung sowie der Informationstechnologie.
Durch die Wirtschaftskrise ist der Fachkräftemangel u.a. durch die Verknappung der Ressourcen zur Personalbeschaffung in den Unternehmen verschärft worden. Angesichts dieser Entwicklungen überrascht es nicht, dass fast sieben von zehn Unternehmen es aufgrund der Wirtschaftslage in Zukunft noch schwieriger einschätzen, qualifizierte Fach- und Führungskräfte auf dem Personalmarkt zu finden. Somit wird auch dieser Trend Einfluss auf die Arbeit von Headhuntern nehmen. In Zeiten der Wirtschaftskrise gilt es daher nicht nur aus Unternehmenssicht, Effektivität und Effizienz permanent zu optimieren.
Das Internet ist aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken und hat sich insbesondere seit Entwicklung des Web 2.0 durch eine neue Wahrnehmung und Nutzung zu einer Plattform entwickelt, auf der sich die Nutzer u.a. in sozialen Netzwerken organisieren und austauschen. Dies gilt besonders für die Generation Y (Hansen 2011) bzw. die Millenials (Meyer 2011), also die Generation der nach 1981 Geborenen, die als erste größtenteils im Umfeld von Internet und mobiler Kommunikation aufgewachsen sind (Weise 2011: p.15). Das Freizeit- und Medienverhalten hat sich verändert. Statt Zeitung zu lesen, informieren sich viele Angehörige dieser Generation über das Web. Die nachrückende Generation junger Führungskräfte gehört bereits heute zu den „Digital Natives“ (Palfrey & Grasser 2008: p.1). Im Gegensatz zu den Jahrgängen, die vor den 1980er Jahren geboren wurden, die auch als Babyboomer, Generation X usw. genannt werden, sind diese potentiellen Kandidaten technikaffin aufgewachsen. In der aktuellen Studie zu Recruiting Trends aus 2012 (Weitzel et. al. 2012: p. 23) finden sich die Studienergebnisse weitestgehend bestätigt. Es findet sich zusätzlich ein Expertenblick „in die Glaskugel“. Die Rekrutierungsverantwortlichen der größten deutschen Unternehmen erwarten, dass die Recruiting-Trends Social Media, Internet-Recruiting,...