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E-Book

Klassiker der Pädagogik

Die Bildung der modernen Gesellschaft

AutorBernd Dollinger
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl376 Seiten
ISBN9783531903019
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis22,99 EUR
Von Rousseau bis Herbart, über Diesterweg, Natorp, Nohl und Mollenhauer bis Luhmann werden in diesem Band die Grundlegungen der Pädagogik der modernen Gesellschaft dargestellt. Neben einer biografischen Orientierung im jeweiligen soziokulturellen Kontext werden die zentralen Aussagen der klassisch gewordenen pädagogischen Akteure dokumentiert. Ergänzt werden die Portraits um die Perspektiven, wie sie jeweils zur sozialen Erziehung entwickelt wurden. Wissenschaftlich aktuell wird das Buch durch die Berücksichtigung von Foucault, Bourdieu und Luhmann als pädagogische Klassiker der modernisierten Moderne.

PD Dr. Bernd Dollinger ist wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Sozialpädagogik der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

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Leseprobe
Klassiker der Pädagogik. Einleitende Anmerkungen zu einer eigentümlichen Spezies (S. 7)

Bernd Dollinger

1 Einleitung

Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, was „Klassiker sind und wie sie ihren Status zugesprochen bekommen. Als Überblick über die pädagogische Klassikerdiskussion seien im Folgenden drei idealtypische Deutungen unterschieden, die Auskunft über die Wesensart dieser Spezies versprechen: Erstens die These der besonderen, zeitlosen Qualität, zweitens Annäherungen über Kriterienkataloge und drittens die These der Qualifizierung.

Zugrunde gelegt wird dabei eine Art gedanklichen Kontinuums. Auf der einen Seite dieses Kontinuums steht gemäß einer traditionellen Sichtweise der Klassiker dekontextualisiert für sich. Er ist ein Klassiker auf der Grundlage des klassischen Werkes, das er geschaffen hat und das Werke anderer Autoren überstrahlt.

Am anderen Ende steht der Klassiker als Konstrukt, das von einer Rezeptionsgemeinde etabliert und am Leben erhalten wird. Der Klassiker ist vollständig kontextualisiert, als isoliertes Wesen, ohne Menschen, die an ihn „glauben, würde er nicht existieren. Zwischen diesen Extrempolen bewegen sich derzeit die „Klassiker der Pädagogik.

a) Der zeitlose Klassiker

Zunächst zur ersten These, die einen zeitlosen, durch herausragende Qualität ausgezeichneten Klassiker unterstellt. Er wird in Anspruch genommen, um ahistorisch gültige Antworten auf immer wieder aufkommende Fragen oder um zumindest überdauernde Perspektiven zu erfahren, an denen sich der Einsteiger in ein Fachgebiet schulen und der Experte sich seines Wissens versichern kann. Wer sich mit dem Klassiker auseinandersetzt steht, um ein von Robert K. Merton (1980) popularisiertes Bild zu verwenden, „auf den Schultern von Riesen und kann nur wegen ihrer Größe weiter sehen als sie selbst.

Das Klassische symbolisiert in diesem Sinne überzeitliches Wissen von herausragender Güte, an dem sich der zeitgenössische Mensch mit Vertrauen orientieren kann. So heißt es im „Lexikon der Pädagogik von Roloff und Willmann zum Einsatz von klassischen Werken zum Zwecke der Volksbildung: „die Lektüre der Klassiker hebt (…) über das Alltägliche hinaus und veredelt Gemüt und Willen.

Ihre Heldengestalten nehmen unwillkürlich gefangen und spornen zur Nacheiferung an (Schiel 1913, 1299). Klassische Werke fungierten als „Denkmäler der Vergangenheit (ebd.), und wer an diesen Bildungsmonumenten rührt, kann sich auch heute noch eines empörten Aufschreis sicher sein (vgl. Wilczek 2004).

Was hier für die Erziehung der Volksschüler empfohlen wurde und wird, gilt auch für die Wissenschaft der Erziehung: Klassiker verkörpern unstrittig erscheinende Wissensgehalte, die zwar anspruchsvoll und etwas angestaubt sein mögen. Aber die Auseinandersetzung mit ihnen lohnt sich, da sie über ihren (kulturellen, politischen, sozialen, biographischen, pädagogischen) Kontext hinaus von Bestand sind. Sie repräsentieren Wissen, das nicht zu leugnen ist.

Es mag in Einzelheiten überholt sein und hinter dem aktuellen Stand der Forschung zurück stehen und ist dennoch gemäß seiner basalen Perspektive und der durch sie aufgeworfenen Fragen von grundlegender Relevanz und deshalb längst nicht „überholt. Als Basis aktueller Wissensentwicklung dient das klassische Wissen dazu, die Gegenwart neu zu verstehen, um mit anderen Mitteln und neuartigen Antworten auf das klassische Wissen aufzubauen.

Klassiker sind in diesem Sinne „die Vorbildung des geistigen Lebens der Welt (L.v. Stein, zit.n. Roeder 1968, 239). Auf einen ersten Blick mag es scheinen, dieses Verständnis des Klassischen sei für Disziplinen wie die Pädagogik nicht besonders attraktiv, da angesichts der Heterogenität ihrer Perspektiven und Orientierungen nicht von einem kontinuierlich wachsenden unstrittigen Wissensbestand auszugehen ist.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis5
Klassiker der Pädagogik. Einleitende Anmerkungen zu einer eigentümlichen Spezies7
1 Einleitung7
2 Von der Qualität zur Qualifizierung „ und zurück?12
3 Die Person des Klassikers16
4 Der thematische Fokus des Bandes18
Literatur22
I. Die Konstitution der modernen Gesellschaft26
Jean-Jacques Rousseau (1712-1778)27
1 Einleitung27
2 Lebensverlauf28
3 Zentrale pädagogische Aussagen31
4 Gegenwärtige Wahrnehmung42
Literatur48
Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827)53
1 Von der Menschheitsreform zur Reform des innern Menschen53
2 Biographie, soziale und politische Umgebung54
3 Die pädagogischen Konzepte Pestalozzis in ihrem sozialen und politischen Umfeld61
4 Pestalozzi als Klassiker69
Literatur72
Friedrich Schleiermacher (1768-1834)75
175
279
386
495
Literatur97
Weitere Literatur99
Johann Friedrich Herbart (1776-1841)101
1 Einleitung101
2 Lebenslauf101
3 Zentrale pädagogische Aussagen112
4 Gegenwärtige Wahrnehmung118
Literatur120
II. Erziehung und Industrialisierung125
Friedrich Adolph Wilhelm Diesterweg (1790-1866)127
1 Einleitung127
2 Lebensweg128
3 Pädagogik135
4 Rezeption und Forschung145
Literatur147
Karl Volkmar Stoy (1815-1885) und Otto Willmann ( 1839- 1920)151
I. Einleitung151
II. Karl Volkmar Stoy (1815-1885)152
1 Lebenslauf152
2 Zentrale pädagogische Aussagen: Pädagogische Bildung der Gymnasiallehrer als „ soziales Hauptproblem“156
III. Otto Willmann (1839-1929)163
1 Lebenslauf163
2 Zentrale pädagogische Aussagen: Zur Gestaltung pädagogischer Universitätsseminare167
IV. Gegenwärtige Wahrnehmung174
Paul Natorp (1854-1924)179
1 Einleitung179
2 Lebenslauf180
3 Zentrale pädagogische Aussagen181
4 Gegenwärtige Wahrnehmung190
Literatur192
III. Erziehung am Beginn des 20. Jahrhunderts197
Reformpädagogik und Klassiker199
1 Zum Klassikerstatus der Reformpädagogik - Überlegungen in essayistischer Form199
2 Kulturtheoretischer Ausgangspunkt der Krise am Beispiel Georg Simmels203
3 Widerspruch und Trivialität der Krise: Julius Langbehn206
4 Das Bemühen um die klassische Form und das Ausgeschlossene211
Literatur218
John Dewey (1859-1952)221
1 Einleitung221
2 Biographischer Überblick221
3 Zentrale pädagogische Auffassungen im Kontext von Deweys Philosophie224
4 Gegenwärtige Wahrnehmung und Diskussion240
Literatur242
Herrman Nohl (1879-1960)247
1 Einleitung247
2 Lebensverlauf247
3 Zentrale pädagogische Aussagen250
4 Gegenwärtige Wahrnehmung261
Literatur262
Siegfried Bernfeld (1892-1953)265
1 Einleitung265
2 Lebensverlauf267
3 Zentrale pädagogische Aussagen269
4 Gegenwärtige Wahrnehmung und Diskussion280
Literatur281
IV. Die „modernisierte“ Moderne288
Michel Foucault (1926-1984)289
1 Einleitung289
2 Biografische Notizen290
3 Zur pädagogischen Relevanz Foucaultscher Machtanalysen292
4 Zur gegenwärtigen Rezeption Foucaults in der Pädagogik304
Literatur308
Niklas Luhmann (1927-1998)311
1 Einleitung311
2 Werdegang312
3 Luhmanns Pädagogik314
4 Wirkung und Resonanz326
Literatur327
Klaus Mollenhauer (1928-1998)331
1 Einleitung331
2 Lebensverlauf331
3 Zentrale pädagogische Aussagen333
4 Gegenwärtige Wahrnehmung347
Literatur348
Pierre Bourdieu (1930-2002)353
1 Lebenslauf353
2 Die Pädagogik Pierre Bourdieus356
3 Gegenwärtige Wahrnehmung371
Literatur373

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