Teil 1: Organisation
1 Organisationsformen und -struktur der Therapie- und Pflegeeinrichtungen
1.1 Krankenhäuser, Kliniken, Pflegeeinrichtungen
Definition: Krankenhäuser und Kliniken sind Einrichtungen, in denen durch pflegerische, ärztliche und therapeutische Maßnahmen Krankheiten, Leiden und Behinderungen festgestellt, gelindert oder geheilt und Folgeerkrankungen vermieden werden sollen.
Allgemeine Krankenhäuser
Stationäre Organisationsformen
dienen der Grund- und Regelversorgung der Bevölkerung und betreiben mindestens folgende Abteilungen:
- Innere Medizin
- Chirurgie
- geburtshilfliche Abteilung.
Fachkrankenhäuser
übernehmen die Behandlung in einer bestimmten Fachrichtung, z. B.
- Kinderheilkunde
- Orthopädie
- Unfallchirurgie
- Psychiatrie.
Universitätskliniken
dienen der Maximalversorgung und verfügen über verschiedene Fachabteilungen und über Forschungs- und Lehreinrichtungen.
Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime, betreutes Wohnen)
bieten alten, betagten Menschen, aber auch chronisch Kranken und jungen Schwerstpflegebedürftigen ein Zuhause.
Eine Klinik besteht aus Funktionsbereichen, Pflege- und Behandlungsbereichen und dem Verwaltungstrakt:
- Funktionsbereich: Apotheke, Labor, Zentralsterilisation, Küche, Hausmeister usw.
- Pflegebereich (Station, Gruppe) beinhaltet: Patientenzimmer, Stationsbüro (Stationszimmer), Pflegearbeitsräume, Teeküche, Pflegebad, Arztzimmer, Toiletten für Patienten, Personal und Besucher, Abstell- und Vorratsräume, Aufenthaltsräume.
- Behandlungsbereich: OPs, Diagnostikräume, Behandlungszimmer.
Da jede Klinik andere bauliche und fachliche Voraussetzungen hat, gibt es hier große Unterschiede.
Patientenzimmer (Ein- bis Dreibett-Zimmer) sollen mindestens verfügen über:
- ein von allen Seiten zugängliches, verstellbares Bett, pro Bett jeweils ein Nachttisch und Schrank,
- einen Tisch und Stühle,
- Waschgelegenheit mit ausreichender Ablagefläche,
- individuell schaltbare Beleuchtung,
- Notrufanlage,
- Wandanschlüsse für Sauerstoff und Druckluft,
- evtl. Schleusen.
Merke: Notausgänge, Notbeleuchtung, Nottelefone, Feuermelder, -löscher usw. müssen vorhanden sein; jeder Mitarbeiter muss den Umgang mit den Geräten beherrschen.
1.2 Behandlungsteam, Pflegeteam und Pflegesystem
Das Behandlungsteam einer Station besteht je nach Fachrichtung aus examinierten Pflegepersonen, Auszubildenden, Pflegeassistenten, Praktikanten, Ärzten, Sozialarbeitern, Diätassistenten, Therapeuten und Seelsorgern.
Definition: Pflegeassistenten sind Teil des Pflegeteams, sie arbeiten im Auftrag und nach Anweisung von examinierten Pflegepersonen, assistieren bei pflegerischen und/oder ärztlichen Maßnahmen und übernehmen hauswirtschaftliche Tätigkeiten.
Pflegesysteme beschreiben mögliche Arbeitsorganisationen einer Station, d. h., wie die Arbeit im Team organisiert wird und wie die zu leistende Pflegearbeit auf die einzelnen Personen verteilt wird.
Beispiel:
Funktionspflege: Eine Pflegeperson wäscht alle Patienten/Bewohner, eine andere misst bei allen Personen Temperatur und Blutdruck, die dritte Pflegekraft wechselt alle Verbände usw.
Bereichspflege: Eine Pflegeperson ist für die gesamte Versorgung der Patienten/Bewohner von einem bis drei Zimmern zuständig. Die Verantwortung endet mit dem Ende der Schicht.
Gruppenpflege: Eine Gruppe von zwei bis drei Pflegenden ist für die umfassende Versorgung der Patienten/Bewohner von vier bis sechs Zimmern zuständig.
Primary Nursing/Bezugspflege: Jedem Patienten/Bewohner wird eine Pflegeperson zugeordnet. Diese erstellt den Pflegeplan und ist von der Aufnahme bis zur Entlassung für „ihren“ Patienten/Bewohner verantwortlich.
Die Arbeitsaufteilung richtet sich nach dem jeweiligen Pflegesystem der Station/Abteilung und wird von examinierten Pflegepersonen vorgenommen.
1.3 Pflegedokumentation, Pflegeprozess, Pflegestandards
Durch den Gesetzgeber besteht die Verpflichtung zur Dokumentation für alle Einrichtungen des Gesundheitswesens.
Die Dokumentation beinhaltet die Aufzeichnung von Daten zur Sicherung von Informationen,
- um erbrachte Leistungen abrechnen zu können,
- um die erbrachten Leistungen bei juristischen Auseinandersetzungen nachweisen zu können,
- um wichtige Informationen schnell nachlesen zu können,
- um die Entscheidungsfindung im Pflegeprozess nachvollziehbar zu machen.
Merke: Das Dokumentationssystem ist eine Urkunde. Eintragungen dürfen nicht mit Bleistift vorgenommen werden, weder überklebt noch mit Korrekturstift verändert werden. Alle Maßnahmen werden nach der Erledigung eingetragen und mit Unterschrift abgezeichnet.
Der Pflegeprozess ist der Vorgang, bei welchem eine examinierte Pflegeperson.
- die Pflegebedürftigkeit (Pflegeprobleme und Ressourcen) eines Patienten/Bewohners einschätzt (Informationssammlung),.
- die Pflegeziele realistisch und möglichst zusammen mit dem Patienten/Bewohner festlegt,
- die Planung der Pflegemaßnahmen vornimmt,
- die Durchführung der Pflegemaßnahmen übernimmt oder die Tätigkeiten von nicht examinierten Pflegepersonen überprüft,
- die Überprüfung vornimmt, ob die Pflegemaßnahmen zu den gewünschten Pflegezielen geführt haben,
- bei Bedarf Veränderungen des Pflegeplans vornimmt.
Abbildung 1: Die sechs Schritte des Pflegeprozesses
Pflegestandards
Definition: Pflegestandards sind, ebenso wie die Pflegedokumentation, Instrumente, die der Qualitätssicherung dienen.
Sie legen ein bestimmtes Maß an Pflegequalität fest, indem sie zu folgenden Bereichen Aussagen machen:
Wer macht wann, was, wo, wie, womit, wozu und mit welchem Ziel?
Das Arbeiten mit Pflegestandards ist für alle Mitarbeiter innerhalb einer Pflegeeinrichtung verbindlich; Pflegestandards haben den Charakter einer Dienstanweisung.
Expertenstandards
In Deutschland gibt es seit dem Jahr 2000 nationale Expertenstandards. Entwickelt werden diese Standards von Pflegeexperten unter der Leitung des Deutschen Netzwerks zur Qualitätsentwicklung in der Pflege(DNQP).
Folgende 7 Standards sind verfügbar:
- Expertenstandard: Dekubitusprophylaxe in der Pflege (1. Aktualisierung 2010),
- Expertenstandard: Entlassungsmanagement in der Pflege (1. Aktualisierung 2009),
- Expertenstandard: Schmerzmanagement in der Pflege (1. Aktualisierung Dezember 2011),
- Expertenstandard: Sturzprophylaxe in der Pflege (1. Aktualisierung 2013),
- Expertenstandard: Förderung der Harnkontinenz in der Pflege(2007),
- Expertenstandard: Pflege von Menschen mit chronischen Wunden(2009),
- Expertenstandard: Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege (2010).
1.4 Pflegemodelle
Modelle sind vereinfachte und anschauliche Darstellungen von (komplizierten) Funktionen oder Abläufen.
Pflegemodelle sind abstrakte Modelle davon, was Pflege beinhaltet und bedeutet. Sie machen Aussagen zu:
- der Rolle der Pflegeperson,
- Gesundheit/Krankheit (Definition, Abgrenzung),
- Menschenbild,
- Gründen für pflegerisches Eingreifen, Einschätzung des Patienten/Bewohners,
- Zielsetzung der Pflege und Maßnahmenplanung,
- Schwerpunkten pflegerischen Handelns,
- Bewertung der Pflegemaßnahmen.
Übersicht 1: Pflegemodelle
Die im deutschen Sprachraum meistverbreiteten Pflegemodelle sind:
Selbstpflege-Defizit-Modell nach Orem
Das Modell Orems geht davon aus, dass gesunde Menschen die Selbstpflege beherrschen; es besteht ein Gleichgewicht zwischen Pflegebedarf und Selbstpflegefähigkeiten. Eine Störung dieses Gleichgewichts, bei der die Selbstpflegefähigkeit eingeschränkt ist oder erhöhte Anforderungen an die Versorgung gestellt werden, erfordert pflegerisches Eingreifen.
Bedürfnisorientiertes Pflegemodell nach Henderson
Es orientiert sich an der Bedürfnispyramide nach Maslow. Henderson definiert...