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E-Book

Der Handel

Grundlagen - Management - Strategien

AutorLothar Müller-Hagedorn, Stephan Zielke, Waldemar Toporowski
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl1212 Seiten
ISBN9783170248700
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis69,99 EUR
Der Handel ist in Bewegung: Es entstehen neue Betriebsformen, Vertikalisten konkurrieren mit klassischen Handelsorganisationen, elektronische und stationäre Kanäle werden in Mehrkanalsystemen zusammengeführt, Internationalisierungskonzepte stehen auf dem Prüfstand, das Angebot von Handelsmarken wird differenzierter und neue Technologien werden eingesetzt. Das vorliegende Werk bildet die methodischen Fortschritte im Handelsmanagement ab und stellt moderne Theorien zur Problemlösung vor. Ein besonderes Merkmal des Buches besteht darin, dass der entscheidungsorientierte Ansatz konsequent als Denkrahmen für die Behandlung der einzelnen Managementbereiche genutzt wird, so für das strategische Handelsmanagement, das Handelsmarketing, Beschaffung und Logistik, die Gestaltung der Bereiche Personal und Organisation sowie Finanzierung und Controlling. Wegen seines modularen Charakters, seiner Praxisorientierung bei gleichzeitiger Theoriefundierung und seiner dennoch guten Lesbarkeit ist das Buch für Manager, Forscher und Studenten gleichermaßen geeignet. Für Dozenten gibt es zusätzliche Materialien zum Download unter www.derhandel-dasbuch.de.

Prof. Dr. Lothar Müller-Hagedorn lehrte Betriebswirtschaftslehre, Handel und Distribution an der Universität zu Köln und leitete das dort angesiedelte Institut für Handelsforschung. Prof. Dr. Waldemar Toporowski leitet die Professur für Handelsbetriebslehre an der Georg-August-Universität Göttingen; er lehrt und forscht dort im Schwerpunkt Marketing und Distributionsmanagement. Associate Professor Dr. Stephan Zielke lehrt Marketing und Handel an der Universität Aarhus und ist Mitglied des dortigen MAPP-Centre.

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Leseprobe

A Der Handel und seine Erscheinungsformen
Kapitel 1–3


In Teil A wird der Handel in seinen verschiedenen Erscheinungsformen vorgestellt. Es wird verdeutlicht, dass er Teil von Distributionssystemen ist und dass er auf der Stufe des Groß- wie auch des Einzelhandels sowie in der Handelsvermittlung in vielfältigen Betriebsformen (Formaten) auftritt. Seine Einschaltung lässt sich mit verschiedenen Theorien begründen.

1 Die Rolle des Handels im Distributionssystem

1.1 Kennzeichen eines Distributionssystems

1.2 Varianten des Begriffs Handel

2 Die Vielfalt der Erscheinungsformen von Handelsbetrieben

2.1 Betriebsformen des Handels

2.1.1 Zum Begriff der Betriebsform

2.1.2 Der Großhandel und seine Betriebsformen

2.1.3 Der Einzelhandel und seine Betriebsformen

2.1.4 Die Handelsvermittlung und ihre Formen

2.2 Distributions- und Handelssysteme

2.2.1 Marktliche und hierarchische Formen der Koordination

2.2.2 Einzelne vertikale Koordinationsformen

2.2.2.1 Vertragshändlersysteme

2.2.2.2 Franchisesysteme

2.2.2.3 Vertikalisten

2.2.2.4 Verbundgruppen

2.2.2.5 Filialsysteme

2.2.2.6 Weitere vertikale Koordinationsformen

2.3 Existenz mehrerer Vertriebsschienen oder Koordinationsformen innerhalb einer Handelsorganisation

3 Zur Einschaltung des Handel

3.1 Die Lehre von den Handelsfunktionen

3.2 Der Baligh-Richartz-Effekt.

3.3 Erklärungen mit Hilfe der Transaktionskostentheorie

3.4 Spieltheoretische Ansätze zum Einfluss der Konkurrenzsituation und der Machtkonstellation

3.5 Ansätze zum Einfluss des Serviceniveaus auf die Präferenzbildung gegenüber dem Handel

1 Die Rolle des Handels im Distributionssystem


Der Handel stellt in jeder Volkswirtschaft einen wichtigen Sektor dar. Zu ihm gehören zahlreiche Unternehmungen, deren Steuerung eine große Herausforderung darstellt. Diese Aufgabe wird immer komplexer und anspruchsvoller, weil die Unternehmungen größer werden, der Wettbewerb oft sehr intensiv ist, die Konsumentenwünsche sich wandeln und im Vertrieb und in der Logistik, aber auch im Verkaufsraum, neue Technologien eingesetzt werden. Das Management eines Handelsunternehmens – das ist der Gegenstand des vorliegenden Buches.

Da Handelsunternehmungen Teile von Distributionssystemen sind, setzt eine Beschäftigung mit Aufgaben des Handelsmanagements voraus, dass man ein grundlegendes Verständnis für die Rolle des Handels als Intermediär zwischen Industrie und Endverbraucher entwickelt. Der Begriff Distributionssystem (manchmal werden auch im deutschsprachigen Bereich die englischen Begriffe Distribution Channel, seltener Marketing Channel verwendet) wird im Folgenden erklärt (Abschnitt 1.1). Es wird deutlich gemacht, welche Teile des Distributionssystems dem Handel zugerechnet werden (Abschnitt 1.2). Darüber hinaus werden die wichtigen Begriffe des funktionellen und institutionellen Handels geklärt.

Gegen eine isolierte Analyse des Handels spricht die zunehmende Erkenntnis, dass es nicht einzelne Unternehmungen sind, die miteinander in Konkurrenz treten, sondern ganze Distributionssysteme. Zudem ist in der Unternehmenspraxis zu beobachten, dass wirtschaftsstufen- und funktionsübergreifende Konzepte an Bedeutung gewinnen. Sie werden beispielsweise unter den Begriffen Efficient Consumer Response, Category Management und Supply Chain Management diskutiert. Diese Diskussion zeichnet sich dadurch aus, dass die isolierte Betrachtung der Handelsstufe durch eine Analyse ersetzt wird, die sich auch auf die übrigen Wirtschaftssubjekte des Distributionssystems erstreckt.

1.1 Kennzeichen eines Distributionssystems


Distribution wird meist in Abgrenzung zu Produktion und Konsumtion definiert. Folgt man Specht und Fritz (2005, S. 36), so kann man unter Distribution

„alle Aktivitäten, die die körperliche und/oder wirtschaftliche Verfügungsmacht über materielle oder immaterielle Güter von einem Wirtschaftssubjekt auf ein anderes übergehen lassen“,

verstehen. Es geht demnach um den Austausch von Gütern zwischen Marktteilnehmern. Damit sind die beiden wichtigsten Elemente angesprochen, um ein Distributionssystem zu charakterisieren:

  • die beteiligten Wirtschaftssubjekte und
  • der Austausch von Wirtschaftsgütern (in seinen einzelnen Facetten).

Aufbauend auf dem Begriff Distribution, der sich auf eine Tätigkeit bzw. Funktion bezieht, werden Distributions-, Absatz- und Vertriebsweg sowie Distributionssystem und Distributionskanal definiert. Der Begriff Distributionssystem betont gegenüber dem Absatz- und dem Distributionsweg, dass es sich um eine Form mit zahlreichen Elementen und vielfältigen, mitunter komplexen Beziehungen zwischen den Elementen handelt. Insofern wird der Begriff Distributionssystem den Gegebenheiten in der Praxis eher gerecht, da eine Unternehmung im Normalfall unterschiedliche Beziehungen zu zahlreichen anderen Wirtschaftssubjekten unterhält. Im Gegensatz zum Begriff System besteht bei der Verwendung des Begriffs Weg die Gefahr, dass darunter eine Abfolge von Institutionen mit ausschließlich gerichteten Beziehungen zwischen „benachbarten“ Wirtschaftssubjekten verstanden wird. Marketing Channel, ein Begriff, der in der angloamerikanischen Literatur (vgl. Rosenbloom 2004; Coughlan/Anderson/Stern et al. 2006) weit verbreitet ist, wird von Coughlan, Anderson, Stern et al. (2006, S. 2) im gleichen Sinne wie Distributionssystem definiert und verwendet:

„A marketing channel is a set of interdependent organizations involved in the process of making a product or service available for use or consumption.“

Im Folgenden werden die Begriffe Distributionskanal, Marketing Channel, Distribution Channel und Distributionssystem als gleichbedeutend angesehen, verwendet werden soll jedoch der Begriff Distributionssystem.

1.1.1 Mitglieder des Distributionssystems


Wie bereits erwähnt, besteht die zentrale Aufgabe der Distribution darin, dem Endverbraucher Produkte des Herstellers verfügbar zu machen. Die Verwendung des Begriffs Endverbraucher ist zwar nicht einheitlich, in den meisten Fällen – so auch im Folgenden – wird man darunter aber einen privaten Konsumenten oder Haushalt verstehen. Daneben gibt es aber auch gewerbliche Abnehmer, bei denen der Weg eines Produkts enden kann, weil es dort verbraucht oder aber verarbeitet wird. Neben Industrieunternehmen (Hersteller) sind hierzu beispielsweise Handwerker, Kantinen, Gaststätten, Hotels oder Krankenhäuser zu zählen. Sie sind von gewerblichen Abnehmern, die als Wiederverkäufer (Groß- und Einzelhändler) fungieren, zu unterscheiden. Da neben Händlern sowohl Hersteller als auch Endverbraucher Distributionsaufgaben übernehmen können und somit bei der Frage nach einer effizienten Aufteilung der Aufgaben zu berücksichtigen sind, ist es zweckmäßig, beide dem Distributionssystem zuzurechnen. Zu denken ist beispielsweise an die Entscheidung, ob der Endverbraucher den Transport zum Ort des Konsums übernimmt, wie das üblicherweise beim Kauf der Ware bei einem stationären Händler der Fall ist. Alternativ dazu kann der Transport vom Fuhrpark eines Händlers oder von einem Logistikdienstleister durchgeführt werden, wie beides im Falle des Versandhandels üblich ist.

Im einfachsten Fall – dem Direktvertrieb der Hersteller – besteht der Absatzweg nur aus zwei wirtschaftlichen Institutionen, dem Hersteller des Gutes und dem Verwender (z. B. einer anderen Unternehmung oder einem privaten Haushalt). Es wird auch vom direkten Vertrieb gesprochen. Bei der Übergabe der Verfügungsrechte handelt es sich in vielen Fällen um einen Verkauf bzw. einen Kauf. Zunehmend wird die Verfügbarkeit des betreffenden Gutes aber auch über andere Vertragsformen gewährleistet, z. B. über Pacht- oder Leasingverträge. Bei direktem Vertrieb ist nicht nur an die bislang seltenen Fälle zu denken, in denen Konsumgüterhersteller ihre Produkte direkt an Endverbraucher absetzen, wie z. B.:

  • Elektrogeräte (Vorwerk),
  • Haushaltswaren (Tupperware),
  • Kosmetik (Avon),
  • landwirtschaftliche Produkte (selbstvermarktende Landwirte),
  • Bücher und Zeitschriften (VNR Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG).

Bei direktem Vertrieb ist auch an Hersteller von Produktionsgütern zu denken, also Gütern, die an die weiterverarbeitende Industrie abgesetzt werden. Dies wird entsprechend dem Sprachgebrauch von Backhaus und Voeth (2010) als Teil des Industriegütermarketings bezeichnet. Dabei ist zu beachten, dass der Direktabsatz nicht mit dem Verzicht auf stationäre Verkaufsstellen gleichzusetzen ist. Dies ist zwar bei vielen der genannten Unternehmungen der Fall (Avon, Vorwerk, Tupperware) und gilt auch für die elektronische Form der Distribution (z. B. Dell), es gibt aber auch Hersteller, die stationär über eigene Niederlassungen ihre Produkte verkaufen. So schalten beispielsweise BMW oder Mercedes-Benz nicht nur Vertragshändler ein, sondern betreiben auch eigene Niederlassungen. Nike oder HUGO BOSS verkaufen ihre Produkte außer über...

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