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E-Book

Neue Allgemeine Musiklehre

Mit Fragen und Aufgaben zur Selbstkontrolle

AutorChristoph Hempel
VerlagSchott Music
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl333 Seiten
ISBN9783795786106
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Das Beherrschen der Elementarlehre - die Kenntnis wesentlicher melodischer, harmonischer und rhythmischer Zusammenhänge - trägt neben dem Singen, Musizieren und bewussten Musikhören zum Verstehen der vielgestaltigen musikalischen Erscheinungen bei. Die Neue Allgemeine Musiklehre hat es sich zur Aufgabe gemacht, in die Grundlagen einzuführen und den Lernenden beim Aneignen des notwendigen Wissens zu unterstützen, darüber hinaus den Fortgeschrittenen zur Wiederholung anzuregen und zum Nachschlagen zu dienen. Der reichhaltige Stoff ist in übersichtlicher Form geordnet und bietet viele Notenbeispiele, Abbildungen und tabellarische Übersichten. Aufgaben zur Selbstkontrolle ermöglichen es, das Gelesene zum Gelernten zu machen.

Christoph Hempel, geboren 1946 in Soltau. Studium von Kirchenmusik, Schulmusik, Oboe, Musiktheorie und Geschichte in Hannover. Seit 1982 Professor für Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Theater Hannover.

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Leseprobe

Akustische Grundlagen

Schall

Schwingung und Welle

Die Empfindung von Schall entsteht durch periodische oder unperiodische Schwankungen des Luftdrucks, die an unser Ohr gelangen. Ob ein Luftballon zerplatzt oder ein Mensch singt – immer breitet sich ein Luftdruckimpuls oder eine Folge von Impulsen kugelförmig um die Schallquelle aus.

Impulse eines Schallsenders (z. B. einer Saite oder einer Lautsprechermembran) breiten sich als Schallwellen in der umgebenden Luft aus. Die Luft dient dabei als Übertragungsmedium. Wenn eine periodische Schwingung unser Ohr erreicht, nehmen wir sie als Ton oder Klang mit bestimmbarer Tonhöhe wahr. Wenn die Impulse unregelmäßig aufeinander folgen (unperiodische Schwingung), hören wir ein Geräusch. Ein einzelner Impuls wird als Knack oder Knall wahrgenommen. Einfache periodische Schwingungen bezeichnen die Akustiker als Ton, komplexe zusammengesetzte Schwingungen, wie die Töne eines Musikinstruments, als Klang. Jeder auf einem Musikinstrument gespielte Ton enthält neben den periodischen Schwingungen auch Geräuschanteile (Bogenstrich, Anschlagsoder Anblasgeräusch), die seine Eigenart ausmachen. Es gibt auch Klanggemische (z. B. die Töne von Glocken), deren Schwingungen aus gemischten periodischen Anteilen bestehen: Dabei vermischen sich im Höreindruck verschiedene Tonhöhen.

Bei der Erzeugung einer Schwingung lenkt die Schallquelle die umgebenden Luftteilchen geringfügig aus ihrer Ruhelage, diese »stoßen« das benachbarte Teilchen an und bewegen sich wieder zurück. Durch die periodische Bewegung des Schallsenders wird die umgebende Luft abwechselnd komprimiert und expandiert und diese periodischen »Dichteänderungswellen« breiten sich kugelförmig nach allen Seiten aus, bis die Energie des Impulses durch die Masseträgheit der Luftteilchen aufgezehrt ist, wenn sie nicht vom Schallsender neu angeregt werden. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Impulse in der Luft ausbreiten, ist die (konstante) Schallgeschwindigkeit von ca. 340 m pro Sekunde. Bei der Schallausbreitung spielen u. a. Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt der Luft eine Rolle; z. B. steigt die Stimmung eines Blasinstruments, wenn der erwärmte Korpus des Instruments die im Inneren schwingende Luft erwärmt.

Man kann die periodischen Auslenkungen einer Schwingung als Projektion einer Pendelschwingung auf eine Zeitstrecke darstellen. Das einfachste Modell einer Schwingung ist die nur künstlich herzustellende wellenförmige Sinusschwingung. Sie wird so genannt, weil sie Abbild einer einfachen Sinusfunktion ist. Der momentane Zustand der Auslenkung zu einem bestimmten Zeitpunkt wird als Phase bezeichnet. Die Phasendauer (Periodendauer) ist die Zeit, die die Welle von einer Maximalauslenkung zur nächsten benötigt. Die Zahl der Schwingungen pro Sekunde wird als Frequenz bezeichnet und in Hertz (Hz = Schwingungen pro Sekunde) gemessen: 440 Schwingungen pro Sekunde (440 Hz) ergeben den Ton a'; verdoppelt man die Frequenz, klingt der Ton eine Oktave höher.

Bei einer transversalen Welle bewegen sich die schwingenden Teilchen quer zur Ausbreitungsrichtung der Welle (z. B. ein auf Wasserwellen tanzender Kork). Eine Welle, in der die Teilchen parallel zur Ausbreitungsrichtung schwingen (z. B. bei der Schallausbreitung in der Luft), nennt man longitudinal.

Die untere Grenze des Hörbereichs für die Tonhöhenempfindung liegt bei etwa 20 Hz. Darunter geht die Wahrnehmung einer Tonhöhe beim Hörer in die Empfindung einzelner Impulse über. Die obere Grenze des Hörbereichs liegt je nach Lebensalter zwischen 15 kHz und 20 kHz (20000 Hz).

Vom Instrument bis zum Ohr
Resonanz, Schallübertragung, Hörvorgang

Bei den meisten Musikinstrumenten ist ein Hohlraum, der die Schwingung verstärkt, fest mit dem eigentlichen Schallerzeuger verbunden oder befindet sich zumindest in seiner unmittelbaren Nähe. Die Saiten einer Geige geben ihre Schwingungen über den Steg an den Korpus weiter; Nasen-, Mund- und Rachenraum des Sängers strahlen die im Kehlkopf erzeugten Schwingungen ab. Diese Hohlkörper heißen Resonatoren. In ihnen werden die zugeführten Schwingungen aufrechterhalten und abgestrahlt (Resonanz); dieser Effekt wird als Verstärkung und Klangveredelung wahrgenommen. Die umgebende Luft bzw. das Kabel bei der elektroakustischen Übertragung wirken als Übertragungsmedium. Nicht nur die Luft, sondern auch Wasser oder feste Körper (z. B. die Betonwände eines Hauses) können als Übertragungsmedium wirken. Je dichter die Materie des Übertragungsmediums ist, desto besser leitet sie den Schall. Zur Schalldämmung werden daher Materialien mit lockerer Struktur wie Filz oder Schaumstoff verwendet. Die Schallinformation kann in gewandelter Form (digital oder analog) auf einem Speichermedium dauerhaft konserviert und wieder abgerufen werden.

Beim Hören fangen die Ohrmuschel und das anschließende röhrenförmige Außenohr den ankommenden Schall auf und leiten ihn auf das Trommelfell, das die Schwingungen aufnimmt. Im anschließenden Mittelohr sind drei nach ihrer Form benannte Knöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel) mit dem Trommelfell verbunden und leiten die Bewegung weiter zum Innenohr. Von dort werden die mechanischen Schallvorgänge über Schnecke, Basilarmembran und die Haarzellen des Cortischen Organs in elektrische Ströme (Nervenreize) umgewandelt und an das Gehirn weitergeleitet, das sie als Tonhöhen- oder Geräuscheindruck interpretiert. Die räumliche Ortung von Schallquellen, z. B. beim stereophonen Hören, leistet das Gehirn, indem es die kleinen Zeit- und Lautstärkeunterschiede analysiert, mit der Schallinformationen bei linkem und rechtem Ohr eintreffen.

Schwebung

Sind zwei Instrumente geringfügig gegeneinander verstimmt, hört man ein eigentümliches Lautstärkevibrato, die Schwebung. Sie entsteht, wenn die Verstimmung zweier Instrumente so gering ist, dass Gleich- und Gegenphasigkeit der beiden Schwingungen sich in hörbarer Folge abwechseln. Dieser Effekt ist mit zwei unterschiedlich langen Pendeln vergleichbar, die zum gleichen Zeitpunkt angestoßen werden: Die Auslenkung der beiden Pendel wechselt zwischen gleichphasig und gegenphasig hin und her. Das Ab- und Anschwellen der Lautstärke bei der Schwebung entsteht dadurch, dass sich die zwei Schwingungen in der gegenphasigen Bewegung gegenseitig auslöschen und in der gleichphasigen verstärken. Die Frequenz der Schwebung entspricht dem Frequenzunterschied der beiden Töne: Wenn also zwei Töne mit 440 Hz und 441 Hz gleichzeitig gespielt werden, hören wir eine Schwebung pro Sekunde. In der Aufnahmetechnik der Popmusik wird dieser Effekt oft eingesetzt, um bei Vokalstimmen Klangfülle und Wärme zu erzielen. Dabei werden zwei Tonbandspuren mit der gleichen Stimme besungen (»gedoppelt«) und bei der Endabmischung gleichzeitig abgespielt.

Akustik und Musik

Intervalle und Naturtonreihe

Die Naturphilosophen der Antike entdeckten, dass sich mit Saitenteilungen in einfachen ganzzahligen Verhältnissen musikalisch verwendbare Intervalle bilden lassen: Vergleicht man die Tonhöhen einer frei schwingenden und einer an einer bestimmten Stelle abgegriffenen, also verkürzten Saite, ergibt sich zwischen den beiden Tönen ein Intervall. Greift man z. B. die Saite genau in der Mitte ab, sodass nur noch die angezupfte Hälfte der Saite schwingen kann, klingt dieser Ton eine Oktave höher als die frei schwingende Saite: Das Frequenzverhältnis (Frequenzproportion) zwischen der ganzen und der abgegriffenen Saite beträgt 1:2.

Die Tonhöhen, die sich durch ganzzahlige (harmonische) Teilungen der Saite ergeben (Teilungsproportionen zum Grundton 2/1, 3/1, 4/1 etc.) bilden die Partialtonreihe (Obertonreihe, Naturtonreihe, Reihe der Harmonischen). Ihre Intervalle werden nach oben immer kleiner. Der Zähler des Bruchs ist dabei gleichzeitig die Ordnungszahl des betreffenden Partialtons: Z. B. hat der fünfte Partialton über einem (als 1 mitgezählten) Grundton das Frequenzverhältnis 5/1 zu diesem Grundton. Die Töne der Naturtonreihe bilden untereinander ebenfalls ganzzahlige Frequenzverhältnisse, die das jeweilige Intervall zwischen ihnen repräsentieren. So besteht zwischen dem 3. und 4. Naturton das Frequenzverhältnis 3/4 (reine Quart).

Auf Blechblasinstrumenten kann man diese Naturtonreihe durch Veränderung des Lippenansatzes hörbar machen. In Blechbläserthemen aus der Barockzeit und der Klassik, in denen die Blechblasinstrumente noch nicht über Ventile verfügten, wird ausschließlich die Naturtonreihe benutzt. Einige Töne, wie z. B. der 9., wurden dabei mit dem Ansatz korrigiert.

Intervallzirkel und Temperaturen

Intervalle sind zyklisch, d. h., sie kommen nach einer bestimmten Anzahl von Wiederholungen wieder beim (oktavierten) Ausgangston an – allerdings nur ungefähr, denn solche Intervallzyklen sind mit reinen Intervallen physikalisch nicht möglich. Der vierte Ton (his) in der Großterz-Reihe beispielsweise ist tiefer als das c, mit dem er hier durch enharmonische Verwechslung gleichgesetzt wird. Ähnlich verhält es sich mit einem Zyklus von zwölf reinen Quinten: Der Ton his, bei dem man sieben Oktaven...

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