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E-Book

Die Bibel

AutorBernhard Lang
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl130 Seiten
ISBN9783105601389
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
FISCHER KOMPAKT. Verlässliches Wissen kompetent, übersichtlich und bündig dargestellt. - Jerusalem - Israel - Johannes der Täufer - Ägypten - Palästina - Prophet - Babylonien - Galiläa - Prophetie - Deuteronomium - Bibel - Apostelgeschichte - Bibelübersetzung - Genesis - Grundriss - Prophetenschrift - Hebräer - Neues Testament - Altes Testament - Petrus - Fischer Kompakt (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Bernhard Lang: Professor für Altes Testament und Religionswissenschaft

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Leseprobe

Israels Propheten


Das Alte Testament enthält fünfzehn Prophetenschriften. Von ihrem Inhalt vermitteln uns die Bücher Jesaja, Jeremia und Jona eine gute Anschauung.

Das Buch Jesaja


Als König Usija stirbt und Ahas den Thron Judas besteigt [734], erlebt Jesaja seine Berufung in Jerusalem. In den Himmel versetzt, lauscht er den Gottes Thron umgebenden sechsflügeligen serafischen Geistern, die einander »heilig, heilig, heilig« zurufen. Sein Mund wird mit glühender Kohle gereinigt, um für die Verkündung des göttlichen Wortes zu taugen. Niemand wird Jesajas Botschaft wirklich begreifen, wird ihm mitgeteilt; erst wenn Unheil über das Land gekommen ist, wird man sich des Propheten erinnern.

König Ahas ist in jenen Jahren in politische Händel verstrickt: Zum Widerstand gegen die Assyrer, die damals führende Macht des Ostens, verbündet sich das Bruderreich Israel mit den Aramäern von Damaskus. Als sich Ahas weigert, der antiassyrischen Koalition beizutreten, drohen Israel und Damaskus, gegen Juda zu Felde zu ziehen. Doch Jesaja beruhigt den König: »So spricht der Herr Jahwe: Das kommt nicht zustande, das wird nicht geschehen.« Jesaja kündigt den Untergang des Nordreiches Israel und des Aramäerreiches als bevorstehend an: Noch bevor Immanuel, der zu erwartende Sohn einer Jungfrau [der jungen Frau des Königs?], herangewachsen sein wird, wird Unheil über die beiden feindlichen Mächte kommen. Weiter prophezeit Jesaja über seinem eigenen Sohn: Noch ehe der Knabe »Vater« und »Mutter« sagen kann, werden die Assyrer die Schätze des Nordreichs und die Reichtümer von Damaskus als Beute davonschleppen. Als die Assyrer einen Teil des Nordreichs unter ihre Kontrolle bekommen, verheißt der Prophet dem Nordreich baldige Befreiung und Annexion an das Südreich: Ein König aus dem Hause Davids werde die Assyrer vertreiben: »Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Kriegsmantel, der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers.«

Unter König Hiskija [728699] wird Palästina von assyrischem Militär heimgesucht. Jesaja wendet sich gegen den Plan des Herrschers, Ägypten um militärische Unterstützung für die Verteidigung des Landes zu ersuchen. Als der Assyrerkönig Sanherib Jerusalem belagert, befragt Hiskija den Propheten. Dieser kündigt nicht nur an, das feindliche Heer werde abziehen, er trägt auch ein Spottgedicht auf Sanherib vor: »Auf dem Wege, auf dem du herkamst, treibe ich [Jahwe] dich wieder zurück« nach Assyrien. Tatsächlich bricht eine Krankheit im feindlichen Lager aus: In einer einzigen Nacht erschlägt der Pestengel Jahwes 185000 Mann. Sanherib bricht die Belagerung ab und zieht nach Hause – um in seiner Hauptstadt Ninive ermordet zu werden. Hiskija [offenbar von der Pest angesteckt] gesundet, als ihm der Prophet ein Feigenpflaster auf seine Beule auflegt.

Der Bericht über die Hiskijazeit endet mit einem unheilvollen Wort. Darüber erzürnt, dass der König babylonische Gesandte freundlich empfängt und ihnen sein Schatzhaus zeigt, weiß der Gottesmann vom baldigen Verlust dieser Schätze: »Es werden Tage kommen, an denen man alles, was in deinem Haus ist, alles, was deine Väter bis zum heutigen Tag (an Reichtümern) angesammelt haben, nach Babel bringt. Nichts wird übrig bleiben.«

[Viele Teile des Jesajabuches zeigen uns einen Propheten, der vor allem Missstände rügt und Gottes Strafe ankündigt.]

»Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!« Jesaja äußert wiederholt Empörung über seine Zeitgenossen. Jahwe sieht er als Vater des Volkes; doch dieser Vater hat Grund zur Klage, denn seine Söhne, die Judäer, sind missraten: »Ich habe Söhne großgezogen und emporgebracht, doch sie sind von mir abgefallen. Weh dem sündigen Volk, der schuldbeladenen Nation, der Brut von Verbrechern, den verkommenen Söhnen.« Ein allegorisches Lied schildert Gott als enttäuschten Winzer: Jahwe hat einen Weinberg angelegt, dem er alle erdenkliche Pflege angedeihen lässt; doch als die Reben nur saure Trauben hervorbringen, lässt er ihn verwüsten und verbietet den Wolken, ihm Regen zu spenden. Dieser Weinberg ist Juda! Unermüdlich brandmarkt der Prophet die Judas Gesellschaft entstellenden Missstände. Als fragwürdig gelten dem Gottesmann die Götzenbilder und die neu angelegten heiligen Haine; auch das Treiben der Zauberer und Wahrsager lehnt er ab. Wucherer beherrschen den Markt. Die Richter sind käuflich: »Weh denen, die den Schuldigen für Bestechungsgeld freisprechen und dem Gerechten sein Recht vorenthalten.« Schutzlose Witwen und Waisen werden ausgebeutet, ohne dass jemand einschreitet. Durch Betrug vergrößern die Reichen ihren Haus- und Grundbesitz. »Eure Häuser sind voll von dem, was ihr den Armen geraubt habt. Wie kommt ihr dazu, mein Volk zu zerschlagen? Ihr zermalmt das Gesicht der Armen«, lautet ein jesajanischer Gottesspruch. Angesichts solcher Übel findet Jahwe kein Gefallen an Opferdarbringung, Gebet und monatlich gefeierten Festen. »Wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich meine Augen vor euch. Wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es nicht. Eure Hände sind voll Blut. Alle Abtrünnigen und Sünder werden zerschmettert. Wer Jahwe verlässt, wird vernichtet.« Gottes Strafgericht, genannt »der (Gerichts-)Tag Jahwes der Heere«, wird in immer neuen Szenen ausgemalt, die sich zu einem gewaltigen Bild des Schreckens zusammenfügen: Der Feind kommt mit seinen Streitwagen aus der Ferne, erobert und verwüstet das Land, brennt die Städte nieder. »Die Leichen liegen auf den Gassen wie Unrat.« Die in den Häusern aufbewahrten, keine Hilfe bietenden »silbernen und goldenen Götzen« werden nun »den Fledermäusen und Ratten« hingeworfen. Alles Hohe wird erniedrigt. Die feinen Damen werden ihres Schmucks, ihrer Armspangen, Schals, Täschchen und Spiegel beraubt – »Moder statt Balsam, Strick statt Gürtel, Glatze statt kunstvolle Locke n, Trauergewand statt Festkleid, Schande statt Schönheit«. In den Ruinen weiden Schafe, und die Felder geben keinen Ertrag mehr. Dornen und Disteln beherrschen die Landschaft. Frauen finden keinen Ehegatten mehr, sind doch die jungen Männer im Krieg gefallen.

Jahwe wird sein Volk allerdings nicht auf immer verstoßen, sondern sich seiner erbarmen, wenn wenigstens ein Rest sich zu ihm bekehrt. Die in alle Welt Zerstreuten werden wieder in ihre Heimat zurückgebracht. Aus dem Geschlecht Davids wird ein König erstehen der, begnadet mit »dem Geist der Weisheit und der Einsicht, dem Geist des Rates und der Stärke, dem Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht«, die Gerechtigkeit in seinem Land wieder durchsetzt. »Er richtet nicht nach dem Augenschein, nicht nur nach dem Hörensagen entscheidet er, sondern er richtet die Hilflosen gerecht, und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist. Er schlägt die Gewalttätigen mit dem Stock [d.h. dem scharfen Urteil] seines Mundes, indem er die Schuldigen tötet.« Ein neues Reich wird entstehen, dem die Völker des Ostjordanlandes – Edom, Moab und Ammon – dienen werden. Völker strömen nach Jerusalem [der Hauptstadt dieses Reichs], um dort politischen Streit schlichten zu lassen. Die in Jerusalem, der »Burg der Gerechtigkeit«, gepflegte Weisheit wird international anerkannt werden. An diesem umfassenden Heil werden auch jene Judäer teilhaben, die in den Kriegswirren ums Leben gekommen waren: »Jahwe, du wirst uns Heil schenken. Deine Toten werden leben, die Leichen stehen wieder auf; wer in der Erde liegt, wird erwachen und jubeln.«

Dem Heil Judas entspricht das von Jahwe über seine Gegner gebrachte Unheil. Allen wirklichen und möglichen Feinden wird der Untergang angesagt: Assur wird ebenso zerschlagen werden wie Babylonien, die Philistertrifft es nicht anders als die Moabiter, Aramäer, Tyrer und Ägypter. Viele dieser Worte sind hasserfüllt: »Moab wird an Ort und Stelle zertreten, wie Stroh in der Jauche zerstampft wird.« Die Könige der Erde »werden zusammengetrieben und in eine Grube gesperrt; sie werden ins Gefängnis geworfen« und bestraft. Ein Heilswort erhebt sich jedoch über solche Enge, indem es eine neue Völkerordnung verkündet, die ein Gleichgewicht von drei Reichen kennt – Assyrien, Ägypten und Israel.

Anhang zum Jesajabuch


[Dem Jesajabuch ist ein Anhang beigefügt, der die Heilsankündigung Jesajas in späterer Zeit aufnimmt und weiterführt. Dabei nimmt ein namentlich unbekannter Prophet – »Deutero-Jesaja« – deutlich auf das babylonische Exil Bezug.]

»Fürchte dich nicht, du armer Wurm Jakob, du Würmlein Israel. Ich selber [Jahwe] werde dir helfen.« Obwohl Schöpfer der ganzen Welt, nimmt sich Israels Gott in besonderer Weise eines kleinen Volkes an, wie sich Vater und Mutter ihres Kindes annehmen. Von Jahwe dazu ausersehen und beauftragt, lässt der namentlich genannte Perserkönig Kyrus [ca. 559530] die nach Babylonien verschleppten Judäer wieder nach Palästina zurückkehren. Gottes besondere Liebe gilt der bald wieder prachtvollen Stadt Jerusalem: »Aus Rubinen mache ich deine Zinnen, aus Beryll deine Tore und alle deine Mauern aus kostbaren Steinen.« Keine Waffe wird der volkreichen Stadt wieder etwas anhaben, und alle Bewohner kommen zu hohen Jahren. »Dort gibt es keinen Säugling mehr, der nur wenige Tage lebt, und keinen Greis, der nicht das volle Alter erreicht. Wer als Hundertjähriger stirbt, gilt noch als jung.«

Ein düsterer Ton durchzieht gleichwohl den Anhang des Jesajabuches, denn die in den Text eingestreuten Lieder vom »Gottesknecht« handeln von einer rätselhaften...

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