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Sexualpädagogische Konzepte in Kindertagesstätten: Analyse zweier Praxisbeispiele

AutorFranziska Metz
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl55 Seiten
ISBN9783956845109
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Frage, welche sexualpädagogischen Konzepte in Kindertagesstätten existieren und wie diese zu bewerten sind. Hierbei wird sich auf deutsche Konzepte für Kinder zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr bezogen. Die Sexualität von Kindern gilt heute häufig immer noch als Tabuthema, da die Vorstellung besteht, dass Sexualität lediglich der Fortpflanzung diene, zu welcher Kinder noch nicht im Stande sind. Es existieren jedoch, im Hinblick auf die Tatsache, dass Sexualität neben körperlichen, gerade auch psycho-soziale, biologische und emotionale Komponenten umfasst und sich in vielfältigen Ausdrucksformen äußert, gute Gründe für die Annahme, dass auch Kinder als 'sexuelle Wesen' zu betrachten sind. Während Sexualerziehung eher zögerlich in den pädagogischen Alltag integriert wird, gilt die Prävention von sexuellem Missbrauch häufig als fester Bestandteil der erzieherischen Praxis. Nicht zuletzt soll daher im Zuge dieser Arbeit die Bedeutung, Wirkung und das Ausmaß sexualpädagogischer Früherziehung zur Sprache kommen. Dabei wird zu untersuchen sein, welcher Stellenwert einer sexualfreundlichen Erziehung in Kindertagesstätten tatsächlich einzuräumen ist.

Franziska Metz, B.A., wurde 1990 in Gera geboren. Ihr Studium der Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität, Frankfurt am Main schloss die Autorin im Jahr 2013 erfolgreich ab.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3, Sexualerziehung in Kindertagesstätten: Auch wenn die Vorstellung vom 'unschuldigen Kind' teilweise immer noch in den Köpfen vieler Erziehungsbeauftragter existiert, werden Eltern und Erzieher spätestens wenn Kinder das dritte Lebensjahr erreichen haben und zum Großteil Kindertagesstätten besuchen, mit der Tatsache konfrontiert, dass Kinder auch sexuelle Wesen sind. Die folgenden Kapitel beschäftigen sich mit der aktuellen Situation in Kindertagesstätten (Kap. 3.1.), zeigen bestehende Probleme der Sexualerziehung in diesen Einrichtungen auf und bieten zugleich Lösungsmöglichkeiten an (Kap. 3.2.). Des Weiteren werden wichtige Inhalte genannt, auf die sich Sexualerziehung in Kindertagesstätten beziehen sollte (Kap. 3.3.). 3.1, Bestandsaufnahme: Bei Fragen wie: 'Mama, warum hat die Frau so ein dicken Bauch?' oder 'Wie heißt das Ding zwischen meinen Beinen?', fällt es vielen Eltern und Erziehern oftmals nicht leicht, ehrlich und altersgerecht zu antworten (Amann/Zinser 2003:24). Erwachsene fühlen sich in solchen Situationen oft unsicher und wissen nicht, wann und wie sie Kinder aufklären sollten (vgl. ebd.). Laut Domschat geben die meisten Eltern an, sich mit ihren Kindern zwar über Geschlechtsunterschiede, Geburt und Schwangerschaft zu unterhalten, jedoch Schwierigkeiten bei den Themen Sexualität und Zeugung zu haben (vgl. Domschat 2003:30). Idealerweise erfüllen Kindertagesstätten eine familienergänzende Funktion und fördern das Wissen von Kindern über den eigenen Körper. Dazu gehören ebenfalls altersgerechte Informationen zu Fragen über Liebe, Schwangerschaft, Körper und Geburt (vgl. Amann/Zinser 2003:24). Betrachtet man jedoch die Kindertagesstättengesetze (KiTaG), so fällt auf, dass, je nach Bundesland, die Sexualerziehung häufig nur vage als randständiges Phänomen behandelt bzw. ausgelassen wird (vgl. ebd.). So heißt es z.B. im niedersächsischen KiTaG lediglich: 'Zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages sind die Tageseinrichtungen so zu gestalten, dass sie als anregender Lebensraum dem Bedürfnis der Kinder nach Begegnung mit anderen Kindern, Eigentätigkeit im Spiel, Bewegung, Ruhe, Geborgenheit, neuen Erfahrungen und Erweiterung der eigenen Möglichkeiten gerecht werden können' (Niedersächsisches Vorschrifteninformationssystem 2002). In diesem Bildungs- und Erziehungsauftrag kann der Auftrag zur Sexualerziehung zwar 'hineininterpretiert' werden, er wird allerdings nicht explizit erwähnt. Demnach gehört Sexualerziehung, laut Gesetz, offensichtlich nicht zum Erziehungsauftrag von Kindertagesstätten in Niedersachsen; dies spiegelt die Haltung wider, eine vorschulische Sexualerziehung sei nicht erforderlich. Da Niedersachsen in dieser Hinsicht keine Ausnahme darstellt, herrscht unter Erziehern eine große Orientierungslosigkeit und sie werden zusätzlich durch das Thema 'sexueller Missbrauch' verunsichert (vgl. Amann/Zinser 2003:24). Aufgrund der Tatsache, dass Sexualerziehung nicht explizit in den Kindertagesstättengesetzen genannt wird, existieren in Kindertagesstätten kaum Konzepte oder Leitlinien bezüglich des professionellen Umgangs mit kindlicher Sexualität (vgl. ebd.). Der Bereich der frühkindlichen Sexualerziehung ist somit kaum professionalisiert und es fehlt an elaborierten Konzepten, auf welche Erzieher sich berufen und beziehen könnten, um ihre in Bezug auf die kindliche Sexualität unzureichende Ausbildung zu ergänzen. Tatsächlich weisen verschiedene Studien auf die mangelhafte Thematisierung von Sexualerziehung in der Erzieherausbildung oder in pädagogischen Studiengängen hin (vgl. Tolle 2003:15) und es existieren lediglich einige wenige Weiterbildungsangebote zur kindlichen Sexualität, die allerdings häufig erst nach eskalierten Konflikten zwischen Eltern und Erziehern oder Unstimmigkeiten im Erzieherteam in Anspruch genommen werden (vgl. ebd.). Erzieher haben somit keinen offiziellen Anlass, sich mit ihrer eigenen Sexualität auseinanderzusetzen und ihre persönliche Wertemaßstäben zu reflektieren, was jedoch Voraussetzungen für das professionelle sexualerzieherische Handeln ist. Auch der Austausch über das Thema Sexualität im professionellen Umfeld, bspw. im Rahmen von Supervisionen oder Teambesprechungen gestaltet sich als schwierig, da die Sexualität auch für Erwachsene oftmals ein sehr intimes und schambesetztes Thema ist: Über 'solche Dinge' wird ungern gesprochen (vgl. Amann/Zinser 2003:24). Zusätzlich fürchten manche Pädagogen, mit Eltern in Konflikte zu geraten, die sich durch eine institutionelle Sexualerziehung womöglich in ihrem Erziehungsrecht übergangen fühlen (vgl. ebd.). Auch infolgedessen wird in Kindertagesstätten selten über kindliche Sexualität gesprochen (vgl. ebd.). Eine ganzheitliche Erzieherausbildung, in der die kindliche Sexualität explizit thematisiert wird, kann dieser Orientierungslosigkeit entgegenwirken. Erzieher hätten dadurch die Möglichkeit, angemessen auf die kindliche Sexualität einzugehen und Eltern über dieses Thema zu informieren. Aufgrund der genannten Probleme ist es wenig überraschend, dass in der vorschulischen Sexualerziehung keine einheitlichen sexualpädagogischen Konzepte und Methoden existieren (vgl. ebd.). 3.2, Voraussetzungen gelingender Sexualerziehung: Damit Sexualerziehung in Kindertagesstätten trotz der dargestellten Situation stattfinden kann, ist es zunächst notwendig, herauszufinden, welche Voraussetzungen für eine gelingende Sexualerziehung gegeben sein müssen. Sexualpädagogische Handlungskompetenzen Erzieher tragen die Verantwortung für die Erziehung in Kindertagesstätten. Umso bedeutsamer ist es, dass sie der Entfaltung kindlicher Sexualität durch ihre persönlichen Einstellungen und/oder ihre mangelnden Handlungskompetenzen nicht entgegenwirken. Schließlich kann auch das Ignorieren oder Übersehen des Sexuellen Konsequenzen für das Verhalten von Kindern haben (vgl. Jaszus et al 2008:360). Selbst wenn keine Sexualerziehung stattfindet, bleiben Kinder nicht ahnungslos, sondern sie nutzen andere Informationsquellen, wie Filme oder Werbung, die oftmals stereotype Bilder von Sexualität übermitteln (vgl. Strohhalm e.V./koPPischoPP 2006:28). Dennoch wehren sich viele Erzieher dagegen - teils subtil, teils vehement - die Sexualerziehung in ihre pädagogische Arbeit zu integrieren, da sie sich z.T. unsicher fühlen oder das Thema 'Sexualität' bei ihnen unangenehmen Gefühle hervorruft. Die Ursachen hierfür finden sich oft in der eigene Biografie wieder (vgl. Jaszus et al 2008:360): So kann eine selbst erlebte, repressive Sexualerziehung dazu führen, dass Erzieher ihre Scham nur schwer überwinden können (vgl. Wanzeck-Sielert 2003:10). Den betreffenden Erziehern fällt es schwer, über bestimmte sexualpädagogische Themen zu sprechen. Des Weiteren ist es möglich, dass sie versuchen, Körpererkundungen von Kindern zu unterbinden oder sexuelle Aktivitäten zu ignorieren. Durch solch unreflektiertes Verhalten besteht die Gefahr, dass Kinder die Ängste und Unsicherheiten der Erzieher übernehmen (vgl. ebd.). Um trotz der eigenen Biografie angemessen auf sexualpädagogische Alltagssituationen reagieren zu können, brauchen Erzieher sexualpädagogische Handlungskompetenzen. Voraussetzung dafür ist zunächst eine Selbstreflexion in Form einer angeleiteten Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie, mit gesellschaftlichen Werten und Normen sowie mit Einstellungen gegenüber der Sexualität und den entsprechenden Verhaltensweisen. Diese Selbstreflexion unterstützt Erzieher darin, ein besseres Gespür dafür zu entwickeln, bei welchen sexuellen Themen sie sich unwohl oder auch sicher fühlen; sie erlangen somit die grundlegende Fähigkeit, auf der sexualpädagogischer Handlungskompetenz aufbaut (vgl. Wanzeck-Sielert 2008b:537). Sexualpädagogische Handlungskompetenz zeichnet sich durch die Fähigkeiten aus, einen eigenen Standpunkt zur Thematik zu finden, schwierige Themen ansprechen und verschiedene Handlungsalternativen einsetzen zu können. Sie befähigt Erzieher, auf diverse sexualpädagogische Herausforderungen angemessen zu reagieren (vgl. Wanzeck-Sielert 2003:10). Des Weiteren sollten Erzieher Faktenwissen über die kindliche Sexualität und deren vielfältige Ausdrucksformen besitzen. Dies ermöglicht ihnen, zwischen 'normalen' sexuellen Betätigungen und sexuellen Übergriffen zwischen Kindern zu unterscheiden. Aber auch zusätzliches Handlungswissen über Beratung, Kommunikation und Gesprächsführung erweisen sich für gelingende Gespräche mit Eltern, Mitarbeitern oder anderen Institutionen als hilfreich (vgl. Wanzeck-Sielert 2008b:537 f.). Sexualität als Thema im Erzieherteam Eine sexualfreundliche Erziehung im institutionellen Rahmen ist auch auf eine gemeinschaftliche Zusammenarbeit im professionellen Team angewiesen; Dies geschieht in Kindertagesstätten allerdings nur selten. Über das Thema kindliche Sexualität wird selten und wenig intensiv gesprochen, wodurch die Einstellungen, Sorgen, Ängste und Schwierigkeiten der Mitarbeiter in Bezug auf die Sexualerziehung nicht kommuniziert und dementsprechend auch nicht behandelt werden. Erzieher werde auf diese Weise mit ihren Problemen allein gelassen und eine von allen Teammitgliedern ausgeführte professionelle Sexualerziehung kann nicht gewährleistet werden. Das Fehlen von Konzepten in Einrichtung verschärft diese Situation zusätzlich (siehe dazu Wanzeck-Sielert 2003:9, Amann/Zinser 2003:24). Tatsächlich bietet der Austausch untereinander eine gute Möglichkeit für Erzieher, sich mit Fragen und Problemen auseinanderzusetzen und so eine gemeinsame Position und auch Lösungen zu finden (vgl. Wanzeck-Sielert 2003:9). Das Aushandeln einer gemeinsamen Position dient jedoch nicht dazu, die persönlichen Meinungen und Vorstellungen der Erzieher gezwungenermaßen anzugleichen und die 'Offenheit' über Sexualität darf auf keinen Fall dogmatische Züge annehmen. Eine gemeinsame Position dient einzelnen Erziehern jedoch zur Orientierung und zur Festigung des professionellen Selbstverständnisses (vgl. Wanzeck-Sielert 2008b:539), des Weiteren werden die Schwächen und Stärken einzelner Teammitglieder sichtbar, sodass Erzieher aufeinander eingehen und sich gegenseitig unterstützen können. Diese entlastende Zusammenarbeit wirkt sich zudem positiv auf den sexualpädagogischen Alltag aus, indem sich Erzieher bspw. bei Kritik von außerhalb der Einrichtung sicher sein können, dass sie Rückhalt durch ihr Team erfahren (vgl. Jaszus et al 2008:360). Elternarbeit Familie und Kindertagesstätten sind zwei Sozialisationsinstanzen, die manchmal unterschiedliche Werte, Normen, Erziehungsstile und Positionen in Bezug auf kindliche Sexualität vertreten. Dadurch können Interessenkonflikte und Meinungsverschiedenheiten zwischen Eltern und Erziehern entstehen, was die Zusammenarbeit erheblich erschweren kann (vgl. Wanzeck-Sielert 2008b:541). Eltern wollen in der Regel zwar die Entwicklung ihrer Kinder unterstützen, gleichzeitig verunsichert und überfordert sie jedoch zum Teil die sexuelle Erziehung ihrer Kinder. Um Konflikte zu vermeiden, ist es notwendig, Eltern über die psychosexuelle Entwicklung von Kindern und über sexuelle Ausdrucksmöglichkeiten zu informieren. Dieses Wissen kann Eltern dazu bewegen, ihre Haltung zu überdenken und sich von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer frühkindlichen Sexualerziehung überzeugen zu lassen (vgl. Wanzeck-Sielert 2003:9 f.). Eine Möglichkeit der Informationsvermittlung bieten Elternabende. Diese Veranstaltungen sind häufig gut besucht und es herrscht in der Regel eine aufmerksame Atmosphäre. Förderlich ist es, das Thema der kindlichen Sexualität deutlich als einen wesentlichen Bestandteil der Gesamtentwicklung von Kindern darzustellen und damit dessen Bedeutung und Notwendigkeit hervorzuheben. Das Ziel dieser Veranstaltungsform ist es, mit Eltern ins Gespräch über die kindliche Sexualität zu kommen, um dadurch eine Enttabuisierung des Themas zu erreichen, um über den neuesten Stand der Forschung aufzuklären, um Unterschiede zwischen typischen kindlichen sexuellen Betätigungen und sexuellen Übergriffen zu erläutern, sowie verschiedene pädagogische Verhaltensweisen zu diskutieren (vgl. Tolle 2003:18). Es gilt jedoch zu beachten, dass Elternabende, die aufgrund sexueller Vorfälle stattfinden, häufig eine aggressive Grundstimmung aufweisen und Eltern in diesem Fall häufig nicht offen für neue Sichtweisen sind (vgl. ebd.). Neben Elternabenden sollten Erzieher auch die Möglichkeit nutzen, Fragen einzelner Eltern wie bspw. über Doktorspiele, Kuschelecken oder über den Umgang mit sexuellen Schimpfwörtern zu beantworten. Dabei ist es wichtig, die Bedenken der Eltern ernst zu nehmen und sie in einem angemessenen Rahmen zu klären. Dafür eignet sich bspw. ein Ort, an dem alle Fragen privat und ungestört beantwortet werden können; Diesbezügliche Gespräche 'zwischen Tür und Angel' sind zu vermeiden (vgl. Wanzeck- Sielert 2008b:542).
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