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E-Book

Die geheimen Fähigkeiten Casanovas: Was wir von dem Meister-Verführer lernen können

AutorJesco Puluj
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl41 Seiten
ISBN9783956848452
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Giacomo Casanova ist vor allem als Verführer bekannt, dabei waren seine sozialen Fähigkeiten weitaus umfassender. Er war allgemein ein Meister der Überzeugung, der sein Wissen über die menschliche Psychologie raffiniert auszunutzen wusste. Das vorliegende Buch analysiert Casanovas Memoiren auf Grundlage von Robert Cialdinis 'Psychologie des Überzeugens', um Rückschlüsse darauf zu ziehen, ob moderne Erkenntnisse über Beeinflussungsstrategien bereits von Casanova angewendet wurden. So wird etwa Casanovas legendärer Gefängnisausbruch aus den Bleikammern unter die Lupe genommen. Wie gelang es ihm den Gefängniswärter auf seine Seite zu gewinnen? Wie konnte er einen Mitgefangenen zu seinem Komplizen machen, obwohl dieser in einer anderen Zelle einsaß? Und was können wir daraus lernen?

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3, Analyse von 3 Episoden aus Casanovas Memoiren: Im Folgenden werden drei Episoden aus dem Leben des Abenteurers, so wie er sie in seinen Memoiren darstellt, auf den Gebrauch und die Wirkung von Cialdinis sechs Waffen der Einflussnahme hin untersucht. 3.1, Die Flucht aus den Bleikammern: 1755 wird Casanova in Venedig verhaftet und in die berüchtigten Bleikammern eingesperrt, einem Gefängnis, aus dem bis dahin niemandem die Flucht gelungen war (Quenell, 1985). Casanova gelang die Flucht aus dem Gefängnis nur durch die Beeinflussung anderer, weswegen dieser Abschnitt aus seinen Memoiren sehr gut dafür geeignet erscheint, seine Beeinflussungsstrategien zu untersuchen. Zunächst folgen die inhaltliche Beschreibung seiner Flucht, so wie er sie in seinen Memoiren beschrieben hat (Casanova, 1985b, S. 220-352) und anschließend die Analyse seiner Beeinflussungsstrategien. 3.1.1, Inhalt: Zu Beginn findet sich Casanova in einer Zelle ohne Möbel wieder und Wärter Lorenzo erscheint, der beauftragt wurde, persönliche Gegenstände und Möbelstücke für den Häftling zu beschaffen. Lorenzo ist eine der Schlüsselfiguren bei der Flucht Casanovas. Er wird beschrieben als ein '... ungebildeter, geschwätziger und habgieriger Mann' (Ebd., S. 234). Casanova erkennt schnell, wie wichtig es ist, dass Lorenzo ihm wohlgesonnen ist. Der Wärter ist sein einziger Kontakt zur Außenwelt und zu anderen Häftlingen. Somit ist Casanova bemüht, Lorenzo stets gut zu behandeln, was er beispielsweise tut, indem er ihn das Restgeld der für ihn erledigten Einkäufe behalten lässt. In seiner Zelle findet Casanova einen Eisenriegel, den er zu einem Werkzeug zurechtschleift. Er bezeichnet es als «Spuntone». Mit ihm will er den Boden der Zelle durchbrechen um durch den Raum darunter zu fliehen. Damit er in der Dunkelheit an seiner Flucht arbeiten kann, nutzt er seine gute Beziehung zu Lorenzo aus, indem er sich von ihm unter Vorwänden verschiedene Utensilien beschaffen lässt, aus denen er eine Öl-Lampe baut. In monatelanger Arbeit bohrt er sich durch die Bretter seiner Zelle, wird dann allerdings, kurz bevor er fliehen kann, in eine andere, angenehmere Zelle gebracht. Daraufhin entdeckt Lorenzo das Loch und stellt Casanova wutentbrannt zur Rede, da er sich nicht vorstellen kann, wie das Loch hatte entstehen können. Lorenzo traut sich jedoch nicht Casanova für den Fluchtversuch bestrafen zu lassen, da er fürchtet, selber dafür belangt zu werden, dass dem Häftling ein Fluchtwerkzeug zur Verfügung stand. Den Spuntone hatte er nicht gefunden, da er gut in einem Stuhl versteckt gewesen war. Dieser Stuhl befindet sich nun samt Spuntone in Casanovas neuer Zelle. Nachdem Casanova den Schock überwunden hat, so kurz vor dem Ziel an der Flucht gehindert worden zu sein, beginnt er sofort, einen neuen Plan zu schmieden. Da seine Zelle jedoch von nun an sehr genau abgeklopft wird um jeglichen Ausbruchsversuchen auf die Schliche kommen zu können, sucht sich Casanova einen Verbündeten in einer anderen Zelle. Mit diesem Verbündeten, dem Mönch Balbi, korrespondiert er durch in Büchern versteckte Briefe. Lorenzo spielt nichts ahnend den Bibliothekar, der den Bücheraustausch zwischen den beiden Häftlingen organisiert. Casanovas neuer Plan ist, dem Mönch den Spuntone zukommen zu lassen, damit dieser ein Loch in seine Zellendecke bohren kann. Da die Zelle des Mönchs auf einer Ebene mit Casanovas Zelle liegt, könnte der Mönch daraufhin zur Decke von Casanovas Zelle gelangen und dort ein weiteres Loch bohren. So könnte Casanova aus seiner Zelle entkommen um dann mit dem Mönch zusammen über das Dach des Gefängnisses zu fliehen. Um dem Mönch den Spuntone zukommen zu lassen, überlegt sich Casanova folgende List: Er teilt Lorenzo mit, dass er dem Mönch ein Geschenk in Form von selbst zubereiteten Makkaroni machen möchte. Lorenzo besorgt ihm hierfür alles Nötige, woraufhin Casanova den Spuntone auf ein Buch legt, das er Balbi zurückgeben möchte und auf den Spuntone den bis zum Rand gefüllten Nudeltopf stellt. So kann Lorenzo den Spuntone nicht sehen und schmuggelt ihn daraufhin unwissentlich zu dem Mönch, der sogleich beginnt, seine Decke auszuhöhlen und das entstehende Loch mit einem Kupferstich abzudecken. Der Plan gerät in Gefahr, als ein weiterer Häftling, Soradaci, in Casanovas Zelle gebracht wird und Casanova Angst bekommt, an Lorenzo verraten zu werden. Casanova nutzt Soradacis Gutgläubigkeit und seine Gottesfurcht aus, indem er ihm weismacht, ein Engel würde sie befreien wollen, was durch Balbis geräuschvolle Bohrarbeiten an der Zimmerdecke unterstützt wird. Schließlich entkommen Balbi und Casanova aus der Zelle, sehen sich aber jetzt mit der Herausforderung konfrontiert, über das Dach der Bleikammern das Gebäude verlassen zu müssen. Erst jetzt eröffnet Casanova seinem Komplizen, dass er nicht wisse ob das überhaupt möglich sei und es dem Schicksal überlassen wäre, ob es sich nun überhaupt ergäbe, das Dach wieder verlassen zu können. Balbi reagiert empört und droht damit, wieder umzukehren. Schlussendlich findet Casanova eine Dachluke durch die sie in einen anderen Gebäudeteil gelangen und darauf warten, dass die Eingangstür in den Morgenstunden von außen geöffnet wird. Daraufhin gelingt ihnen die Flucht. Inwiefern bediente sich Casanova nun der Waffen der Einflussnahme, so wie Cialdini sie beschrieben hat, um seine Mitmenschen in seine Fluchtpläne einzuspannen? Aufgrund der Komplexität dieser Episode werden im Folgenden Cialdinis Faktoren einzeln näher betrachtet. 3.1.2, Sympathie: Sympathie spielt in jeglichem Handeln Casanovas eine tragende Rolle, da er sich sehr gut darauf versteht, Menschen zu unterhalten und durch sein intelligentes und charmantes Auftreten zu beeindrucken. Zunächst war Casanova wohl ein attraktiver Mann. 'Als Jüngling war er ungemein schön - Friedrich der Große, der für gutaussehende Männer einen Blick hatte, urteilt über seine gute Erscheinung, er sei groß, dunkel und wohlgestaltet, mit einer großen, das Gesicht beherrschenden Adlernase' (Quenell, 1985, S. 18f). Zudem verstand er sich darauf, seine Kleidung an die Menschen seiner Umgebung anzupassen und sich auch dementsprechend zu verhalten: '...wenn er den Offizierrock anzieht, nimmt er im Nu die trutzige Miene des Soldaten an' (Abirached, 1985, S. 16). Während seiner Zeit in den Bleikammern dürfen seine physische Attraktivität und seine Fähigkeit, durch seine Kleidung sympathisch gefunden zu werden, wohl kaum zum Tragen kommen. Es ist ihm nicht gestattet, seinen Bart zu rasieren und seine Kleidung ist stets zerschlissen, er muss also einen eher jämmerlichen Eindruck machen. Inwiefern hat Sympathie nun einen Einfluss auf das Verhalten von Lorenzo, dem Mönch Balbi und die diversen anderen Gefangenen, die von Zeit zu Zeit zu Casanova gesperrt wurden und seine Pläne zu vereiteln drohen? Sympathisch wirkt er durch die Gefallen, die er anderen tut. So schreibt er über Lorenzo: 'Er war gerührt, als ich ihm sagte, seine Frau möge sie [die Zechinen] als Geschenk behalten' (Ebd., S. 277). Zu welcher der Faktoren die laut Cialdini Sympathie erzeugen, lässt sich diese Aufmerksamkeit nun zählen? Zur Erinnerung, die Sympathie-Komponenten lauteten: •Attraktivität. •Ähnlichkeit. •Komplimente. •Vertrautheit. •Kooperationsbereitschaft. Jemandem Geschenke zu machen oder Gefallen zu tun passt zu keinem der Faktoren, es bietet sich an, diese Liste der Faktoren um einen weiteren zu ergänzen: Selbstlosigkeit. Durch seine Geldgeschenke an Lorenzo und die Bewirtung von Soradaci und anderen Häftlingen tritt Casanova selbstlos auf und wirkt dadurch sympathisch. Zudem ist er ein aufmerksamer und verständnisvoller Zuhörer, wenn die Häftlinge ihm von ihren Schicksalen berichten. Seine Reaktion auf Soradacis Leidensgeschichte: 'Nach dieser gefühlsrohen Erzählung, die mich erkennen ließ, welcher Art dieses Scheusal war, tat ich, als beklagte ich ihn; ich lobte seinen Patriotismus und sagte ihm seine Freilassung innerhalb weniger Tage voraus' (Ebd., S. 306). Zum einen lässt sich anhand dieses Zitats erkennen, dass Casanova sich auch bemühte, Komplimente zu verteilen und Mut zuzusprechen. Zum anderen wird offensichtlich, dass er sich bewusst war, dass es sich hier um Waffen der Einflussnahme handelte und es kein natürliches Handeln war, was durch sein Geständnis ersichtlich wird, sein Mitgefühl nur zu heucheln. Auch die Sympathie-Komponente Kooperationsbereitschaft hilft Casanova bei seiner Zielverwirklichung. Er ist bei seiner Flucht über das Dach der Bleikammern auf die Hilfe des Mönches Balbi angewiesen, der sich als außerordentlich feige und faul erweist und den Erfolg des Fluchtversuchs stets anzweifelt. Dennoch lässt sich der Mönch dazu überreden auch dann noch an Casanovas Seite zu bleiben, als er erfährt, dass der Abenteurer nicht weiß, wie die beiden genau vom Dach aus in die Freiheit gelangen können. Dass der Mönch es dennoch tut, lässt sich zum einen eben mit dem Konsistenzprinzip erklären, zum anderen steigert die starke Kooperation mit Casanova sicherlich die Sympathie zwischen den beiden. 3.1.3, Reziprozität: Auf Reziprozität vertraut Casanova besonders im Umgang mit dem Wärter Lorenzo, dessen Wohlgesonnenheit er benötigt um an Gegenstände zu gelangen, die seinen Fluchtplan unterstützen. Ganz deutlich nutzt Casanova das Reziprozitätsprinzip, indem er Lorenzo Geldgeschenke macht. Er tut dies zudem auf eine besonders geschickte Art und Weise. Nicht etwa gibt er ihm das Geld direkt in die Hand, woraufhin bei dem Wärter das Gefühl aufkommen könnte, bestochen zu werden. Stattdessen lässt er Lorenzo Einkäufe erledigen und gibt ihm dafür etwas zu viel Geld mit, das er ihn dann behalten lässt. So macht er ihm auf eine sehr indirekte Weise ein Geldgeschenk und bringt in seinen Memoiren auch zum Ausdruck, was für eine Auswirkung er sich davon erhofft: 'Er war gerührt, als ich ihm sagte, seine Frau möge sie als Geschenk behalten. Ich sagte ihm nicht, dass ich damit die Miete für meine Lampe bezahlte; aber er hat es sich vielleicht gedacht' (Ebd., S. 277ff). Casanova vermutet demnach, dass Lorenzo von der Lampe weiß, die Casanova sich aus diversen Gegenständen gebaut hat und spekuliert darauf, dass die Geldgeschenke Lorenzo davon abhalten, ihm die Lampe zu entwenden. Der Besitz einer Lampe ist von der Gefängnisdirektion nämlich verboten worden, aber Lorenz ahnt nicht, dass Casanova danach strebt, mir ihrer Hilfe flüchten zu können. Casanova macht sich das Reziprozitätsprinzip auch zunutze, als ihm kurz vor seinem zweiten Fluchtversuch ein weiterer Häftling, Soradaci, zugeteilt wird. 'Ich gab dem Schurken gut zu essen und sagte ihm dann, ich müsse ihn um eine Gefälligkeit bitten, von der mein Glück abhänge' (Ebd., S. 307). Die Bitte besteht darin, Briefe aus dem Gefängnis zu schmuggeln. Auch hier zeigt das Prinzip der Reziprozität seine Wirkung. Casanova erweist Soradici eine kleine Gefälligkeit, indem er ihm zu essen anbietet und Soradaci kann ihm dann diese weitaus größere Bitte nicht abschlagen.
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