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Der Auszug aus dem Elternhaus: Deutschland und Finnland im Vergleich

AutorLaura Schiemann
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl57 Seiten
ISBN9783956846731
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Der Übergang in das Erwachsenenalter ist eine wichtige Statuspassage im Leben jedes Menschen. In dieser Phase werden von den Heranwachsenden entscheidende Schritte zur Erlangung ökonomischer und sozialer Unabhängigkeit vom Elternhaus geplant und auch realisiert. Dazu sind verschiedene Schlüsselereignisse nötig. Ein zentrales Ereignis ist der Auszug aus dem Elternhaus (Huinink/ Konietzka, 2003). Dieser Schritt zeichnet sich nicht allein durch den hohen symbolischen Wert aus, der ihm beigemessen wird, sondern auch durch eine Reihe struktureller Veränderungen, die er mit sich bringt (Berger, 2009). Ein bedeutsamer Trend beim Übergang in das Erwachsensein in europäischen Ländern ist, dass die jungen Menschen heutzutage längere Ausbildungszeiten haben, später auf den Arbeitsmarkt strömen, später heiraten, Eltern werden und teilweise später von zu Hause ausziehen (Chiuri/ Del Boca, 2010). Werden die bedeutsamen Lebensereignisse erst spät vollzogen, so kann sich dies beispielsweise in niedrigen Fertilitätsraten eines Landes niederschlagen. Die Entscheidung, das Elternhaus zu verlassen, hängt von verschiedensten Faktoren ab, die sich von Staat zu Staat unterscheiden. Damit einhergehend divergiert das Auszugsalter innerhalb Europas. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die südeuropäischen Staaten, in denen mit knapp 30 Jahren ausgezogen wird. Auf der anderen Seite tun sich die skandinavischen Staaten mit einem sehr jungen Auszugsalter, aber auch positiven Ergebnissen ihrer Bildungssysteme in den letzten Jahren sehr hervor. Deutschland wiederum liegt im europäischen Vergleich des Auszugsalters ebenfalls im oberen Drittel. Die leitenden Fragestellungen dieser Bachelorarbeit lauten demnach: Von welchen internen und externen Faktoren hängt die Entscheidung für oder gegen einen Auszug ab? Welche Determinanten üben in den europäischen Staaten Finnland und Deutschland jeweils Einfluss auf den Auszug aus dem Elternhaus aus?

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.1.3, Wohlfahrtsstaaten nach Gøsta Esping-Andersen: Der Terminus 'Wohlfahrtsstaat' (welfare state) charakterisiert eine bestimmte Art der Tätigkeit des Staates. Dieser spielt hierbei in entsprechenden Ländern eine aktive Rolle in der Steuerung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Prozesse. Des Weiteren widmet der Staat einen großen Teil seiner Ressourcen, auf Grund des Wunsches nach Gleichheit der Lebenschancen in den Dimensionen der Einkommenssicherung, Gesundheit, des Wohnens und der Bildung, sozialpolitischen Zwecken (Nohlen, 2001). Die wohlfahrtsstaatlichen Voraussetzungen können je nach Nation verschieden sein. Deutschland und Finnland repräsentieren zwei der bedeutendsten Wohlfahrtsstaatsmodelle in Europa. Die Unterscheidung in die drei idealtypischen wohlfahrtstaatlichen Modelle ist auf den Dänen Gøsta Esping-Andersen zurückzuführen. Er unterscheidet in: liberale Wohlfahrtsstaaten, korporatistische bzw. konservative Wohlfahrtsstaaten und sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten (Esping-Andersen, 1990.). Diese Unterscheidungen basieren u. a. auf den drei grundlegenden Wohlfahrtsproduzenten Staat, Markt und Familie. Zentrale Aspekte für diese Typologie sind der Stratifizierungsgrad und der De-kommodifizierungsgrad (ebd.) Die Stratifizierung bezeichnet die Strukturierung der sozialen Differenzen einer Gesellschaft. Sie stellt heraus, ob eine Schichtung der Gesellschaft durch den Sozialstaat gefördert wird, beispielsweise ob es eine Beschränkung der fördernden Sozialleistungen auf bestimmte Gruppen gibt, oder ob alle Bürger in vergleichbarer Weise von den Leistungen profitieren können (Dommermuth, 2008). Die Dekommodifizierung misst die Entkoppelung des Lebensunterhaltes eines Individuums vom Arbeitsmarkt bzw. misst Höhe und rechtliche Verankerung der Sozialleistungen (ebd.). Esping-Andersen wendet sich somit von dem Grundgedanken ab, das Wohlfahrtsniveau eines Staates allein aus der Höhe der jeweiligen Sozialausgaben abzuleiten. Sein Konzept richtet den Fokus auf die qualitative Wertigkeit der wohlfahrtsstaatlichen Leistungen (Esping-Andersen, 1990). Besonderes Augenmerk liegt auf den drei größten Risiken, bei denen der Wohlfahrtsstaat Schutz gebieten soll: Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter. Esping-Andersen berechnete Indizes, die in diesen Bereichen den Grad der Dekommodifizierung messen sollen. In Tabelle 1 ist eine Auswahl dieser Indizes ersichtlich. Grundsätzlich gilt: Je höher der Wert des Gesamtindexes ist, desto höher ist der Grad der Dekommodifizierung in diesem Land (Esping-Andersen, 1990). Der erste Typus ist der liberale Wohlfahrtsstaat. Er zeichnet sich durch eine minimale Dekommodifizierung aus. Diese wird indiziert durch eine starke Stellung des Marktes, welche private Absicherungen vorherrschend macht. Die Sozialfürsorge ist bedarfsgeprüft und bietet lediglich bescheidene Sozialleistungen. Die Abhängigkeit vom Staat wird in diesem Typus der Wohlfahrtsstaaten als äußerst negativ ausgefasst (Esping-Andersen, 1990). Ein Beispiel für liberale Wohlfahrtsstaaten sind die USA, welche einen Gesamtindex von 13,8 aufweisen.
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