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Bilder der Gewalt: Über Fotografien aus der Täterperspektive

AutorLaura Schomaker
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl47 Seiten
ISBN9783955498795
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Bilder der Gewalt existieren seit Menschengedenken und führen uns immer wieder eindrücklich vor Augen, wozu Menschen tatsächlich fähig sind. Denn sie können auf eine Art und Weise schockieren und in Erinnerung bleiben, der Worte niemals fähig wären. Fotografien scheinen dabei eine besondere Macht auf uns auszuüben, da sie als Zeugnisse von Realität gelten. Um diese Macht verstehen zu können, wird das Bild in dieser Arbeit zunächst in den Zusammenhang von Wahrnehmung und Realität gestellt. Im Folgenden werden Fotografien von Gewaltverbrechen untersucht, die aus der Täterperspektive - also entweder von den Tätern selbst, von Mitschuldigen oder Befürwortern der Tat - aufgenommen wurden. Schließlich steckt dahinter immer eine gewisse Absicht des Fotografen und die Bilder sollen eine bestimmte Funktion erfüllen. Dass sich diese Funktion im Laufe der Geschichte verändert hat und vom jeweiligen Kontext der Bilder abhängig ist, soll an vier verschiedenen Beispielen deutlich gemacht werden: an Knipser-Fotografien aus dem Zweiten Weltkrieg, Bildern von Lynchmorden an Afro-Amerikanern in den USA, Aufnahmen des Terroranschlags vom 11. September 2001 sowie an den Folterfotos von Abu Ghraib. Die vorliegende Arbeit untersucht die verschiedenen Arten und Wirkungsweisen von Fotografien, die Gewalt abbilden.

Laura Schomaker wurde 1987 in Ratingen geboren. Ihr Studium der Medien- und Kulturwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf schloss die Autorin im Jahre 2010 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts erfolgreich ab. Ihr weiterführendes St

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.2, Lynchfotografie in Amerika: Doch nicht nur im kriegerischen Kontext sind Fotos grausamer Hinrichtungen bekannt, sondern auch in einem ganz anderen Zusammenhang, der dennoch erstaunliche Parallelen zu ersterem aufweist: die Lynchjustiz an Afro-Amerikanern in den USA. Um die Funktion dieser Bilder der Gewalt verstehen zu können, müssen jedoch zunächst einmal die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Hintergründe der damaligen amerikanischen Gesellschaft untersucht werden, die zur Lynchjustiz führten. Nach dem Bürgerkrieg geriet die soziale und rassistische Ordnung der amerikanischen Gesellschaft durch die Abschaffung der Sklaverei und die Gleichstellung von Afro-Amerikanern mit Weißen durcheinander. Aus Angst, ihre Vorherrschaft in der Gesellschaft zu verlieren, enthielt die weiße Bürgerschaft im Süden der USA den Afro-Amerikanern ihre Rechte vor: [T]he white South denied blacks a political voice, imposed rigid patterns of racial segregation [...], sustained an economic system [...] that left little room for ambition or hope, refused blacks equal educational resources, and disseminated racial caricatures and pseudo-scientific theories that reinforced and comforted whites in their racist beliefs and practices. Jedoch schien die Furcht vor 'aufmüpfigen', 'widerspenstigen' Afro-Amerikanern im Süden trotz allem zu groß zu sein. So 'entwickelte sich der Lynchmord, insbesondere in den Südstaaten, schnell zu einem kommunalen Spektakel mit rituellem Charakter', dem zwischen 1890 und 1930 etwa 3500 Afro-Amerikaner zum Opfer fielen. Besonders verbreitet war die Angst vor einer 'Rassenmischung', die die soziale Hierarchie und wirtschaftliche Macht der Weißen gefährden würde, die ja auf der herrschenden Rassenideologie basierte. Soziale Gleichheit war für weiße Südstaatler gleichbedeutend mit dem Geschlechtsverkehr zwischen farbigen Männern und weißen Frauen. Die politischen und sexuellen Ängste der weißen Gesellschaft produzierten somit den 'Mythos des black beast rapist, des hypersexuellen schwarzen Vergewaltigers, der nach dem Körper der weißen Frau lechzt'. Der Schutz der weißen Frau war somit der meist genannte Grund für Lynchmorde, die sich jedoch meist gegen männliche Afro-Amerikaner richteten, die sich weigerten, sich der weißen Autorität zu fügen oder wirtschaftlich zu erfolgreich und somit bedrohlich waren. Seltener unterhielten die Opfer tatsächlich sexuelle Beziehungen zu weißen Frauen - noch seltener gegen deren Willen. Durch die Lynchjustiz war es der weißen Gesellschaft nun möglich, den männlichen, freien Afro-Amerikaner sowohl in politischer als auch in physischer Hinsicht zu entmannen, was bei dem grausamen Ritual in Kastration mündete. Doch nicht nur die Kontrolle über männliche Farbige konnte so durchgesetzt werden: Control over the black man thus also meant control of the sexual desire of the white woman and control over the black woman, who was regularly raped by white men. Die Lynchjustiz diente also dem Erhalt der vorherrschenden Rassenideologie und damit der weißen Vorherrschaft in der amerikanischen Gesellschaft, die durch die Gleichstellung der afro-amerikanischen Bevölkerung gefährdet schien. Der Mythos des 'black beast rapist' war eine willkommene Rechtfertigung, ergriff von der Vorstellungskraft einer gesamten geographischen Region Besitz und ermöglichte es den Lynchermördern, ihre grausamen Akte in öffentlichen Räumen, mit allgemeiner Zustimmung und ohne Furcht vor strafrechtlicher Verfolgung durchzuführen. Da 'das Menschliche [...] durch rassistische Normen gerahmt wird', wurden Afro-Amerikaner in den Augen weißer Südstaatler quasi entmenschlicht. So schienen die grausamen Lynchmorde innerhalb des 'Feldes wahrnehmbarer Realität' für die Täter also gerechtfertigt, da sie den schwarzen Anderen als Monster oder Tier betrachteten, nicht aber als gleichwertiges menschliches Wesen. In Abgrenzung zu diesem konnten sie somit ihre Selbstwahrnehmung und Überlegenheit festigen. So erkennt Litwack: This was not the outburst of crazed men or uncontrolled barbarians but the triumph of a belief system that defined one people as less human than another. Hier ist auch eine Ähnlichkeit zu den Schnappschüssen der Knipser im Zweiten Weltkrieg festzustellen, da die Fotos beider Verbrechen, die sowohl Opfer als auch stolze Täter zeigen, als Jagdtrophäe fungierten. So existieren parallels between the photographic conventions of hunting photography, where hunters posed with their prey, to lynching photographs. Durch ihre gesellschaftserhaltende Funktion wurden die Lynchmorde selbst zu kulturellen Ritualen mit festgelegtem Ablauf: To kill the victim was not enough; the execution became public theater, a participatory ritual of torture and death, a voyeuristic spectacle prolonged as long as possible [...] for the benefit of the crowd. Ein wichtiger Bestandteil dieses voyeuristischen Rituals war es, das Opfer zu fotografieren - meist post mortem und zusammen mit dem Mob - bevor es schließlich zerstückelt wurde. Diese Bilder wurden aus der Täterperspektive aufgenommen; entweder von den Lynchmördern selbst, oder von Menschen, die sich zumindest mitschuldig gemacht hatten. Oft war das Fotografieren Unbeteiligten sogar verboten, um die Kontrolle darüber zu behalten. Beides, der Akt des Fotografierens und das entsprechende Foto, fungierten somit als ritueller Bestandteil des Lynchmordes selbst.
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