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Krise des konservativen Wohlfahrtsstaates am deutschen Beispiel: Ursachen und Problemlösungen zwischen Liberalisierung, Sozialdemokratie und Pfadabhängigkeit

AutorValon Shabaj
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl69 Seiten
ISBN9783955495763
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Gegenstand der Studie ist die Krise des deutschen konservativen Wohlfahrtsstaates. Die Ausarbeitung zeigt hier zunächst die Faktoren sowie die Struktur der Krise auf und versucht in einem zweiten Schritt Reformvorschläge aus wirtschaftspolitischen Theorieansätzen abzuleiten. Seit Anfang der siebziger Jahre lässt sich eine Strukturkrise des konservativen Wohlfahrtsstaates ausmachen, die sich mit jeder weiteren konjunkturellen Rezession heftiger auf die Gesellschaft auswirkt. Der Beginn der Krise kann mit den Energiekrisen der siebziger und achtziger Jahre und ihrer verheerenden Wirkung auf die Wirtschaft ausgemacht werden. Des Weiteren lassen sich Faktoren wie die strukturelle Veränderung der Volkswirtschaft, die negative demographische Entwicklung, die hohen Arbeitslosenquoten, das politischen Konstrukt und seine Vetospieler und die 'Globalisierung' annehmen. In dem deutschen Beispiel kommen zu den oben genannten Faktoren eine schlechtere Ausgangslage für die Ökonomie nach dem zweiten Weltkrieg und die Kosten der Wiedervereinigung hinzu. Die Einteilung der Wohlfahrtsstaaten im vorliegenden Buch basiert auf den Typologien von Gösta Esping Andersen, welcher drei verschiedene Typen von Wohlfahrtsstaaten unterstellt und diese mithilfe der Abhängigkeit ihrer Sozialsysteme vom Arbeitsmarkt kategorisiert. In diesem Modell wird der deutsche Wohlfahrtsstaat als konservativ korporatistisch bezeichnet. Der Hauptteil der Analyse beschäftigt sich mit der Problembewältigung anderer wohlfahrtsstaatlicher Modelle in Anbetracht ihrer Krisen und soll damit dem konservativen Wohlfahrtsstaat wirtschaftspolitische Auswege aus der Bedrängnis aufzeigen. Hierzu werden liberale wirtschaftstheoretische Ansätze am Beispiel Großbritanniens sowie sozialdemokratische wirtschaftstheoretische Ansätze an den skandinavischen Ländern, hier insbesondere Schweden, erörtert und die Wirkungsweise dieser Ansätze an wirtschafts- politischen Reformen abgeleitet. Mit dem Vergleich von wirtschaftspolitischen Reformen werden mögliche Auswege für die Bewältigung der gegenwärtigen Krise des deutschen Wohlfahrtsstaates aufgezeigt. Mithilfe der empirischen Beispiele können negative Auswirkungen für die BRD ausgeschlossen sowie positive Auswirkungen gefördert werden. Ungewiss ist aber, ob sich diese theoretischen Ansätze in gleicher Form auf das System der BRD auswirken. Außerdem ist fraglich, inwiefern die historisch geschaffenen Institutionen und die daraus entstandene Pfadabhängigkeit des [...]

Valon Shabaj, M.A., wurde 1981 in Pejë/ Kosovo geboren. Sein Studium der Sozialwissenschaften an der Universität Osnabrück schloss der Autor im Jahre 2010 mit dem akademischen Grad des Master of Arts erfolgreich ab. Fasziniert von ökonomisch- politischen

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.1, Endogene Faktoren als Verursacher der Krise: 2.11, Arbeitsmarkt und die Finanzierung der Sozialkassen: Die Kraft des Wirtschaftsaufschwunges, der sich nach dem 2. Weltkrieg in der westlich- industrialisierten Welt eingestellt hatte, war im Verlauf der fünfziger und sechziger Jahre ungebrochen und füllte hierzulande die Staatskassen bei einer niedrigen Sozialleistungsquote. Die Sozialleistungsquote, der Anteil der öffentlichen Sozialausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt, lag zu Beginn der statistischen Datenerfassung im Jahre1950 auf ca. 19%. Aufgrund positiver Entwicklungen der Ökonomie, die im Zusammenhang mit dem Marschallplan stand, entwickelte sich der deutsche Wohlfahrtstaat und damit erhöhte sich auch die Sozialleistungsquote. Die Wahlen 1969 brachten eine neue Mehrheit hervor und begünstigten den Aufbau einer sozial- liberalen Regierung. Aufgrund der hervorragend positiven Bilanz der vergangenen Jahrzehnte trat die neue Regierung für eine Expansion des Wohlfahrtsstaates ein. Zur expansiven Reformpolitik der sozial- liberalen Regierung gehörten der Ausbau des Arbeits- und Unfallschutzes und die Reformierung des Gesundheitswesens. Hierdurch wurde die Sozialleistungsquote von 24,6% im Jahre 1969 in darauffolgenden Jahren stetig erhöht und erreichte den Höchststand im Jahre 1975 mit 31,4%. Mit dem sozialliberalen Modell des Ausbaus wurde die Struktur des Wohlfahrtsstaates erweitert und der Umfang des versicherten Personenkreises erhöht. So erhöhte sich der Anteil der Bevölkerung, die den Lebensunterhalt primär aus dem Sozialeinkommen bestritt, von 14,4 % im Jahre 1969 auf mehr als 20 % im Jahre 1980. Der erhöhte Umfang an Personen, die vom Wohlfahrtsstaat primär lebte, musste durch die arbeitende Bevölkerung finanziert werden. Verstärkt schoben die Institutionen hierzulande arbeitslos gewordene Kräfte, aufgrund der blühenden Lage der Sozialkassen, mühelos in die Arbeitslosigkeit. Die Sozialbeiträge, welche auch als Lohnnebenkosten bekannt sind, erhöhten sich aufgrund der expansiven Sozialpolitik von anfänglich 27,8% im Jahre 1969 auf 34% im Jahre 1982. Solange der Wirtschaftswachstum und die blühende Lage im Arbeitsmarkt sich fortsetzen, hatten die erhöhten Sozialbeiträge keine größeren Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Wohlfahrtsstaat. Die erste Öl- Krise 1973/74 löste eine weltweite Wirtschaftskrise aus, welche die bis dahin erfolgreich Funktionierende Wirtschaft lahm legte und der Bevölkerung das Selbstverständnis einer auf ewig wachsenden Ökonomie entriss. Die Folgen der Weltwirtschaftskrise äußerten sich rasch auch in West- Deutschland und verursachten Ungewissheiten und Unsicherheiten bei der Bevölkerung aus, dies schlug sich ohne Verzögerung auf die Ökonomie nieder. Bei geringer Auftragslage, vor allem in der Autoindustrie, mussten die Unternehmen große Massen an Arbeitern in die Arbeitslosigkeit entlassen und wirkten so einem Abschwung und eine Rezessionsphase herbei. Der bis dahin erfolgreiche deutsche Wohlfahrtsstaat musste nun Unmengen an Arbeitslosen auffangen. Die Arbeitslosenquote stieg in nur fünf Jahren von 0,7% in dem Jahr 1970 auf 4,7% im Jahre 1975. Dies ist eine Versiebenfachung der Arbeitslosenquote innerhalb von nur fünf Jahren. Das Umlageverfahren, welches die soziale Sicherung direkt finanziert, musste nun innerhalb von fünf Jahren bei sinkender Anzahl an Erwerbstätigen eine siebenfache Anzahl an Arbeitslosen finanzieren. Die Finanzierungsweise des deutschen Wohlfahrtsstaates erfolgt direkt und wird vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen getragen. Während das Arbeitslosengeld lediglich von den Beiträgen aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen wird, werden Arbeitslosenhilfe und die aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen aus einem Mix von Steuern und Beiträgen finanziert. Die Gewährleistung zur Sicherung der sozialen Leistungen konnte nur aufgrund weiterer Erhöhung der Beiträge funktionieren. Daher beschloss die damals sozial- liberale Regierung zusätzlich zu der getätigten Expansion weitere Erhöhung der Sozialabgaben. Dies reichte jedoch nicht, daher entschied man die expansive Politik des Wohlfahrtsstaates aufzugeben und mit einer Problembewältigungspolitik von Einsparungen und Streichungen die Scharr an Arbeitslosen zu bewältigen. Die erhöhten Sozialabgaben erhöhten wiederum die Arbeitskosten und raubten der Ökonomie die Möglichkeit neue Arbeitskräfte einzustellen, dies führte dazu, dass die Anazahl an Arbeitslosen nicht nur gleich blieb, sondern sich weiterhin erhöhte. Die im internationalen Vergleich hohen Sozialabgaben führten zur Verteuerung inländischer Produkte und verstärkten den Abbau von Personal in deutschen Unternehmen. Hierdurch wurde die Arbeitsplatz raubende Spirale noch schneller gedreht und die Krise weiter verschärft. Die Sozialleistungsquote stieg in dieser Zeit der Expansion und der Krise auf ca. 34 % an und raubte damit dem Binnenmarkt die Möglichkeit zur Erholung. Die überhasteten Haushaltskürzungen richteten sich primär dar aus wo der Bund einen Zuschusspflicht für Haushaltslücken innehat. Dies waren zunächst die Aufwendungen für Umschulung- und Weiterqualifikation, Arbeitslosenunterstützung und der Ausbildungsförderung. Während die Arbeitsmarktlage sich langsam entspannte und die Reformen sich auswirkten, wurde die westliche Welt durch die zweite Öl- Krise in den Jahren 1980/81 in eine zweite Weltwirtschaftskrise hineingestürzt. Die Wirtschaftskrise traf die westlichen Länder gleichermaßen und verursachte neue Massen an Arbeitslosen. Die Wirtschaftspolitik der BRD verabschiedete sich hiermit von der Vorstellung einer Vollbeschäftigung. Die sozial- liberale Regierung wurde aufgrund innerer Streitigkeiten durch ein konstruktives Misstrauensvotum aufgelöst. Die im März des Jahres 1983 veranstalteten Neuwahlen erbrachten einer konservativ- liberalen Mehrheit die Möglichkeit die neue Regierung zu bilden. Die neue Regierung unter dem Kanzler Helmut Kohl machte sich daran, den durch die sozial- liberale Regierung 'aufgeblähten Wohlfahrtsstaat', weiterhin zu demontieren und weitergehende Reformen einzuleiten. Die konservativ- liberale Regierung distanzierte sich jedoch vom andren konservativ neoliberalen Vorgehen westlich konservativer Regierungen in Großbritannien und den USA und hob die Tradition der sozialen Marktwirtschaft hervor. Große Einsparungen wurden weiterhin in der Ausbildungsförderung und in den Bereichen der Sozial- und Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe getätigt. Diese Einsparungen gingen soweit, dass 1984 nur 40% der registrierten Erwerbslosen Arbeitslosengeld und nur 26% Arbeitslosenhilfe erhielten. Die Reformpolitik der konservativ- liberalen Regierung, die Hauptsächlich auf Abbau der Sozialleistungen und Einsparungen basierte, vollzog sich in der Legislatur Periode von 1983 bis 1989 rasch, weil hier der Vetospieler Bundesrat auch durch die konservativ- liberale Konstellation kontrolliert wurde. Während der 'Kohl Ära' entspannte sich die Arbeitsmarktlage, hierbei sank die Arbeitslosenquote von 9,1% im Jahre 1983 auf 7,2% im Jahre 1990. Die Sozialleistungsquote, der Anteil an Sozialausgaben am BIP, sank wie durch die Regierung zugesichert von 30,7% im Jahre 1982 auf 27,6% im Jahre 1990. Zudem wurde der Umfang der Begünstigten Personen mit den Kürzungen erheblich verringert. Letztendlich kann man behaupten, dass die 1983 neugewählte Regierung keinen sozialpolitischen 'Kahlschlag' veranlasste, vielmehr zielten die getätigten Reformen auf Sparmassnahmen und Krisenbewältigung ab. Die anziehende Konjunkturphase und der damit verbundene Wirtschaftswachstum, der sich in der Zeitperiode von 1981 bis 1986 stetig von ca. 1% im Jahre 1981 auf ca. 3,5% im Jahre 1986 erholte, veranlassten die Entspannung am Arbeitsmarkt und ermöglichten die Senkung der Sozialleistungsquote. Die deutsche Einigung 1990 stellte den deutschen Wohlfahrtsstaat dadurch vor neuen Herausforderungen, weil die Politik, westdeutsches Sozialrecht, auf die DDR übertragen wollte. Hierdurch gelangten Menschen in einem sozialen Sicherungssystem, welche zuvor nicht in dieses System eingezahlt hatten. Zusätzlich wurde die Übertragung kapitalistischer Grundzüge durch die sozialistische Vergangenheit erschwert, daher musste eine Reihe von Gesetzen nachträglich novelliert werden. Eine größere Problematik brachten indes die Unternehmensleistungen und der schwindende Markt für DDR Produkte. Hinzu kam die Auflösung der Sowjetunion und damit der Ausfall eines großen Export Abnehmers der DDR. Die staatlichen DDR- Unternehmen sollten durch die Treuehandanstalt, einer westdeutschen Regierungsanstalt, rasch Privatisiert werden. Wirtschaftsexperten des Treuehandrates THA stellten jedoch fest, dass etwa 40% der DDR Unternehmen rentabel seien, weitere 30% Sanierungswürdig und der Rest unproduktiv und sanierungsunfähig sei. Diese Expertise machte deutlich, was auf den westdeutschen Wohlfahrtsstaat zukam. Aufgrund mehrerer Reform und Umbaumaßnahmen durch die konservativ- liberale Regierung und der guten Entwicklung der Konjunktur in der zweiten Hälfte der Achtziger waren die Sozialkassen enorm entlastet worden und verzeichneten sogar Monatsreserven. So verfügten die Rentenkassen 1989 über eine dreimonatige Reserve, dies in anbetracht des Umlagesystems verdeutlicht die Höhe der Reservekapazitäten. Mit den Informationen über diese Reserven wurde die Wiedervereinigung und der zu erwartende Verlust an Wirtschaftskraft durch die Politik unterschätzt und nicht wahrgenommen. Ferner wurde die Situation dadurch erhärtet, weil die Währung der DDR über dem eigentlichen Kapitalmarktwert gehandelt und eingewechselt wurde und somit westdeutsches Kapital abgewertet wurde. Der Verlust an Kaufkraft, unrentable DDR Unternehmen, Erweiterung des Kreises der Sozialleistungsempfänger, degenerierte Wirtschaft und zusätzliche öffentlicher Transfers machten die Wiedervereinigung zu einem ökonomischen Desaster. Daher ist anzunehmen, dass in der Zeit der Wiedervereinigung, die historisch- politischen Hintergründe die ökonomischen Abwägungen überragten. Die Arbeitslosenquote stieg währenddessen von 7,3% im Jahre 1991 auf den Höchststand von 12,7% im Jahre 1997. Die Belastung der Sozialversicherungskassen wurde durch die Problematik am Arbeitsmarkt erschwärt, sodass weitere Erhöhung der Sozialabgaben folgen mussten. Die Sozialleistungsquote stieg aufgrund eines erweiterten Umfanges an Personen und steigenden Arbeitslosenzahlen auf neuen Rekorden und pendelte sich ab 1994 auf ca. 35% ein. Die Erhöhung der Sozialabgaben wirkte sich unmittelbar auf die Sozialbeiträge und hatte zur Folge, dass die Nettolöhne sich senkten. Die Sozialbeiträge, die durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen entrichtet werden, erhöhten sich von 35,9 Prozent im Jahre 1989 auf 42,2 Prozent im Jahre 1998.
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