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E-Book

Der sanfte Weg zum Wunschkind

IVF (fast) ohne Hormone

AutorAnnemarie Schweizer-Arau
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783641166878
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Frauen, die nicht auf natürliche Weise schwanger werden, wird häufig zur In-vitro-Fertilisation geraten. Was viele von ihnen nicht wissen: Neben der hormonell stimulierten konventionellen Methode gibt es auch eine sanftere IVF, die (fast) ohne Hormone auskommt. Sie ist körperlich und psychisch deutlich weniger belastend und noch dazu kostengünstiger, wird aber nur selten oder gar nicht angeboten.

Dieser aufklärende Ratgeber richtet sich an Frauen, die über künstliche Befruchtung nachdenken oder bereits in Behandlung sind. Er beschreibt die Methoden, zeigt Chancen und Risiken und ermutigt dazu, die sanftere IVF von Ärzten einzufordern, um sich unnötige Belastungen zu ersparen. Hierzu liefert er alle wichtigen Informationen und Argumentationshilfen.

Dr. med. Annemarie Schweizer-Arau (geb. 1955) ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin mit eigener Praxis in Dießen am Ammersee. Schon während ihrer fachärztlichen Weiterbildung begann sie zusätzliche Ausbildungen in Hypnotherapie, in Homöopathie und in traditioneller chinesischer Medizin. Auf der Suche nach einem ganzheitlichen Therapieansatz, der westliche und östliche Medizin integriert, entwickelte sie in den 1990er-Jahren die Systemische Autoregulationstherapie (SART*), die chinesische Medizin und Hypnotherapie vereint sowie Ergebnisse der modernen Hirnforschung berücksichtigt.

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Leseprobe

Von der »herkömmlichen« zur »sanften« IVF

Als Louise Joy Brown 1978 durch Kaiserschnitt auf die Welt kam, war das eine Weltsensation, die groß aufgemacht durch die Medien ging. Eigentlich war die Geburt selbst weniger sensationell als die Zeugung der kleinen Louise, die erstmals in der Geschichte der Menschheit außerhalb des Körpers in einer gläsernen Petrischale, in vitro, erfolgt war. Wurde über dieses erste »Retortenbaby« noch heftig diskutiert, ist die Methode heute zur Routine geworden, denn etwa fünf Millionen Kinder wurden bisher weltweit außerhalb des Körpers durch In-vitro-Fertilisation gezeugt. In Deutschland sind es jährlich rund 1o ooo Kinder oder geschätzte 1,33 Prozent aller Lebendgeburten, in Belgien und Dänemark sind es bereits 5 Prozent. Jährlich werden weltweit 1,5 Millionen IVF-Zyklen durchgeführt.4

Ursprünglich für Frauen mit verschlossenem Eileiter entwickelt, hat sich die Anwendung schnell ausgeweitet. In den 199oer-Jahren wurde dann begonnen, einzelne Samenzellen direkt in die Eizellen zu injizieren, die Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), die auch Paaren mit schlechten Spermienbefunden helfen sollte. Der Indikationskatalog zur künstlichen Befruchtung wird heute immer mehr erweitert. Erfinderisch dehnen ihn einige nun sogar mit großem Medienspektakel auf Frauen aus, die noch gar keinen Kinderwunsch haben: Eizellen in jungen Jahren einzufrieren wird propagiert. Durch Werbekampagnen werden junge Frauen zum sogenannten Social Freezing animiert – was oft nicht (gleich) gesagt wird, ist, dass sie sich auch dafür meist intensiven Hormonstimulationen unterziehen müssen. Die Werbung betont lieber, sie würden sich so erst der Karriere widmen und sich später beruhigt ihren Kinderwunsch erfüllen können. Firmen wie Facebook und Apple bezahlen ihren Mitarbeiterinnen diese Prozedur sogar.5

Die Hormonstimulation

Anders als bei den ersten IVFs geht heute in den deutschsprachigen Ländern der Eizellgewinnung meist eine Hormonstimulation voraus. Denn die Natur lässt in einem Monatszyklus nur eine bis maximal zwei Eizellen heranreifen, angepasst an unsere Ausstattung mit zwei Brüsten zum Stillen; im Gegensatz zu kleineren Säugetieren wie Hund oder Schwein, die auch zwölf und mehr Junge werfen.

Durch eine medikamentöse hormonelle Stimulation wird die feine, natürliche hormonelle Steuerung des Eisprungs außer Kraft gesetzt, um den Körper zu überlisten, mehr als eine Eizelle heranreifen zu lassen. Zusätzlich wird der Eisprung durch die Gabe anderer Hormone unterdrückt und erst kurz vor der Eizellentnahme durch wieder andere Hormone herbeigeführt. Die Logik dahinter ist, aus mehr Eizellen mehr Embryonen entstehen zu lassen, um die »Besten« auswählen und transferieren zu können und so schneller eine Schwangerschaft zu erreichen. Im Fachjargon heißt das dann: »Ein Zyklus wird gefahren.« Der komplizierte natürliche weibliche Zyklus wird zu einem »kontrollierten stimulierten Zyklus«.

Diese Überlegungen waren in den Pioniertagen der IVF durchaus sinnvoll, da die technischen Voraussetzungen wie hochauflösender Ultraschall und schnell verfügbare Laboruntersuchungen noch nicht so weit entwickelt waren, um eine erfolgreiche Punktion der einen natürlich herangereiften Eizelle zum richtigen Zeitpunkt durchführen zu können. Daher wurde schon von den Forschern der ersten Stunde ein kontrollierbarer Zyklus angestrebt. Erstmals wurde 198o mit Candice Reed ein Baby nach einer stimulierten IVF geboren. Eine Zeit lang schien dann Stimulation um jeden Preis erstrebenswert, um möglichst viele Embryonen zu produzieren und transferieren zu können – mit dem Ergebnis, dass es sehr häufig zu Mehrlingsschwangerschaften kam. Für einige Patientinnen hatten die Hormongaben teilweise verheerende Auswirkungen wie Überstimulation, Gewichtszunahme, emotionale Schwankungen und eben alle Risiken von Mehrlingsschwangerschaften und Frühgeburten. Den Rekord stellte 2oo9 eine alleinstehende kalifornische »Octomom« (Mutter von Achtlingen) auf, die heute nach einer Privatinsolvenz bedauert, dass sie ihre Kinder je geboren hat. In Deutschland wird im Embryonenschutzgesetz nur der Transfer von maximal drei Embryonen gestattet. Überzählige (korrekt definiert als imprägnierte Eizellen) müssen heute eingefroren (kryokonserviert) oder »verworfen« (vernichtet) werden.

Die technischen Hilfsmittel wie beispielsweise Auflösungsgrad der Ultraschallgeräte, Spermienaufbereitung und die Geschwindigkeit von Laborbestimmungen haben sich seit 1978 enorm weiterentwickelt. Die Eizellreifung kann heute besser beobachtet und die Hormonveränderungen vor dem Eisprung können rasch bestimmt werden. Das Wissen um die Vorgänge bei der Fortpflanzung an sich hat ebenfalls zugenommen. Mit etwas Erfahrung ist der Zeitpunkt des spontanen Eisprungs mittlerweile gut voraussagbar.

Die heute sichtbare Kehrseite

Wie sich in neueren Untersuchungen zeigt, haben die Hormonstimulationen eine schädigende Wirkung auf die Eizellqualität und die Chromosomen, abhängig von der verabreichten Hormondosis. Je mehr Eizellen gewonnen werden, desto mehr Chromosomenfehler werden gefunden. Die häufig propagierte höhere Ausbeute an Eizellen bei einer Stimulation geht also eindeutig auf Kosten der Qualität.6 Je mehr Eizellen gewonnen werden, desto niedriger ist auch das Geburtsgewicht der Kinder, wie eine Auswertung aller 231 815 amerikanischen Behandlungszyklen zwischen 2oo4 und 2o1o ergab. Interessanterweise galt dies nicht für Geburten nach Eizellspenden, bei der nur die Spenderin, nicht aber die Mutter hormonstimuliert wird. 7

Die Diskussion über Quantität und Qualität ist nicht neu, sondern stellt einen alten Streitpunkt unserer Kulturgeschichte dar. In der medizinischen Forschung und in der Reproduktionsmedizin überwiegt bis heute eine materielle Betrachtung. In diesem Modell stellt der weibliche Organismus eine, wenn auch komplizierte, Maschine dar und weniger ein lebendes, komplexes Individuum. Möglichst viele Eizellen und Embryonen sollen »produziert« und Zyklen »gefahren« werden. Mehr Hormongaben sollen mehr Eizellen hervorbringen; wenn dies nicht so funktioniert, wird nicht das Modell, sondern die Frau in Frage gestellt. Wie Produktionseinheiten werden die Erfolge in Schwangerschaftsrate pro Embryotransfer (SST/ET) oder in Baby Take Home (BTH) dargestellt, abstrahiert von den individuellen Patientinnen. Eine ganzheitliche Betrachtungsweise und das Verständnis, dass ein lebender Organismus ein sich selbst organisierendes System darstellt, könnten zu einem Paradigmenwechsel führen, der mir und vielen anderen dringend nötig scheint.

Aufgrund vieler neuer Erkenntnisse zu den Risiken der Hormonstimulation, die im Kapitel zur assistierten Reproduktion erläutert werden, hat an verschiedenen Kinderwunschzentren der Welt schon ein Umdenken eingesetzt, weg von Stimulationen. Das Augenmerk wird allmählich mehr auf die Qualität der gewonnenen Eizellen gerichtet. Diese ist bei einer möglichst natürlichen Eireifung vor einer Eizellentnahme am besten. Führend in diesen sogenannten Spontanzyklen oder natural cycles sind Kliniken in England, den Niederlanden, Japan, Deutschland und der Schweiz. An manchen Zentren werden schon die meisten Zyklen ohne oder nur mit geringsten Hormonstimulationen durchgeführt. Im deutschsprachigen Raum hat sich eine Gruppe engagierter Reproduktionsmediziner(innen) der Entwicklung dieser natürlichen IVF (unter IVF naturelle® bekannt) verschrieben. Konfrontiert mit den Gefahren einer aggressiven Stimulation erscheint IVF im Spontanzyklus als eine natürlichere, einfachere, risikoärmere und zudem preiswertere Alternative. Um diese Form der Kinderwunschbehandlung soll es in diesem Buch vorrangig gehen, denn es liegt mir sehr am Herzen, diese Methode bekannt zu machen.

Über mich als Autorin dieses Buches

Da ich selbst sehr unangenehme Erfahrungen mit hormonstimulierter ICSI gemacht habe, freut es mich, wenn ich dazu beitragen kann, anderen Frauen durch meine Arbeit und durch dieses Buch derartige Erfahrungen zu ersparen. Schon im Medizinstudium haben mich psychosomatische Zusammenhänge interessiert, das Zusammenspiel von Umwelt, Erlebnissen, Gefühlen und Körper faszinierte mich. So kam ich schließlich zur Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und habe mit deren Herangehensweise und deren vielen Methoden deutlich mehr Möglichkeiten, den ganzen Menschen zu behandeln.

Wenn ich Ihnen in diesem Buch die sanfte Form der IVF vorstelle, wird dies immer wieder begleitet von Anregungen, sich ganzheitlich mit dem Thema Schwangerschaft und Familie zu befassen. Ausgangspunkt meiner Überlegungen zur Entwicklung einer »Systemischen Autoregulation« (SART) waren insbesondere Berichte über Paare, die erst schwanger wurden, nachdem sie den Kinderwunsch schon aufgegeben hatten. Wie ist das möglich? Was passiert da? Wie kommt es dazu, dass eine zu starke Anstrengung anscheinend fruchtbarkeitsverhindernd wirkt und Gelassenheit fruchtbarkeitsfördernd? Wie kann man diese Gelassenheit erreichen, ohne innerlich »aufzugeben«? Mein Wunsch war und ist es, Paaren mit einer ganzheitlichen Begleitung Leid zu ersparen, damit sie nicht erst durch die Hölle des Aufgebens gehen müssen, um offen und gelassen zu werden.

Die wenigsten herkömmlich arbeitenden Zentren beziehen den ganzen Menschen und damit auch die Psyche mit ein, die aber...

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