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E-Book

Die Musikindustrie im digitalen Wandel: Akteure, Formate und Geschäftsmodelle verändern das Musikbusiness

AutorJulian Gilbert
Verlagdisserta Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl108 Seiten
ISBN9783959351010
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Fortschreitende Digitalisierungsprozesse sind in nahezu allen Bereichen der Unterhaltungsindustrie zu finden. Besonders stark wirkt sich diese Entwicklung derzeit auf die Musikindustrie aus, was sich anhand neuer Geschäftsmodelle sowie veränderter Produktions- und Distributionsbedingungen erkennen lässt. Doch welche neuen Strategien bedarf es seitens der Musikindustrie, um der Vielschichtigkeit an Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung im Musikmarkt einhergehen, gerecht zu werden? Mit welchen neuen Strategien reagiert die Musikindustrie auf diese Veränderungen? Und was ruft eigentlich diese Strukturbrüche aus, die es bereits in der Vergangenheit zu beobachten gab? Unter Berücksichtigung von Akteuren, Formaten und Geschäftsmodellen untersucht das vorliegende Buch den musikkulturellen Strukturwandel unter historischen und gegenwärtigen Gesichtspunkten.

Julian Gilbert wurde 1984 in Braunschweig geboren. Er absolvierte sein Studium der Medienwissenschaften und des Medienmanagements an der Universität Siegen mit dem akademischen Grad Master of Arts. Bereits während seines Studiums reizten ihn aktuelle Entwicklungen rund um das Musikbusiness. Als begeisterter Musikfan und wirtschaftlich interessierter Mensch widmete er dieses Buch den veränderten organisatorischen und wirtschaftlichen Strukturen und Abläufen der Musikindustrie in Folge der Digitalisierung.

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Leseprobe
Kapitel 5.1.1, Mobilität und Flexibilität: Mobilität und Flexibilität, zwei Begriffe, die für die Bereitschaft des Menschen stehen, sich an neue Umgebungen anzupassen. Zwei Schlagworte, die in vielen Bereichen des Berufs- und Freizeitsektors Verwendung finden und in Zeiten einer globalisierten Gesellschaft als Voraussetzung für eine effiziente Lebensgestaltung zu gelten scheinen. Menschen seien dem Soziologen Hartmut Rosa zur Folge schon immer zur Mobilität, 'zum Ortswechsel' (Flamm 2008: Online) gezwungen gewesen, jedoch aufgrund von unkontrollierbaren, äußeren Einflüssen. Neu seit einigen wenigen Jahrzehnten sei hingegen eine 'aus der Gesellschaft selbst heraus erzeugte, systematische Mobilität' (ebd.), die sich zunehmend beschleunige. Mobilität ist demnach kein Prozess der erst seit jüngster Zeit beobachtet werden kann, vielmehr haben sich seine Bedeutung und sein Stellenwert in der Gesellschaft entscheidend verändert. Für Müller-Schneider ist daher insbesondere die Mobilität zu einem Bestandteil des gegenwärtigen Wertesystems geworden (vgl. Müller-Schneider 2001: 95f.). Berger geht noch darüber hinaus und befindet, dass 'Flexibilität, Mobilität und Erlebnisvielfalt zur Norm erhoben' (Berger 1995: 66) wurden. Nach Hartmut Rosa differenzieren sich die Dimensionen der Mobilität in die technische Beschleunigung, die Beschleunigung des sozialen Wandels und die Beschleunigung des Lebenstempos. Das Verhältnis dieser drei Bereiche beschreibt er in Form eines Dreiecks, bei dem der Ausgangspunkt in der technischen Beschleunigung liegt. Der Fortschritt der Technik hat Auswirkungen auf die Beschleunigung des Sozialen. Diese wiederum wirkt sich auf die Beschleunigung des Lebenstempos aus, was zurück zu einer gesteigerten Geschwindigkeit der technischen Entwicklung führt (vgl. Rosa 2011: 190). Speziell im Bereich des kulturellen Sektors gewinnen die soziokulturellen Faktoren der Mobilität und Flexibilität an Relevanz. Für die digitale Musik wird unter diesen Aspekten vor allem die Möglichkeit verstanden 'von überall und jederzeit Zugriff auf Musik zu haben, als Fähigkeit sie ohne größeren Aufwand mitzunehmen und als Fähigkeit, Musik mit anderen zu tauschen' (Kusek/Leonhard 2006: 33). Insbesondere onlinebasierte Modelle der mobilen Musiknutzung gewinnen dabei an Relevanz wie die repräsentative Studie 'Medien to go - was unterwegs ankommt' herausfand. Hinter dem Radio, das weiterhin sowohl bei der älteren als auch jüngeren Zielgruppe nach wie vor die beliebteste Form der mobilen Mediennutzung ist, wird den webbasierten Audioportalen eine hohe Bedeutung beigemessen. Mit einer Nutzung von 11% bei den über 30-Jährigen und 31% bei der jüngeren Generation, positionieren sich diese noch vor Onlineangeboten aus dem TV-Bereich (vgl. TNS Emnid 2010: Online). Dazu bedarf es Technologien, die wie Rosas Dreiecksmodell veranschaulicht in enger Abstimmung mit den mobilitäts- und flexibilitäts-Vorstellungen der Menschen stehen. Eine Akzeptanz der technologischen Innovationen ist dabei für Kusek und Leonhard immer von dem Anspruchsdenken der Konsumenten getrieben, bei denen die Integration der Innovationen 'in den Tagesablauf des durchschnittlichen Musikkonsumenten [...] unauffällig und mühelos vor sich gehen' (Kusek/Leonhard 2005: 169) muss. Die Konvergenzprozesse der Medientechnologien schaffen hierfür die erforderlichen Bedingungen. Das Smartphone steht dabei als unübertroffenes Beispiel, dass nahtlos in die Lebensumwelt der Konsumenten eingebunden werden konnte. Die Weiterentwicklung des klassischen Mobiltelefons, das eine zeit-und ortsunabhängige Durchführung jeglicher internetgebundener Transaktionen ermöglicht und als unverzichtbarer Gebrauchsgegenstand vieler Menschen gilt , wird Schätzungen zufolge bereits von 34 Prozent der Bundesbürger benutzt. Bei den unter 30-Jährigen soll der Wert sogar die 50%-Marke übersteigen (vgl. Heise.de 2012: Online). Wenig verwunderlich ist aufgrund der wachsenden Bedeutung der Konsumenten nach Mobilität und Flexibilität daher, dass das Smartphone den Mp3-Player bereits als meistgenutztes mobiles Abspielgerät für digitale Musik überholt hat (vgl. Abb. 2). 5.1.2, Pluralität und Individualismus: In den vergangenen Dekaden prägten die Produktionen der Tonträgerkonzerne und die Vermarktung dieser über die traditionellen Massenmedien die Wahrnehmung der Öffentlichkeit über die musikalische Vielfalt. Orientierung boten Hitparaden, die das gesteigerte Musikangebot kanalisierten und den Rezipienten eine einfachere Auswahl der Musik, durch die Zusammenstellung der gefragtesten Hits, ermöglichten (vgl. Dyk 2008: 1999). Im letzten Jahrzehnt lässt sich jedoch ein Rückgang der Mainstream-Kultur beobachten. Kraft verleiht dieser Behauptung die Betrachtung der absatzstärksten Musikalben in der Geschichte der Musikindustrie (vgl. Anderson 2009a: 1). Ein Großteil der in diesem Ranking vertretenen Musikalben wurde zwischen den 1970er und 80er Jahren aufgenommen. Ein Ausschnitt der ewigen Top 15 unterstreicht die Entwicklung. In diesem Jahrtausend wurde kein Album produziert, dass sich in dieser Rangliste wiederfinden lässt. Die drei erfolgreichsten Musikalben aller Zeiten wurden vor mehr als drei Jahrzehnten produziert (vgl. Abb. 4). Zudem ist zu beobachten, dass die jährliche Anzahl an Musiktiteln, die in den Charts vertreten sind, zunimmt. Zu begründen ist dies nicht allein mit der stetig ansteigenden Zahl der Musikschaffenden, sondern auch mit dem sich häufig ändernden Geschmack der Konsumenten, den es zu befriedigen gilt. Nr.1-Hits haben dadurch eine weitaus kürzere Verweilungsdauer bezüglich der Besetzung der Spitzenposition in den Charts als früher (vgl. Bode/Mueller 2010: 51). Der Bedeutungsverlust von massentauglichen Produkten ist somit nicht nur der Zunahme der Angebotsvielfalt und des bequemen Zugriffs auf dieses durch technische Innovationen oder Marktstrukturen der digitalen Revolution geschuldet. Die partielle Abwendung von der Mainstream-Kultur kann ebenso auf generelle gesellschaftliche Umstrukturierungen des Werteverständnisses zurückgeführt werden. Almer benennt Individualisierung und Pluralisierung als bedeutsame Größen innerhalb der gegenwärtigen Gesellschaft, die große Auswirkungen auf die Musikindustrie haben können (vgl. Almer 2002: 1). Soziodemographische Veränderungsfaktoren wie steigendes Einkommen, höheres Bildungsniveau und zunehmende Mobilität werden als Begründung zur Ausbildung dieser beiden Neigungen angeführt (vgl. Gebesmair 2001: 157ff.). Diese Faktoren führen zu einem steigenden Wohlstandsniveau und zu einem 'Bedeutungsverlust von Gütern, die der Befriedigung des Grundbedarfs dienen' (Lutz/Schlesinger 2003: 39). Zu erkennen sei eine Verschiebung weg vom Versorgungskonsum hin zum Erlebniskonsum (vgl. Kromer 2008: 83). Innerhalb der Käuferschaft haben sich durch die Veränderung des Wertesystems neue Konsumpräferenzen entwickelt, die eine Vorliebe für 'differenzierte und individualisierte Güter und Dienstleistungen' (Dyk 2008: 200) hervorbringen. Originelle und höherwertige Produkte und Dienstleistungen aus der Freizeit- und Unterhaltungskultur gewinnen hierdurch an Bedeutung (vgl. Friedrichsen 2008: 33): Das neue Medium zur Positionierung innerhalb der Gesellschaft heißt Stil, verstanden als Summe jener Verhaltensmuster, die das Individuum bei der Auswahl aus einer Vielzahl von Möglichkeiten und Handlungsalternativen an den Tag legt (Almer 2002: 2). Der Konsument unternimmt durch das selbstbestimmte Suchen nach seinen eigenen musikalischen Präferenzen ein Abrücken von den Beeinflussungsmechanismen der Tonträgerindustrie und Massenmedien. Wichtiger geworden als die Orientierung am Mainstream-Geschmack, ist die Ausrichtung an individuellen musikalischen Vorlieben. Der Zusammenstellung eigener Compilations und Playlists oder der selektiven Auswahl einzelner Titel wird zunehmend mehr Wert beigemessen, als dem Kauf eines fertig zusammengestellten Werkes. Das Gesamtkunstwerk eines Künstlers in Form eines Konzeptalbums, das als paradigmatische Form für die Ära der Tonträgerkonzerne und den Rock'n'Roll bestand hatte, verliert damit für den Konsumenten an Relevanz. Dies schlägt sich für die Tonträgerindustrie in sinkenden Absatz- und Umsatzzahlen nieder (vgl. Abb.1). Zudem können Kalkulationen über das Einkaufs- und Konsumverhalten immer schwieriger erstellt werden, da Musikkonsumenten häufiger ihre Denk- und Handlungsalternativen wechseln (vgl. Almer 2002: 3). Die Fragmentierung der musikalischen Vorlieben steht in direktem Zusammenhang mit der Pluralisierung der Lebensformen (vgl. Münch/Schuegraf 2009: 582). Insbesondere bei der Gruppe der 20- bis 35-Jähringen hat es in den letzten Dekaden weitreichende Veränderung hinsichtlich ihrer Lebensgestaltung gegeben (vgl. Schneider 2012: Online). Eine langfristige Zuordnung zu bestimmten Konsumenten-Gruppierungen erschwert sich unter diesen Umständen (vgl. Walsch/Frentzel/Wiedmann 2002: 209). Für Münch und Schuegraf ermöglichen, die mit der Pluralisierung einhergehenden Veränderungen, die Öffnung vieler kleiner Nischenmärkte im Kultursektor, jedoch sei 'die Lancierung von Millionen-Sellern immer schwieriger' (Münch/Schuegraf 2009: 582). Die zunehmende Beschleunigung der Gesellschaft wirkt sich ebenfalls auf das Beziehungsverhältnis von Künstlern und Publikum aus. Aufgrund des überall verfügbaren Angebots von kostenloser Musik erweitert sich das musikalische Blickfeld der Konsumenten, was dazu führt, dass Bindungen der Fans zu ihren Idolen heutzutage weniger intensiv und von einer geringeren Dauer geprägt sind als früher (vgl. Kromer 2008: 87).
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Die Musikindustrie im digitalen Wandel1
Inhaltsverzeichnis
3
Abkürzungsverzeichnis5
1 Einleitung7
1.1 Einführung7
1.2 Eingrenzung des Feldes und Methodik8
1.3 Untersuchungshypothesen12
1.4 Vorgehensweise13
2 Theoretisches Fundament16
2.1 Feldtheorie von Bourdieu16
2.2 Production-of-Culture Ansatz nach Peterson17
3 Grundlagen19
3.1 Die Beschaffenheit der Musik als Gut19
3.2 Ausdifferenzierung der Musikindustrie21
3.3 Die Tonträgerindustrie22
3.4 Das digitale Zeitalter29
4 Der musikkulturelle Wandel32
4.1 Kultureller Paradigmenwechsel32
4.2 Kosten- und Wertschöpfungsstrukturen digitaler Musik40
4.3 Online Distributoren44
5 Soziokultureller Wandel54
5.1 Verändertes Werte- und Normensystem der Konsumenten54
5.2 Retromanie67
6 Paradigma 4: Das Zeitalter des Digitalen70
6.1 Strukturwandel des Musikmarktes70
6.2 Strategieansätze neuer Akteure im digitalen Paradigma72
6.3 Eigenständige Erhaltungsstrategien der Tonträgerkonzerne76
6.4 Ausbildung einer neuen Musikästhetik?! – Mashup79
7 Fazit82
Anhang88
8 Literaturverzeichnis91

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