Gerhard Großmann
Logen, Großlogen, Forschungslogen
1.
Loge (engl. lodge, frz. loge, ital. loggia): Laube, Hütte. So heißen die örtlichen Freimaurervereinigungen. Mitunter bezeichnen sie sich noch heute als „Bauhütten“, was die Erinnerung daran wachhält, daß die Freimaurer die Herkunft ihrer Gliederungen und ihres Brauchtums von den operativen Gilden der mittelalterlichen Bauhandwerker ableiten. Manche nennen sich auch „Johannislogen“ nach Johannes dem Täufer, der als Patron der Maurer und Steinmetzen gilt. Man spricht zudem von „blauen“ Logen, um diese von den „Ateliers“ sog. Hochgrade abzugrenzen.„Loge“ heißt in einigen Gegenden auch der Versammlungsraum („Logentempel“) der Freimaurer (der Tempelraum der 1742 gegründeten Loge „Zur Einigkeit“ in Frankfurt a.M. ist abgebildet in der Brockhaus-Enzyklopädie Band 6, 17. Auflage 1968 auf Seite 573 beim Sachwort „Freimaurerei“).„Deputationslogen“ vereinigen Freimaurer bestehender Logen zur Gründung neuer Logen.„Adoptionslogen“ waren die von regulären Logen betreuten einstigen Zusammenschlüsse der weiblichen Angehörigen von Freimaurern, die seit dem Ende des Absolutismus nur noch vereinzelt in Erscheinung traten; heute gibt es sie nicht mehr. Die einzelnen Logen entsprechen den Niederlassungen der früheren Maurer- und Steinmetzgilden am jeweiligen Ort. In Deutschland sind sie heute überwiegend als eingetragene Vereine organisiert und in den Vereinsregistern der zuständigen Amtsgerichte eingetragen. Sie tagen zumeist in eigenen Gebäuden („Logenhäusern“), teils in gemieteten Räumen. In der Bundesrepublik verfügt die reguläre Freimaurerei über rd. 450 Logen (in vielen größeren Städten bestehen mehrere nebeneinander). Die meisten, darunter namentlich jene mit eigenem Hausbesitz, stehen in den örtlichen Adreß- und Telefonbüchern. Weltweit soll es rd.45.000 Logen geben; da es keine frm.„Weltorganisation“ gibt, sind genauere Zahlen nicht bekannt. Die meisten Logen kommen einmal wöchentlich zusammen. In den Ferienmonaten Juli und August finden keine Versammlungen statt.
In den örtlichen Logen spielt sich das frm. Leben ab. Jede Loge ist gegenüber der Großloge, der sie angehört, verpflichtet, jährlich eine bestimmte Anzahl ritueller Versammlungen (Tempelarbeiten, Tempelfeiern) abzuhalten, in deren Verlauf Kandidaten (sog.„Suchende“) zu Lehrlingen in die Loge aufgenommen, Lehrlinge zu Gesellen befördert und Gesellen zu Meistern erhoben werden. – Die Logen veranstalten neben ihren rituellen Versammlungen und Konferenzen interne oder öffentliche Vortragsabende, Dichterlesungen, Gemäldeausstellungen, Diskussionstreffen, Wohlfahrtsbälle, Schwesternfeste, Kindernachmittage, Einkehrtage, Reisen und Ausflüge. Sie feiern den Johannistag, den Jahresschluß und ihre eigenen Jahrestage (viele Logen sind älter als 200 Jahre; die älteste Bauhütte Deutschlands, Absalom zu den drei Nesseln in Hamburg, wurde 1737 gegründet), häufig auch „besondere“ Fest- und Geburtstage ihrer Mitglieder. An die Tempelarbeiten der Lehrlinge und Gesellen schließen sich als Teil des rituellen Brauchtums gemeinsame Essen der Teilnehmer an (Tafelloge, Brudermahl,„weiße Tafel“), mit vorbereiteten Toasts auf das Vaterland und die internationale Bruderkette, auf die Frauen, die Künste, die Kranken und Abwesenden. Der jährliche Mitgliedsbeitrag, der vielerorts den Preis des Essens nach den Tempelarbeiten einschließt, liegt derzeit je nach Zuschnitt der Loge zwischen 500 und 1.000 DM.
Die Logenmitglieder wählen ihren Vereinsvorsitzenden („Meister vom Stuhl“, auch Logenmeister) und ihre Logenbeamten für bestimmte, von Satzung und Hausgesetz vorgegebene Zeit (zumeist auf ein Jahr). Die humanitären Großlogen gewähren ihren Mitgliedslogen bei der Gestaltung von deren Satzungen, Hausgesetzen und innerer Struktur traditionell größeren Ermessensspielraum als die dem Ordensgedanken stärker verbundenen anderen Obedienzen. Üblich ist bei den „Humanitären“ ein aus dem Meister vom Stuhl, den beiden Aufsehern, dem Sekretär und dem Schatzmeister zusammengesetzter Logenvorstand, der nach seiner Wahl durch die Mitglieder der Bestätigung der Großloge nicht bedarf. Die Funktionen des Vorstands und seiner einzelnen Mitglieder regeln Satzung, Hausgesetz und das für alle Vereine geltende allgemeine Recht. Jedoch wird in allen Logen Wert darauf gelegt, daß zumal der Meister vom Stuhl die Rituale der einzelnen Grade in der gebotenen Form beherrscht und seiner vom Brauchtum vorgegebenen Aufgabe, den Mitgliedern nach Denkart und Lebensführung Vorbild zu sein, in dem gebotenen Maße gerecht wird. Je nach örtlichem Brauch, der von der Mitgliederzahl einer Loge wie auch von ihren Traditionen bestimmt und schwankend ist, zählen Redner, Zeremonienmeister, Schaffner, Bibliothekar/Archivar, Gabenpfleger, Intendant des Hauses, der Musik etc. zum engeren oder erweiterten Logenvorstand. Erfordert es der Zuschnitt der Loge, werden wie in anderen Vereinen auch Ausschüsse für besondere Aufgaben gebildet.
Vom Brauchtum her betrachtet erstreckt die Loge sich als ein vom länglichen Viereck begrenzter Raum des speziell freimaurerischen Denkens und Tuns vom Mittelpunkt der Erde bis zu den Sternen; hier hat der Begriff Loge eine spezifisch geistige Dimension. Sie lädt jene Menschen zur Arbeit und zum Verweilen ein, die willens sind, nach Selbsterkenntnis zu streben und Vorurteile zu bekämpfen, das Gesetz der sittlichen Weltordnung zu verwirklichen, Toleranz und Nächstenliebe zu üben. Jedoch ist die Loge auch in diesem Sinne nicht als sakraler, wohl aber als sakrosankter Bereich aufzufassen, von dem aus anhand der Symbole und der in den Ritualen enthaltenen Erinnerungszeichen Transzendenz erlebbar und geistige Heimat geboten wird. Die Ritualtexte können zwar von jedermann in öffentlichen Bibliotheken eingesehen werden, jedoch wird hinsichtlich der rituellen Einzelheiten die Tugend der Verschwiegenheit selbst von Grad zu Grad innerhalb der Logen geübt. Hierauf bezieht sich Goethes Wort:„Auf Schweigen und Vertrauen ist der Tempel aufgebaut.“ Frm. Bekleidung tragen die Mitglieder nur während der rituellen Zusammenkünfte. Auf dem Tisch des Meisters vom Stuhl im Osten des Tempels liegt neben dem „Buch des heiligen Gesetzes“ (in Europa gewöhnlich die Bibel) die Rechtsordnung der Großloge. Die Mitte des Tempelraums bedeckt, eingerahmt von den drei Säulen, der Arbeitsteppich. Nähere Einzelheiten zur Ausstattung des Tempels enthalten die Ritualbücher der einzelnen Grade.
2.
Die humanitäre frm. Lehrart wird hierzulande von der 1948 gegründeten „Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland e.V.“ mit dem Sitz in Bonn vertreten, der derzeit 261 Logen angehören (21 davon auf dem Gebiet der neuen Bundesländer, wo sich die Großlogen seit 1990 um Neu- oder Wiedergründungen bemühen). Sie ist das nach Anzahl der Logen und Logenangehörigen weitaus bedeutendste Mitglied der „Vereinigten Großlogen von Deutschland, Bruderschaft der Freimaurer e.V.“ (VGLvD) mit Sitz in Berlin als dem nationalen Dachverband der Freimaurerei in der Bundesrepublik. Den VGLvD gehören auch die übrigen regulären deutschen Großlogen an, nämlich: die „Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland“, die „Große National-Mutterloge ‚Zu den drei Weltkugeln‘“ (eine Gründung Friedrichs d.Gr.), die „American-Canadian Grand Lodge A.F. & A.M.“ und „The Grand Lodge of British Freemasons in Germany“. Die beiden Erstgenannten erlauben ihren Logen – im Gegensatz zu den „Humanitären“ – die Aufnahme nur solcher Mitglieder, die sich zu einer der christlichen Religionen bekennen. Die Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland läßt „ohne Ansehen des religiösen Bekenntnisses, der Rasse, der Staatsangehörigkeit, der politischen Überzeugung und des Standes freie Männer von gutem Ruf“ zu, wenn sie sich verpflichten,„für die Ziele der Freimaurer an sich selbst zu arbeiten und in den Gemeinschaften, in denen sie leben, zu wirken“ (Zitate aus der Verfassung der Großloge AFAM von 1974). Die „American-Canadian Grand Lodge“ und die „Grand Lodge of British Freemasons in Germany“ sind während der Besatzungszeit nach dem 2. Weltkrieg entstanden; sie verstehen sich ebenso wie die GL AFAM als humanitäre Obedienzen. Die Großlogen bilden zur verwaltungsmäßigen Erfassung ihrer Mitgliedslogen Distrikts- oder Provinziallogen, deren Vorstand jeweils von den Vorständen der im Distrikt ansässigen Logen gewählt wird und deren Vorsitzende als Distriktsmeistertag ein Organ der Großloge bilden. Die Großlogen vertreten ihre Mitgliedslogen korporativ in der Öffentlichkeit und gegenüber anderen Großlogen im In- und Ausland; diese Befugnisse sind in Deutschland dem freimaurerischen Dachverband VGLvD übertragen, aus dem nach Einschätzung vieler deutscher Freimaurer die einzige Großloge auf deutschem Boden hervorgehen und die derzeit verzettelten Kräfte...