Wann sind Sie zuletzt beschwingt und unbeschwert aus einem Verkaufsgespräch, einer Präsentation oder einem wichtigen Meeting herausgegangen? Ist das schon eine Weile her? Keine Sorge! Damit stehen Sie nicht allein da. Viele Menschen neigen dazu, sich in der täglichen Kommunikation das Leben mit einer negativen Haltung zu erschweren. Hinzu kommt die permanente Kommunikationsflut durch SMS, E-Mails und über die Social-Media-Kanäle, der wir täglich ausgesetzt sind. All das schafft nicht gerade Unbeschwertheit. Im Gegenteil: Wir assoziieren Kommunikation gern mit Stress und verlieren die Freude an echten Dialogen und direkten Kontakten. Lust und Leichtigkeit bleiben auf der Strecke. Somit sind auch bei unseren Kunden Frust und Unzufriedenheit vorprogrammiert.
Um die Leichtigkeit ins Gespräch zurückzuholen, müssen wir eine neue Perspektive auf unsere Kommunikation entwickeln. Besser gesagt: Wir müssen zu unserer angeborenen Fähigkeit des „Flüsterns“ zurückkehren. Überrascht es Sie, dass das Kundenflüstern eigentlich angeboren ist? Erinnern Sie sich einmal an Ihre Kindheit! Im Grunde beherrschen wir nämlich bereits von Kindesbeinen an, was wir für eine effektive, erfolgreiche und professionelle Kommunikation benötigen. In einen offenen Dialog mit anderen zu treten, liegt in unserer Natur. Wir haben viele Fertigkeiten im Laufe unseres „Erwachsenwerdens“ mit Theorien, Daten und Fakten zugeschüttet. Wir haben uns in ein Regelkorsett pressen lassen, das uns gar nicht passt, und dabei unsere emotionale Intelligenz auf Eis gelegt.
Da wir aber unser Gegenüber nicht auf Knopfdruck verändern können, fangen wir damit am besten bei uns selbst an. Wenn wir uns klarmachen, dass eine verneinende Haltung jeder guten und effizienten Zusammenarbeit im Wege steht, wird schnell deutlich, dass es förderlich ist, zunächst unsere eigene Einstellung zu ändern.
Motivierende Kommunikation macht’s
Ab sofort sagen wir dem Kommunikationsfrust den Kampf an. Wie? Indem wir uns an Offenheit und Neugier zurückerinnern. Eine Technik, die übrigens auch Schauspieler nutzen, um sich in die richtige Stimmung zu versetzen. Sie fühlen das, was sie spielen, und leben ihre Rolle. Nur dadurch werden sie glaubwürdig in dem, was sie verkörpern. Kundenflüstern und motivierende Kommunikation bedeuten zwar nicht, eine Rolle zu spielen, doch es kann sicher nicht schaden, sich in eine positive Gefühlswelt zu versetzen, um offen und unbefangen an Gespräche heranzugehen – das nenne ich wahre Selbstmotivation für mehr Lust und Leichtigkeit in der Kommunikation.
Erinnern Sie sich einmal an eine Situation, in der Sie besonders motiviert waren. Wann war es Ihnen wirklich wichtig, dass Ihre Botschaften ankommen? Ich bin sicher, das waren Momente, bei denen Gefühle im Spiel waren – echte Emotionen. Wie war das zum Beispiel, als Sie die Einladung zum Vorstellungsgespräch für Ihren aktuellen Job bekommen haben? Sagten Sie sich damals „Die brauchen mich gar nicht, ich kann sowieso nichts zum Erfolg des Unternehmens beitragen“? Nein, bestimmt waren Sie hoch motiviert, diese Chance zu nutzen und im Gespräch deutlich zu machen, wie gut dieser Job zu Ihnen passt. Ganz klar: Sie waren perfekt, um das Weiterkommen genau dieses Unternehmens zu gewährleisten. Anders hätten Sie den Arbeitsplatz sicher nicht bekommen.
Und wie war das damals, als Sie zum ersten Mal verliebt waren? Dieser Moment, in dem alle Standards und Regeln plötzlich keine Rolle mehr spielten? Nichts und niemand sollte zwischen Sie und den Partner treten können, schon gar keine unpassenden Worte. In Ihrem Bauch flatterten Schmetterlinge, Sie tanzten im Regen, falls die Sonne einmal nicht schien, und Sie verfügten über eine schier unendliche Energie, als ob Sie es mit der ganzen Welt aufnehmen könnten. Ihr Glückshormoncocktail schmeckte selten so gut wie damals.
Ich verspreche Ihnen: Ähnliches können Sie auch in der professionellen Kommunikation erleben, wenn Sie die Motivation aus solchen Situationen mit in Ihre Gespräche nehmen. Es gibt gute Gründe, warum so viele Firmen ihre Produkte mithilfe von Emotionen verkaufen. Eigentlich verkaufen sie sogar die Gefühle selbst. In Zeiten, in denen Produkte und Unternehmen auf vielen Ebenen konkurrieren, sind es die Emotionen, die den Unterschied machen. Warum sollte ich mir einen Anzug von Hugo Boss oder ein Kostüm von Jil Sander für sehr viel Geld kaufen, wenn ich beinahe dieselben Outfits für kleines Geld bei H&M erwerben kann? Mit Logik hat das nichts zu tun. Es geht um Emotionen. Ich selbst und viele andere glauben, dass Hugo Boss und Jil Sander Synonyme für Eleganz und deutsche Qualitätsarbeit sind – und so fühlt man sich beim Tragen dieser Kleidung auch besonders. Mit H&M assoziieren wir hingegen eher modische Kopien und Massenware. Das Gefühl dabei? Kein besonderes. Werbe-Spots bedienen sich deshalb gern emotionaler Melodien und einer besonderen Atmosphäre, um uns Zuschauer innerhalb weniger Sekunden in eine Welt zu katapultieren, in der wir uns selbst gern sehen. Was davon unterm Strich nach dem Kauf übrig bleibt, steht oft auf einem anderen Blatt.
Entscheidend bei der Kunst des Kundenflüsterns ist es, dass die Emotionen, die Sie vermitteln, nicht aufgesetzt sind, sondern Ihrer authentischen Begeisterung für sich selbst, das Produkt, die Dienstleistung, das Unternehmen und besonders für die (potenziellen) Kunden Ausdruck verleiht. Motivieren Sie sich selbst, indem Sie sich durch Erinnern in Hochstimmung versetzen. Machen Sie sich klar, wie Sie durch Ihr Produkt und Ihr Unternehmen den Kunden unterstützen können. Fühlen Sie situationsgebunden die Bedürfnisse Ihres Kunden und befriedigen Sie diese mit echten Emotionen, ohne sich plumper Tricks zu bedienen. Zuhören und sich einfühlen lautet die Devise, bevor Sie selbst in die aktive Kommunikation gehen.
Offenheit + Freundlichkeit + Zuwendung = eine wahr gewordene Welt von Flüsterern
Drei wichtige Eigenschaften eines Kundenflüsterers sind: Offenheit für die Situation des anderen, Freundlichkeit als Wertschätzung und aufmerksame Zuwendung für das Gegenüber. Eine simple Rechnung, die aufgeht. Bevor Sie in einen persönlichen Dialog mit anderen Menschen gehen, überlegen Sie sich, was Sie selbst anstelle Ihres Gegenübers glücklich machen könnte. Fragen Sie sich: „Was wünsche ich mir von einem Verkäufer, Kundenbetreuer, Callcenter-Mitarbeiter, Chef, Kollegen oder Team?“ Ihre Antwort darauf wird nicht sehr von dem abweichen, was Ihr Gegenüber empfindet. Wünschen wir uns nicht alle persönliche Kommunikation? Keiner möchte nach Schema F behandelt werden. Ein Kunde sagte vor Kurzem zu mir: „Frau Lindenau, Sie bringen immer so viel gute Laune und Energie mit, wenn Sie zu uns in die Firma kommen. Damit stecken Sie uns alle an und die Meetings laufen gleich viel besser!“ Ein schöneres Kompliment hätte ich gar nicht bekommen können. Der Kunde sagte mir damit gleichzeitig, dass meine Ideen und Botschaften bei den Adressaten ankommen. Man hört mir zu, vertraut mir und meiner Kompetenz. Woran liegt das? Im ersten Schritt auf jeden Fall an meiner Motivation in Sachen Kommunikation und Kundengespräch.
In diesen Zusammenhang passt folgendes Beispiel, das mir eine Teilnehmerin eines meiner Trainings erzählte: „Wenn ich zum fünften Mal meinem Ansprechpartner bei der Bank erklären muss, dass ich seit zehn Jahren eine kostenlose Kreditkarte bei seinem Unternehmen besitze und er mir aufgrund einer Prozessautomatisierung jedes Jahr wieder 60 Euro Gebühren abbucht, dann könnte ich ausflippen. Ich habe keine Lust mehr, mir immer Entschuldigungen anzuhören. Nach mehreren Kontaktversuchen via E-Mail und Telefon läuft es meist darauf hinaus, dass ich zwar die 60 Euro erstattet bekomme, dafür aber einen persönlichen Termin in der Filiale wahrnehmen muss, bei dem mir mein Berater immer wieder eine neue Altersvorsorge andrehen möchte.“
Dieser Kundenberater kämpft wahrscheinlich mit neu eingeführten Prozessen und arbeitet im persönlichen Gespräch sein vordefiniertes Prozedere ab. Eine solche oder eine ähnliche Situation haben Sie sicherlich auch schon erlebt. Entweder waren Sie der verärgerte Kunde, oder Sie mussten sich als Servicemitarbeiter an die Regeln des Unternehmens halten, die keine Abweichungen zugunsten der Kunden zulassen. Zugegeben: Die festen Regeln eines Unternehmens können Sie als Mitarbeiter oft nur schwer und langsam verändern. Was Sie aber ad hoc tun können, ist, den Kunden in seiner Situation abzuholen, anstatt ihn mit Standards und Prozessen „im Regen“ stehen zu lassen.
Die Fakten können Sie nicht ändern. Überlegen Sie sich also, wie Sie den Kunden mit einem guten Gefühl aus einem Gespräch entlassen. Was würden Sie sich selbst wünschen? Lesen Sie bitte die folgenden Sätze durch und beobachten Sie, wie Sie sich dabei fühlen:
„Da kann ich heute leider nichts für Sie tun. Aber Sie bekommen so bald wie möglich einen Gesprächstermin in der Filiale, bei dem wir dann eine Lösung finden können. In den nächsten Tagen meldet sich mein Kollege mit Terminvorschlägen, intern kann ich Sie leider nicht weiterverbinden.“
„Es tut mir leid, dass dieser Fehler schon wieder aufgetreten ist. Ich werde der Sache einmal genauer auf den Grund gehen. Wahrscheinlich kann ich den Prozess der Gebührenabbuchung nicht aufhalten, aber ich bemühe mich, Ihnen das Geld in Zukunft am Tag der Abbuchung direkt zurückzuüberweisen. Sie brauchen sich um nichts weiter zu kümmern. Wenn trotzdem weiterer Gesprächsbedarf besteht, sagen Sie Bescheid. Dann machen wir zügig einen Termin in der Filiale aus.“
Bei welcher Aussage haben Sie sich besser gefühlt? Welche Antwort würde Sie...