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Schloss Meersburg am Bodensee: Annette von Droste-Hülshoffs Dichertheim (Biografie)

Die Lebensgeschichte und das Werk einer der bedeutendsten deutschen Dichterinnen

AutorThekla Schneider
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl140 Seiten
ISBN9788026847038
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Schloss Meersburg am Bodensee: Annette von Droste-Hülshoffs Dichertheim (Biografie)' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) war eine deutsche Schriftstellerin und Komponistin. Sie gilt als eine der bedeutendsten deutschen Dichterinnen. Annette von Droste-Hülshoff nahm ihre literarische Arbeit sehr ernst und war sich bewusst, große Kunst zu schaffen. Ihre Balladen wurden berühmt (Der Knabe im Moor), wie auch ihre Novelle Die Judenbuche. Ein wichtiges Dokument tiefer Religiosität ist ihr Gedichtzyklus Das geistliche Jahr, in dem aber - typisch für die Zeit - auch die Zerrissenheit des Menschen zwischen aufgeklärtem Bewusstsein und religiöser Suche gestaltet wird. Die Ausführungen in diesem Werk werden heute als autobiographisch erachtet, da sie über 20 Jahre an dem gesamten Zyklus arbeitete. Thekla Schneider (1854-1936) war eine deutsche Schriftstellerin. Schneider veröffentlichte Gedichte und Erzählungen sowie biografische Bücher über Annette von Droste-Hülshoff.

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Leseprobe

Im neuen Heim

September 1911 waren es siebzig Jahre, daß Annette von Droste-Hülshoff aus Westfalen zum erstenmal nach Meersburg gekommen ist. Mit Stolz und Staunen mag sie bei der Landung am Hafen emporgeschaut haben zu der altehrwürdigen, auf steilem Felsen erbauten Ritterburg, die ihrem Schwager, dem Freiherrn Josef von Laßberg gehörte.

Dieser war verheiratet mit Jenny von Droste-Hülshoff, der älteren und einzigen Schwester der Dichterin.

Auf dem Wiener Kongreß hatte Laßberg den Grafen Werner von Haxthausen aus Westfalen kennen gelernt und sich mit ihm, der seine Liebe für das germanische Altertum teilte, sehr befreundet.

Der Graf machte bald darauf mit den Seinigen eine Reise nach Italien. Von dort zurückkehrend, hielt er sich einige Zeit in Konstanz auf und besuchte häufig den Freiherrn auf seinem damaligen Besitz Eppishausen im Kanton Thurgau. Dahin kam ihm sein Bruder Fritz aus Westfalen entgegen und brachte seine liebliche Nichte Jenny von Droste-Hülshoff mit.

Laßberg, der Witwer war und schon in vorgerückterem Lebensalter stand, fand großes Wohlgefallen an ihr, und es sollte ihm noch einmal der Lebensmai blühen. Auf der Rigi, wohin man gemeinsam eine Reise gemacht, an der sich auch Jakob Grimm beteiligte, warb Laßberg, angesichts der schönen Alpenwelt, um die Hand des westfälischen Edelfräuleins.

Aber die Ihrigen konnten sich schwer dazu entschließen, Jenny dem fremden, schon 60jährigen Manne in so weite Ferne folgen zu lassen, und so war es ihm erst nach drei Jahren vergönnt, die Geliebte heimzuführen.

Die Hochzeit fand am 18. Oktober 1834 zu Hülshoff statt. In der Schloßkapelle daselbst, wurde der Bund fürs Leben geschlossen, in Anwesenheit der nächsten Verwandten.

Nach der Vermählung schreibt Annette in sorgender Liebe für die Schwester an ihre Freundin Sibylla Mertens: »Ich hoffe, daß Jenny glücklich wird, Laßberg hat manches Originelle aber noch mehr Vorzügliches, doch das Urteil über Jemand, den man nur als Gast und Bräutigam sah, muß einseitig bleiben, mich verlangt, ihn zwischen seinen Mitbürgern in seinen Familienverhältnissen zu sehen. Wahrscheinlich reisen wir im nächsten Frühling hin, d. h. die Mutter und ich.«

Die Ehe ward eine durchaus harmonische, wovon Frau von Droste und Annette sich überzeugten bei ihrem im Frühjahr darauffolgenden Aufenthalt in Eppishausen, der beinahe ein Jahr dauerte. Das Glück der Ehegatten wurde gerade in dieser Zeit noch erhöht durch ein Zwillingspärchen, 2 Töchterchen, denen Frau von Laßberg am 5. März 1836 das Leben schenkte und die der glückliche Vater, in seiner Liebe für das germanische Altertum, Hildegard und Hildegunde taufen ließ.

Schon lange hatte sich in Laßbergs Gemüt der Wunsch geregt, wieder in seine schwäbische Heimat zurückzukehren und einstmal in schwäbischer Erde zu ruhen. War er doch ein echtes Kind des schwäbischen Landes. In Donaueschingen, in nächster Nähe der Donauquelle, hatte er das Licht der Welt erblickt als Sohn des fürstlich Fürstenbergischen Oberjägermeisters von Laßberg und seiner Gemahlin M. Anna, geb. von Malsen.

Als Hildegard und Hildegunde drei Jahre zählten, wurde dieser Herzenswunsch des Freiherrn verwirklicht. Es bot sich ihm eine günstige Gelegenheit, Schloß Eppishausen zu verkaufen; dafür erwarb er für sich vom badischen Staat im Jahre 1838 die alte Ritterburg am Bodensee.

Hochbeglückt über den neuen Besitz, teilte er seinem Freund Uhland, sobald die Kaufsbestätigung aus Karlsruhe angelangt war, mit, daß er nun Eigentümer der alten bischöflichen Burg zu Meersburg sei und schreibt dazu in der Freude seines alten, aber noch immer grünen Herzens: »Wie viele geschichtliche Erinnerungen knüpfen sich an diese Besitzung! König Dagobert von Austrasien baute sie, Karl Martell erneuerte die Burg, die Welfen, die Hohenstaufen, besaßen sie. Wahrscheinlich trat sie Konradin seinem Vormunde, dem biederen Bischof Eberhard von Waldburg, ab. Bischof Nikolaus, aus dem Minnesängergeschlecht von Kunzingen, hielt 1334 eine 14 wöchentliche Belagerung gegen Kaiser Ludwig den Bayern darin aus und nötigte diesen, mit Schimpf abzuziehen. Die Gegend, sowie die ganze Nachbarschaft ist fruchtbar, freundlich und wohlangebaut; der Wein, welcher seit einigen Jahren da aus Traminer Trauben gezogen wird, gehört gewiß unter die vorzüglichsten Weine Schwabens, und ich hoffe, wir sollen in einem der runden Gemächer der guten alten Burg mehr als einmal die Erfahrung hievon machen.«

Aber erst nach einem Jahr wurde die neue Besitzung bezogen. Es bedurfte großer Vorbereitungen dazu, und vieler Mühe und Arbeit, bis der große Hausrat, namentlich die reichen Sammlungen kostbarer Altertümer, die der Freiherr besaß, eingepackt waren, was er mit eigener Hand besorgte.

Endlich war alles fertig und der Tag des Aufbruchs erschienen.

Nicht ohne Wehmut nahm man Abschied von dem schön gelegenen, fast fürstlichen Sitze Eppishausen, wo die Familie glückliche Jahre verbracht. Dennoch ging es frohen Herzens der Zukunft und dem neuen Heim entgegen.

Mit Laßberg begann eine neue Zeit für Meersburg.

»Der Sepp von Eppishausen«, wie er sich gerne nannte, ist nun »der Sepp von der Meersburg« geworden. Der Ruf von seiner Gelehrsamkeit, hauptsächlich auf dem Gebiet des germanischen Altertums, war weitverbreitet; er hat sich von dem thurgauischen Schlosse hierher verpflanzt und ist mit ihm eingezogen. Ebenso folgte ihm der Ruhm seiner Gastfreundschaft auf die alte Felsenburg. Männer der Wissenschaft, Schriftsteller, Dichter: ein Ludwig Uhland, Jakob Grimm, Gustav Schwab u.a. suchten ihn, wie dort, so auch hier auf und schöpften aus seinem Wissensborn.

Wenn auch die Laßberg'schen Forschungen von den heutigen längst überholt und in den Schatten gestellt sind, so darf man nicht vergessen, daß sie die Grundlage bildeten, auf der Andere weitergebaut haben.

Josef von Laßberg, dieser Ritter ohne Furcht und Tadel, beherrschte und beeinflußte damals das Geistesleben am Bodensee.

Keine Persönlichkeit von Namen und Ansehen kam an das Schwäbische Meer, ohne daß er seine Blicke nach der Meersburg gerichtet und seine Schritte den steilen Burgpfad hinaufgelenkt hätte, um dem Freiherrn seine Aufwartung zu machen.

Und welche Gastfreundschaft wurde den Einkehrenden zuteil! Man muß die Briefe von Schwab und Uhland, die sich im Schillermuseum in Marbach befinden, lesen, um davon einen Begriff zu bekommen. »Was mir gehört, gehört auch meinen Freunden«, pflegte Laßberg zu sagen, und seine Gemahlin unterstützte ihn bei dieser Gastfreundschaft, ebenso später seine beiden Töchter.

Noch grüßt und winkt, wie ein Märchen in unsere Tage herein, aus den Fenstern der Meersburg die Erinnerung an die Zeit, wo der Freiherr mit seinen Gastfreunden in der Halle saß, der Becher mit dem roten Meersburger kreiste und die Mauern von alten Bardensängen und Minneliedern widerhallten.

Der Geist, der damals von der Meersburg ausging, wirkte veredelnd auf die nahe und weiteste Umgebung und er lebt auch heute noch. Die Liebe zur Poesie, zur Dichtung und Sang und Sage, ist noch nicht erstorben am Bodensee und treibt noch immer ihre duftenden Blüten. –

Praktischer und Schönheitssinn wirkten zusammen, um die alten Räume traulich und behaglich einzurichten, und die neuen Bewohner fühlten sich bald heimisch darin, um so mehr, da der Lenz rings um dasselbe herum anfing, seine Blütenpracht zu entfalten.

Das große Eckzimmer im südwestlichen Flügel, der den Dagobertsturm umschließt, diente als allgemeines Wohngemach für die Familie, in dem der Freiherr aber auch arbeitete.

Sein Schreibtisch stand an einem der Fenster mit herrlicher Aussicht auf den See und die Alpen.

Daran schloß sich das Schlafzimmer des Freiherrn und seiner Gemahlin. Auf der andern Seite, durch einen schmalen Gang von dem Wohngemach getrennt, lagen die Lern- und Schlafzimmer der Kinder und der Gouvernante.

Im Mittelbau der Burg befanden sich verschiedene Empfangszimmer. Der östliche Flügel war ganz zur Aufnahme von Gästen eingerichtet. Für die heutigen Begriffe waren die Räume einfach, für die damaligen elegant ausgestattet. Mit den großen Flügeltüren, den tiefen, mit weißen Mullvorhängen verkleideten Fensternischen, machten sie einen überaus behaglichen, vornehmen Eindruck. Die Wände waren mit alten Bildern, Waffen, Jagdtrophäen, die Schränke und Kommoden mit altertümlichen Krügen, Uhren und ähnlichen Gegenständen geschmückt. In den unteren Räumen der Burg, hauptsächlich in einer gotischen Halle, hatte Laßberg seine Schätze untergebracht. Diese bestanden in alten Drucken und Manuskripten, welche er in aufgehobenen Klöstern, zum Teil auch in Trödlerbuden gesammelt, er hatte, wie er in Briefen an seine literarischen Freunde erwähnt, ein besonderes Glück in der Auffindung solcher Kostbarkeiten. So entdeckte er auch in Wien das vollständige Manuskript des Nibelungenliedes und zwar in dem Augenblick, als der Besitzer es an einen Engländer verhandeln wollte. Laßberg erwarb es für sich, und man hat es ihm zu verdanken, daß die kostbare Handschrift nicht ins Ausland gewandert, sondern Deutschland erhalten geblieben ist. Sie bildete die Perle seiner Sammlungen und wurde in einem besondern Schrein aufbewahrt. Zu den Merkwürdigkeiten der Sammlung gehörten auch noch zwei Gegenstände, die Zeugnis ablegten von dem originellen Wesen des Freiherrn: sein Grabstein nämlich und das Holz zu seinem Sarge. Ersterer bestand in einer roten Marmortafel mit den Anfängen eines ausgehauenen Wappens. Der Freiherr hatte sie in einem alten Kloster aufgefunden. Mit dem Holze aber...

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