Einfache Basisübungen
Ü 1–3
Sie lernen im Folgenden drei Prinzipien kennen, die für die Bildung der eurythmischen Gebärden wesentlich sind:
- das Prinzip von Strom und Gegenstrom.
- das Erlebnis, dass die Arme Ihren Absichten folgen, ohne dass Sie selbst aktiv eingreifen.
- die Tatsache, dass die Ursache für eine Bewegung an einer anderen Stelle liegen kann als dort, wo die Bewegung äusserlich sichtbar stattfindet.
Die Übungen sind im Video „Einführung“ demonstriert. Es ist empfehlenswert, sie zuerst zu Hause auszuprobieren, bevor Sie beginnen, mit Eurythmie auf Skiern zu experimentieren.
Aufströmen – Abströmen
Wie bereits erwähnt, erzeugt jede Bewegung anderswo eine Gegenbewegung. Das Wasser fliesst zum Meer, aber es kommt durch die Wolken in die Berge zurück. Unser Herz drückt das Blut pulsierend durch die Arterien in die Peripherie des Körpers, und die Venen bringen es ruhig und fast ohne Druck ins Herz zurück.vi
Auch in unserem Körper treten überall solche für das Gleichgewicht und die innere Harmonie sorgenden Gegenbewegungen auf. Damit sie sich entfalten können, gibt es eine Bedingung: Man muss sie wahrnehmen. Bei folgender Basis-Übung können Sie das auf einfache Weise üben.
Stellen Sie sich locker und gerade hin. Spüren Sie in Ihren Körper hinein. Geben Sie Kraft in Ihre Hände und heben Sie diese langsam mit aufwärts gerichteten Handflächen vor dem Körper von unten nach oben. Merken Sie, dass Sie damit im Bereich der Hände einen Aufstrom von Energie nach oben bewirken? Spüren Sie, dass Sie dadurch einen festeren Stand bekommen und geerdet werden?
Drehen Sie nun die Handflächen nach unten und strömen Sie mit den Händen vor dem Körper wieder nach unten. Fällt Ihnen auf, dass Sie am Ende der Bewegung das Gefühl haben, grösser geworden zu sein?
Wenn Sie das ganz in Ruhe mehrmals wiederholen, können Sie Ihren Atem und die Bewegung des Brustkorbs mit diesem Auf- und Abströmen mitgehen lassen. Meistens ist es so, dass das Aufströmen ein Einatmen bewirkt und das Abströmen ein Ausatmen. Machen Sie das bitte so ungezwungen wie möglich.
Sie können auf einem Weg auch mehrere Atemzüge machen. Wenn Sie also beim Aufsteigen auf halbem Weg den Drang verspüren, auszuatmen, dann tun Sie das! Das passt genauso gut. Merken Sie, dass sich der Atemrhythmus dem Auf- und Abströmen der Hände anpasst?
Wenn Sie vor lauter Konzentration auf das Auf- oder Abströmen vergessen, bei sich zu bleiben, und nicht gleichzeitig Ihren eigenen Körper spüren, werden Sie den Gegenstrom nicht erleben und verlieren Kraft, anstatt Kraft zu bekommen.
Das lässt sich ganz leicht ausprobieren: Vernachlässigen Sie einmal extra Ihr Körpergefühl. Konzentrieren Sie sich nur auf Ihre Hände und gehen Sie ganz mit den Händen und dem von ihnen bewirkten Strom mit. Dann wird sich die Lunge immer mehr aufblähen, im Halsbereich entsteht ein unangenehmer Druck, und es fühlt sich an, als würde es Sie aus Ihrem Körper herausziehen. Wenn Sie die Hände sinken lassen und ganz mit dem Abstrom mitgehen, werden Sie schwer, sacken in sich zusammen und wollen kaum noch einatmen.
Die Flügel steigen lassen
Mit Hilfe der zweiten Basisübung lernen Sie, den Körper oder einzelne Gliedmassen (hier die Arme) zu bewegen, ohne direkt in die Bewegung einzugreifen. Das geht, weil in jedem Menschen bestimmte Grundbewegungen angelegt sind, die er nur denken muss, um sie zu aktivieren. Aber es funktioniert nur, wenn der ganze Körper im Einsatz ist – und nicht der Kopf.
Stellen Sie sich gerade hin. Spüren Sie in sich hinein. Nehmen Sie Ihren Rücken, Ihre Schulterblätter, die Arme und Hände wahr. Drehen Sie die Handrücken der hängenden Arme ein wenig nach hinten. Lassen Sie Ihre Arme leicht werden und links und rechts vom Körper nach oben steigen.
Wenn Sie Rücken, Schulterblätter und Arme gut spüren, sollte das kein Problem sein. Lassen Sie die Arme bis auf Schulterhöhe steigen und wieder sinken. Funktioniert es? Dann probieren Sie einmal, Ihre Arme so weit steigen zu lassen, dass sich die Verlängerung der Unterarme und Finger hoch über dem Kopf kreuzt, und versuchen Sie, diesen Punkt in Ihrer Phantasie möglichst konkret zu spüren.
Vergessen Sie aber nicht, dass es auch eine Gegenbewegung gibt, und dass es wichtig ist, bei allem, was nach oben geht, auch nach unten zu spüren. Versuchen Sie deshalb, wenn Sie die Kreuzung über Ihrem Kopf entstehen lassen, in Ihrer Phantasie tief unter sich das Spiegelbild dieser Kreuzung zu erleben – so als würden Sie auf einem Steg stehen und die Sterne sehen, die sich unter Ihnen im Wasser spiegeln.
Danach lassen Sie die Arme langsam wieder seitlich sinken. Schaffen Sie das, ohne aktiv zu werden und Ihrer Muskulatur den Befehl zu erteilen, die Arme zu stützen?
Wenn Sie das Steigen- und Sinkenlassen der Arme auf Anhieb hinbekommen, ist das prima! Wenn nicht, geben Sie bitte nicht gleich auf, sondern probieren Sie es weiter. Diese Dinge folgen keinem Muster. Es gibt immer mehrere Wege, und jeder muss herausfinden, welcher in seinem Fall ans Ziel führt.
Wenn Ihre Arme auf dem Weg nach oben steckenbleiben, haben Sie zwei Möglichkeiten: Verändern Sie an irgendeiner Stelle Ihre Körperspannung, lösen oder spannen hier oder dort ein wenig, und plötzlich geht es weiter. Oder helfen Sie einfach ein bisschen nach, indem Sie die Arme mit normaler Muskelkraft ein wenig höher bewegen, bis die Arme wieder von selbst weitersteigen.
Wenn Sie diese Übung meistern, werden Sie bemerken, dass es Sie nicht nach oben herauszieht, sondern dass Sie im Gegenteil eine gute Verbindung zum Boden bekommen, ja sogar in ihn hineinfühlen können. Und mit etwas Glück gelingt es Ihnen, sich nach dem Sinkenlassen der „Flügel“ gross und erfüllt zu fühlen.
Die Arme mit der Kraft des Oberschenkels bewegen
Die Oberschenkel spielen beim Skifahren eine grosse, wenn nicht die Hauptrolle. Ausgleichen von Unebenheiten, Belasten und Entlasten, Druck auf die Kanten geben, an allem sind sie massgeblich beteiligt.
Weil von den Oberschenkeln eine innere Kraftverbindung zum Schultergürtel und zu den Armen besteht, fordern wir bei der Eurythmie auf Skiern immer wieder dazu auf, die Oberschenkel bewusst wahrzunehmen und die Bewegungen der Arme mit Hilfe der Oberschenkel zu bewirken. Sie spielen auch für die Eurythmie auf Skiern eine wichtige, wenn nicht die zentrale Rolle.
Bei der Eurythmie macht man die Gebärden zwar vorwiegend mit den Armen. Aber es ist ein grosser Unterschied, ob man nur die Arme bewegt oder ob darin die Energie des ganzen Körpers zum Ausdruck kommt.
Beginnen wir mit drei Vorübungen, um die Elemente kennenzulernen, die Sie für die erfolgreiche Durchführung der Oberarmbewegung mit Hilfe der Beine brauchen.
- 1. Beginnen wir mit einer Übung nur für die Oberschenkel und machen sie uns als Motor der Hoch-Tief-Bewegung bewusst: Klopfen und massieren Sie Ihre Oberschenkel kurz. Das hilft Ihnen, sie besser zu spüren. Gehen Sie dann ein paar Mal, ohne den Oberkörper zu beugen, langsam in die Knie und wieder hoch und spüren Sie gleichzeitig in Ihre Oberschenkel hinein. Bleiben Sie auch beim Hochkommen mit dem Bewusstsein im Oberschenkel und rutschen Sie nicht – was leicht geschieht – mit dem Körperbewusstsein unversehens nach oben.
- 2. Jetzt kommt eine Übung nur mit den Armen: Kreuzen Sie die Unterarme locker vor der Brust. Die rechte Hand befindet sich vor der linken Brusthälfte, die linke vor der rechten. Die Ellenbogen sind auf dieselbe Höhe gehoben wie die Hände. Breiten Sie die Arme mehrmals so weit als möglich nach links und rechts aus, und holen Sie sie dann wieder in die Ausgangsstellung zurück. Stimmen Sie Ihren Atem mit der Bewegung ab. Sie können einatmen, wenn die Arme hinausgehen, und ausatmen, wenn die Arme hereinkommen. Andersherum geht genauso gut. Wichtig ist nur, dass Bewegung und Atem koordiniert sind. Wenn Sie das einige Male wiederholen, die Arme jedes Mal intensiv strecken und beim Hereinkommen den Brustkorb entspannen, gibt das mit der Zeit ein gutes Gefühl in der ganzen Brustregion.
- 3. Nun gehen Sie dazu über, dass Sie die Arme relativ passiv bewegen und die Steuerung der Armbewegung dem Brustkorb überlassen. Wenn Sie in der Rippenmuskulatur viel Spannung und Gegenspannung aufbauen, sodass Sie zum Ausdehnen des Brustkorbs viel Kraft brauchen, können davon sogar die Arme bewegt werden. Voraussetzung ist natürlich wie immer, dass Sie Ihre Arme und Hände gut spüren und mitgehen lassen, sobald Sie eine Wirkung bemerken. Auf diese Weise können Sie die Arme genau wie vorhin hinaus- und hereinbewegen. Am Anfang ist es wahrscheinlich ungewohnt und mental etwas mehr Aufwand, aber mit der Zeit sollte es ganz einfach gehen.
Jetzt kommt die eigentliche Übung: Gehen Sie leicht in die Hocke und bringen Sie die Arme wie bei der zweiten Vorübung locker in die Ausgangsstellung vor der Brust. Strecken Sie die Beine wie bei der ersten Vorübung langsam und bewusst mit der Energie der...