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E-Book

Internationale Trägerraketen

Die Trägerraketen Russlands, Asiens und Europas

AutorBernd Leitenberger
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl600 Seiten
ISBN9783741231155
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Dieses Lexikon ergänzt den Band 'US-Trägerraketen' (978-3732237104) vom selben Autor. Es enthält die Daten aller jemals eingesetzten Trägerraketen, mit Ausnahme der USA. Zusammen mit diesem Buch erhält der Leser einen vollständigen Überblick über alle weltweit eingesetzten Trägerraketen. Es basiert auf dem 2009 erschienen Buch 'Raketenlexikon / Band 2: Internationale Trägerraketen' ISBN: 978-3839127193. Gegenüber diesem Buch wurden nicht nur neue Trägerraketen aufgenommen, sondern auch der Text bei den meisten Trägern bedeutend erweitert. Aufgliedert nach Nationen wird jede Trägerfamilie mit ihren Subversionen vorgestellt. Einer Einführung über die Grundcharakteristika jeder Familie mit ihrer Entwicklungsgeschichte folgt die Beschreibung aller Einsatzversionen. Ein Datenblatt im einheitlichen Format und ein Foto der Rakete runden den Eintrag ab. Dieses Buch ist sowohl Nachschlagewerk, wie auch technische Referenz. Es soll informieren, versucht aber den Spagat, nicht zu sehr ins Detail zu gehen. So kann jeder Eintrag wie bei einem Lexikon separat gelesen werden. Der Fokus liegt vor allem auf der Technik der Träger, weniger auf der Einsatzgeschichte, der Entwicklung oder den beförderten Nutzlasten. Technische Daten wurden in 153 Tabellen und 123 Datenblätter zusammengefasst, in denen man schnell sich schnell informieren kann, die man aber auch beim Lesen überspringen kann.

Dipl. Ing. Bernd Leitenberger, Jahrgang 1965, ist von Beruf Lebensmittelchemiker und Softwaretechniker. Heute arbeitet er als freiberuflicher Softwareentwickler und passionierter Autor. Seit seinem 15.ten Lebensjahr interessiert sich der Autor für Raumfahrt und Astronomie. Seine Website www.bernd-leitenberger.de gehört zu den umfangreichsten und bekanntesten im Bereich Raumfahrt im deutschsprachigen Raum. Artikel von ihm haben Einzug in Lehrbücher und Fachzeitschriften gehalten. Seit 2008 erscheinen von Bernd Leitenberger Bücher vorwiegend zum Thema Raumfahrt (mit dem Schwerpunkt Trägerraketen) und Lebensmittelchemie/Ernährungslehre. Mehr über die lieferbaren Titel und Leseproben finden sie auf der Website des Autors: http://www.raumfahrtbuecher.de.

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Leseprobe

Grundlagen


Dieses Buch soll kein Lehrbuch für Raumfahrttechnik sein. Eine kleine Einführung in die Grundlagen wie Raketentriebwerke funktionieren, ist auch wichtig für ein Nachschlagewerk um das Lesen der folgenden Seiten zu erleichtern. An dieser Stelle daher eine Einführung die Funktionsweise von Antrieben, Treibstoffen und die wichtigsten Bahnen.

Treibstoffkombinationen

Flüssiger Sauerstoff (LOX – Liquid Oxygen) ist eines der stärksten bekannten Oxidationsmittel (Oxidator). Die Verbrennung mit dem Schweröl Kerosin, in den physikalischen Eigenschaften vergleichbar mit Heizöl, ist die älteste, heute noch verwendete Treibstoffkombination.. Die als Raketentreibstoff verwendete Kerosinfraktion (der Name steht für eine Erdölfraktion mit hohem Siedepunkt) wird als RP-1 (Rocket Propellant 1) bezeichnet. RP-1 wird durch die Destillation des Treibstoffs JP-4 für Düsenflugzeuge erhalten. Dadurch erhält man die Fraktion mit dem höchsten Siedepunkt und der höchsten Wärmekapazität (wichtig für die Kühlung von Brennkammern)

Die Kombination von Sauerstoff und Kerosin ist ungiftig, Sie gehört zu den mittelenergetischen Treibstoffen. Obwohl Sauerstoff nur bei Temperaturen unter -183 Grad Celsius flüssig bleibt, ist er dennoch gut handhabbar. Kerosin eignet sich gut zur Kühlung der Brennkammer und Düse, da es über einen größeren Temperaturbereich flüssig ist und beim Erhitzen nicht zerfällt.

Auch heute noch werden neue Trägerraketen entwickelt, die LOX und Kerosin einsetzen, wie die Falcon Serie oder Antares. Die Kombination gilt auch als relativ umweltfreundlich, obwohl Kerosin als Erdöl-Derivat natürlich bei seiner Freisetzung das Grundwasser belastet. Kerosin ist jedoch nicht so giftig wie Hydrazin und nicht so ätzend wie Stickstofftetroxid. Der Sauerstoff verdampft bei der Freisetzung einfach.

Der spezifische Impuls im Vakuum erreicht je nach Druck und Mischungsverhältnis etwa 3100 bis 3300m/s. Etwas höhere Werte werden beim Verbrennen von Methan erreicht. Da es jedoch nur eine niedrige Dichte und einen niedrigen Siedepunkt aufweist, stellt es an die Technik die gleichen Anforderungen wie flüssiger Wasserstoff, ohne dessen hohen spezifischen Impuls aufzuweisen. Bisher wurde es nur in Experimentaltriebwerken eingesetzt. Da das Kerosin meist im Überschuss eingesetzt wird (LOX / Kerosin = 2,5 bis 2,8; das stöchiometrische Verhältnis beträgt 3,5 bis 3,8), entsteht bei der unvollständigen Verbrennung Ruß. Dieser Ruß färbt die Flamme des Triebwerks orange-rot und ist beim Start manchmal als Rußwolke sichtbar. Die meisten russischen Träger setzen LOX/Kerosin ein.

Stickstofftetroxid (englisch Nitrogentetroxid – NTO, eigentlich Distickstofftetroxid) ist das gemischte Anhydrid der Salpetersäure und der salpetrigen Säure. Anders als flüssiger Sauerstoff ist NTO bei 20°C flüssig. Eine weitere besondere Eigenschaft von Stickstofftetroxid ist, dass es sich mit Hydrazinen spontan entzündet. Derartige Kombinationen werden als „hypergol“ bezeichnet. Das vereinfacht die Konstruktion eines Antriebs, da eine Zündvorrichtung überflüssig ist. Antriebe können durch gleichzeitiges Öffnen der Ventile beliebig oft erneut gestartet werden.

Die Lagerfähigkeit von Stickstofftetroxid und Hydrazinen führte dazu, dass sie bei militärischen Raketen eingesetzt wurden. Die Zyklon, Rockot und Dnepr setzen diese Treibstoffkombination ein. Diese Träger wurden aus ICBM entwickelt. Weiterhin sind sie aus dem gleichen Grund die Standardkombination für Satellitenantriebe. Der große Nachteil ist ihre Giftigkeit. Stickstofftetroxid ist ätzend und bildet mit Wasser Salpetersäure.

Alle Hydrazine sind stark fischgiftig und schwer abbaubar. Aus diesem Grund wird diese Kombination heute für die ersten Stufen nicht mehr eingesetzt. Es werden drei Varianten dieses Treibstoffs eingesetzt:

  • Das Hydrazin (H2N-NH2) ist der einfachste Vertreter der Reihe und liefert die höchsten spezifischen Impulse. Allerdings zerfällt es durch Hitze in ein Gemisch aus Stickstoff, Wasserstoff und Ammoniak. Deshalb ist es in reiner Form für Zwecke der Raketentechnik nicht geeignet, wenn mit dem Treibstoff die Brennkammer gekühlt werden soll. Verwendet wird daher meist ein Gemisch mit UDMH, z. B. UH25, das aus je 25% Hydrazin und 75% UDMH besteht. Es wurde in der Ariane 2–4, GSLV und PSLV eingesetzt. Von Vorteil ist weiterhin, dass Hydrazin die höchste Dichte aller Hydrazine besitzt. Reines Hydrazin wird als monergoler Treibstoff (nur eine Komponente erforderlich) für Satellitenantriebe verwendet. Dort zersetzen es Katalysatoren.
  • UDMH, das unsymmetrische Dimethylhydrazin (CH3)2-N-NH2, wird öfters eingesetzt als das reine Hydrazin. Es zersetzt sich nicht durch Hitze. Der spezifische Impuls und die Dichte von UDMH sind geringer als bei Hydrazin. Seine Herstellung ist relativ teuer.
  • Vor allem bei Satellitenantrieben wird das Monomethylhydrazin, MMH (CH3)H-N-NH2 eingesetzt. Der spezifische Impuls vom MMH ist etwas geringer als derjenige von UDMH und Hydrazinen. Dafür gibt es aber bei der Anwendung von MMH einen sehr praktischen Vorteil. Bei dem üblichen Mischungsverhältnis von MMH und NTO von 1 zu 1,6 nehmen beide Treibstoffe gleiche Volumina ein. Die Tanks können daher gleich groß sein, dies erleichtert die Fertigung. Den gleichen Vorteil hat auch das Aerozin 50 (eine Mischung von 50% Hydrazin und 50% UDMH), welche in der Astris-Oberstufe als Treibstoff eingesetzt wurde.

Charakteristisch bei der Zündung eines Triebwerks mit Stickstofftetroxid als Oxidator ist eine braune Wolke. Bei Treibstoffen, die bei Kontakt zünden, muss die Entstehung eines explosiven Gemisches vermieden werden. Dies wird bewerkstelligt, indem erst die eine Komponente zuerst in die Brennkammer strömt. So kann kein explosives Gemisch entstehen. Die Komponente, die zuerst einströmt, verbrennt zum Anfang nur unvollständig und der unverbrannte Rest wird freigesetzt. Genutzt wird dazu das Stickstofftetroxid, da es die billigere und weniger giftige Komponente von beiden Treibstoffen ist. Beim Erhitzen zerfällt Stickstofftetroxid in Stickstoffdioxid (NO2), das als rotbraune Wolke beim Start zu sehen ist.

Der spezifische Impuls von NTO und Hydrazin liegt in der gleichen Größenordnung wie derjenige von Kerosin (2900 bis 3200m/s). Ein Vorläufer des NTO ist die Salpetersäure. Salpetersäure zersetzt sich bei der Verbrennung zu Wasser und NTO. Der nutzbare Energiegehalt ist daher geringer, doch war Salpetersäure früher verbreiteter und einfacher verfügbar. Diese Kombination wurde bei der Kosmos B, Diamant A und Langer Marsch 1 eingesetzt.

Von allen heute verwendeten Treibstoffen liefert die Verbrennung von flüssigem Wasserstoff (Liquid Hydrogen – LH2) mit flüssigem Sauerstoff am meisten Energie. Nur wenige Kombinationen sind noch leistungsfähiger, doch bei diesen gibt es entweder Bedenken wegen der Giftigkeit (Fluor oder Fluor/Sauerstoff als Oxidator verbrannt mit Wasserstoff) oder sie sind extrem teuer (Verbrennung von Lithium oder Beryllium zusammen mit Wasserstoff als Verbrennungsträger und Sauerstoff als Oxidator).

Wasserstoff als Treibstoff wird erst seit den frühen sechziger Jahren genutzt. Die Nutzung dieses Treibstoffs sagt viel über die technologische Kompetenz einer Raumfahrtnation aus. Die technischen Schwierigkeiten liegen in vielen Bereichen. Bei den Tanks liegen die Herausforderungen darin, dass Wasserstoff eine geringe Dichte von unter 0,07kg/l hat, also vierzehnmal kleiner als die von Wasser. Benötigt werden daher sehr großräumige Tanks, die aber sehr gut isoliert sein müssen, da Wasserstoff nur in einem sehr kleinen Temperaturbereich zwischen -259 und –253 °C flüssig ist. Bei Sauerstoff sind es dagegen -219 und – 182 °C, also ein Intervall von 37 Grad. Die Kombination von tiefen Temperaturen und großen Tankwänden stellt hohe Anforderungen an die Werkstofftechnologie.

In den Triebwerken wird der Wasserstoff zur Kühlung verwendet. Er verdampft dabei, nimmt aber im Vergleich zu Kerosin weitaus weniger Wärme auf. Entsprechend leistungsfähig muss die Kühlung ausgelegt sein, zumal die Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff höhere Temperaturen erzeugt und bestimmte Metalle den Wasserstoff binden und dann spröde werden.

Bei den Förderpumpen für den Wasserstoff besteht die Herausforderung, dass durch die geringe Dichte die zu fördernden Volumina viel größer sind, als dies bei anderen Treibstoffen der Fall ist. Die Turbinen, welche die Pumpen antreiben, müssen dadurch sehr hohe Drehzahlen von teilweise über 40.000 U/min erreichen. Das stellt sehr hohe Anforderungen an das Material der Turbinenblätter, die enormen Belastungen durch Fliehkräfte standhalten müssen. Sich zerlegende Turbinenblätter waren ein Grund für die langsame Entwicklung der Space-Shuttle Haupttriebwerke. Problematischer ist auch, dass zwei unterschiedliche Drehzahlen in den Pumpen benötigt werden, da die Sauerstoffpumpe viel geringere Anforderungen hinsichtlich des Fördervolumens als die Wasserstoffpumpe hat. Bei Kerosin/LOX und NTO/Hydrazin liegen die notwendigen Drehzahlen näher beieinander, dadurch können die Förderpumpen auf einer gemeinsamen Antriebswelle sitzen. Bei den meisten Antrieben mit LOX/LH2 werden zwei getrennte Pumpen benötigt. Oftmals ist die Wasserstoffpumpe auch zweistufig ausgelegt, weil eine Stufe alleine die hohen Drehzahlen nicht erbringen kann. Weiterhin müssen alle beweglichen Teile mit Wasserstoff geschmiert werden, da jeder andere Stoff bei den tiefen Temperaturen nicht mehr flüssig sein würde.

Der Lohn für diese Mühe sind sehr hohe spezifische Impulse, welche im Vakuum heute bei 4350 bis 4550m/s liegen, also 50% besser als bei...

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