2. BEGRIFFLICHKEITEN
In diesem Abschnitt werden die im Verlauf der wissenschaftlichen Arbeit verwendeten Begrifflichkeiten näher definiert, erklärt und im Kontext des Themas dieser Arbeit eingegrenzt.
1.1 Pflege/häusliche Pflege
Das Nomen Pflege bedeutet im Allgemeinen „[…] sorgende Obhut, eine liebevolle, aufopfernde Pflege […] Behandlung mit den erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung eines guten Zustandes[..] die Pflege der Gesundheit [...]“7.
Die Pflege „[..] Fürsorge, sorgende Behandlung [..] Aufsicht u. Sorge für den Lebensunterhalt […] Sauberkeit u. Gesunderhaltung […]“8 von Pflegebedürftigen übernehmen externe Institutionen, Vereine oder gesundheitliche Organisationen sowie Familienangehörige.
Der Weltbund des Pflegefachpersonals mit Sitz in der Schweiz, ICN International Council of Nurses, erklärt Pflege im Originaltext auf Englisch wie folgt: “Nursing encompasses autonomous and collaborative care of individuals of all ages, families, groups and communities, sick or well and in all settings. Nursing includes the promotion of health, prevention of illness, and the care of ill, disabled and dying people. Advocacy, promotion of a safe environment, research, participation in shaping health policy and in patient and health systems management, and education are also key nursing roles.”9
Die Übersetzung für oben gennannte Definition durch DBfK, Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe lautet: „Pflege umfasst die eigenverantwortliche Versorgung und Betreuung, allein oder in Kooperation mit anderen Berufsangehörigen, von Menschen aller Altersgruppen, von Familien oder Lebensgemeinschaften, sowie von Gruppen und sozialen Gemeinschaften, ob krank oder gesund, in allen Lebenssituationen (Settings). Pflege schließt die Förderung der Gesundheit, Verhütung von Krankheiten und die Versorgung und Betreuung kranker, behinderter und sterbender Menschen ein. Weitere Schlüsselaufgaben der Pflege sind Wahrnehmung der Interessen und Bedürfnisse (Advocacy), Förderung einer sicheren Umgebung, Forschung, Mitwirkung in der Gestaltung der Gesundheitspolitik sowie im Management des Gesundheitswesens und in der Bildung.“ 10
Für den Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband beinhaltet Pflege laut Kompetenzmodell für Pflegeberufe in Österreich unter anderem die Unterstützung von Personen bei der Bewerkstelligung von Gesundheitsproblemen, die Zurverfügungstellung von Interventionsmaßnahmen zur Förderung und Erhaltung von Gesundheit und Lebensqualität. Vorbeugemaßnahmen zur Vermeidung von Leid und Krankheit, sowie das umsorgende Betreuen der Kranken unterstreichen den pflegerischen Rahmen und berücksichtigen die Würde und Bedürfnisse des/der Pflegebedürftigen.11
Das englische Nomen care wird im Deutschen mit Pflege, Betreuung, Sorge, Zuwendung, Sorgfaltspflicht, Fürsorge, Behandlung etc. übersetzt. Im Englischen wird nursing als Substantiv für Pflege, Krankenpflege oder auch Wartung; das Verb nurse für hegen, pflegen, kurieren, behandeln usw. verwendet. Die Pflege wird im Gesundheitsbereich gesehen als „[..] menschliche Fähigkeit und Aktivitäten, Bedingungen für das Überleben oder Wohlbefinden von Menschen zu sichern oder herzustellen; […]“12.
Pflegeaktivitäten werden entweder von der Person selbstständig erbracht oder durch Pfleger/innen für Pflegebedürftige vorgenommen. Die Tätigkeiten des Pflegens sind als obsorgende, umsorgende Hilfeleistung zur Bewältigung des Alltags zu sehen. Die Pflege wird einerseits als Behandlung von Schmerz und Leid mit dem Versuch, diese zu mindern und abzuschwächen verstanden, andererseits wird durch die Pflege eine Supportfunktion gewährleistet, um das Umfeld des/der Pflegebedürftigen so zu gestalten, dass eine Genesung und Schmerzlinderung möglich wird.13
In der Anthroposophie orientiert sich die Pflege an dem Welt- und Menschenbild von Rudolf Steiner und bezieht die leiblichen, seelischen, geistigen und sozialen Umstände des/der Pflegebedürftigen mit ein.14
Das Adjektiv pflegerisch findet Verwendung als „[…] die Pflege betreffend […] pflegerische Berufe […] pflegerische und heilende Kosmetik […]“.15
Unter Beziehungspflege wird „[…] das pflegerische Bearbeiten von psychischen, emotionalen, interpersonalen und interdependenten Inhalten einer Beziehung zwischen Patienten und Pflegenden; […]“16 verstanden.
Unter pflegerisch werden alle Komponenten, Tätigkeiten und Themenbereiche verstanden, die im Bereich Pflege im Sinne von Betreuung, Behandlung, Fürsorge, Obhut oder Obsorge, Schutz und Erhaltung vorkommen. Pflegerisch tätig zu sein meint, sich um etwas kümmern, sich um etwas sorgen oder auch sich etwas widmen. Die Familie, gesehen als pflegerische Beziehung, sorgt sich um das Wohlbefinden der Familienangehörigen.
Unter dem Adjektiv häuslich versteht man „die Familie, das Zuhause betreffend, […] zu Hause befindlich, stattfindend, […] durch häusliche Pflege wurde er rasch gesund […]“17. Im deutschen Gesundheitsbereich wird häusliche Pflege definiert als „(engl.) home care, [..] ambulante Pflege, [..] Gemeindekranken- und Altenpflege, extramurale Pflege […]“18. Die Dienstleistung der häuslichen Pflege wird außerhalb eines voll- oder teilstationären Versorgungsangebots erbracht und findet im eigenen Heim, im Wohn- und Lebensumfeld des/der Pflegebedürftigen statt. Es ist dabei unerheblich von wem die Pflegeoder Betreuungsleistung erbracht wird, ob von Laien wie z.B. pflegenden Angehörigen oder von Professionisten aus dem Bereich der Gesundheits- und Pflegebranche. Nicht zu unterschätzen ist die Komplexität der häuslichen Pflege aufgrund der verschiedenen Einflussfaktoren. Zu nennen sind hier beispielhaft die Einwirkungen der finanziellen Situation sowie die permanente Wechselwirkung mit der Familie und dem sozialen Umfeld oder auch die fehlende Infrastruktur im häuslichen Bereich.19 Herausforderungen stellen die Bedürfnisse des/der Pflegebedürftigen, der Familie auf emotionaler oder persönlicher Ebene sowie die gesetzlichen Vorgaben und – zum Teil eingeschränkten – Unterstützungsleistungen dar.
Die häusliche Pflege erbracht durch vergütete professionelle Dienstleistungsanbieter oder pflegende Angehörige dient dazu, beim Pflegeempfänger „[…] die Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten und die Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu verhindern […]“20.
Die von pflegenden Angehörigen, Freunden oder Bekannten geleistete Pflege und Betreuung wird im Fachjargon als informelle Pflege bezeichnet. Die informelle Pflegetätigkeit erfolgt meist ohne finanzielle Abgeltung und wird nicht beruflich ausgeübt. Die anfallenden Unterstützungstätigkeiten werden neben dem Beruf oder von jenen Personen erbracht, die für die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zuständig sind. Damit eine gute Versorgung der Pflegebedürftigen durch pflegende Angehörige oder Freiwillige durchgeführt werden kann, bestehen individuell zugeschnittene Pflegeberatungen, Aufklärungen und Kurse.21
„Informelle Pflegepersonen brauchen formelle Ausbildung, um Qualitätsstandards sicherzustellen“22 betont die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Grundsatzpapier für die Europäische Ministerkonferenz zum Thema Gesundheitssysteme im Juni 2008.
2.1. Konflikt/Spannungsfeld/Überforderung/Problem
Aus dem 18. Jahrhundert stammt das Wort Konflikt und wird vom Lateinischen abgeleitet „[…] conflictus m. (im Originaltext kursiv) […] confligere (im Originaltext kursiv) [..] zusammenschlagen, zusammenstoßen, […]“23. Es handelt sich um Situationen, in denen unterschiedliche Auffassungen oder Meinungen von Personen kollidieren. Als Resultat kann es zu Zerwürfnissen, Streit, Zwiespalt, Disharmonie bis hin zu Kampf oder Krieg kommen.24
Das Nomen Konflikt wird definiert als ein „Aufeinanderstoßen von sich widersprechenden oder nicht zu vereinbarenden Motiven oder Interessen verbunden mit einem Mindestmaß an Leidensdruck*; Konflikte führen [..] zu Spannungen, werden als belastend erlebt […]“25. Es wird unter anderem zwischen intrapsychischen Konflikten, d.h. die Konflikte treten innerhalb einer Person auf, und sozialen Konflikten, auch interpersonale Konflikte genannt, unterschieden. Der soziale Konflikt wird als Interessensgegensatz zwischen Individuen gesehen. Ein Merkmal von sozialen Konflikten ist das Bestreben, seine Ziele mittels Einsatz von Macht und verschiedenen Einflussfaktoren durchzusetzen, um den Gegner zu schaden und zu Fall zu bringen.26
Die soziologische Konflikttheorie definiert Konflikt als Kampf um „Werte und um Anrecht auf mangelnden Status, auf Macht und Mittel […]“27, in der Psychologie als ein „[…] Zusammentreffen offener Verhaltensmöglichkeiten in einer Wahl- oder Entscheidungssituation, die gemeinsam unvereinbar sind.“28.
Friedrich Glasl, Unternehmensberater, Mediator und Autor von zahlreichen Publikationen unter anderem im Bereich des...