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E-Book

Genug geredet!

METALOG training tools in Schule, Jugendarbeit und Familienberatung

AutorTobias Voss
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl148 Seiten
ISBN9783741204111
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
'Genug über Theorie geredet ... Jetzt wollen wir es erleben!' So könnte der Titel dieses Buches auch heißen. Denn immer noch gibt es Lehrende, die glauben, sie könnten anderen durch reines Reden etwas beibringen. Das Buch zeigt, wie sich soziale Kompetenzen wirkungsvoller durch Interaktionsaufgaben trainieren lassen. Denn echtes Lernen und Entwickeln bedeutet, eigene Erfahrungen zu machen und diese zu reflektieren. Tobias Voss stellt zehn Anwender aus der Praxis vor, die erläutern, wie sie mit METALOG® training tools in ihrem Umfeld arbeiten. Ihre Tätigkeitsfelder finden sich in allen Schultypen, in der Erwachsenenbildung, Jugendarbeit und Familienberatung. Jeder Einzelne lässt sich dabei tief in die Karten schauen und beschreibt konkret anwendbares Know-how zum Nachmachen. Deutlich wird dabei, wie die Tools in unterschiedlichen Anwendungsfeldern ihre Wirkkraft entfalten und welche ergänzenden Methoden dabei sinnvoll sind. So erfahren Sie: - wie Gewaltprävention an der Schule funktionieren kann - was es heißt, Tools nach Lehrplan einzusetzen - wie für 'nicht beschulbare Jugendliche' Zukunft entstehen kann - wie Familienberatung neu inspiriert werden kann - wie Jugendliche mit Migrationshintergrund unterstützt werden können - wie Fremdsprachenunterricht neues Potenzial entfaltet und vieles mehr.

Tobias Voss ist Entwickler zahlreicher METALOG training tools. Er ist Autor des Buches 'Die METALOG Methode - Hypnosystemisches Arbeiten mit Interaktionsaufgaben' und mehrerer Fachartikel zum Thema erfahrungsorientierte Lernmethoden. International arbeitet er als Train-the-Trainer-Experte.

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Leseprobe

Denn sie wissen, was sie tun! – Mobbingintervention mit METALOG® training tools


Andreas Schumschal


Der Experte für Gewaltprävention beschreibt den von ihm entwickelten Mobbinginterventionsansatz in der Arbeit mit Schulklassen.

Anhand konkreter Beispiele wird deutlich, wie er einzelne METALOG training tools für die Zielgruppe maßschneidert und die entstehende Gruppendynamik für das Lernen und die persönliche Entwicklung nutzbar macht. Darüber hinaus gibt er Einblicke in begleitende Methoden zum Umgang mit Gewalt.

METALOG training tools: MeBoard, Tower of Power, KultuRallye, Team2 ['ti:mkvadra:t]

EINFÜHRUNG


Verschiedene Studien und Erfahrungsberichte aus Schulen belegen, wie wichtig das Thema Gewaltprävention an Schulen ist. Im Ostalbkreis wird Gewaltprävention seit vielen Jahren intensiv umgesetzt. Seit dem Jahr 2000 koordiniere ich die Zusammenarbeit von unterschiedlichen Einrichtungen, die sich mit dem Thema beschäftigen. In den vergangenen Jahren konnte so ein stabiles Netzwerk mit Schulen, Polizei, Jugendhilfe und schulpsychologischer Beratungsstelle aufgebaut werden. Darüber hinaus veranstalte ich regelmäßig Vorlesungen für Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter und pädagogische Fachkräfte.

Mit meinem Mobbinginterventionskonzept möchte ich einen Beitrag leisten, ein gutes Miteinander und ein konstruktives Lernklima in Schulklassen zu ermöglichen, damit Lernen und Entwicklung junger Menschen gelingt. Meine typische Zielgruppe sind Schulklassen ab der 3. Grundschulklasse bis hin zu Berufsschulklassen. Im Vorfeld einer Präventionsveranstaltung werden die Lehrerinnen und Lehrer, aber auch die Eltern in einem pädagogischen Seminar über meine Vorgehensweise informiert.

Das Thema „Mobbing“ hat mittlerweile einen sehr hohen Stellenwert an Schulen. Es besteht aber auch eine hohe Unsicherheit, sich diesem wichtigen Thema zu nähern. Es gibt eine Vielfalt an Theorien zum Thema Mobbing. Ich sehe meine Arbeit im Sinne von Richard Sennett (Sennett 2012: 10):

Die Kooperation ist in unseren Genen angelegt, darf sich aber nicht in Routineverhalten erschöpfen, sondern muss entwickelt und vertieft werden. Das gilt vor allem für den Umgang mit Menschen, die anders sind als wir. Dort wird Kooperation zu einem anspruchsvollen Unterfangen.

Richard Sennett

Diese Aussage stellt einen Grundgedanken für meinen Ansatz dar (no blame approach – „ohne Schuld“-Ansatz), indem das Einüben von Kooperation im Klassenverband zum zentralen Thema erhoben wird. Empathie, Zuhörenkönnen und das gemeinsame Entwickeln von Lösungen stehen dabei im Vordergrund. Das Potenzial dafür liegt in den Schulklassen selbst. Dafür braucht es von den Lehrkräften ein behutsames „Begleiten“, „Mut machen“ und die Entwicklung von „zivilcouragiertem Handeln“ einzelner Schüler. Dabei gleicht die Arbeit mit Mobbing häufig einer Gratwanderung zwischen Prävention und akuter Intervention. So sind auch die Methoden, die ich im Folgenden vorstelle, meist für beide Auftragssituationen geeignet.

Mobbing tritt vor allem in hierarchisch gegliederten Systemen mit klaren Machtstrukturen und Zwangscharakter auf, die nicht einfach zu verlassen sind (z. B. im Militär, im Gefängnis, in der Schule). Und zwar besonders dann, wenn nur schwache Kontrolle herrscht oder diese ganz fehlt (vgl. Sharp & Smith 1994).

Gerade deshalb ist es wichtig, zu Beginn einer neuen Klassenzusammenstellung gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern klare Regeln des Zusammenlebens zu vereinbaren und z. B. in einem Regelbarometer schriftlich zu fixieren. Statt Kontrolle auszuüben, versuche ich mit meinem Programm, das Klassenklima zu stärken und positive Kräfte und Ressourcen in der Klasse zu aktivieren. Es soll zivilcouragiertes und prosoziales Handeln aufgebaut und gefördert werden. Mit den Schülern versuche ich, eine vertrauensvolle und ehrliche Gesprächssituation zu schaffen. In jeder Klasse gibt es mutige und couragierte Schüler, die ich dann später als „Anwälte“ für das Mobbingopfer einsetze. Diese Ressource muss gezielt und sehr behutsam im Laufe des Vormittags vorbereitet werden.

In meinem Konzept möchte ich alle Beteiligten angemessen mit ihrer Verantwortlichkeit konfrontieren und ihnen eine Rückkehr in den Klassenverband ermöglichen. Untersuchungen an der Universität München (vgl. Schäfer & Korn 2004) konnten darlegen, dass das Verhalten von Mobbingopfern keinen Einfluss darauf hat, ob die Täter das Mobbing einstellen oder weiter betreiben. Gut gemeinte Ratschläge an das Opfer verunsichern und schwächen das Selbstbild der Betroffenen noch mehr. Eine sekundäre Viktimisierung, ausgelöst durch die, die helfen sollten, kommt in Gang (vgl. Cordes 2006). Schülern mit Zivilcourage muss der Rücken gestärkt werden, damit sie ihre soziale Kompetenz wahrnehmen und sich unterstützend für die „Situation des Opfers“ einsetzen können.

Auch durch die Anwesenheit des Klassenlehrers während des Trainings – er ist in der Rolle des Beobachters – ergibt sich für diesen die Chance, die einzelnen Schülerinnen und Schüler aus einer anderen Perspektive zu sehen, um so auch die Ressourcen einzelner Schüler zu erkennen.

Mobbing muss als Gruppenphänomen betrachtet werden, zu dem das gesamte System „Schule“ seinen Teil dazu beiträgt. Folglich muss die Mobbing-Dynamik – mit den ihr zugrunde liegenden Motiven – identifiziert werden, um brauchbare Interventionen möglich zu machen. Empirische Befunde bestätigen, dass eine Intervention sehr schwierig sein kann, weil Mobbing für die Mobber funktioniert, diese wenig Sanktionen bekommen und in ihrem Verhalten verstärkt werden. Häufig sind die Mobber einflussreiche und beliebte Schüler. Ist dann Mobbing in den Klassen weit fortgeschritten, kann es zu einer legitimen und akzeptierten Dominanzerwerbsstrategie innerhalb der Klasse werden (Hörmann & Stoiber 2014: 179). Opfer von Mobbing kann jedes Kind werden. Franz Hilt beschreibt in seinem System der Schikane drei Phasen: Test-, Konsolidierungs- und Manifestationsphase (vgl. Grüner & Hilt 2012). Bei Mobbing ist es wichtig, sehr früh zu intervenieren. Jedoch reden die Opfer in der Regel sehr selten mit ihren Eltern und Lehrern, was zu einer weiteren Geheimhaltung in der Klasse beiträgt.

Mit meinem Konzept möchte ich den Schülern ein eigenes „Drehbuch“ zur Orientierung in schwierigen Beziehungssituationen an die Hand geben. Denn es ist möglich, durch eine gute Klassengemeinschaft und einen regelmäßigen Austausch z. B. im Klassenrat ein positives Lernklima herzustellen. Wirkungsvolles Arbeiten im Bereich Gewaltprävention braucht einen Rahmen, in dem die Kinder eigene Erfahrungen machen können. Schon 1762 schrieb Jean-Jacques Rousseau (zitiert bei Fileccia 2012):

Unsere Begierde zu unterrichten und unsere Pedanterie treibt uns immer dahin, Kindern Dinge zu lehren, die sie viel besser durch sich selbst lernen würden.

Jean-Jacques Rousseau

Überblick eines möglichen Trainingsablaufs

Nach meinen Erfahrungen sind Schülerinnen und Schüler sehr wohl bereit, sich mit Mobbing auseinanderzusetzen. Dazu biete ich ihnen mit meinem Programm eine Möglichkeit. Bevor ich in die Klasse gehe, kläre ich mit den Klassenlehrkräften den Rahmen und die Erwartungen. Letztlich muss aber für eine erfolgreiche Arbeit der Auftrag und die Bereitschaft, sich mit mir zu diesem Thema auseinanderzusetzen, von den Schülern kommen. Kommt eine solche Beauftragung nicht eindeutig zustande, braucht es einen anderen Zugang, meist über die Schulleitung oder die Eltern.

Arbeit mit der Klasse: Überblick

Ein idealer Arbeitsrahmen sind drei einzelne Tage in drei aufeinanderfolgenden Wochen mit einem Follow-up-Termin vier Wochen nach dem letzten Treffen. An den einzelnen Tagen arbeite ich mit der Schulklasse von 8:30 bis 12:00 Uhr mit 20 Minuten Pause. Ein möglicher Ablauf kann wie auf S. dargestellt aussehen.

Im Folgenden möchte ich die oben aufgelisteten Schritte und Interventionen, die ich im Rahmen des Trainings verwende, im Einzelnen vorstellen. Die Verwendung von METALOG training tools ist jeweils als Praxisbeispiel...

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