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Konfession: katholisch

Eine Liebeserklärung

AutorChristian Hennecke
VerlagGütersloher Verlagshaus
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783641198503
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Ein Blick in die Tradition und die Gebräuche des Katholizismus
Christian Hennecke liebt seinen katholischen Glauben und kann sich keinen anderen vorstellen - trotz allen Versagens in der Geschichte. In diesem Buch beschreibt er theologisch und praktisch, was genau »katholisch«, ist und liefert damit ein solides Basiswissen. Wie in allen Konfessionen trifft man bei der Betrachtung des katholischen Glaubens auf Geschichten, auf Traditionen und Gebräuche. Von diesen erzählt der Autor - als begeisterter Liebhaber - und nimmt den Leser mit auf eine Reise in seine lebendige, bunte und erfahrungsreiche Gemeinschaft.
  • - Solides Basiswissen zum Katholischen Glauben
  • - Von einem begeisterten und leidenschaftlichen Theologen


Dr. Christian Hennecke, geboren 1961, ist seit 2015 Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bistum Hildesheim. Acht Jahre lang war er für die Priesterausbildung seines Bistums verantwortlich. Nach dem Studium der katholischen Theologie in Münster und Rom war er einige Jahre Kaplan und Pfarrer in Gemeinden in Norddeutschland. Hennecke ist Autor zahlreicher Bücher.

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Leseprobe

4. Exodus

Die krummen Wege der Befreiung und Verheißung

Diese »Art und Weise« Gottes führt in ein spannendes Geschichtsverständnis. Denn immer wieder ist es Gott, der mit den Menschen neu anfängt und seinen langen Weg der Verheißung mit den Menschen gehen möchte – und immer wieder sind es die Menschen, die diese Wege abbrechen. Und dennoch: Durch alle Verwicklungen hindurch, durch alles Chaos der Geschichte des Volkes der Juden, durch alles Versagen und durch alle kriminellen Dinge, von denen hier ständig berichtet wird, geht Gott seinen Weg weiter und »baut« an seiner Perspektive.

Vielleicht wird das nirgends so sichtbar wie in der ganz bekannten Geschichte des Mose und des Exodus: des Weges aus der Gefangenschaft in Ägypten hin in das verheißene Land. Das ist eine wirklich spannende Geschichte – denn sie zeigt eine ungeheure Dynamik, ungeheure Widerstände, und einen Gott, der mit ungeheurer Geduld seinen Weg mit eher schwachen Menschen geht.

Auch diese Geschichte ist keine historische Geschichtserzählung. Sie ist weniger – und mehr zugleich. Denn auf der einen Seite werden Wissenschaftler erklären, dass es wohl so etwas wie eine wilde Horde von Sklaven gegeben hat, die sich auf die Flucht begeben und tatsächlich den Ägyptern entkommen konnten. Wie es im Einzelnen war, das hingegen ist alles andere als klar.

Aber diese Geschichte hat es in sich, weil sich auch hier ein »Muster« zeigt, das für alle Epochen des Volkes Israel und der Kirche wichtig geworden ist. Immer mehr zeigt sich, wer Gott eigentlich ist – und immer mehr wird deutlich, wie er seinen Weg mit Menschen geht, wie sich ein Volk formt, und wie es in die Zukunft geht (oder eben auch nicht). Das ist ein spannendes Kapitel über einen Gott, der mit unglaublicher Geduld freie und oft sehr zögerliche Menschen begleitet.

Wieder beginnt alles mit einer Begegnung zwischen einem Menschen, Moses, und seinem Gott. Moses kann man mit Recht als einen flüchtigen Kriminellen bezeichnen. Er musste fliehen und sich im Ausland eine neue Existenz aufbauen. Und hier, mitten bei seiner Arbeit als Hirte, begegnet ihm Gott, der ihn beauftragt, sein Volk aus der Gefangenschaft des Pharao zu befreien. Moses ist perplex, aber mutig – und so fragt er Gott, wer er denn sei. Und Gott antwortet mit diesem berühmten Wort: Ich bin der ich bin da. (Ex 3,14)

Eine ungeheure Aussage, die für alle Menschen, besonders aber für alle Christinnen und Christen, die sich von der Botschaft Gottes in der Kirche, in den Kirchen sammeln lassen, von entscheidender Bedeutung ist. Gott ist kein ferner Gott im Himmel, jenseits der Menschen; Gott begleitet den Menschen nicht von der Ferne her – sondern er ist ein gegenwärtiger Gott, mittendrin im Leben der Menschen, da – aber nicht ergreifbar; spürbar, aber nicht handhabbar; wirkmächtig, aber nicht instrumentalisierbar.

Das macht die Geschichte des Exodus als Geschichte der Befreiung zu mehr als einer ausgeschmückten Fantasie über eine kleine Truppe fluchtbereiter Sklaven. Die Geschichte vom Exodus erzählt vor allem, dass Gott da und mit dem Volk unterwegs in die Freiheit ist. Und auf diesem Weg, auf dem alles Mögliche und Unmögliche geschieht, formt sich ein Volk, wächst eine Kultur – und zeigt sich erneut, dass die Geschichte Gottes mit den Menschen gar nicht so einfach ist.

Man könnte ja meinen: Endlich, nachdem die Ägypter in den Fluten des Roten Meeres umgekommen sind und ihre Leichen am Strand treiben, freuen sich alle über die neugewonnene Freiheit. Zuerst schon – aber dann wird deutlich, dass die Geschichte und die Erfahrungen immer eine Kraft haben, die zurückzieht. Wer immer es einmal versucht hat, die Bücher der Befreiung
(z. B. Exodus und Numeri) zu lesen, der entdeckt etwas Merkwürdiges. Obwohl Gott doch immer mit diesem Volk unterwegs ist, obwohl Moses immer wieder ermutigt zum Weitergehen – fängt das Volk immer wieder an, von der Vergangenheit zu schwärmen und über die Gegenwart zu murren.

Gott kann tun, was er will: Es gibt Manna in der Wüste, Wachteln kommen ins Lager geflogen – fast wie im Schlaraffenland, Wasser entspringt dem Felsen – das Volk murrt und möchte wieder zurück. Der Blick auf die Fleischtöpfe Ägyptens ist derart verklärt, der dortige Eintopf (die »Fleischtöpfe Ägyptens«) erscheint in einem derart goldenen Licht, dass alle Sklaverei überblendet und verdrängt wird. Es scheint fast so, als wolle das Volk gar nicht mehr Freiheit, mehr Leben, mehr Verheißung.

Gott hatte durch Mose verheißen, das Volk in ein Land zu führen, in dem Milch und Honig fließen. Aber immer wieder zweifelt das Volk in der Wüste an seinem Gott und ist bereit, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit den gegenwärtigen Gott einzutauschen gegen goldene Kälber.

Wie aktuell dies für meine Kirche ist – in jeder Aufbruchs- und Umbruchssituation eigentlich –, lässt sich deutlich erkennen: Dem mutigen Aufbrechen folgt ein unendliches Murren. Solange alles so ist, wie man es sich vorstellt, ist es okay. Sobald aber die Kirche Wege geht, die – wie in jeder Wüste – zu einer größeren Orientierungslosigkeit führen, in der alle Wegmarken, die man so kennt, verschwimmen, da sehnt man sich zurück nach der gefügigen Sicherheit der Vergangenheit. Genau das passiert gerade auch heute. Dieser Gott führt ja auch heute sein Volk – aber dieses Volk murrt, kann schwer vertrauen, weil es das verheißene Land nicht sieht.

Als es dann endlich so weit ist, als das verheißene Land nahegerückt ist, passiert der Megagau. Auch hier verweigert sich das Volk, sieht vor allem die Probleme, möchte am liebsten sterben oder doch umkehren.

In solchen Situationen der Geschichte Gottes mit seinem Volk, damals (vgl. Numeri 14) wie heute, wird deutlich, dass Erneuerung und Aufbruch immer ein langwieriger und stolpriger Prozess sind. Dafür ist die katholische Kirche, aber nicht nur sie, ein gutes Beispiel. Aber es wird deutlich, dass diese meine Kirche damit den Gesetzmäßigkeiten folgt, die offensichtlich schon von Anfang an jeden Weg Gottes mit seinem Volk erschwerten: Die leidenschaftliche Sehnsucht Gottes, sein Volk zum Heil zu führen, hinein in eine Zukunft mit Milch und Honig, kontrastiert auffällig mit der zögerlich-ängstlichen Steifheit, die in gemachten Erfahrungen gründet. Und oft – wie in diesem Fall – dauert deswegen Erneuerung und Fortschreiten so lange, mehr als eine Generation.

Mitten auf diesem Weg, das sei hier schon einmal angedeutet, beschenkt Gott sein Volk mit den Zehn Geboten. Man könnte ja meinen, gerade im Blick auf die Geschichte der Zehn Gebote in der katholischen Kirche, hier würde Gott nun die Zügel straff anziehen und seinem Volk jetzt das Kleingedruckte der Befreiung überreichen. Zu oft sind in der Vergangenheit die Zehn Gebote als moralische Gängelung des Menschen verstanden worden – und damit wurden sie auch in meiner Kirche oft vollkommen missverstanden. Schon damals, und auch heute, sind die Zehn Gebote nichts weniger als Orientierungen, die den Raum der Gegenwart Gottes ausleuchten, die ermöglichen sollen, dass Menschen in Frieden und in Liebe zusammenleben – eine große Regel des Menschseins in Gemeinschaft, wie Gott sie ersehnt für den Segen der Menschen. Sie sind nicht dafür da, den Menschen zum Sünder zu machen, der sich dann schlecht und falsch fühlen muss. Ganz im Gegenteil sollen sie Weggeleit sein, wie ein Geländer im Gebirge, das vor dem Absturz bewahrt, wie eine Stimme, die Richtung und Orientierung gibt, wie ein Gewissen, das auch anklagen kann, wenn man tatsächlich vom Weg abgekommen ist. Wir werden darüber nachdenken müssen, wenn wir über das Thema von Sünde und Beichte in der katholischen Kirche ins Gespräch kommen.

Aber was lerne ich für den Weg des Volkes Gottes und also für die Kirche aus dieser biblischen Leitgeschichte? Zuerst und vor allem wird eins immer wichtiger. Mitten in den verwirrenden Zeitläuften, in den Chaosgeschichten von Krieg und Gefangenschaft, von Terror und Versklavung zeigt sich ein Gott, der immer »da« sein will. Und in seinem »Da« sein bleibt er nicht etwa fern von den Schrecklichkeiten des Lebens, sondern er will die Freiheit, er will für die Menschen ein Land der Fülle des Lebens. Und er will sie dahin begleiten.

Von Anfang an ist also die Unheilsgeschichte durchwoben von einer Heilsgeschichte, von einem Gott, der sein Volk nie allein lässt. Das heißt nicht, dass dann alles »easygoing« ist. Ganz im Gegenteil. Die ganze Geschichte bleibt ambivalent, es gibt viel Versagen, es gibt Katastrophen und Rückschritte – aber Gott bleibt auf diesem Weg.

Meine Kirche, die römisch-katholische Kirche, sieht sich seit einigen Jahrzehnten wieder stärker in dieser biblischen Spur. Das II. Vatikanische Konzil beschreibt die Kirche als Volk Gottes auf dem Weg. Das ist eine starke Aussage. Denn das bedeutet auch, dass wir als katholische Kirche nicht so etwas sind wie eine feststehende Trutzburg, die allen Stürmen der Zeit widersteht und immer gleich ist. Nichts wäre falscher. Ganz sicher vermittelt man gerne einen solchen Eindruck, als wäre immer alles schon so gewesen, wie es heute ist. Das Konzil beschreibt die Kirche anders. Denn wenn wir, das Volk Gottes, auf dem Weg sind, sind wir in ständiger Veränderung, in ständigem Neuaufbruch, in ständiger Verwandlung – auf dem Weg zu einem Ziel, das nicht wir selbst sind. Es geht nicht darum, dass die Kirche immer größer wird – sondern es geht um das Heil aller Menschen, die von Gott gesammelt werden....

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