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Einfach fermentieren

Gesund durch fermentiertes Superfood - Alle Basics, Rezepte und Einkaufstipps

AutorAnnette Sabersky
VerlagHeyne
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783641197971
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Fermentierte Lebensmittel sind echte Superfoods: Gemüse, Milch, Brot und Co., die mithilfe von Bakterien verwandelt werden, sind aromatischer, nährstoffreicher, besser bekömmlich und helfen sogar beim Abnehmen. Ernährungsexpertin Annette Sabersky zeigt in einfachen Schritten, wie das Fermentieren funktioniert, gibt Tipps zum Gelingen und Einkaufshilfen für alle, die keine Zeit zum Selbermachen haben.

Annette Sabersky ist Ernährungswissenschaftlerin, Autorin und seit vielen Jahren als selbstständige Fachjournalistin mit den Schwerpunkten gesundes Essen, Lebensmittelqualität und Bio-Lebensmittel tätig. Sie hat mehr als 20 Sach- und Fachbücher veröffentlicht. Besonders wichtig ist es ihr, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen und dabei auch die Auswirkungen des Essens auf die Umwelt einzubeziehen. Annette Sabersky lebt mit ihrer Familie sowie diversen Schafen und Hühnern am Stadtrand von Hamburg. Beim Einkaufen achtet sie sehr auf den Preis, aber auch, ob Lebensmittel ihren Preis wert sind. Das ist in der Regel bei 'Bio' der Fall.

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Leseprobe

II   Gesunde Fermentos: Warum Kraut bekömmlicher ist als Kohl und Joghurt auch Menschen mit Laktoseunverträglichkeit bekommt

Fermentierten Lebensmitteln werden viele positive Eigenschaften nachgesagt. Sie sollen vor Vitaminen strotzen und Krankheiten vorbeugen – etwa Schutz bieten vor Diabetes, Krebs und Allergien. Durch Fermentation sollen Lebensmittel auch bekömmlicher werden. Was ist dran an den Versprechungen?

James Cook und seine Mannen werden immer wieder als lebender Beweis für den Vitaminreichtum des Sauerkrauts herangezogen. Der Seefahrer hatte das Kraut fassweise an Bord bringen lassen, um seine Mannschaft während der monatelangen Seereisen vor der gefürchteten Vitamin-C-Mangelkrankheit Skorbut zu schützen. Damals war es noch nicht möglich, größere Mengen an frischem Gemüse und Obst mit an Bord zu nehmen und die Leute gut mit Vitamin C zu versorgen. Kühlschränke, um Salat, Karotten oder Äpfel länger frisch zu halten, gab es noch nicht, auch war damals noch nicht alles zu jeder Jahreszeit verfügbar. Cook löste das Vitaminproblem also pragmatisch, indem er dafür sorgte, dass seine Leute täglich eine Portion Sauerkraut zu essen bekamen. Denn das Kraut, so meinte man, enthalte viel Vitamin C und könne somit vor Skorbut schützen, einer Krankheit, die unter anderem Muskelschwund und Gelenkentzündungen verursacht und schlimmstenfalls mit dem Tod enden kann.

Doch die Fahrt im Jahr 1772 war auch ein Experiment. Es sollte überprüft werden, ob der regelmäßige Konsum von Sauerkraut die Mannschaft tatsächlich vor Skorbut schützen könne und wie sich ihr Gesundheitszustand am Ende der Reise verändert hatte. Alles lief zur vollsten Zufriedenheit. Von den 112 Besatzungsmitgliedern waren »nur« vier gestorben – und diese nicht an Skorbut. Der Rest erfreute sich guter Gesundheit.

Doch anders als von Fermento-Liebhabern immer wieder behauptet, strotzt Sauerkraut nicht unbedingt vor Ascorbinsäure, dem Vitamin C, das im Zuge der Fermentation reichlich erzeugt werde. Der Blick in eine einfache Nährwerttabelle zeigt: 100 g Sauerkraut liefern gerade einmal 20 mg Vitamin C. Frischer Weißkohl, aus dem das Kraut hergestellt wird, enthält dagegen mit fast 50 mg mehr als das Doppelte. Auch andere Vitamine, etwa die empfindliche Folsäure und weitere B-Vitamine stehen im fermentierten Kraut schlechter da als im frischen Kohl.

Das ist auch nicht verwunderlich. Denn wie jedes Gemüse reagiert auch Kohl empfindlich auf äußere Einflüsse. Wird er also klein geschnippelt und steht länger herum wie beim Fermentieren, setzen ihm naturgemäß Sauerstoff und Wärme zu – und sorgen ruckzuck dafür, dass empfindliche Nährstoffe abgebaut werden. Die Folge: Der Vitamin-C-Gehalt sinkt.

Für die Tatsache, dass die Mannschaft von James Cook beschwerdefrei aus dem Kraut-Experiment hervorging, gibt es aber eine Erklärung. Auch wenn fermentiertes Kraut keinen wahnsinnig hohen Vitamin-C-Gehalt vorweisen kann, ist das Vitamin darin natürlich dennoch enthalten. Und diese, wenn auch geringen, Mengen sind stabil, denn der Vitaminabbau schreitet in dem sauren Milieu nur langsam voran. Die Seeleute wurden zumindest mit kleinen Mengen Ascorbinsäure versorgt und blieben deswegen gesund.

Kein Wunderbrunnen für Vitamin B12

Behauptet wird auch, dass Sauerkraut und andere milchsauer vergorene Gemüsesorten sehr reich an Vitamin B12 seien, einem Vitamin, das an sich nur in tierischen Lebensmitteln enthalten ist, zum Beispiel in Milch und Käse, Eiern, Fleisch und Wurst. Durch den angeblich hohen Gehalt sei fermentiertes Gemüse somit eine gute Vitaminquelle für Veganer. Doch das ist ein Mythos. Gebildet werden lediglich Vitamin-B12-Spuren. »Das gelegentliche Vorkommen in diesen Lebensmitteln leistet nur einen unzureichenden Beitrag zur Bedarfsdeckung«, betont der Experte für Vollwerternährung Prof. Claus Leitzmann von der Universität Gießen. Hinzu kommt, dass der Vitamin-B12-Gehalt heute oft mit einer bereits veralteten mikrobiellen Messmethode erfasst wird. Damit wird nicht nur das aktive, nützliche Vitamin B12 erfasst, sondern auch sogenannte Analoga. Sie werden auch als Pseudovitamin B12 bezeichnet, weil sie zwar eine ähnliche chemische Struktur wie das »echte« Vitamin aufweisen, aber eben keine Vitaminwirkung für den Menschen entfalten. Zudem würden die Analoga die Aufnahme und den Stoffwechsel des »echten« Vitamin B12 blockieren, so Dr. Markus Keller vom Institut für alternative und nachhaltige Ernährung (IFANE). Veganer können ihre Vitamin-B12-Versorgung also keinesfalls allein durch Kraut & Co. sichern. Um genügend Vitamin B12 aufzunehmen, müssen die meisten Veganer zu Nahrungsergänzungsmitteln und gegebenenfalls zu einer mit dem Vitamin angereicherten Zahnpasta greifen.

Bessere Verträglichkeit durch Fermentation

Alles ein Mythos? Mitnichten! Fermentierte Lebensmittel sind ohne Frage gesund. Denn im Zuge der Gärung werden die enthaltenen Inhaltsstoffe ab- und umgebaut. Das hat zur Folge, dass Fermentos sich nicht nur geschmacklich vom ursprünglichen Rohstoff unterscheiden, sondern auch oft durch den Gärungsprozess bekömmlicher werden als der Ausgangsrohstoff – das ist etwa bei Kohl, Milch oder Getreide der Fall. Zugleich verleibt man sich damit eine gute Portion an gesunden Stoffen wie Milchsäurebakterien und Milchsäure ein. Sie sind eine wahre Wonne für den Darm und schützen auch vor diversen Krankheiten. Das zeigen die folgenden Beispiele.

Beispiel Laktoseabbau

Hierzulande leiden etwa 15 Prozent der Menschen an der sogenannten Laktoseintoleranz. Das bedeutet, sie können den Milchzucker (Laktose) in der Milch nicht verwerten. Das Enzym, das den Milchzucker aufspaltet (Laktase), arbeitet bei ihnen nur eingeschränkt oder hat die Arbeit gänzlich eingestellt. Dies hat zur Folge, dass Menschen mit Laktoseintoleranz nach dem Verzehr von Milch Bauchschmerzen, Durchfall, Kopfschmerzen oder Kreislaufbeschwerden bekommen. Darum ist bei einem Laktasemangel Milch, ob von der Kuh oder der Ziege, tabu. Es sei denn, sie trägt die Bezeichnung »laktosefrei«, »Minus L« oder ähnliches. Bei diesen Produkten wurde die Laktose mithilfe des zugesetzten Enzyms Laktase entfernt.

Anders sieht es bei Joghurt aus. Darin ist viel weniger Laktose enthalten als in frischer Milch. Denn das im Zuge der Fermentation aktive Enzym Beta-Galactosidase baut Milchzucker aus der Milch ab und es entsteht Milchsäure, die für den typischen, leicht säuerlichen Geschmack von Joghurt verantwortlich ist.

Für Joghurt, den man im Laden kaufen kann, werden die Starterkulturen Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus eingesetzt. Auch L. acidophilus kommt zum Zuge und eliminiert Laktose. Dabei werden etwa 30 Prozent des Milchzuckers abgebaut. Dies scheint zu genügen, um Menschen mit Laktoseintoleranz das Löffeln von Joghurt ohne Bauchschmerzen zu ermöglichen. Für eine laktosearme Ernährung wird Joghurt auch stets empfohlen, auf Milch sollte allerdings verzichtet werden. Problematisch ist jedoch, dass auf dem Joghurtbecher meist nicht angegeben wird, welche Bakterienart eingesetzt wurde. Milchsäurekulturen sind in Sachen Laktose unterschiedlich aktiv. So reduziert Lactobacillus acidophilus weniger Laktose als die anderen beiden Bakterienarten. Da hilft nur, beim Hersteller nachzufragen.

Aufpassen sollten Menschen mit Laktoseintoleranz auch bei Joghurts, denen Milchzucker zugegeben wurde, um sie cremiger zu machen. Um auf Nummer sicher zu gehen, bleibt nur der prüfende Blick auf die Zutatenliste.

Auch Käse wird bekömmlicher

Viele Käsesorten werden von Menschen mit Laktoseintoleranz ebenfalls gut vertragen. Denn auch im Zuge der Fermentation von Milch zu Käse wird Milchzucker abgebaut, und zwar fast zu 100 Prozent. Der Abbau erfolgt zum Großteil schon im Kessel, in dem die Milch mit den Käsekulturen einige Stunden lang verweilt. Der Rest wird während der Käsereife erledigt. Hier gilt: Je länger der Käse reift, umso mehr Laktose wird abgebaut. Darum enthalten Hartkäsesorten wie zum Beispiel Parmesan, Gruyère oder Allgäuer Emmentaler praktisch keinen Milchzucker mehr – anders als junge Sorten wie etwa Mai-Gouda und junger Edamer. Hinweise wie »laktosefrei« auf Hartkäseverpackungen sind darum Werbung mit einer Selbstverständlichkeit. Denn diese Käsesorten sind naturgemäß arm an Laktose oder frei davon. Hier verhält es sich so wie mit der Werbung für fettfreie Gummibärchen. Sie sind auch schon von Natur aus ohne Fett.

Aber aufgepasst! Nicht jeder Käse durchläuft die Milchsäuregärung. Doppelrahmfrischkäse oder Mozzarella werden nicht fermentiert und somit wird darin auch keine Laktose abgebaut. Sie sind für Menschen, die Laktose nicht vertragen, also ungeeignet. Auch bei Schmelzkäse muss man aufpassen. Ihm wird oft eine Extraportion Molkenpulver zugefügt, das sehr viel Laktose enthält.

Darüber hinaus kann es bei der Käseherstellung zu Fehlern kommen, sodass keine oder nur wenig Laktose abgebaut wird. Dies passiert, wenn die Milchsäurebakterien im Käsebad nicht aktiv werden wollen. Solche »Säuerungsstörungen« treten dort auf, wo immer die gleichen Bakterienkulturen eingesetzt werden, erklärt die Käsereigenossenschaft Weizern im allgäuischen Eisenberg in einer Infobroschüre. Dies sei mit einer Monokultur in der Landwirtschaft...

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