Vorwort
Um die Jahrtausendwende, vor 15 Jahren, verfasste ich voller Zuversicht und Begeisterung für das Börsengeschehen das Einsteigerbuch „Der kleine Börsenführerschein“. Das neuartige, spannend und reich bebilderte Buch für Privatanleger „Aus der Praxis für die Praxis“ entwickelte sich zum Bestseller und veränderte mein Leben. „Der Aktien- und Börsenführerschein“ erscheint nun in der 8. Neubearbeitung.
Damals zogen erste Vorboten eines schweren Börsen-Unwetters mit orkanartigem Sturm, Blitz, Donner und Hagelschlag auf. Damit endete die bis Frühjahr 2000 anhaltende Schönwetterperiode jäh. Wir befanden uns, ohne dies bewusst wahrzunehmen, bereits in dem lang gezogenen, scheibenweise nach unten driftenden, drei Jahre dauernden „Salami-Crash“. Der DAX notierte beim Börsenführerscheinstart nicht mehr wie zu Beginn 2000 bei gut 8.000 Punkten, sondern nur noch bei 6.600. Die Spekulationsblase platzte und riss den Neuen Markt in den Abgrund. Fehlte es vereinzelt auch nicht an warnenden Stimmen; wohl niemand ahnte das ganze Ausmaß. Selbst für Untergangspropheten war es unvorstellbar, dass der DAX bis März 2003 auf 2.200 Punkte absinken und 70 % seines Buchwertes einbüßen würde. Wer das Ende des Neuen Marktes mit einem Kurssturz von 98 % vorausgesagt hätte, dessen Geisteskräfte wären angezweifelt worden mit der Empfehlung „Einweisung“. Anfängliche Gier und Euphorie, abgelöst von Angst und Panik, waren der Grund für die riesige Kapitalvernichtung – begleitet von finanziellen Sorgen, Frust, Verzweiflung und Nervenflattern. Wer dies nicht verkraften konnte, steht weiterhin auf der Seitenlinie des Börsenspielfelds.
Wieso notierten die wichtigsten Börsen drei Jahre lang im Minus? Weshalb ging es erst ab März 2003 wieder aufwärts? Warum – eine besondere Tragik – wurde die daran anknüpfende Rallye bis 2007, der neuerliche Crash als Ausdruck der Weltwirtschaftskrise 2008/2009, nicht beherzt genutzt? Ende 2007 notierte der DAX auf altem Höchststand bei 8.000 und im März 2009 nur noch bei 3.600 Punkten. Warum wurde die einmalige Chance, sich zu Tiefkursen mit Qualitätsaktien einzudecken und einen steuerfreien Altbestand aufzubauen, vertan? Warum wurde in Discount- und Bonuszertifikate sowie in Gold statt in Aktien investiert? Die Chance, einige Aktien mit Kursgewinnen von 500 % bis rund 1.000 % zu besitzen, blieb weitgehend ungenutzt.
Auch bei einem DAX-Stand von 5.700 Punkten zum Jahresende 2011 eröffnete sich eine gute Gelegenheit, mit kluger Strategie Altverluste auszugleichen und üppige Gewinne einzufahren. Statt substanzstarker Aktien aber boomten Firmenanleihen, Anlagezertifikate und Edelmetall. In den gefahrvollen Phasen 2001/2002 wurde viel zu riskant spekuliert. Wäre es anders, hätte es die Kursexplosion am Neuen Markt ebenso wenig gegeben wie den anschließenden Absturz nahe 100 %.
Wie neuere Untersuchungen zeigen, sind die meisten Privatanleger zwar mit ihrem Depot unzufrieden, wollen aber dennoch ihr Anlageverhalten kaum ändern und Risiken vermeiden. So lässt sich kein Vermögen aufbauen und die Altersvorsorge sichern – nicht bei Inflationsgefahr, abzuführender Abgeltungsteuer, abgeschafften Guthaben- und drohenden Strafzinsen. Heute erscheint als das größte Risiko, überhaupt kein Risiko eingehen zu wollen. Dieses Verhalten wird auch von der psychologisch interessanten Tatsache untermauert, dass die Verlustangst viel stärker ausgeprägt ist als die Freude über Kursgewinne. Selbstanalyse: Wie sieht dies bei Ihnen aus?
Die brutalen Terroranschläge am 11. September 2001 auf das World-Trade-Center in den USA trübten die für das Börsengeschehen so wichtige Stimmungslage, minderten die Konsumlust der Verbraucher und die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Hinzu kamen die geopolitische Schieflage, die Angst vor einem explodierenden Ölpreis, neuen Terrorakten und der Irakkonflikt mit Kriegsausbruch im Frühjahr 2003. Das auf Fehleinschätzung beruhende Kriegsgeschehen endete früher als befürchtet; die Konjunktur erholte sich. Neues Unheil zog auf, als viele amerikanische Hausbauer mit wenig Bonität bei steigendem Zinssatz ihre Hypothekenschulden nicht mehr tilgen konnten. Zwangsversteigerungen häuften sich. Damit stürzten die Immobilienpreise in den Keller. So gerieten auch die Hypothekenbanken mit ihren komplizierten, hochbrisanten verbrieften Kreditderivaten, die selbst in den Führungsetagen kaum jemand verstand, in eine beängstigende Schieflage.
Die Subprimekrise weitete sich zur globalen Wirtschaftskrise aus, begleitet von Bankpleiten wie Lehman Brothers, milliardenschweren Rettungsschirmen und Konjunkturprogrammen der Notenbanken und Staaten sowie einem abgespeckten Leitzinssatz nahe null. So gab es im Herbst 2008 und im Frühjahr 2009 neuerliche Crashszenarien mit Kursabstürzen der Indizes rund um den Globus zwischen 40 % und über 80 %. Das am Abgrund taumelnde Finanzsystem stürzte nicht vollends ab, sondern erholte sich. Aber ausgestanden war die Krise nicht. Sie wurde wie ein Feuer neu entfacht durch die Überschuldung vor allem südeuropäischer Staaten. Nachdem die führenden Notenbanken EZB in Euroland und FED in den USA die Gelddruckpressen unvermindert laufen lassen, mehren sich die Sorgen um die Zukunft unserer Gemeinschaftswährung. Aktuell, Mitte März 2016, driften US-Dollar und Euro nicht mehr so weit auseinander.
2013 zählte zu den besten Börsenjahren. 2014 sorgten der Ukraine-Konflikt und die EBOLA-Epidemie in Afrika für Unruhe, erkennbar an der ausbleibenden Jahresend-Rallye. Im Juni 2014 knackte der DAX die Marke 10.000, um im Herbst auf 8.400 Punkte zurückzufallen. Der Ölpreis erlebte ungewohnte Schwächen und notierte zeitweilig unter 40 Dollar pro Barrel. Der Dow Jones mit bis zu 18.100, der S&P 500 mit 2.100 und die Technologiebörse NASDAQ mit bis zu 4.350 Punkten eilten wegen konjunktureller Erholung zum Jahresende 2014 von einem zum nächsten Höchststand.
Im Februar 2015 übersprang der DAX die ersehnte Marke von 11.000 Punkten – psychologisch als Kurstreiber interessant. Und im April 2015 sprintete der DAX auf sein Rekordniveau von knapp 12.400 Punkten. Danach war es vorerst mit der Herrlichkeit vorbei. Die ersten beiden Monate 2016 brachten ungewohnt hohe Kursverluste. Zeitweilig wurde die Marke von 8.700 Punkten getestet. Im März erlebten wir eine Wackelbörse außer Rand und Band deutlich unter wie über der Marke von 9.000 Punkten. Mitte April 2016 wurde die Marke von 10.000 Punkten erneut angepeilt – gestützt vom steigenden Ölpreis und besserer konjunktureller Entwicklung in China.
Viele Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Sie senken die Kosten, übernehmen attraktive Töchter, erobern neue Märkte, verstärken Marke und Export, richten sich auf Industrie 4.0, Internet der Dinge, Digitalisierung, Big Data, Cloud Computing, Automatisierungsprozesse mit Robotik und weltweite Vernetzung aus. Es entstehen neue Produkte und Trends, die unser heutiges Vorstellungsvermögen übertreffen. Man denke an selbst fahrende Autos, an Drohnen, an Roboter als Ausdruck künstlicher Intelligenz, die nicht nur Schachgroßmeistern das Fürchten lehren.
Was wichtig ist: Wir brauchen eine korruptionsfreie Firmenkultur, die Ansprüche auf Wertschätzung, Eigenständigkeit und Freiraum für Innovation erfüllt. Wir wünschen uns Substanzkraft, Nachhaltigkeit und eine verlässlich steigende Dividende. Fundamentale Daten mit wichtigen Finanzkennziffern verdienen ebenso unser Augenmerk wie der Blick auf die Charttechnik, die Technische Analyse. Es heißt, dass der Mensch aus der Geschichte nichts lernt und irrationales Verhalten wiederholt. Handeln Sie selbst vernunftbetont und selbstbewusst. Mit Börsenwissen wird es leichter, selbst zu entscheiden, sich verantwortlich zu fühlen und auf Sündenbocksuche zu verzichten.
Die komplett überarbeitete 8. Auflage schneidet einige neue Themen an, stellt von mir selbst entwickelte und erprobte chancenreiche Strategien vor und bringt als Neuheit drei Musterdepots. Die spannende, leicht verständliche, reichlich bebilderte Darstellung im mehrfarbigen Großformat bleibt erhalten. Ebenso bewährt haben sich die Testaufgaben mit Lösung sowie die Möglichkeit, die Börsenführerscheinprüfung abzulegen. Die Neubearbeitung in 3. Auflage, April 2015, „Neue Aktienstrategien für Privatanleger – Auf dem Weg zur ersten Million“ dient als Arbeits- und Vertiefungsbuch mit den Schwerpunkten kritische Selbstanalyse und selbstbestimmtes Lernen. Verharren Sie nicht länger zögerlich an der Seitenlinie des Börsenfeldes. Fühlen Sie sich trotz Null-Zins-Politik nicht enteignet. Statt Sparbuch sind Aktien mit dem Ersatzzins Dividende angesagt. Die Teilhabe am Börsengeschehen lohnt sich. Wissen bedeutet nicht unbedingt Macht, aber oft genug Geld als Grundlage für Wohlstand jetzt, hier und heute, ebenso morgen und übermorgen. Wer mit preiswerten Indexfonds (ETF) interessante...