Das Wiederkaufsrecht in der Insolvenz wirkt sich je nach Sachverhalt unterschiedlich aus. In erster Linie ist eine Unterscheidung zwischen der Insolvenz des Berechtigten und derjenigen des Verpflichteten vorzunehmen, da diese unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Nachstehend werden diese zwei Konstellationen getrennt voneinander behandelt. In der Insolvenz des Wiederkaufsverpflichteten stellt sich in erster Linie die Frage, was mit dem Recht an sich passiert und wie sich der Insolvenzverwalter davon lösen kann. Die ausführliche Meinung der Lehre[81] wird hierbei der soweit ersichtlich einzigen Entscheidung des OGH[82] zu diesem Themenbereich gegenübergestellt. (siehe III. B.) Ist hingegen das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Wiederkaufsberechtigten eröffnet worden, stellt die Berechtigung zur Ausübung des höchstpersönlichen Wiederkaufsrechts das zentrale Rechtsproblem dar.[83] (siehe III. C.)
Es wird ebenfalls auf die zeitliche Komponente Rücksicht genommen, indem eine Aufteilung der Ausübung des Wiederkaufsrechts vor und während des Insolvenzverfahrens sowie nach Beendigung desselben vorgenommen wird. Die Anwendbarkeit der §§ 21 IO und 26 Abs 3 IO variiert je nach Zeitpunkt der Abgabe der Wiederkaufserklärung. Wurde das Wiederkaufsrecht nach Insolvenzeröffnung noch nicht ausgeübt, ist es überaus strittig, welche Rechtshandlungen der Insolvenzverwalter setzten darf und zu welchen er nicht befugt ist.[84]
Zu allerletzt folgt eine Darstellung des durch das IRÄG 2010 neu eingeführten Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung[85] im Zusammenhang mit dem Wiederkaufsrecht. Hierbei wird auf die Aufteilung der Aufgaben und Befugnisse zwischen dem Sanierungsverwalter und dem Schuldner sowie auf die Auswirkungen der Besonderheiten der Eigenverwaltung im Zusammenhang mit dem Wiederkaufsrecht näher eingegangen. (siehe III. D.)
Zum besseren Verständnis des Verhältnisses der §§ 21 und 26 IO zueinander und der insolvenzrechtlich relevanten Eigenschaften des Wiederkaufsrechts, wird mit der Rechtsausübung nach Insolvenzeröffnung begonnen. Dem nachfolgend wird die Rechtsausübung vor und nach Beendigung des Insolvenzverfahrens erläutert.
Um die insolvenzrechtlichen Folgen der Rechtsausübung des Wiederkaufsrechts nach der Insolvenzeröffnung über den Wiederkaufsverpflichteten zu erörtern, müssen zu allererst die insolvenzrechtlich relevanten Fragen zur Rechtsnatur (siehe auch II. D.) des Wiederkaufsrechts beantwortet werden.
a) Das Wiederkaufsrechts als Anbot
(1) Grundsätzliches
Ausgehend von der Qualifikation des Wiederkaufsrechts als ein Gestaltungsrecht entsteht der schuldrechtliche Anspruch des Wiederkaufsberechtigten auf die Übertragung des Eigentums am Wiederkaufsobjekt und die Besitzrückgabe desselben mit dem Zugang der einseitigen und empfangsbedürften Wiederkaufserklärung. Den Wiederkaufsverpflichteten trifft die Verpflichtung zur Rückübertragung des Eigentums und des Besitzes, dies jedoch Zug-um-Zug gegen Zahlung des Wiederkaufspreises.[86]
Vorausgesetzt, die Wiederkaufserklärung wurde ordnungsgemäß zugestellt, begründet die Ausübung des Wiederkaufsrechts einen direkten Anspruch aus dem dadurch bereits entstandenen Wiederkaufsvertrag und nicht lediglich einen Anspruch auf den Abschluss desselben. Die Rechtsstellung des Wiederkaufsberechtigten vor der Abgabe der Wiederkaufserklärung ist vergleichbar mit der eines Käufers, welchem ein noch bindendes Angebot vorliegt. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass das Wiederkaufsrecht, insofern es im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht ausgeübt wurde, nicht unter § 21 IO, sondern unter § 26 IO zu subsumieren ist.[87]
(2) Fehlende Bindung oder Erlöschen?
Nach § 26 Abs 3 IO ist der Insolvenzverwalter an Anträge des Schuldners, die vor der Insolvenzeröffnung über denselben noch nicht angenommen wurden, dem Gesetzeswortlaut nach nicht gebunden.[88] Von der herrschenden Meinung wird jedoch die Ansicht vertreten, dass der Gesetzeswortlaut des „Nicht-Gebunden-Seins“ gem § 26 Abs 3 IO einem Erlöschen gleichzusetzen ist.[89] Dies trifft jedoch nicht auf Anträge zu, welche lediglich das insolvenzfreie Vermögen verpflichten.[90]
Den verba legalia folgend vertreten Duursma-Kepplinger/Duursma die etwas abweichende Ansicht, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, die von diesem vor der Insolvenzeröffnung an Dritte gerichteten Angebote, nicht ipso iure zum Erlöschen bringt. Dieser Rechtsansicht nach ist der Insolvenzverwalter an die zuvor vom Schuldner abgegebenen Angebote lediglich nicht gebunden. Begründet wird dies mit dem Gesetzeswortlaut und dem Zutrauen, dass der Gesetzgeber, hätte er tatsächlich ein Erlöschen solcher Angebote im Sinne gehabt, dies auch im Gesetz explizit ausgedrückt hätte. Untermauert wird dieser Ansatz zusätzlich durch die Anordnung des Erlöschens von Aufträgen nach § 26 Abs 1 IO. § 26 Abs 3 IO hingegen schließt lediglich die Bindung des Insolvenzverwalters aus.[91]
Es ist jedoch nicht ganz klar, welche konkret divergierenden Rechtsfolgen Duursma-Kepplinger/Duursma aus ihren Ausführen ableiten. Die Ablehnung des Erlöschens des Angebotes des Schuldners im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung führt nach den Autoren jedenfalls nicht zu einer Auswahlmöglichkeit des Insolvenzverwalters nach § 21 IO, wonach dieser zwischen dem Rücktritt und dem Eintritt in den Vertrag wählen kann.[92]
Der Insolvenzverwalter könnte nach dieser Rechtsansicht jedoch, neben der ohnehin bestehenden Möglichkeit der Wiederholung des ursprünglichen Angebotes des Schuldners, die durch den Dritten erfolgte Annahme des vor Insolvenzeröffnung abgegebenen Angebotes gegen sich bzw die Insolvenzmasse gelten lassen. Die Untätigkeit des Insolvenzverwalters wird in diesem Fall jedoch nicht zur Wirksamkeit des Vertrages führen. Dies würde Angebote in einer unsachlichen Art und Weise besser als zweiseitige, noch nicht erfüllte Verträge, stellen, bei welchen die Untätigkeit des Insolvenzverwalters unter Umständen als Rücktritt gemäß § 21 Abs 2 IO interpretiert werden kann. Zur Wirksamkeit der Annahme und der Entstehung des zweiseitigen Vertrages ist eine zustimmende Erklärung, wenn auch nur konkludent, seitens des Insolvenzverwalters notwendig.[93]
Dieser Interpretation des § 26 Abs 3 IO durch Duursma-Kepplinger/Duursma folgend, wäre eine Erklärung des Insolvenzverwalters als eine Wiederholung des ursprünglichen Angebotes des Schuldners zu sehen oder – nach der Mindermeinung - als eine Bestätigung der Gültigkeit der Annahme (Wiederkaufserklärung) durch den Dritten. Letzteres würde bedeuten, dass es keiner weiteren Willenserklärung des Dritten bedürfe und dieser durch die Erklärung des Insolvenzverwalters an den bereits entstandenen zweiseitigen Vertrag gebunden wäre. Sollte der Dritte erst nach der Annahme des Angebotes von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfahren haben, wäre es ihm nicht mehr möglich, von seiner Wiederkaufserklärung zurückzutreten. Er wäre auch gegen seinen Willen an den Vertrag gebunden, sofern der Insolvenzverwalter eine dementsprechende Erklärung abgibt. In einem solchen Fall bestünde tatsächlich ein Unterschied zwischen den beiden Interpretationsansätzen des § 26 Abs 3 IO. Setzt man für das Zustandekommen des Vertrages eine Erklärung des Insolvenzverwalters voraus, so entsteht bei der Wiederholung des ursprünglichen Angebotes als auch bei der Bestätigung der Gültigkeit der Annahme des Angebotes jeweils eine Masseforderungen, welche sich auf eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stützt.[94] Anders dazu nachfolgend die Ansichten von Gamerith und Weber-Wilfert/Widhalm-Budak.
Unter dem Begriff „Antrag“ sind gemäß § 862 ABGB einseitige Willenserklärungen zu verstehen, welche auf den Abschluss eines Vertrages mit dem Antragsempfänger gerichtet sind. Mit anderen Worten: Auch Angebote fallen unter den Tatbestand des § 26 Abs 3 IO. Ein beidseitig bindender Vertrag kommt jedoch erst durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande, also durch die Annahme des Angebotes.[95]
Folgt man dieser Ansicht und betrachtet das Wiederkaufsrecht als ein Angebot, so erlischt dieses im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über den Wiederkaufsverpflichteten gemäß § 26 Abs 3 IO endgültig. Auch eine spätere Ausübung ist danach grundsätzlich ausgeschlossen. Somit ist der Insolvenzverwalter an Anträge des Schuldners, die dieser vor Insolvenzeröffnung abgegeben hat, nicht gebunden. Laut...