Einleitung
Das Missverständnis und das Missverstehen zwischen Frauen und Männern sind elementare Themen unseres Lebens. Im privaten Bereich, mit dem Partner und ganz besonders im beruflichen Kontext. Dabei geht es nicht nur um das Verstehen, sondern auch um Verständnis.
Verstehen setzt voraus, dass alle an der Kommunikation beteiligten Personen eine gemeinsame Definition der verwendeten Begriffe haben. Ganz technisch: Über dasselbe sprechen. Verständnis hingegen bedeutet, den Willen sowie die emotionale und geistige Kapazität zu haben, das Gesprochene als eine mögliche Wahrheit annehmen zu können. Beides benötigt einen Dialog und bedarf der Kommunikation. Sie ist das zentrale Instrument der Verständigung.
Das klingt jetzt vielleicht schrecklich technisch und trocken, ist es aber gar nicht. Noch ein ganz klein bisschen Geduld.
Als Kommunikationsberater weiß ich um die Möglichkeiten, Kommunikation zu steuern und das Erreichen der Ziele durch strategische Kommunikation zu ermöglichen — auf der Ebene von Organisationen ebenso wie auf der Ebene zwischen einzelnen Personen. Falls Sie jetzt denken: „Wie schrecklich, strategische Kommunikation zwischen zwei Menschen!”, dann will ich Ihnen ins Bewusstsein rufen, dass Kommunikation immer einen Sinn, ein Ziel hat. Wer sich dieses Zieles nicht bewusst ist, wird es schwerlich erreichen. Kommunikation ohne Ziel ist allerhöchstens Geplapper und meistens recht sinnentleert.
Zwischen den Geschlechtern ist Kommunikation häufig nicht die verbindende, sondern die trennende Komponente. Auch im 21. Jahrhundert sind Kommunikationsgewohnheiten von Männern und Frauen immer noch so unterschiedlich wie ihre Denkmuster und Verhaltensstrategien.
Dabei haben Frauen in den vergangenen 30 - 40 Jahren einen enormen Fortschritt gemacht, um sich den ihnen zustehenden Teil des Kuchens in der Gesellschaft und in der Wirtschaft zu erobern. Sie haben Großartiges geleistet und erreicht, besonders im Vergleich zu den Jahren und Jahrzehnten zuvor. Sie haben dafür auch schier unglaubliche Energien aufgewendet, um endlich beteiligt zu werden. Trotz allem ist noch (lange) kein Gleichgewicht hergestellt.
Eine mangelnde oder auch mangelhafte Kommunikation zwischen Frauen und Männern im Geschäftsleben ist jedoch nicht nur immer noch nicht an der Tagesordnung, sie ist auch maßgeblich dafür verantwortlich, dass:
- Kommunikation zwischen den Geschlechtern oft mit deutlich mehr Anstrengung, Frust und Tränen als mit Spaß verbunden ist,
- viel Energie/Ressourcen auf den Wegen zu den Zielen benötigt werden, unabhängig davon, ob sie erreicht werden,
- sehr viel Zeit für die Kommunikation selbst aufgewendet wird.
In Wirklichkeit ist es im beiderseitigen Interesse, dass die Kommunikation zwischen den Geschlechtern sich verbessert – im Business ebenso wie im Privaten. Doch auch wenn beide Seiten am liebsten warten würden, bis sich etwas zum Guten hin verändert, von allein wird sich nichts tun.
Die traurige Wahrheit ist, dass Männer nach wie vor die Strukturen unserer Wirtschaftsgesellschaften dominieren. So haben sie schlicht weniger Leidensdruck, eine Veränderung herbeizuführen. Ja, sogar noch extremer: In der Kurzsichtigkeit und im Unwissen um die möglichen Errungenschaften und positiven Effekte einer wirklich gleichberechtigten (Arbeits-)Welt, »müssen« Männer erst einmal dagegen sein. Es bleibt also an den Frauen hängen, für sich selbst zu sprechen.
Diese Aufgabe ist groß – in mehrerlei Hinsicht.
Zum einen fällt es vielen Frauen schwer, das eigene Anliegen in den Fokus zu rücken, sich selbst und ihr Anliegen ernst zu nehmen, es deutlich zu benennen und sich klar zu bekennen, gegen jeden Widerstand durchzusetzen (und sich womöglich damit unbeliebt zu machen). Ein zentrales Thema der meisten Frauen ist, sich für die Sympathie oder den Respekt des Gegenübers entscheiden zu müssen – doch dazu später mehr. Zum anderen bedeutet es den Umbau einer Gesellschaftsform, die Teilung der Macht und die Veränderung von Denkstrukturen und Traditionen. Für eine solche Aufgabe ist es hilfreich, dass sich Frauen das männliche Denken, Kommunizieren und Handeln etwas genauer anzuschauen.
Wie können Frauen in einem Spiel erfolgreich sein, das sie nicht erfunden haben, dessen Regeln ihnen nur bruchstückhaft erklärt werden und dessen Codes sie nicht als »Muttersprache« gelernt haben?
Sofern Sie das Wieso verstehen wollen, lege ich Ihnen die trockenen Zahlen und Fakten dar, ohne die es nicht geht. Es ist aber gar nicht so trocken. Versprochen. Beachten Sie diese unbedingt, denn es ist Ihre Munition für die Gespräche und Diskussionen mit den besonders verknöcherten (Damen und) Herren. Außerdem bekommen Sie die biologische Basis. Wobei ich mich weder dem einen noch dem anderen wissenschaftlichen Ansatz verschreiben will. Ich glaube, die Wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte. Doch es ist wichtig, dass Sie etwas über die Einflüsse der Hormone, das Denken und die Prägung erfahren, um ein Verständnis für das andere Denken und die andere Sprache zu entwickeln. Ich erkläre Ihnen die Kommunikationsgewohnheiten der Männer, verrate Ihnen die ungeschminkte Wahrheit über die Grundmuster des männlichen Denkens und zeige Ihnen, auf welchen Gesetzmäßigkeiten männliches Verhalten beruht. Sie werden nicht nur erfahren, wie Sie in den typischen Situationen mit weniger Stress und Ärger durch den (Berufs-)Alltag kommen, sondern auch, was sich hinter dem Verhalten, der Kommunikation versteckt.
Der einfachste Weg ist immer, Erfolgsmodelle nachzuahmen. Deshalb gebe ich Ihnen in diesem Buch einen Einblick in die Erfolgsrezepte von Frauen, die in der Männerwirtschaft Siege errungen haben. Falls Sie also wissen wollen, wie andere Frauen erfolgreich mit Männern kommunizieren, wie sie sich in bestimmten männlichen, »Testosteron geladenen« Situationen verhalten und wie sie mit den Platzhirschen erfolgreich umgehen, lesen Sie in den Interviews.
Ich bin der festen Überzeugung, dass, sobald Sie das »Wieso« hinter der Kommunikation und dem Verhalten erkennen, sich Ihnen viel mehr Handlungsoptionen eröffnen. Da spreche ich aus eigener Erfahrung. Meine Klientinnen haben mich zum Experten für die Kommunikation zwischen Männern und Frauen gemacht. Ich weiß was Männer sagen, wenn sie reden, und ich weiß ganz gut was Frauen meinen, wenn sie sprechen. Ich kenne die Worte und Sätze, die gleich klingen und doch unterschiedliche Bedeutungen haben.
Ich bin mir übrigens vollends darüber bewusst, dass es weder die Frauen noch die Männer gibt. Jeder Mensch ist individuell, und in unserer multi-optionalen Gesellschaft, in der jede und jeder in jedem Augenblick aus einer schier unendlichen Zahl von Optionen wählen kann und muss, können Stereotype den Personen nicht gerecht werden. Trotzdem bin ich davon überzeugt (und werde an einigen Stellen auch auf Untersuchungen hinweisen), dass es immer noch (oder sogar wieder vermehrt) rollentypische Stereotype gibt. Diese werden mir helfen, einfach und plastisch Situationen zu beschreiben und Sachverhalte zu erklären. Die Beispiele, die Sie in diesem Buch finden, sind alle aus der Praxis. Es sind meinen Erfahrungen als angestellter PR-Berater, als Referent für Unternehmenskommunikation oder aber solche aus meiner Beratungs- und Coaching-Praxis. Sofern Sie von Personen mit Vor- und Zunamen erzählen, handelt es sich um reale Personen, die ich um Erlaubnis gefragt habe, hier ihr Beispiel nennen zu dürfen. Wenn ich nur einen Vornamen verwende oder ganz allgemein von einer Klientin schreibe, beschreibe ich typische Beispiele aus meiner Coaching-Praxis, die ich anonymisiert habe, um nicht auf bestimmte Personen hinzuweisen.
Dieses Buch ist übrigens keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern ein aus der Praxis und meinen subjektiven Beobachtungen abgeleiteter Erklärungsversuch, um Frauen das Leben mit den Kerlen leichter zu machen. Trotzdem benenne ich die Quellen besonders schöner Sätze und Ideen, wie es sich gehört. Eine Liste aller im Buch verwendeten Publikationen finden Sie auf meiner Webseite Jan-Schleifer.de/Muttersprache-Mann im Bereich Ressourcen. Ich kann Ihnen versprechen, es lohnt sich, also holen Sie sich gleich mehr Informationen und lesenswerte Bücher.
Außerdem will ich hier klarstellen, dass es mir keinesfalls darum geht, mein Nest zu beschmutzen, wie mir wahrscheinlich manchmal unterstellt wird. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Leben und Arbeiten von Männern und Frauen in einer gleichberechtigten Gesellschaft deutlich angenehmer wäre. Ich glaube, dass Männer noch gar keine Ahnung davon haben, welche Möglichkeiten der freien Lebensgestaltung sich ihnen böte. Ganz im...