ZEITGEMÄSSE
ERZIEHUNG
TIERE DURCH STRAFEN ZU »ERZIEHEN«, IST GLÜCKLICHERWEISE SCHON LANGE OUT. AUCH IHRE KATZE LÄSST SICH OHNE STRAFEN MIT LIEBE UND ERZIEHEN.
DIE ERFORSCHUNG DES LERNVERHALTENS
Ein knappes Jahrhundert vor Erfindung des Clickertrainings fanden erste systematische Untersuchungen des Lernverhaltens von Tieren statt. Katzen leisteten Pionierarbeit für den amerikanischen Psychologen Edward Lee Thorndike.
Er setzte Katzen in »Puzzle Boxes«, aus denen sie sich mittels diverser Hebel- und Zugmechanismen selbst befreien sollten. Zunächst probierten sie wahllos alles Mögliche aus, um ihrem Gefängnis zu entkommen, wobei das als Anreiz vor die Kisten gestellte Futter meist nebensächlich war. Wurde das Experiment mit denselben Tieren wiederholt, fanden sie immer schneller den Weg aus der Kiste. Thorndike hielt fest, dass Motivation eine Rolle spielt, die Tiere durch Versuch und Irrtum lernen und dass sie auf positive Bestärkung ihres Verhaltens (die Belohnung – in diesem Fall das Verlassen der Box) besonders stark reagieren. Allerdings reduzierte er seine Beobachtungen auf reine Reiz- und Reaktionsmuster und zählt damit zu den Begründern des Behaviorismus, der Gefühle und Bewusstsein außer Acht lässt.
Burrhus Frederic Skinner forschte im Geiste Thorndikes weiter. Er entwickelte die Skinner-Box, bei der das Betätigen eines Hebels durch das Versuchstier direkt zur Aufzeichnung einer Messkurve des Lernverhaltens führt. So fließt die subjektive Wahrnehmung des Beobachters nicht in die Dokumentation des Verhaltens ein. Skinner untersuchte die Reaktionen von Tieren auf positive wie negative Reize (Futter, Wasser, elektrische Schläge beziehungsweise deren Entzug). Er erkannte, dass das Auftreten von Verhaltensweisen durch den Einsatz sogenannter Verstärker gefördert oder reduziert werden kann und prägte hierfür den Begriff der operanten Konditionierung.
Skinners Doktoranden Marian Ruth Breland und Keller Breland sahen kommerzielles Potenzial im Training von Tieren mittels positiver Verstärkung. Bislang war dies in erster Linie über Bestrafung geschehen, aber der Erfolg gab den Brelands recht: Sie trainierten Tiere für Werbezwecke, für Freizeitparks wie Seaworld, aber auch für Zoos und Filmproduktionen, indem sie ein bestimmtes Signal für »Gut gemacht« verwendeten, auf das eine Futterbelohnung folgte. Dieses Signal (Marker) war nicht unbedingt ein Klicklaut, doch er markiert punktgenau das vom Trainer gewünschte Verhalten. Da das Tier weiß, dass auf dieses Signal stets eine Belohnung folgt, wird das Signal selbst zu einem Teil der Belohnung. Genauso funktioniert das Clickertraining.
EINE BEREICHERUNG DES KATZENLEBENS
Unsere Stubentiger sind die Nachfahren höchst geschickter Beutegreifer, die im Zusammenleben mit uns Menschen oft chronisch unterfordert sind. Mit dem Clickern lasten wir Katzen artgerecht aus, da es Körper und Verstand anspricht.
Katzen und Hunde leben schon lange zusammen mit Menschen. Hunde lassen sich gut erziehen, sie können unsere Mimik besser lesen, zudem lebten ihre Vorfahren in sozialen Verbänden. Dagegen sollen Katzen schwer erziehbar sein. Das Agieren innerhalb einer gemeinsam jagenden Gruppe ist nicht in ihrem Erbgut verankert. So wird Katzen ihr eigenständiges Verhalten oft als Starrsinn ausgelegt – leider, denn in vielen Fällen verstehen sie einfach nicht, was wir von ihnen wollen. Nicht weil sie dumm sind, sondern weil wir nicht in der Lage sind, es ihnen katzengerecht zu vermitteln.
WARUM CLICKERN SINNVOLL IST
Unsere Samtpfoten lernen schnell, wenn sie hierdurch einen Vorteil erlangen. Sie sind aufmerksame Beobachter und talentierte Nachahmer. Deshalb lernen sie zum Beispiel von uns, Artgenossen oder anderen Haustieren rasch, Schrank- und Zimmertüren zu öffnen, hinter denen kuschelige Ruheplätze oder Futtervorräte warten.
Das Clickertraining gibt uns die Möglichkeit, kätzische Energie und Neugier in geordnete Bahnen zu lenken. Wir bieten der Katze an, sich Belohnungen für das Ausführen bestimmter Handlungen zu verdienen. Lehnt sie ab, hat das keine negativen Konsequenzen. Präsentieren wir unser Angebot jedoch geschickt, indem wir klare, nachvollziehbare Signale senden, wird sie sich gern darauf einlassen.
Für einen intelligenten Beutegreifer ist es nämlich alles andere als eine Strafe, den Kopf anstrengen zu müssen, um sich leckeres Futter zu verdienen. Viel befriedigender für Katzenkörper und -seele ist es, sich die »Mäuse« selbst zu verdienen, statt aus Langeweile alle naslang den gefüllten Napf aufzusuchen. Tauchen Probleme im Umgang mit Ihrer Samtpfote auf, können Sie mithilfe des Clickertrainings wirksame Lösungsstrategien ohne Strafen entwickeln, die Ihnen beiden viel Stress ersparen. Künftig werden Sie sich in solchen Situationen weniger hilflos fühlen, da Sie im Lauf des Trainings ein ganz anderes Verständnis für Ihre Katze entwickeln.
Eine therapeutische Rolle spielt das Clickertraining für Katzen, die schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben. Diese haben Menschen als unberechenbar und gefährlich kennengelernt.
Beim gemeinsamen Clickern stellen die Tiere fest, dass sie selbst »die Fäden in der Pfote halten«: Machen sie mit, passiert etwas Positives, andernfalls – nichts. Die Kontrolle über eine Situation zu haben, ist für sie eine neue Erfahrung, die ihnen im Lauf der Zeit zu mehr Selbstvertrauen verhilft, aber auch die Bindung zu ihrer Bezugsperson stärkt, da sie diese als verlässlichen, berechenbaren Sozialpartner erleben. Letzteres trifft auch auf Katzen zu, die als Jungtiere unzureichend sozialisiert wurden: Das Clickertraining lässt sie sicherer im Umgang mit uns werden.
Durch Intelligenzspielzeug lernt die Katze, dass Eigeninitiative belohnt wird – wie beim Clickern.
Intelligenzspielzeug als Starthilfe
Katzen, die in einer Umgebung mit wenig Umweltreizen gehalten wurden oder die aus Animal-Hoarding-Haushalten (krankhaftes Sammeln von Tieren) stammen, sind oft antriebsarm, wenn es ums Spielen und Erkunden geht. Erstere wurden nie gefordert, Letztere haben gelernt, mit ihrer Energie zu haushalten, da sie ihre gesamte Kraft für den Kampf um knappe Ressourcen benötigten. Solche Kandidaten lassen sich sehr gut mit Intelligenzspielzeug auf das Clickertraining vorbereiten, da das Prinzip ähnlich ist: Um sich hieraus Leckerbissen zu erarbeiten, sind wie beim Clickertraining körperliches Geschick und Köpfchen gefragt. Die Katze lernt in ihrem eigenen Tempo, dass sie durch aktiven Einsatz etwas bewirken kann. Der Markt bietet eine große Spielzeugauswahl mit unterschiedlich hohen Anforderungen, und im Web finden Sie zahlreiche Anleitungen zum Selberbauen.
Drei handelsübliche Clicker sowie zwei Alternativen aus dem Haushalt, die sehr leise sind.
DER KLASSISCHE CLICKER UND ALTERNATIVEN
Im Handel sind mittlerweile Clicker in allen möglichen Farben, Formen und Lautstärken erhältlich. Darüber hinaus finden sich im Haushalt zahlreiche Alternativen zu den käuflichen Modellen.
Der klassische Clicker ist ein unter Spannung stehender Metallstreifen in einer Kunststoffbox als Klangkörper. Der Streifen wird per Knopfdruck heruntergedrückt und schnellt danach wieder zurück. Der Click ist genau genommen ein »Klick-Klack«. Je nach Größe der Kunststoffhülle können Clicker ziemlich laut sein. Probieren Sie bitte mit Ihrer künftigen Schülerin aus, wie sie auf dieses Geräusch reagiert, bevor Sie beginnen, Click und Belohnung zu verknüpfen. Wenn Sie selbst das Geräusch als unangenehm empfinden, wird der Clicker auch zu laut für Ihre Katze sein. Wählen Sie dann lieber gleich ein leiseres Modell.
ALTERNATIVEN ZUM CLICKER
Ausgesprochen geräuschempfindliche Katzen können Sie auch über das Klicken eines Kugelschreibers mit Druckknopf trainieren. Die Twist-off-Deckel kleiner Gläser für Lebensmittel erzeugen ebenfalls ein leises, markantes Geräusch, sofern sie eine Wölbung besitzen, den sogenannten Vakuumindikator. Auch ein von Ihnen produziertes Zungenschnalzen oder das kurze,...