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E-Book

CIA

Geschichte, Organisation, Skandale

AutorBernd Stöver
VerlagVerlag C.H.Beck
Erscheinungsjahr2017
ReiheBeck'sche Reihe 2871
Seitenanzahl130 Seiten
ISBN9783406704116
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Verehrt, gehasst, gefürchtet: Die 1947 als Speerspitze im Kalten Krieg gegründete 'Central Intelligence Agency' machte durch Interventionen in Kuba, Chile und anderswo von sich reden, stürzte in den Siebzigerjahren durch illegale Aktionen - Mord, Drogenhandel, Geheimarmeen - in eine Krise und konnte im 'War on Terror' ihre Kompetenzen bis hin zu 'gesteigerten Befragungen' und 'gezielten Tötungen' erneut erweitern. Bernd Stöver schildert anschaulich und auf dem neuesten Forschungsstand Geschichte und Organisation der geheimnisvollen Behörde und fragt, warum eine demokratische Zivilgesellschaft sie zulässt.

Bernd Stöver lehrt als Professor Neuere Geschichte an der Universität Potsdam.

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Leseprobe

1. Gründung 1947


Ein Produkt des Kalten Krieges


Die CIA war eines der ersten Ergebnisse, das die Umstellung der USA auf den Kalten Krieg mit sich brachte. Der Konflikt zwischen den ungleichen Verbündeten, USA und Sowjetunion, hatte sich bereits im Zweiten Weltkrieg abgezeichnet und brach öffentlich aus, als der gemeinsame Nenner, der Kampf gegen die Achsenmächte, 1945 wegfiel. Seitdem bereiteten sich beide Seiten intensiv auf den kommenden Konflikt vor. Die heftigen Kontroversen in der noch bis Anfang 1947 tagenden gemeinsamen amerikanisch-sowjetischen Arbeitsgruppe der UNO zur Atombombe inspirierten damals den amerikanischen Journalisten Herbert Swope zur Wortschöpfung «Cold War» – «Kalter Krieg».

Die quasi-offizielle Kriegserklärung zum Kalten Krieg als globalem Konflikt zwischen dem kommunistischen Modell der staatssozialistischen «Volksdemokratie» auf der einen und dem westlichen Modell der liberalkapitalistischen parlamentarischen Demokratie auf der anderen Seite folgte am 12. März 1947 mit der amerikanischen «Truman-Doktrin» und der im September verkündeten sowjetischen «Zwei-Lager-Theorie». Von dem 1917 begonnenen, ideologisch begründeten Ost-West-Konflikt unterschied den Kalten Krieg vor allem die Erfindung der Atombombe, die die USA 1945 und die UdSSR vier Jahre später besaßen. Die Nuklearwaffen stellten aber auch generell infrage, Probleme durch einen Krieg zu lösen. Daher entwickelte sich der Kalte Krieg schrittweise zu einem weltweiten «Nicht-Frieden», in dem mit Ausnahme «der Bombe» alles eingesetzt wurde, was zur Verfügung stand. Im Rückblick wurde dieser Nicht-Frieden zu einer umfassenden politisch-ideologischen, ökonomischen, technologisch-wissenschaftlichen und kulturell-sozialen Auseinandersetzung, die ihre Auswirkungen bis in den Alltag zeigte und bei der beide «Supermächte» glaubten, dass es um Sieg oder Untergang gehe. Unter den zahlreichen weiteren Mitspielern im Kalten Krieg galt insbesondere die Bewegung der Blockfreien als schwer berechenbar.

Den Geheimdiensten kam in dem Konflikt eine niemals zuvor erreichte Bedeutung zu. In die allgemeine Umorganisation fiel deswegen mit dem am 18. September 1947 in Kraft getretenen National Security-Gesetz die Gründung der CIA und des für die Beratung des Präsidenten in Fragen der Nationalen Sicherheit zuständigen National Security Council (NSC). Dessen Direktiven wurden für die CIA bindend und zum Teil für Jahrzehnte gültig. Dazu gehörten die Anweisung NSC 4/A (Dez. 1947), mit der die Agency in die Psychologische Kriegsführung und den Propagandakrieg gegen den Kommunismus eingebunden wurde, NSC 10/2 und 10/5 (Juni 1948/Okt. 1951), die die Verdeckte Kriegsführung (Covert Activities) definierten, NSC 158 (Juni 1953), mit der grundsätzlich der strategische Schwerpunkt auf die Verschärfung der innenpolitischen Probleme der kommunistischen Staaten gelegt wurde, und NSC 5412 (März 1954), die faktisch den «totalen» Geheimdienstkrieg gegen den Kommunismus verkündete. In den Achtzigerjahren, dem letzten Jahrzehnt des Kalten Krieges, kam ihnen in aktualisierter Form noch einmal besondere Bedeutung zu.

Debatten


Die Gründung der CIA blieb umstritten. Zwar hatte noch Präsident Roosevelt William «Wild Bill» Donovan, dem Chef des Office of Strategic Services (OSS), das 1942 nach Vorbild des britischen und der Special Operations Executive (SOE) für die Dauer des Krieges eingerichtet wurde, einen «zentralen Geheimdienst» nach Kriegsende in Aussicht gestellt, was auch der im September 1945 vorgelegte Eberstadt Report empfahl. Sein Nachfolger Truman hielt allerdings das OSS bereits für überflüssig und löste es mit Wirkung vom 1. Oktober 1945 durch die Executive Order (EO) 9621 auf. Die Aufgaben wurden dem im Außenministerium untergebrachten Interim Research and Intelligence Service (IRIS) übertragen. Die Kernaufgaben, einschließlich Spionageabwehr und «Covert Action», übernahm das Pentagon.

Eine Zeitlang entspann sich sogar noch eine Debatte, ob ein Geheimdienst für eine Demokratie überhaupt statthaft sei. Sie verebbte allerdings rasch angesichts des rapide anwachsenden Bedrohungsgefühls, obwohl Kompetenzstreitigkeiten anhielten. Schon das OSS war als ein übergeordneter, unabhängiger Geheimdienst geplant worden, der durch seine Arbeit den Vereinigten Stabschefs (JCS) und dem Präsidenten militärische Entscheidungshilfen liefern sollte. Die Zentralisierung war letztlich gescheitert, weil sowohl die Armee und die Marine als auch das FBI, das damals noch ein eigenes Agentennetz in Lateinamerika unterhielt, sich weigerten, Befugnisse abzugeben.

Während die Teilstreitkräfte ihre Dienste behalten konnten, verlor das FBI mit der Gründung der CIA seinen 1940 gegründeten Special Intelligence Service. Trumans Argument für die Trennung von Inlands- und Auslandsgeheimdienst war vor allem ein politisches: Es sollte keine «amerikanische Gestapo» geben.[2] Zahlreiche FBI-Mitarbeiter, wie William King Harvey, der später maßgeblich am Bau des berühmten «Berliner Tunnels» beteiligt war und den John F. Kennedy für «America’s James Bond» hielt,[3] oder Joseph Caldwell «J. C.» King, der dann erste CIA-Chef für Geheimoperationen in der «Western Hemisphere», wechselten zur Agency, während der gekränkte FBI-Chef, J. Edgar Hoover, anordnete, die Akten des Special Intelligence Service zu vernichten. Verlorengegangene Informationen versuchte die CIA unter anderem mit politisch belastetem Personal aus dem Dritten Reich wieder zu beschaffen. Die Teilentmachtung Hoovers, der wohl gehofft hatte, selbst die Leitung eines zentralen Geheimdienstes zu übernehmen, führte bis zu dessen Tod 1972 zu ständigen Spannungen mit der Agency, die die Kooperation teilweise massiv behinderten. Erst 1987 wurde mit William H. Webster zum ersten Mal ein amtierender FBI-Direktor zum DCI ernannt.

Die Debatten endeten nicht mit der Gründung der CIA. Eine Hoover Commission tagte 1947, zwei Jahre später folgte der sogenannte Dulles-Jackson-Correa Report, 1953 eine zweite Hoover Commission. Bis zum großen Paukenschlag der Rockefeller- und Church Reports 1975/76, denen zeitweilige Einschränkungen der CIA-Befugnisse folgten, wurden unter anderem mit dem Doolittle- (1954), Bruce-Lovett- (1956), Taylor-Rostow (1961), Kirkpatrick- (1961) und Schlesinger Report (1971) zahlreiche weitere Reformvorschläge vorgelegt, um die CIA effektiver und kontrollierbarer zu machen. Wie wenig sie bewirkten, zeigten 1987 der Iran-Contra Investigation Report, 1992 die Intelligence Reform Proposals, 2001 die U.S. Commission on National Security/21st Century, 2004 der 9/11 Commission Report sowie 2005 die Weapons of Mass Destruction Commission. Den restriktiven Executive Orders von Gerald Ford (EO 11.905/1976) und Jimmy Carter (EO 12.036/1978, Intelligence Surveillance Act) schlossen sich allerdings erneut Liberalisierungen durch Reagan (u.a. EO 12.333, 1981) und Bush (Patriot Act, 2001; Intelligence Reform and Terrorism Prevention Act, 2004; Protect America Act, 2007) an.

Ein «zentraler Geheimdienst» entsteht


Die im Januar 1946 mit einer angegliederten Central Intelligence Group (CIG) gebildete National Intelligence Authority war noch dem Außenministerium unterstellt, was aber mit der gleichzeitig geschaffenen Position eines nur dem Präsidenten verantwortlichen DCI sein Ende fand. Zum ersten CIA-Direktor ernannte Truman Sidney Souers (Jan. – Juni 1946). Bis zum offiziellen Inkrafttreten des National Security-Gesetzes 1947 folgten Hoyt Vandenberg (Juni 1946 – Mai 1947) und Roscoe H. Hillenkoetter (Mai 1947 – Okt. 1950). Unter Vandenbergs Leitung gelang es der CIG bereits, wichtige Zuständigkeiten vom Pentagon zu übernehmen. Das neu gegründete Office of Special Operations (OSO) wurde für die Auslandsspionage zuständig. Die Erweiterungen erzeugten allerdings neue Konflikte, spätestens, als die CIA 1948 mit dem State Department das Office of Policy Coordination (OPC) gründete. Dessen ungeachtet wurden OSO und OPC 1951/52 in der CIA-Direktion für Planung zusammengelegt, womit der «Clandestine Service» (CS) als erste zentrale CIA-Einheit für Geheimoperationen entstand.

Mit dem Inkrafttreten des National Security-Gesetzes im September 1947 erhielt die CIA ihre Hauptaufträge: regelmäßige Lageberichte und allgemeine Geheimdienstaufgaben. Letztere sollten ihr vom Präsidenten und vom NSC jeweils gesondert übertragen werden. Da bestimmte Informationen auch an den Kongress und...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Cover1
Titel3
Zum Buch2
Über den Autor2
Impressum4
Inhalt5
Mythos CIA7
1. Gründung 194710
Ein Produkt des Kalten Krieges10
Debatten11
Ein «zentraler Geheimdienst» entsteht13
2. «Langley» als Institution15
Struktur und Leitung15
Rechtsgrundlagen, Selbstverständnis, Budget, Kontrolle18
Spionage, Spionageabwehr, Covert Action20
Anwerbung, Ausbildung, Einsatz23
Kooperationen28
3. Schwerpunkt Europa 1947–953/5632
Italien – Der Gründungsmythos32
Berlin Operation Base: In der Hauptstadt der Spionage33
Umsturzversuche: Albanien – Jugoslawien – UdSSR36
Die CIA und die Aufstände im Ostblock39
4. Schwerpunkt Dritte Welt 1953–197342
Das Initialereignis: Der Koreakrieg42
Iran: Rohstoffsicherung44
Südostasien: Die Dominotheorie46
Afrika: Die Beispiele Kongo und Angola49
Staatsterrorismus im US-Hinterhof: Guatemala – Kuba – Chile51
5. In der Defensive 1974–198055
Die «Familienjuwelen»55
Entspannung als Waffe60
Die Geiselkrise im Iran62
Wendepunkt Afghanistan64
6. Wieder in der Offensive 1981–199166
Das Intelligence Reform-Gesetz66
Schwerpunkt Dritte Welt69
Schwerpunkt Europa73
Der Untergang des Ostblocks75
7. Nach dem Kalten Krieg 1992–200078
Neuorientierung78
«Vagabundierende Atomwaffen»81
China83
Der neue alte Gegner: Terrorismus85
8. Freibrief 9/11 seit 200187
9/11 als «drittes Pearl Harbor»87
«The War on Terror»92
Guantánamo als Chiffre95
Der «Islamische Staat»97
9. «Dirty Tricks» und anderes: Eine Auswahl99
Kulturkampf99
Ungewöhnliche Methoden103
Area 51106
Geheimarmeen107
Gezielte Tötungen und «Cyberwarfare»110
10. Bilanz113
Zeittafel116
Abkürzungen118
Anmerkungen120
Literaturhinweise123
Personenregister126
Organigramm der CIA 2017129
Übersicht der Central Intelligence- und National Intelligence-Direktoren130

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