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E-Book

... mehr vom Pferd!

Vom Arbeitstier zum Sport- und Freizeitpferd

AutorHans-Jürgen Jagau
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl140 Seiten
ISBN9783744877541
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Langenhagen darf sich inzwischen wieder mit einigem Recht als "Pferdestadt" bezeichnen. Im Verlauf der Geschichte waren dieser Ort und das gleichnamige Amt im Fürstentum Calenberg wegen des Pferdehandels und unternehmender Pferdehändler wohlbekannt. Darüber berichtet der erste Band "... etwas vom Pferd!". Im hier vorliegenden Folgeband "... mehr vom Pferd!" kann die Geschichte des Pferdes vom bäuerlichen Arbeitstier und Militärpferd zum heutigen Sport- und Freizeitpferd mit speziellem Blick auf Langenhagen nachgelesen werden.

Hans-Jürgen Jagau veröffentlicht die Reihe "Beiträge zur Langenhagener Lokalgeschichte" seit einiger Zeit. Grundlage sind jeweils umfassende historische Recherchen, insbesondere Sichtung und Aufarbeitung des Dokumentenbestandes im Niedersächsischen Landesarchiv. Als Dipl. Ing. agr. interessiert sich der Autor besonders für agrarhistorische Aspekte. In seinem Ehrenamt als Stadtheimatpfleger der Stadt Langenhagen ist er mit vielfältigen Aspekten der Ortsgeschichte und der Stadtentwicklung befasst. Hinzu kommen verschiedene Ehrenämter im Bereich Kultur und Landwirtschaft. Außerdem ist er für zwei Homepages in Kultur und Heimatpflege verantwortlich.

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Leseprobe

Pferde im „Spanndienst“


Die in Langenhagen ansässigen Bauern wurden – wie oben angesprochen - einst als Vollmeier, Halbmeier, Groß- und Kleinkötner sowie Brinksitzer sozial und nach Größe ihrer Höfe unterschieden. Der Besitz an Pferden war dabei wesentlich. Die Vollmeier bzw. Vollspänner waren seit dem frühen Mittelalter verpflichtet, ihrem Grundherrn mit einem „vollen“ Gespann Frondienste zu leisten. Diese in der Regel nicht zeitlich eingeschränkten Dienste konnten aus den verschiedensten Anlässen angefordert werden. In den überlieferten Langenhagener Erbregistern aus den Jahren 1612, 1634 und 1660 waren sie z. T. im Einzelnen verzeichnet. Amtsschreiber Wyneken kam um 1750 in dieser Sache zu folgendem Urteil:

„Was die Dienste anlanget, so sind solche in Vergleichung anderer benachbarter Ämter sehr erträglich, indem zum Exempel ein Vollmeyer überhaubt järlich nur 6 ordinaire Spanndienst- und 3 Handdiensttage, an extraordinairen Diensten aber etwann 12 Tage behuf Anfahrung des herrschaftlichen Torfes und noch letztere gegen Erlegung 10 gr und 12 gr Fahrlohn zu verrichten, auch einige Burgveste, Wegebeßerungen und Kriegerfuhren zu übernehmen hat.“

Die betroffenen Bauern wussten sicher, dass sie in Langenhagen besser gestellt waren, als Bauern unter anderen Rechtsverhältnissen in der weiteren Umgebung. Dennoch war ihnen diese angeblich „erträgliche“ zusätzliche Belastung ihrer Pferde gewiss ein Dorn im Auge. Nur bei den „extraordinairen Diensten“ für Geld mochte der eine oder andere den Fuhrlohn als angenehmes Zubrot aufgefasst haben.

Die o. a. Einteilung der Höfe nach ihrer Größe fand auch in der Besteuerung der Bauern ihren Niederschlag. So in einem Rezess des Herzogs Friedrich Ulrich aus dem Jahr 1618:

Von Gottes Gnaden, Wir Friedrich Ulrich, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg Thun hiermit zu Kund und zu Wißen …. ein modum collectandi (1614) Bestätigung, daß vom itzigen Michaelis 1618.

… von den Interessen der Voll-Meyer item ein Leibzucht=Hauß in das ein Reichsthaler in specie, von Schaaf-Meistern, Müllern, Krügern, Kramern, Haus-Tändlern, Schmieden und anderen Handtwerkern und die sonsten negationes und Handlungen bey ihren Häusern haben, ein Reichsthaler in specie, von jeglichem Halbspänner oder Halbmeyer auch Großköthner so eigen Spannwerk haben drey viertel Reichsthaler in specie, von kleinen Köthnern ohn Spannwerk und bringsitzern so eigen Hauß und Scheuren haben einen halben Reichsthaler in specie, von Häußlingen, so anderen beym Feuer sitzen ein viertel Reichsthaler in specie.

Danach ist dann, das was jeglicher an Vieh hat von jeglichem Haubt Rind=Viehe so jährig und darüber drei Mgr, von jeglichem Schweine ein halb Jahr alt und darüber ein Mgr, dann ferner von jedem Morgen Land, als von Erb-Land vier Mgr, Lehn-Land drey Mgr, Wiesen oder Grasland zwey Mgr, Zins- oder Meyer-Land 1 Mgr, und dieses also zu verstehen, wer solches unter dem Pfluge hat und gebrauchet. Pastoren und Küster bleiben ihre Wohn- und Pfarr-Häuser …. auch ihr darin habendes notdürftiges Viehe und der von altershero darbey gebrauchte Landerey-Vermögen oder Wiesen … frey und unbelastet. Von der Länderey und Gütern aber so darbey in der Landschaft-Distribution gewiesen und etwa den meyern abgenommen oder sonsten Hauß, Hütte und Güter, so durch handt Pfand- oder Pachtweise an sich gebracht, oder hiefort an sich bringen würde, davon sollen sie gleich anderen ihren Nachbarn contribuieren.1

Die Unterscheidung der Bauernklassen betraf demnach außer der Steuerlast vor allem die den Bauern auferlegten Spanndienste. Vollspänner mussten zwei ggf. sogar vier Pferde für Dienste für ihre Gutsherren anspannen. Halbspänner bzw. Halbmeier stellten meist nur ein Pferd. Bei Großkötnern waren häufig ebenfalls Pferde vorhanden, die dann auch zu Dienstleistungen herangezogen wurden. Interessant ist, dass nur Kühe und Schweine besteuert wurden, Pferde dagegen nicht. Insofern herrschte ein gewisses Maß an Gerechtigkeit, weil die Pferde ja ohnehin im Spann Leistungen für den Grundherrn erbrachten.

Kleinkötner und Brinksitzer besaßen in der Regel keine Pferde. Ihnen fielen die Handdienste zur Last. Wenn solche Kleinbauern ihre Felder bestellen wollten, mussten sie auf Ochsen oder gar Milchkühe zurückgreifen. Manchmal half auch der Nachbar mit seinem Gespann aus.

Die allgemein verhassten bäuerlichen Dienstpflichten waren eine wesentliche Belastung der Landwirtschaft. Erst im 19. Jahrhundert konnten sie durch Geldzahlungen abgelöst werden. Im Rahmen dieser Betrachtung kann darauf jedoch nur am Rande eingegangen werden.

Zugpferde, Holzschnitt (Jost Amman?) aus Caius Plinius II.

„Von Natur, Art und Eigenschaften aller Creaturen“ im Verlag Jost Feyerabend, Frankfurt, 1583

Wir erfahren aus noch vorhandenen Quellen zu den Spanndiensten nebenbei etwas über damalige soziale Verhältnisse. In den Jahren 1823 bis 1830 baute man eine Chaussee auf der Trasse der heutigen Walsroder Straße. Eine zweite führte auf der Linie der heutigen B6. Für diesen Bau waren die Bauern des Amts Langenhagen spannpflichtig. Deshalb hatte Ortsvorsteher Kuhlmann 1826 die Zahl der vorhandenen Arbeitstiere im Dorf Langenhagen der Behörde mitgeteilt. Dieses Verzeichnis wurde wegen Beschwerde des Zolleinnehmers Gotthard Eickesi erstellt, der wie seine Nachbarn nur zwei Pferde stellen wollte, obgleich er vier besaß.

Hier sein Beschwerdebrief, man kann ihn durchaus als Erpressungsversuch ansehen:

Sehr geehrter Herr Kuhlmann

wegen der Spanndienste an der Chaussee wird ihm bekannt sein, daß mir drei Pferde angesetzt worden sind, und meinem Nachbarn sind gar keine Ochsen angeschrieben worden, als bloß zwey Pferde.

Ich ersuche Sie darum, mir das dritte Pferdt abzusetzen, und mit meinem Nachbarn gleich zu machen. Ich möchte nicht gern der Wegebau-Commission die Augen öffnen und ein Verzeichniß überreichen, was jeder Haus-Wirth an Pferden und Ochsen hat. In Erwartung der Erfüllung meiner Bitte verharre ich

Ergebenst

Langenhagen 16 ten Octbr. 1826G. Eicke

Kuhlmann ging darauf anscheinend nicht ein. Eicke musste sich alsbald höheren Orts beschwert haben, denn kurz darauf forderte die Hannoversche Landdrostei als zuständige Behörde Bericht des Herrn Amtmann. Dieser antwortete:

An Königliche Landdrostei

… überreiche Aufstellung der Hand und Spanndienste …

Durch eine … wider die Gemeine Kircher Bauerschaft von deren Einwohner Gotthard Eicke eingebrachte Denunciation hat sich ein Hinweis ergeben, daß viele Hauswirthe auch ihre Ochsen mit vorzuspannen pflegen.

Diese Ochsen werden zum Verkauf auf den Märkten gehalten und nun öfters um den Pferden eine Erleichterung zu verschaffen mit zum Ackerbau gebraucht.

Da unseres unvorgreiflichen Dafürhaltens der Verordnung nach nur die principaliter zum Ackerbau gehalten werdenden Ochsen zu Spanndiensten berechnet werden sollen, so haben wir sub spe rat. selbige bevor Königliche Landdrostei uns desfalls mit einer Bescheidung zu verfahren beliebt, um so weniger in die Listen aufgenommen, als solche bisher frei gewesen, die Gemeine resolviert, dann die Ochsen abschaffen zu wollen und nicht zu bezweifeln, daß auch in den anderen Ortschaften ähnliche Verhältniße in Hinsicht der dort befindlichen Ochsen vorhanden sind.

Müller

angeschlossen:

Verzeichnis der Pferde und Zug-Ochsen in der Kircher Bauerschaft,

wie solche ein jeder selbst...

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