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E-Book

Mensch, versteh mich doch!

Hilfe bei großen und kleinen Sorgen im Alltag mit dem Hund

AutorSabine Thiele
VerlagCadmos Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl112 Seiten
ISBN9783840460135
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Hunde verhalten sich oft anders, als wir Menschen uns das wünschen. Doch was wir als unangemessenes Problemverhalten einstufen, ist aus 'Hundesicht' häufig eine völlig normale Reaktion. Dieses Buch erklärt, warum Hunde in bestimmten Situationen mit Angst, Aggression oder anderen problematischen Verhaltensweisen reagieren, es hilft bei der gezielten Problemanalyse und stellt leicht umsetzbare Lösungsmöglichkeiten vor. Hund und Mensch sprechen nicht die gleiche Sprache. Das führt im täglichen Zusammenleben unweigerlich zu kleinen und großen Missverständnissen und nicht selten kommt es zu Situationen, in denen Hunde für uns Menschen inakzeptable Reaktionen zeigen. Wie Hunde die Welt sehen und unser Verhalten interpretieren und warum sie in bestimmten Situationen Angst, Aggression oder andere problematische Verhaltensweisen zeigen, erklärt dieses Buch. Es hilft, die Ursachen von Fehlverhalten zu analysieren und zeigt leicht umsetzbare Trainingsmethoden zur gezielten Problemlösung auf. Die Therapievorschläge basieren auf positiver Verstärkung und aktuellen verhaltensbiologischen Erkenntnissen. - Wie Probleme im Mensch-Hund-Team entstehen - Problemanalyse - Basics für eine erfolgreiche Therapie - Alltagsprobleme im Überblick

Die Autorin: Sabine Thiele wohnt mit ihrer Familie und ihren beiden Hunden in Wendlingen am Neckar, wo sie als Hundetrainerin praktiziert. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit verhaltensgestörten Hunden und deren Therapie, darüber hinaus gibt sie Seminare über Hundeprobleme.

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Leseprobe

Wichtige Grundlagen


Nicht jeder knurrende Hund ist offensiv aggressiv. Knurren kann auch Unsicherheit oder Angst ausdrücken. (Foto: R. Maurer)

 

In diesem Kapitel möchte ich vor allen Dingen Grundlagen vermitteln. Wissen, das Sie brauchen, um Probleme zu erkennen, richtig einordnen zu können und eventuell auch selbst schon Lösungsstrategien zu entwickeln.

 

Wenn wir unserem Hund ab und zu etwas „erzählen“, ist das in Ordnung. Wir dürfen nur nicht erwarten, dass er uns versteht. (Foto: R. Maurer)

Kommunikation heißt das Zauberwort


Kennen Sie das auch? Sie erzählen Ihrem Hund im wahrsten Sinne des Wortes Geschichten. Glauben Sie, dass er Sie versteht? Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich mit meinen Hunden nicht öfter in ganzen Sätzen spreche. Das ist auch in Ordnung, solange man nicht erwartet, dass der Hund sich einen Reim darauf machen kann. Zwar spüren Hunde unsere Stimmung, ob wir schlecht oder gut gelaunt sind, aber unsere Sprache ist für sie eine Fremdsprache. Sprechen wir in ganzen Sätzen, versteht unser Hund höchstens seinen Namen und die Kommandos, die er gelernt hat, also etwa so viel wie: „Blablabla ... Sitz ... blablabla ... Bello ... blablabla.“

Mensch und Hund kommunizieren auf unterschiedliche Weise. Wir Menschen verständigen uns in erster Linie durch Worte; die Körpersprache spielt eine untergeordnete Rolle. Bei Hunden ist es umgekehrt. Sie nutzen hauptsächlich ihre Körpersprache und eher selten Lautäußerungen. Hinzu kommt, dass dieselben körpersprachlichen Signale für uns oft etwas ganz anderes bedeuten als für unsere Hunde. Da sind Kommunikationsschwierigkeiten und Missverständnisse programmiert.

Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Wenn wir jemanden freundlich begrüßen, gehen wir direkt auf ihn zu, sehen ihm in die Augen und schütteln ihm die Hand. Hunde würden in derselben Situation niemals direkt aufeinander zugehen und sich auch nicht in die Augen schauen. Sie laufen leichte Bögen und wenden den Blick voneinander ab. So signalisieren sie, dass sie friedliche Absichten haben. Unsere Form der Begrüßung verstehen Hunde hingegen als Drohgebärde. Ein friedlicher Hund reagiert darauf normalerweise, indem er wegschaut und sich betont abwendet. So teilt er mit, dass er keine Bedrohung darstellt.

Der erste Schritt im Training mit einem verhaltensauffälligen Hund – und auch mit jedem „normalen“ – besteht also darin, dass wir Menschen lernen, die Hundesprache richtig zu deuten und auch in für den Hund verständlicher Weise zu kommunizieren. Wir müssen uns bewusst machen, dass unser Hund zwar die Bedeutung von Wörtern erlernen kann, aber nur, wenn wir ihm erst einmal in seiner Sprache „erklären“, was sie bedeuten. Befolgt ein Hund ein Kommando nicht, ist das also keine böse Absicht, sondern er hat es einfach noch nicht verstanden. Lernen Sie deshalb Hündisch!

 

Wie Hund und Katz

Wussten Sie, dass Katzen anders kommunizieren als Hunde? Um sein Gegenüber zu beschwichtigen, dreht unser Hund beispielsweise den Kopf zur Seite oder leckt sich über die Schnauze. Diese Signale kennen Katzen nicht. Sie blicken ihrem Gegenüber auch in friedlicher Absicht frontal ins Gesicht. Das könnte unser Hund als Kampfansage werten.

 

Begrüßung auf „Hündisch“: Bögen umeinander laufen und direkten Blickkontakt vermeiden. (Foto: Tierfotoagentur.de/S. Starick)

 

Häufige Missverständnisse kurz erklärt

Beugen wir uns über unseren Hund, ist das aus unserer Sicht eine freundliche Geste. Auf ihn wirkt diese Haltung aber ähnlich bedrohlich wie ein direkter Blickkontakt. Manche Hunde reagieren darauf äußerst ängstlich. Sie ducken sich, schlimmstenfalls können sie aus Angst sogar zuschnappen. Beugen Sie sich daher niemals über einen Hund, sondern gehen Sie lieber neben ihm in die Hocke, ohne ihm dabei in die Augen zu schauen.

Streicheln wir unserem Hund über den Kopf, möchten wir ihm damit eigentlich unsere Zuneigung zeigen. Er empfindet das aber als Bedrohung oder es ist ihm zumindest unangenehm. Zwar ertragen viele Hunde das Kopfstreicheln – oft zeigen sie ihr Unbehagen kaum –, aber achten Sie einmal darauf, ob Ihr Hund blinzelt, sich die Lefzen leckt oder in seiner Bewegung erstarrt. So zeigt er, dass er sich gerade nicht wohlfühlt.

Wenn wir unseren Hund mit lauter, strenger Stimme heranrufen, wollen wir damit unserem Kommando Nachdruck verleihen. Tatsächlich signalisieren wir dem Hund aber nur, dass wir nicht gut auf ihn zu sprechen sind. Er wird sich jetzt besonders vorsichtig, am besten in einem großen Bogen, nähern oder lieber gar nicht erst kommen, um einen drohenden Konflikt zu vermeiden. Ein freudiges Auf-uns-zu-Laufen erreichen wir so sicher nicht.

Jedes Mal, wenn es klingelt, rennt unser Hund als Erster bellend zur Tür. Wir schimpfen ihn dafür aus und halten ihn fest, um öffnen zu können. Damit wollen wir erreichen, dass er dieses Verhalten bald nicht mehr zeigt; doch das Gegenteil ist der Fall, es verstärkt sich sogar. Warum? Aus Sicht unseres Hundes schimpfen wir nicht, sondern „bellen“ mit ihm. Wir spielen sein Spiel mit und verschaffen ihm so ein Erfolgserlebnis.

Ein knurrender Hund ist aggressiv? Das stimmt nicht immer. Oft ist Knurren Ausdruck von Unsicherheit oder Angst. So versucht unser Hund, Beängstigendes von sich fernzuhalten. Knurren gehört zu seinem ganz normalen Verhaltensrepertoire. Es dient als Warnung und seltener auch als offensive Drohung. Wichtig ist, die Ursache für das Knurren herauszufinden. Ist Angst der Grund, müssen wir versuchen, unserem Hund mehr Sicherheit zu vermitteln – sein Vertrauen in uns stärken.

 

Über den Hund beugen und ihm den Kopf tätscheln: Mit beiden Gesten wollen wir unsere Zuneigung ausdrücken. Vielen Hunden behagt das jedoch gar nicht. (Foto: animals-digital.de/Th. Brodmann)

Problemkreis Stress


Stress ist ein biologischer Prozess, der dem Körper bei der Bewältigung ungewohnter und belastender Situationen hilft. Besteht echte Gefahr, ist Stress überlebenswichtig, doch dieser übererregte Zustand ist ebenso ein Alarmsignal. Der Körper zeigt damit: Es ist mir zu viel, was da gerade auf mich einwirkt.

Stress gibt es nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Hunden und anderen Lebewesen. Man unterscheidet zwei Arten: den positiven, notwendigen und biologisch sinnvollen Stress (Eustress) und den negativen Stress (Disstress).

 

Positiver Stress: freudige Erregtheit beim Ballspiel. (Foto: R. Maurer)

 

Während Eustress anregend wirkt und die Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit erhöht, schwächt Disstress Körper und Psyche.

Freudige Ereignisse wie Spiel, Besuch, Futter oder ein anstehender Spaziergang rufen beim Hund positiven Stress hervor. Auslöser für negativen Stress sind hingegen psychische oder körperliche Unter- oder Überforderung und Ausüben von Druck, etwa durch Anwendung von Gewalt bei der Erziehung. Wichtig zu wissen ist auch, dass ein Zuviel an positivem Stress in negativen Stress umschlagen kann, beispielsweise dann, wenn ein Spiel außer Kontrolle gerät und der Hund sich zu sehr hineinsteigert.

Eine Stressreaktion verläuft in drei Stressphasen. Am Anfang steht die Alarmreaktionsphase, ein Zusammenspiel von Nervenimpulsen und Hormonausschüttungen, die den Körper in Alarmbereitschaft versetzen. In dieser Phase befindet sich unser Hund immer dann, wenn er etwas angespannt erwartet, sei es ein Spiel, eine Handlung, einen Artgenossen, den er in der Ferne gesichtet hat, oder etwas Unbekanntes, das ihm entgegenkommt. Viele Hunde machen sich in dieser Situation kleiner; sie ducken sich oder legen sich hin.

Als Nächstes folgt die Widerstandsphase. Nun hat der Hund nur noch den Stressauslöser im Kopf, während seine Widerstandsfähigkeit anderen Reizen gegenüber erheblich herabgesetzt ist. Oft nimmt er Dinge in seiner Umgebung gar nicht mehr wahr— er ist allein damit beschäftigt, den Stress abzubauen. Gelingt ihm das, kommt es zur Erholungsphase, wenn nicht, tritt die Erschöpfungsphase ein. Der zu lang anhaltende Stress überfordert den Körper. Die normalerweise nur kurzfristig auftretenden Symptome der ersten Phase bestehen nun langfristig und versetzen den Hund in dauerhafte Alarmbereitschaft. Verhaltensstörungen, ein geschwächtes Immunsystem und in der Folge organische Erkrankungen sind das Ergebnis.

 

Hat mein Hund Stress?


Stress äußert sich bei Hunden auf unterschiedliche Weise. Häufig zu beobachtende Alarmzeichen sind Nervosität,...

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