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Der Schwellengänger

Den letzten Weg gemeinsam gehen oder bis an die Pforte werd ich Dich begleiten!

AutorMichael Ronald Hardcastle
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl212 Seiten
ISBN9783744884822
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,49 EUR
Ein Schwellengänger begleitet die ihm "anvertrauten" Menschen bis zum "Übergang" und erkundet damit die Grenze einer anderen Welt in der Bereitschaft, die "Tiefe" des Erhörten, Erzählten, Gesehenen und Erspürten zu entdecken. Respekt und Würde im Umgang mit Sterbenden und Ehrfurcht vor dem Leben haben mich dazu veranlasst, dieses Buch zu schreiben.

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5. Exkurs: Wo sterbe ich hin?


Vor wenigen Wochen erhielt ich von Katharina folgende Nachricht, die mich veranlasst hat, dieses Kapitel hinzuzufügen:

„Hallo Herr Hardcastle! Ich habe etwas hin- und herüberlegt, ob ich Ihnen schreiben soll oder nicht. Wir kennen uns gar nicht und ich möchte Sie auf keinen Fall mit meinen privaten Problemen belästigen. Ich habe den Artikel in der Aachener Zeitung vom 17.11.2014 über Sie gelesen und Sie haben das geschafft, was ich auch gerne schaffen möchte:

Meine Angst vor dem Tod zu überwinden.

Solche Angst, die einen nachts nicht schlafen lässt und einen ab und zu sogar in Panikattacken versetzt; ein Gefühl von Ausweg-, Hilflosigkeit und Verzweiflung.

Ich wünsche mir jedenfalls, einfach keine Angst mehr zu haben und mein Leben leben zu können. Ich bin jung, gesund und habe Glück und führe ein gutes Leben; wenn nur diese furchtbare Angst vor dem Tod nicht wäre. Es möchte auch nie jemand so recht über das Thema reden. Es kommt mir immer so vor, als hätte jeder Angst vor dem Tod, verdrängen diese aber erfolgreich. Vielleicht irre ich mich auch.

Ich schreibe Ihnen, da ich keine Großeltern mehr habe, die ich fragen könnte, wenig Kontakt zu anderen Senioren und diese auch nicht einfach Dinge fragen möchte, die eventuell komplett deplatziert wären. Ich habe bis auf meinen Hund noch nie jemanden sterben sehen. Und im Falle des Hundes war es bis zum Eintreffen des Tierarztes ein grausamer Todeskampf, der mir nur noch mehr Angst einjagte.

Ich würde Ihnen sehr gerne, wenn es Sie nicht stört, ein paar Fragen stellen. Sie müssen diese selbstverständlich nicht beantworten:

Ich habe oft gehört, dass ältere Menschen keine Angst mehr vor dem Tod haben. Ist das tatsächlich so? Ist der Tod bzw. das Sterben wirklich so ein schreckliches Ereignis, wovor man sich fürchten sollte? Ist Sterben immer ausnahmslos schwierig, leidvoll und traurig? Haben Menschen, die zu Ihnen kommen, Panik bzw. Panik kurz vor dem Tod? Kann man sich tatsächlich und gänzlich damit abfinden, dass man Sterben muss ohne dabei Angst zu empfinden? Gibt es Menschen, die wirklich keine Angst vor dem Tod haben? Oder erscheint das nur von außen so? Und sind diejenigen, die friedlich sterben, ausschließlich gläubige Menschen? Und: Sind Menschen gläubig, weil sie wirklich glauben oder nur, weil sie Angst vor dem Tod haben bzw. Angst davor, dass danach nichts kommt?

Mir wurde von klein auf beigebracht, dass der Tod das Ende bedeutet und danach nichts ist. Für viele macht diese Tatsache das Leben zu einem einmaligen, besonderen Geschenk. Für mich macht es das Leben und alles, was man sich erarbeitet, erreicht, an Wissen anhäuft und an Erfahrungen sammelt, irgendwie ein bisschen sinnlos und den Tod zu einem traurigen, grausamen Ereignis, welches einem endgültig und unwiderruflich von allem trennt, was man liebt.

Ich danke Ihnen vielmals für das Lesen meiner Nachricht. Ich fühle mich jetzt zwar etwas bescheuert, aber vielleicht bin ich nicht die Einzige, die Ihnen solche Fragen stellt. Ich hoffe jedenfalls, Sie mit meinem Geschreibsel nicht total genervt zu haben.“

Ich habe Katharina die folgende Antwort geschickt:

Liebe Katharina (ich hoffe, dass ich Dich so ansprechen darf). Dankeschön für deine Nachricht, und das mir damit entgegengebrachte Vertrauen. Deine Nachricht sehe ich keinesfalls als Belästigung, denn ich kann sehr gut nachfühlen, was in dir vorgeht.

Jetzt bin ich 60 Jahre alt, und hatte seit meinem 20. Lebensjahr die Angst, früh sterben zu müssen. Angst vor dem Tod habe ich nicht mehr. Es ist eher Respekt. Mittlerweile bin ich nämlich darauf gespannt, was danach kommt. In meiner Begleitung von sterbenden Menschen im Hospiz habe ich gelernt, dass es immer wichtig ist, wie man gelebt hat, denn so stirbt man - bis auf wenige Ausnahmen - auch. Menschen, die mit sich selbst „im Reinen“ sind, gehen immer erfüllt und „zufrieden“.

Deshalb ist es wichtig, in seinem Leben respektvoll mit anderen Menschen umzugehen, und sie in ihrem „Anderssein“ anzunehmen, aber beizeiten auch loszulassen. Natürlich ist das Leben ein besonderes Geschenk, ob es aber einmalig ist, wage ich zu bezweifeln.

Ich denke, im letzten Teil Deiner Nachricht gibst Du Dir selbst die Antwort: das Leben, mit dem, was man sich erarbeitet und erreicht hat, das, was man sich an Wissen und Erfahrungen angeeignet hat, wäre in meinen Augen sinnlos, und das kann einfach nicht sein. Es gibt ein paar Dinge, die mir in meinem Leben geholfen haben. Das sind insbesondere die Gedichte „Stufen“ und „Das Leben, das ich selbst gewählt“ von Hermann Hesse.

Die Aussage „des Lebens Ruf an uns wird niemals enden“ aus dem wundervollen Gedicht „Stufen“ gibt mir immer wieder Hoffnung, Kraft und Zuversicht, wie auch die Aussage „Dies ist das Leben, das ich leben will, denn ungeboren hab ich es bejaht!“ aus dem Gedicht „Das Leben, das ich selbst gewählt“.

Ausschlaggebend waren aber auch die Erfahrungen, die ich auf dem Jakobsweg gemacht habe. Ich sende Dir liebe Grüße und ein erfülltes Leben mit den Worten Lebe - Liebe – Lache.

Unsere Angst ergibt sich aus der Tatsache, dass der Tod in unserer heutigen Gesellschaft und im Alltag nicht mehr existiert. Er ist nicht mehr Bestandteil unseres täglichen Lebens, und wir fürchten uns vor dem, was wir nicht kennen, obwohl wir ihm täglich begegnen. Da ist einerseits die Angst vor dem Sterbevorgang an sich, andererseits aber auch vor dem, wo wir hinsterben, wenn wir nicht mehr „existieren“. War es schlimm für uns, als wir noch nicht gelebt haben? Verbinden wir furchtbare Erinnerungen mit dieser Zeit? Gibt es tatsächlich einen Unterschied, ob man nicht mehr lebt, weil man gestorben ist, oder, ob man noch nicht lebt, weil man noch nicht geboren ist?

Meine eigene Meinung zum Thema „Wo sterbe ich hin“ ist, dass ich selbstverständlich als Mensch die grundlegende Angst habe, dass meine Existenz bzw. mein Sein mit dem Tod endet. Bei vielen Menschen – wie bei mir auch - besteht die Sehnsucht „über den Tod hinaus zu leben“ bzw. „ewige Ruhe“ zu erlangen. Können wir ein solch „kompromissloses“ Ende in der Natur feststellen?

Meiner Ansicht und meinen Beobachtungen nach kann das nicht der Fall sein. Es sterben einzelne Elemente in der Natur, die Natur als großes Ganzes bleibt aber erhalten. Ich behaupte, dass das Gleiche auch für uns Menschen gilt, und unsere Individualität in GOTT als Gesamtheit aller Menschenseelen aufgeht.

Oft können die Menschen ihr Leben auch nicht so leben, wie sie es möchten, und das macht zum Ende hin Angst. Es entsteht eine Reue, etwas im Leben versäumt zu haben. Wenn man sein Leben jeden Tag so lebt, wie man es wirklich will, so muss man am Ende auch nichts bereuen, und man ist mit sich selbst „im Reinen“. Dieses „wahre Selbst“ wird uns nicht bei der Geburt so einfach eingehaucht, sondern es muss schon vor unserer Geburt existent gewesen sein, und so wird es auch nicht mit unserem Tod sterben. Wie in der Natur auch verschwindet nichts, sondern es wird umgewandelt und kommt wieder. Das gesamte Universum bewahrt ihre Energie und Materie, und Dinge entstehen und vergehen. Warum sollte das mit unserer Lebensenergie als Bestandteil der Natur und des Universums anders sein?

Unser irdisches Dasein ist geprägt von den Wünschen nach Eigenbewußtsein (verbunden mit der Angst vor der Auslöschung meiner Individualität), Gemeinsamskeitsbewußtsein (verbunden mit der Angst vor Einsamkeit), Gerechtigkeitsbewußtsein (verbunden mit der Angst vor dem „Gerichtetwerden“) und Freiheitsbewußtsein (verbunden mit der Angst vor dem Verlust von Freiheit).

Mit diesen Wünschen und Ängsten ist unsere „Sehnsucht“ verbunden, über das Ende des Daseins hinaus zu leben. Natürlich wird die Antwort bis zu unserem letzten Atemzug unscheinbar und verborgen bleiben, aber aus der Botschaft von Jesus Christus zum Reich Gottes können wir schon im „Hier und Jetzt“ Hoffnung schöpfen.

Was aber sind die Grundlagen dieser Botschaft?

Das Reich Gottes will bisher unvorstellbare Beziehungen der Menschen untereinander und mit Gott lebendig werden lassen. Krankheit, Unbarmherzigkeit, Einsamkeit, Respektlosigkeit und die Missachtung der Würde des Menschen werden überwunden. Die neuen Maßstäbe für die Beziehungen der Menschen untereinander werden Gewaltlosigkeit, Nächsten- und Feindesliebe, Barmherzigkeit und Versöhnung sein.

Letztendlich ist es ein Angebot und kann von uns Menschen weder erarbeitet noch verdient werden. Es bedeutet eine Umgestaltung und Verwandlung der Welt, sodass Gerechtigkeit, Friede, Freiheit und Liebe herrschen, gekennzeichnet von der Güte und Barmherzigkeit Gottes. Es gilt das Gesetz der Liebe, das sich in der Bergpredigt widerspiegelt. Wenn der Sinn der Bergpredigt auch im Verhalten von uns Menschen befolgt würde, dann würde sich auch die Welt und das Verhalten der Menschen zueinander verändern.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es ein Leben nach dem Tod geben muss. Diese...

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