Entwickeln Sie Ihren Schwung
Auf der Range sieht man meist Spieler, die mit dem gleichen Schläger einen Ball nach dem anderen in dem Bemühen schlagen, den Flug des Balles gerade zu bekommen. Die Methode beruht auf der Empfehlung, viele Bälle gleich zu schlagen, um die Bewegung im Unterbewusstsein zu verankern. Sie bringt nur begrenzt Erfolge.
Demgegenüber steht die heiß diskutierte Empfehlung der Sportwissenschaft, differenziell zu trainieren, also ständig andere Schläge zu machen (Günther Blumhoff, Hans-Christian Vernekohl). So soll das Unterbewusstsein am schnellsten die beste Lösung finden und später wiedererkennen. Das ist etwas für trainierte Spielerinnen und Spieler.
Schließlich gibt es die Empfehlung, den Schwung mittels Schwungbildern einzuüben. Damit soll, ebenfalls nach Erkenntnissen der modernen Sportwissenschaft, schneller und effektiver gelernt werden (Chris Riddoch). Diese Empfehlung steht hier im Vordergrund und wird durch die beiden vorgenannten ergänzt. Ihnen wird so ein Weg aufgezeigt, wie Sie den zu Ihnen persönlich am besten passenden Schwung finden und entwickeln können.
Die Entwicklung des Schwungs
Worauf sollten Sie sich bei der Entwicklung Ihres Schwungs konzentrieren? Wie können Sie vorgehen? Es gibt zahllose Theorien, Schulen und Anweisungen für den optimalen Schwung. Die Vielzahl ist so verwirrend, dass sich der normale Golfer fragt: Worauf soll ich mich konzentrieren, damit bei meinem Schwung nicht alles durcheinandergeht?
Ralph Mann hat in seinem Buch „Swing like a Pro“ einen Modell-Schwung entwickelt, den Sie im Internet studieren können. Er sieht wunderbar aus. Um ihn zu praktizieren, gibt Mann 54 (!) Anweisungen. Das ist fürs menschliche Fassungsvermögen sehr viel. Tom Tomasello, Partner von Homer Kelley bei der Entwicklung dessen Buchs „The Golfing Machine“, bringt zehn Positionen. Jim Mc Lean, Top-3-Golflehrer laut GolfDigest 2013/2014, empfiehlt einen 8-Schritte-Schwung mit Beachtung von zwölf Positionen. Auch das ist viel.
E.A. Tischler, US-amerikanischer Spitzentrainer, nennt fünf Punkte:
- Orientierung des Schwungs auf das Ziel hin
- Führen des Schlägerblatts immer gerade („square“) auf der Schwungbahn
- volle Körperdrehung („pivot“)
- Harmonie der Bewegungen von Körper und Armen
- persönlicher, gleichbleibender Rhythmus
Das sind interessanterweise nicht spezifische Positionen, sondern Gesamtbewegungen und Gefühle. Konsequent reduziert Tischler seinen Rat dann auf eine grundlegende Empfehlung: ein Gefühl für die jeweilige Bewegung zu entwickeln und sie dann zu wiederholen.
Dieser Empfehlung werde ich folgen. Sie passt genau zur Philosophie dieses Buches: anhand von natürlichen Bewegungsmustern den eigenen Golfschwung zu entwickeln. Das für Sie passende Bewegungsmuster (Frisbee-Wurf, Steineflitschen, Medizinballwerfen, Baseballschwung, Axthieb oder Boxhieb) können Sie sofort erfühlen und leicht auf Ihren Schwung übertragen. Bei den zahlreichen Drills können Sie dann immer wieder auf das eigene Bewegungsmuster zurückgreifen. Das vereinfacht die Aufgabe sehr.
Bilder für Ihren Schwung
Mit Hilfe von Bildern lassen sich sportliche Bewegungen viel schneller lernen und im Unterbewusstsein verankern:
Schwingen entlang einer Kreisbahn (swing plane)
Wofür? Das erste Bild (siehe Seite 17) zeigt das Schwingen entlang einer schräg nach hinten gestellten Kreisbahn.
Was? Schwingen entlang der Kreisbahn
Wie? Stellen Sie sich vor, mit Händen und Schläger entlang einer Kreisbahn zu schwingen. Um dies zu erfühlen, gibt es in einigen Clubs ein schräg gestelltes Schwungebenen-Brett (plane board).
Achtung! Die Schräge der Kreisbahn entspricht in etwa der Stellung des Schlägers in der Ansprechhaltung. Im realen Schwung steigt der Schläger im Rückschwung etwas über die Ebene und kommt im Abschwung wieder auf sie zurück.
Tipp! Kombinieren Sie das Schwingen entlang der Kreisbahn mit Ihrer persönlichen Wurfbewegung zum flüssigen, kraftvollen Schwung.
Das Schwingen auf der Kreisbahn (siehe Seite 18) führt, kombiniert mit der persönlichen Wurfbewegung, zu einem flüssigen Schwung.
Das Prinzip des Doppelpendels (double pendulum)
Das mittlere Doppelpendel
Wofür? Das biomechanische Grundprinzip, das dem optimalen Schwingen am häufigsten zu Grunde liegt, ist das des Doppelpendels. Chris Riddoch meint damit ein mittleres Pendel.
Was? Analog zum Doppelpendel schwingen
Wie? Das Doppelpendel hat zwei Hebel (auf den Bildern die grünen Punkte): Der erste beginnt am Nacken. Die Achse des Pendels verläuft in der Mitte eines aus Armen und Schultern gebildeten Dreiecks. Das bewegen wir mit unserem Körper (body rotation). Den zweiten Hebel bilden die Handgelenke. Sie winkeln von allein im Rückschwung und entwinkeln im Abschwung.
Entscheidend ist, dass beide Hebel optimal zusammenwirken und die durch den Schwung entlang der Kreisbahn entfaltete Kraft zum richtigen Zeitpunkt freigesetzt wird. Der für die Freigabe (release) ist die sogenannte Go-Position (delivery position, Seite 45). Denken Sie an das „Hämmern“ mit der rechten Hand (Seite 21) oder den Abwurf einer Frisbee-Scheibe mit der linken Hand (Seite 27). Beschleunigung erreichen Sie, wenn das Handgelenk richtig zuschnappt (snapping, Peitscheneffekt).
Achtung! Das Doppelpendel funktioniert nur, wenn Sie im Abschwung die linke Hüfte ungehindert nach links drehen und die Handgelenke entspannt sind.
Tipp! Sie können sich statt des mittleren Doppelpendels auch nur den linken oder den rechten Arm als Achse des Doppelpendels vorstellen:
Das linke und das rechte Doppelpendel
Wofür? Spitzentrainer Tom Tomasello empfiehlt, linken Arm und linke Hand als Doppelpendel zu sehen. Genauso gut können Sie sich auch den rechten Arm und die rechte Hand als Doppelpendel vorstellen, wenn Sie bevorzugt rechtsseitig schwingen. Der Unterschied zum linken Doppelpendel besteht darin, dass der rechte Arm im Rückschwung nicht gestreckt und deshalb beim Abschwung zunächst gebeugt ist. Dennoch besteht die Hauptwirkung dieses Doppelpendels auch hier aus den zwei Hebeln.
Was? Mit linksseitigem oder rechtsseitigem Doppelpendel schwingen
Wie? Der linke bzw. der rechte Arm pendelt aus dem linken bzw. rechten Schultergelenk, die linke bzw. rechte Hand aus dem linken bzw. rechten Handgelenk.
Achtung! Die Wirkung des linken Doppelpendels wird erleichtert, wenn Sie den linken Arm in Rückschwung und Abschwung gestreckt halten. Die Wirkung des rechten Doppelpendels wird durch eine aktive Bewegung des rechten Ellbogens im Abschwung entlang der Kreisbahn nach unten wie bei einer unterhändigen Wurfbewegung noch verstärkt (s. 5. Kapitel).
Tipp! Die Wirkung des linken Doppelpendels können Sie gut beim linkshändigen Frisbee-Wurf spüren, die des rechten beim Steineflitschen.
Doppelpendel links und rechts
Wischen mit einem Mopp (wipe the floor)
Wofür? Der berühmte Golflehrer John Jacobs hat den Golfschwung so definiert: „two turns and a swish“ (zwei Drehungen und ein Wischen). Denken Sie an das Wischen mit einem nassen Mopp (Lynn Blake).
Was? Das Wischen mit einem Mopp
Wie? Stellen Sie sich vor, wie Sie mit einem nassen (und damit etwas schwereren) Mopp den Boden wischen. Sie bewegen den Mopp hauptsächlich mit einer Zugbewegung der Körpermitte. Diese Zugbewegung wird ganz natürlich mit einem gewissen Druck der Arme (vor allem des rechten Unterarms) und der Füße unterstützt. Die Handgelenke üben den finalen Druck beim Wischen nach vorn aus.
Achtung! Das rechte Handgelenk bleibt beim Wischen zunächst ganz natürlich gebeugt und streckt sich dann bei der Wischbewegung nach vorn.
Tipp! Beachten Sie einmal, wie der Mopp bei der Hin- und Herbewegung eine kleine Kurve macht. Das entspricht dem Schwung von innen – gerade – nach innen (s. 3. Kapitel).
Das Streichen mit einem Pinsel (paintbrushing)
Wofür? Eine ähnliche Bewegung wie das Wischen mit einem Mopp ist das seitliche Streichen mit einem Pinsel (paintbrushing) entlang einer Wand. Diese Seitwärtsbewegung der Handgelenke wird bei der Square-to-Square-Methode empfohlen.
Was? Die seitliche Streichbewegung
Wie? Bewegen Sie Ihr rechtes Handgelenk, als strichen Sie mit einem breiten Pinsel die Innenwand einer großen Tonne, und nehmen dabei das linke Handgelenk mit. Sie machen das mit weichen Handgelenken, die sich zurück...