Leider wird Osteoporose immer noch zu wenig beachtet und als unvermeidliche Alterserscheinung hingenommen. Aber das muss nicht sein, denn es gibt Möglichkeiten der Vorbeugung und Therapie. Was Osteoporose überhaupt ist und wie Sie gezielt dagegen vorgehen können, erfahren Sie in diesem Kapitel.
Osteoporose tritt bei Frauen vor allem während und nach den Wechseljahren als Folge des sinkenden Östrogenspiegels auf. Östrogen schützt die Knochen und wirkt sich auf den Knochenaufbau günstig aus. Auch bei Männern wirkt sich der sinkende Testosteronspiegel negativ auf die Knochendichte aus, aber erst langsamer und in späteren Jahren. Experten schätzen, dass allein in Deutschland mehr als sechs Millionen Menschen an Osteoporose erkrankt sind – mit steigender Tendenz: Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO wird sich die Zahl der Betroffenen weltweit in zwanzig Jahren verdoppeln. Ein Grund dafür ist, dass die gestiegene Lebenserwartung zu einer dramatischen Zunahme der von Osteoporose Betroffenen geführt hat. Die Menschen werden heute im Durchschnitt doppelt so alt wie vor hundert Jahren: 1750 betrug die Lebenserwartung gerade mal 35 Jahre, 2015 lag sie – erfreulicherweise – im weltweiten Durchschnitt bei 71,4 Jahren, und in Deutschland sogar um die 80 Jahre.
Die wichtigste Botschaft gleich vorne weg: Sie können Osteoporose nicht nur vorbeugen, sondern sie lässt sich auch aufhalten. Die Festigkeit der Knochen kann wieder aufgebaut werden, und mit der richtigen Behandlung und einer guten Portion Eigenverantwortung können Sie und Millionen Betroffene zuversichtlich in die Zukunft blicken.
Mit der richtigen Behandlung und Eigenverantwortung können Sie zuversichtlich in die Zukunft blicken. |
Fast jeder hat schon einmal den Begriff Osteoporose gehört. Die meisten wissen, dass es sich dabei um eine Knochenerkrankung handelt. Der Begriff „Osteoporose“ setzt sich aus den griechischen Wörtern „ostéon“ für Knochen und „póros“ für Öffnung, Pore zusammen und bedeutet wörtlich „Knochen-Durchlässigkeit“. Aber was genau passiert eigentlich im Körper, wenn jemand an Osteoporose leidet? Meistens stellt man sich unter Knochen statische, starre Gebilde vor. Aber eher das Gegenteil trifft zu: Knochen müssen sich optimal auf die unterschiedlichsten Anforderungen und tägliche Schwerstarbeit einstellen können, und dazu muss in ihrem Inneren ein perfekt aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel zwischen Knochen aufbauenden und Knochen abbauenden Zellen stattfinden. Und genau dieses Zusammenspiel ist bei der Osteoporose empfindlich gestört.
Der Begriff Osteoporose kommt aus dem Griechischen und heißt wörtlich „Knochen-Durchlässigkeit“. |
Als Ergebnis dieses Ungleichgewichts baut sich Knochensubstanz ab. Wenn die Balance zwischen Knochenaufbau und -abbau nicht mehr stimmt und der Knochenabbau überwiegt, lässt die Belastbarkeit nach, und der Knochen wird immer poröser. Damit steigt das Risiko für Knochenbrüche – medizinisch Frakturen genannt – stark an. Wenn die Osteoporose weiter voranschreitet, sind typische Bruchstellen die Wirbelkörper, Oberschenkel und Handgelenke. Der poröse Knochen verursacht keine Beschwerden, das Risiko eines Knochenbruchs ist aber erhöht. Sie können jedoch, wie gesagt, eine ganze Menge dagegen tun:
• Das Osteoporose-Risiko lässt sich durch gezielte Vorbeugung verringern (dazu werden Sie im Folgenden noch mehr lesen).
• Der weitere Knochenabbau kann durch Medikamente gehemmt werden.
Leider wird eine Osteoporose häufig erst diagnostiziert, wenn es für vorbeugende Maßnahmen schon zu spät ist, nämlich nach dem ersten Bruch. Es tut nicht weh, wenn sich die Knochensubstanz verringert. Schmerzhaft wird es erst, wenn dem fortgeschrittenen Knochenschwund die ersten Knochenbrüche folgen. Und selbst dann wird nicht immer eine Osteoporose als Ursache erkannt. Immer noch viel zu häufig werden nur die Symptome behandelt – und nicht die eigentliche Krankheit. Unzählige Menschen müssen täglich starke Schmerzen ertragen, nur weil ihre Osteoporose nicht entdeckt oder nicht richtig therapiert wird. Wenn Sie bereits einen oder mehrere Knochenbrüche hatten, vor allem aus geringem Anlass, sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt darüber und lassen Sie eine Knochendichtemessung vornehmen.
Bei einer fortgeschrittenen Osteoporose sind die Knochen bereits so porös, dass auch kleinste Belastungen schlimme Folgen haben können. Schon das Heben einer Tasche, das Umdrehen im Bett, ein leichtes Stolpern oder sogar Husten kann zu einer Wirbel- oder Knochenfraktur führen. Das erklärt auch die hohe Rate an Oberschenkelhalsbrüchen bei älteren Menschen, ohne dass ein wirklich schwerer Unfall vorliegt. Zudem steigt mit dem ersten Bruch auch die seelische Belastung. Weil Schmerzen zum Dauerzustand werden, begleitet die Angst vor weiteren Frakturen die Betroffenen. Selbstvertrauen und Selbstständigkeit sinken, der Weg ins Pflegeheim ist oft vorgezeichnet.
Ich möchte die Folgen der Osteoporose hier nicht dramatisieren, denn es gibt gute moderne Therapiemöglichkeiten, die der Krankheit viel von ihrem Schrecken nehmen. Doch ist es wichtig, den Knochenschwund so früh wie möglich zu erkennen und zu behandeln. Wenn Sie unsicher sind oder den Verdacht haben, Sie könnten an Osteoporose leiden, sollten Sie unbedingt sofort mit Ihrem Arzt sprechen.
Wenn Sie unsicher sind oder Verdachtsmomente bestehen, sollten Sie unbedingt sofort mit Ihrem Arzt sprechen. |
Osteoporose ist, einfach ausgedrückt, eine Stoffwechselerkrankung, die sich auf die Knochen auswirkt. Sehen wir uns zunächst einmal an, was es für Knochen gibt und wie ein Knochen überhaupt aufgebaut ist.
Neben einer Reihe von Knochen, die hier keine größere Rolle spielen, gibt es drei wichtige Gruppen von Knochen:
• Röhrenknochen, z. B. Oberschenkelknochen, Armknochen und Fingerknochen
• platte Knochen, z. B. Schädelknochen, Rippen, Schulterblätter und Beckenknochen
• kurze Knochen, z. B. Handwurzelknochen
Ein typischer Röhrenknochen besteht aus zwei Knochenenden, den Epiphysen, und einem Knochenschaft, der Diaphyse. Dazwischen liegt jeweils ein kurzer Übergangsabschnitt, die Metaphyse.
Die Epiphysen bestehen aus einem feinen Geflecht von Knochenbälkchen, die so ausgerichtet sind, dass sie den Hauptrichtungen der einwirkenden Kräfte standhalten können. In ihrer Gänze bilden diese Knochenbälkchen die Knochenschwammsubstanz, die Spongiosa (gleich mehr dazu). Leidet jemand nun unter Osteoporose, so findet eine Abnahme der Knochenbälkchen statt: Sie werden dünner und spärlicher, was wiederum zur Verminderung der Knochensubstanz führt.
Der Aufbau eines Knochens.
Unsere Knochen sind eigentlich eine ewige Baustelle, lebendige, gut durchblutete Organe, die aus Knochenzellen bestehen und die Knochenmasse aufbauen und aus Zellen Knochenmasse abbauen. Wichtige Begriffe sind in diesem Zusammenhang Osteoblasten und Osteoklasten. Erstere bauen Knochenmasse bei Beanspruchung auf und reparieren den Knochen nach Verletzungen. Man findet sie auf der Oberfläche von Knochenbälkchen. Letztere verhindern überschießendes Knochenwachstum. Im Röntgenbild ist die Verminderung von Knochenmasse erst ab einer Abnahme von etwa 30 Prozent zu erkennen.
Osteoblasten scheiden Knochengrundsubstanz ab und sind für die Bildung von Knochengewebe verantwortlich. Sie „mauern sich langsam ein“. Ab dem Zeitpunkt, wenn sie vollständig von der Knochengrundsubstanz eingeschlossen sind, werden sie Osteozyten genannt. Dies sind reife Knochenzellen, die sich vollständig in die von ihnen produzierte Matrix eingemauert haben. Osteoblasten bauen den Knochen auf. Dieser Prozess zieht sich aber viele Wochen hin, weil die Zellen das Bindegewebe erst produzieren müssen. Werden die Osteozyten nicht durch Zug oder Druck angesprochen, geben sie das Signal „Baustopp“ an die Osteoblasten ab, die sodann ihre Aufbauarbeiten einstellen.
Die vier Osteoporose-Stadien: normaler Knochen, ausgedünnter Knochen, Osteoporose und ausgeprägte Osteoporose.
Damit der Knochen aber nicht dauernd weiterwächst, verfügt er auch über knochenabbauende Zellen, die Osteoklasten. Sie bauen altes Knochengewebe ab, indem sie Salzsäure und Enzyme bilden (z. B. Kollagenasen), die den Knochen auflösen und abbauen. Die Reste werden auf dem Blutweg abtransportiert. Der Abbau von Knochenmasse verläuft deutlich schneller als der Aufbau. Auf diese Weise wird ein Knochen ständig, ein Leben lang um-, auf-...