KAPITEL 1
Einleitung
Als Jesus von den Toten auferstand, konnte sich die ganze Gemeinde Christi in einem Obergemach versammeln. Zur Zeit seiner Himmelfahrt waren es Hundertzwanzig. Von allen Zeitaltern der Geschichte war dies das Zeitalter allgemeiner Verdorbenheit. Außerhalb von Judäa herrschte Götzendienst. Götter und Göttinnen die alle möglichen Laster repräsentierten wurden in prächtigen Tempeln und kostbaren Schreinen offen verehrt. Alle Macht war in den Händen eines großartigen und herzlosen Imperators. Die Massen waren hoffnungslos ausgegrenzt, ohne Mittel, ohne Bildung, ohne Schutz, und allein im Römischen Reich gab es 60 Millionen Sklaven. Alte Menschen litten unter Hunger, Kinder wurden ausgesetzt und ermordet. Männer kämpften in den Amphitheatern als Gladiatoren und starben zu Tausenden zur Unterhaltung einer blutgierigen Bevölkerung. Sittliche Regeln wurden fast gewissenlos und ohne Einschränkung verletzt. Die frühen Jünger hatten keinen Reichtum, keine soziale Position, kein Prestige, keine Unterstützung durch den Staat, keine Hilfe von etablierten Institutionen. Sie waren an sich verachtete und schwache Leute ohne Einfluss, ohne Expertise, ohne Bildung, ohne ein Neues Testament, und sogar das Alte Testament war dem einfachen Volk nicht frei zugänglich, geschweige denn christliche Literatur oder christliche Kirchen. Pomp, Macht, Kultur und die öffentliche Meinung waren alle gegen sie. Sie wurden angeklagt, beschimpft, verfolgt und dem Exil und Tod preisgegeben.
Aber diese frühen Christen genossen die Hilfe eines innewohnenden, heilig machenden Erretters und die Salbung des Heiligen Geistes. Mit dieser Ausrüstung standen sie einer feindlichen Welt und allen bösen Mächten der Finsternis gegenüber und eroberten sie. Innerhalb von siebzig Jahren nach der vorsichtigsten Schätzung gab es eine halbe Million Anhänger Jesu, und einige Quellenzeugnisse behaupten, dass es allein in der Provinz Babylon eine Viertelmillion waren. Mit anderen Worten: Durch die Kraft des Heiligen Geistes in ihnen vermehrten sie sich in sechzig Jahren mehr als viertausendfach.
Sagt oder glaubt man zu viel, wenn man behauptet, dass wenn die protestantischen Kirchen und ihr Dienst heute eine ähnliche Salbung durch die Macht des Heiligen Geistes hätten, wir in zehn Jahren die ganze Welt für Christus gewinnen könnten? Heutigentags genießen wir stabile politische Verhältnisse, Schutz, eine positive öffentliche Meinung und verfügen über Hunderte Milliarden Dollar in den Händen von Christen. Wir haben Institutionen und Organisationen und alle möglichen Einrichtungen gegründet, die Bibel in etwa vierhundert Sprachen übersetzt und christliche Literatur in Hülle und Fülle, so viel wie Blätter im Wald. Wir haben alles, was für die christliche Arbeit wünschenswert ist, außer Vollmacht durch den Heiligen Geist. Ja, leider, und wie vergleichsweise schwach sind unsere christlichen Triumphe gemessen am ersten Jahrhundert!
Wenn irgendein nachdenklicher Leser versucht sein sollte, mich der Übertreibung zu bezichtigen, sollte er das Zeugnis großer Seelen auf den Wachtürmen Zions beachten. Vor 50 Jahren schrieb der geistliche Kommentator und theologische Professor von Oberlin, Prof. Henry Cowles, über den herunter gekommenen Standard der Heiligkeit und die damit einhergehende Verwirrnis und Scham der Kirche:
"Kein Heilmittel kann die Kirche erhalten, wenn die Kirche nicht zu ihrem Fokus der Bekehrung der Welt zurückkehrt. Sie muss zu Gott und der heiligen Gemeinschaft mit ihm zurückkehren. Der Standard für geistliches Leben muss wieder höher angesetzt werden. Was kann die Kirche denn schon ohne persönliche Heiligkeit für die Bekehrung der Welt und sogar für ihre eigene Existenz tun – ohne eine ganz tiefe, reine und persönliche Heiligkeit. Es ist kein Wunder, dass die Erkenntnis dieser Wahrheit sich Menschen mit geistlichem Unterscheidungsvermögen schmerzvoll ins Bewusstsein drängt. Der Maßstab an Frömmigkeit in der gesamten amerikanischen Kirche ist extrem und bedauerlich niedrig. Er ist niedrig, wenn man ihn mit dem der Urkirche vergleicht, und mit dem was das Evangelium bereit hält, oder mit den Pflichten, die erlöste Sünder haben, oder mit der erforderlichen Qualifikation für die zu erbringende Arbeit. Der Geist der Welt ist tief in das Herz der Kirche eingedrungen und hat dort Wurzeln geschlagen. Durchstreifen wir das Land und machen wir uns ein Bild vom geistlichen Zustand. Nehmen wir die Zerstörungskraft der Weltlichkeit, den Mangel an Liebe und an Gebetsgeist als Beweis. Allgemein stößt das Thema persönliche Heiligung ab, wird nur furchtsam angesprochen, weckt schnell Empfindlichkeiten und Befürchtungen von Übertreibung. Oder das Thema wird sogar mit Sarkasmus behandelt - entgegen dem Appell der Wahrheit an das Gewissen. Die Verantwortlichkeiten und Privilegien der Christen in diesem Leben müssen aber deutlich gezeigt und auf das Herz und das Gewissen der Gemeinde angewendet werden."
Vor etwa 25 Jahren hielt Dr. Albert Barnes, der Kommentator (im seligen Gedenken) in New York City eine Rede, in der er folgende Aussage über den Zustand der Kirchen machte: "Nicht einer von zehn Mitgliedern unsere Kirche [Presbyterianer] tut irgendetwas Effektives für die Heiligung der Gläubigen oder die Errettung von Sündern." "Dieses Statement wurde sehr ausführlich diskutiert, und niemals", schreibt einer der Leser, "wurde das genaue Zutreffen der Aussage in Frage gestellt."
Noch später schrieb Dr. Cuyler: "Zu viele Neubekehrte geben sich mit der Tatsache zufrieden, dass sie bekehrt und in das Himmelreich hineingeboren sind. Sie begnügen sich damit, Babys oder Zwerge zu bleiben. Ihr Glaubensbekenntnis ist Anfang und Ende ihres Glaubenslebens , sie haben keinen geistlichen Ehrgeiz über das Alphabet hinauszukommen, und die Gemeinde Christi gewinnt durch sie nur wenig mehr, als ihre nutzlosen und wertlosen Namen auf dem Papier."
Rev. AT Pearson, DD, sagte auf einer christlichen Konferenz in Detroit: "Gott wollte die Menschheit dadurch beeindrucken, dass sein Volk nicht so wie die Welt lebt. Doch im Großen und Ganzen ist das Zeugnis abgesonderten besonders geheiligten Lebens verloren gegangen und damit auch der Zeuge mit der Feuerzunge. Die Weltlichkeit der Kirche ist eine Tatsache, vor der wir nicht ungestraft unsere Augen verschließen können."
Dr. Rice aus Virginia sagte: "Die Arbeit der Auslandsmission wird nur in dem Maße vorangehen, wie daheim eine tiefere Frömmigkeit gelebt wird. So hat Gott es geplant und bestimmt. In der Tat wohnt einer faden Frömmigkeit nur eine geringe Kraft inne sich weiter zu verbreiten: Sie braucht all ihre Vitalität und Energie, um ihren jetzigen Status aufrechtzuerhalten und kann darüber hinaus nichts leisten."
Dwight L. Moody, der wahrscheinlich besser mit dem geistlichen Zustand der englischsprachigen Welt vertraut ist als jeder andere schreibt: "Mindestens neun Zehntel der Kirchenmitglieder denken niemals daran, für Christus zu sprechen. Wenn sie einen Menschen sehen, vielleicht einen nahen Verwandten, der einfach ins Verderben läuft, gehen sie schnell an ihm vorbei. Sie denken nie daran, mit ihm über seinen sündigen Weg zu sprechen und ihn für Christus zu gewinnen. Wenn man mit ihnen spricht, findet man Glauben und man kann nicht sagen, dass sie keine Kinder Gottes sind. Aber sie haben nicht die Macht, sie haben nicht die Freiheit, sie haben nicht die Liebe, die echte Jünger Christi haben sollten. Viele Menschen denken, dass wir neue Maßnahmen brauchen, dass wir neue Kirchen, neue Orgeln, neue Chöre und alle diese neuen Dinge brauchen. Aber das braucht die Kirche Gottes heute nicht. Wir wollen das, was die Apostel hatten. Wenn wir das in unseren Kirchen haben, wird es neues Leben geben. Dann werden wir neue dienende Gläubige haben - die gleichen alten Diakone kraftvoll erneuert und geisterfüllt."..." Oh, dass Gott sein Volk salben würde! Nicht nur den Dienst, sondern jeden der dient. Denken Sie nur nicht, dass nur Pastoren diese Salbung brauchen. Es gibt keine Eltern, die sie nicht für ihr Familienleben brauchen, genauso braucht der Pastor sie auf der Kanzel oder die Sonntagsschulmitarbeiter in ihren Gruppen. Wir alle brauchen die Salbung Gottes! Lassen Sie uns weder Tag noch Nacht ruhen bis wir sie besitzen. Wenn dies das höchste Ziel unserer Herzen ist, wird Gott sie uns geben, wenn wir nur noch Hunger und Durst danach haben und sagen: "Mein Gott, der du meine Hilfe bist, ich werde mich nicht ausruhen, bis ich mit deiner Kraft erfüllt bin.""
Spurgeon sagte: "Wenn wir nicht den Geist Gottes haben, ist es besser, die Kirchen zu schließen, die Türen zu verriegeln, ein schwarzes Kreuz anzubringen und zu sagen: Gott erbarme dich unser! Wenn Sie nicht im Geist Gottes beten, sollten Sie besser nicht predigen und lieber zu Hause bleiben. Ich denke, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass eine Kirche im Land ohne den Geist Gottes eher ein Fluch als ein Segen ist. Wenn Sie als Mitarbeiter im Reich Gottes nicht den Geist Gottes haben, dann denken Sie daran, dass Sie einem anderen im Weg stehen: Sie sind wie ein Baum, der keine Früchte trägt, und der einem anderen Baum, der Frucht tragen könnte, den Platz weg nimmt. Es gibt nichts Schlimmeres als das: Tod und Verfall in einer Kirche, die sich nicht nach dem Geist sehnt und nicht stöhnt und schreit, bis der Geist mächtig in ihrer Mitte wirkt."
Rev. J. Morlais Jones sagte in seiner Antrittsrede vor der Union der vereinigten Kongregationalisten von England und Wales im Jahr 1896: "Wir wollen nicht so tun, als ob die Kirche der Welt erzählen könnte, wie sie sein sollte. Wir sind voller göttlicher Unzufriedenheit. Es gibt etwas, das wir vermissen: Das Wichtigste ist, dass das geistliche Leben der Kirche erneuert wird. Die Kirche ist zwar großartig organisiert,...