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E-Book

Topfit für die Schule durch kreatives Lernen im Familienalltag

AutorRupert Dernick, Werner Tiki Küstenmacher
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783641238933
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
So gelingt der Schulstart ganz entspannt
Die beste Schulvorbereitung bietet der Familienalltag. Ob Tischdecken, selbst telefonieren oder beim Einkaufen helfen: Kinder lernen dabei, sich auf eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren, Verantwortung zu übernehmen und selbstbewusst zu handeln. Wichtige Fähigkeiten für den Schulstart werden so ganz nebenbei eingeübt.

Dr. med. Rupert Dernick, geb. 1964, ist als Kinder- und Jugendarzt in Wilhelmshaven tätig. Sein Kompetenztraining 'Fit für die Schule mit FamilienErgo' hat er aus dem Alltag mit seinen drei Töchtern entwickelt.

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Leseprobe

Einleitung

Dieses Buch ist für alle geschrieben, die Kindern einen guten Schulstart ermöglichen möchten. Also vor allem für Eltern, aber auch für alle, die Vorschulkinder begleiten und fördern. Aus vielen Gesprächen im Rahmen meiner kinderärztlichen Sprechstunde weiß ich, wie wichtig das Thema »Gelungener Schulstart« für Eltern und Kinder ist. Andererseits erlebe ich auch, wie Förderbemühungen daran scheitern, dass sie Zeit und Geld kosten oder vor Ort nicht verfügbar sind.

In diesem Buch stelle ich Ihnen die FamilienErgo®-Methode der Schulvorbereitung vor. FamilienErgo

  • passt in jeden Alltag (auch in den alleinerziehender und/oder berufstätiger Eltern),
  • kostet nichts,
  • vermittelt viele Einzelfähigkeiten und
  • lässt das Kind als Ganzes in seiner Persönlichkeit reifen und verleiht ihm Selbstbewusstsein und Souveränität.

FamilienErgo bedeutet Förderung, indem Kinder in Alltagstätigkeiten einbezogen werden: Einkaufen, Essen zubereiten, Telefonieren etc. Dieses Konzept habe ich aus folgenden Erfahrungen und Erkenntnissen entwickelt:

  • (Fast) alle Eltern wünschen ihrem Kind einen erfolgreichen Schulstart und sind bereit, ihr Kind bei den Vorbereitungen zu unterstützen.
  • (Fast) alle Kinder im Vorschulalter sind froh und stolz, wenn sie den Erwachsenen helfen können und Erwachsenentätigkeiten ausführen dürfen.
  • Kinder erwerben eine Vielzahl der Fähigkeiten zur Schulvorbereitung »natürlicherweise« im Alltag (und nicht in Spezialkursen): in der Familie, in der Kindertagesstätte, in der Freizeit.
  • Kinder lernen durch Handeln. Wenn kindliche Wahrnehmung effektiv gefördert werden soll, muss die »Fördermaßnahme« am besten im täglichen Leben angesiedelt sein. Durch häufige Wiederholung mit variablem Schwierigkeitsgrad werden Lernprozesse optimal angeregt.
  • Man lernt, was man übt: Eine Schulvorbereitungsmaßnahme wird erfolgreicher sein, wenn das Geübte den Anforderungen am Schulbeginn möglichst ähnlich ist. So ist zum Beispiel der Supermarkt ähnlich ablenkend wie eine Schulklasse und bietet sich daher als Übungsgebiet für Zuhören und Konzentration an.

Der Zusammenhang zwischen Alltagskompetenz (FamilienErgo) und gelungenem Schulstart konnte eine Untersuchung an 250 Schulanfängern bestätigen.

Im ersten Teil »Was sollte ein Kind vor der Schule können?« werden die Schulvoraussetzungen in den verschiedenen Entwicklungsbereichen besprochen. Jeder Abschnitt enthält eine kurze Zusammenfassung der Fertigkeiten, über die ein Vorschulkind in einem bestimmten Bereich verfügen sollte, und Anregungen, wie Eltern und andere wichtige Bezugspersonen ihr Kind konkret fördern können.

Für die Leser, die gleich mit der Förderung ihres Kindes beginnen möchten, bietet sich der direkte Einstieg in den zweiten Teil des Buches an. Dort wird das strukturierte Training »Fit für die Schule mit FamilienErgo« vorgestellt. Hierfür habe ich die sieben wichtigsten Alltagstätigkeiten ausgewählt, Schritt für Schritt erläutert und mit Checklisten versehen. Außerdem werden hier Hinweise für die Erziehung zur Selbstständigkeit von null bis drei Jahren gegeben und ein Anziehtraining vorgeschlagen.

Der dritte Teil wendet sich vor allem an Eltern, die bei der Förderung ihrer Kinder auf Schwierigkeiten gestoßen sind. Er enthält Hinweise zum Umgang mit Entwicklungsstörungen und einen Test, mit dem der momentane Entwicklungsstand des Kindes ermittelt werden kann.

Der vierte Teil schließlich ist vor allem für diejenigen interessant, die sich näher mit Entwicklungsstörungen befassen. Er enthält eine Aufzählung der Alltagstätigkeiten, mit denen Kinder mit speziellen Störungen besonders gefördert werden können. Darüber hinaus wird hier der Unterschied zwischen FamilienErgo und Ergotherapie erläutert.

Bei allem guten Willen zur Förderung von Vorschulkindern ist mir eines ganz besonders wichtig: Für alle Menschen, egal, ob Erwachsene oder Kinder, gilt: Kein Mensch ist vollkommen. Jeder Mensch hat Schwächen, die er (in der Regel) mit Hilfe seiner Stärken ausgleichen kann. Kein Kind muss alle in diesem Buch genannten Fertigkeiten besitzen, um einen erfolgreichen Schulstart zu haben. Ebenso wird es wahrscheinlich keine Eltern geben, die ihr Kind in allen Bereichen maximal fördern können. Die FamilienErgo®-Methode soll aber Mut machen, die vielen Fördermöglichkeiten, die es in jedem Haushalt gibt, bestmöglich zu nutzen.

Der zweite Schultag oder: Warum Tom in der Schule gut zurechtkommt

»So, nun räumt die Rechenhefte in den Ranzen, sucht das grüne Lesebuch heraus und schlagt Seite 8 auf. Tom, lies bitte die erste Zeile«, sagt die Lehrerin.

Um dieser vielleicht einfach klingenden Aufforderung in den ersten Schultagen nachzukommen, bedarf es einer Menge Fähigkeiten. Tom muss aus der Fülle der Geräusche und Ablenkungen die Stimme seiner Lehrerin heraushören, eventuelle Unlustgefühle überwinden (vielleicht hätte er lieber weitergerechnet) und sich vier Aufträge über mehrere Minuten merken (denn so lange dauert es in der Regel, bis alle Schüler so weit sind, um mit dem Lesen zu beginnen), nämlich:

  1. Das Rechenheft einräumen (und zwar so vorsichtig an die richtige Stelle im Ranzen schieben, dass es später ohne allzu große Knicke wiederzufinden ist).
  2. Das grüne Lesebuch herausholen: Dafür muss sich Tom daran erinnern, wie das Lesebuch aussah. Am ersten Schultag hat die Lehrerin es noch hochgehalten, jetzt muss er das allein schaffen. Seine Farbkenntnisse helfen ihm dabei. Aber wie soll man das Buch im Ranzen finden? Einfach alles auskippen oder alles nacheinander herausziehen? Soll man beim Herausziehen bei den dicken Sachen beginnen oder lieber vorn anfangen? Alle diese Entscheidungen müssen jetzt schnell getroffen werden.
  3. Seite 8 aufschlagen: Wenn man achtmal umblättert, landet man je nach Buchdruck zwischen Seite 12 und Seite 20, also sollte man die Zahlensymbole kennen. Leider steht aber bei Büchern normalerweise keine Seite 1 auf der ersten Seite, also muss man erst mal blättern und eine Zahl finden, die man bereits kennt. Bei vielen Büchern beginnt die Seitennummerierung mit der Zahl 3 (oder größer). Idealerweise weiß der Schüler jetzt, dass 8 mehr ist als 3 und dass er von der 3 an nach hinten blättern muss. Wenn eine dieser Informationen fehlt oder nicht sicher abgespeichert ist, kann es ziemlich lange dauern, bis man beim Blättern zufälligerweise auf die 8 trifft, vorausgesetzt man kennt das Zahlensymbol »8« für acht.
  4. Die erste Zeile lesen: Eben noch hat die blöde Janine durch die ganze Klasse gebrüllt, dass Yannicks Hose offen steht, aber jetzt sind endlich alle still und Tom soll lesen. Tom hofft, dass die anderen nicht loslachen, wenn er etwas falsch macht. Er nimmt all seinen Mut zusammen und liest: »Fffffu. Fu!«

Tom hat alle diese Hürden bis zum ersten Wort mit Leichtigkeit genommen. Schließlich musste er sich schon oft mehrere Sachen merken, wenn er seiner Mutter beim Einkaufen geholfen hat. Das war oft auch gar nicht so einfach: Da quakt eine Stimme was von Sonderangeboten, eine Frau ruft: »Pass doch auf!«, und die Plätzchen auf dem Probierteller sehen so lecker aus. Und trotzdem hat Tom gelernt, seine drei Aufträge zu behalten: »Honig, Erdbeermarmelade und Haferflocken in den Wagen legen.« Er hat die Erfahrung gemacht, dass man die Dinge am besten findet, wenn man sich den Platz merkt, wo sie hingehören – nicht nur im Supermarkt, sondern auch beim Wegräumen der Wäsche oder des gespülten Geschirrs. So kann er jetzt auch im Schulranzen leicht sein Lesebuch finden. Im Supermarkt ist es ihm schon hin und wieder passiert, dass die Dinge manchmal nicht mehr dastanden, wo sie vorher waren. Daher hat er gelernt, dass man sie am besten findet, wenn man systematisch vorgeht.

An der Kasse durfte Tom schon ein paarmal selbst bezahlen und hat ein Gefühl dafür bekommen, dass 5 immer mehr ist als 1 oder 2. Seit er Omas Telefonnummer wählen kann, weiß er auch, dass die Ziffern auf dem Telefon von links nach rechts und von oben nach unten immer größer werden. Damit kennt er die europäische Leserichtung und kann die Zahlensymbole sicher zuordnen. So hat er die Seite 8 schnell gefunden.

Wer sich schon – wie Tom – seit Ewigkeiten allein anzieht, der wird auch mit einem sperrigen Reißverschluss fertig, wenn es nach der Sportstunde schnell gehen muss. Wer sich traut, allein zum Bäcker um die Ecke zu gehen und ein Telefonat anzunehmen, obwohl man nicht weiß, wer dran ist, der traut sich auch vor 20 anderen (zum Teil noch fremden) Kindern, einen Leseversuch zu unternehmen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass der Versuch Erfolg hat, ist ungleich höher als der von Trullo Träumerchen mit dem Super-IQ: Der ist nämlich nach der Sportstunde am Anziehen der feuchten Socken gescheitert, hat die erste Aufforderung der Lehrerin überhört, nach der zweiten seinen Ranzen ausgekippt und hektisch die Fibel gesucht. Als er vom hilfsbereiten Mädchen am Nachbartisch resolut die Seite aufgeschlagen bekommt, hat er in seinem hochroten Kopf nur noch einen Gedanken: sich nicht noch einmal zu blamieren. Da ist für Lernerfolg leider wenig Platz.

Die Schule ist mehr als ein Ort des Lernens. Die Schule ist der Lebensbereich, der die Kindheit entscheidend dominiert. Hier entsteht in einem kaum steuerbaren Prozess auch ein soziales Gefüge, hier entscheidet sich, wer »Winner« und wer »Looser« ist. Wer sich hier im sozialen Lernbereich qualifiziert, kann erhobenen...

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