Das Erste, was Prinz Harry zu mir sagte, war: „Ich weiß, Sie verfolgen meinen Weg schon seit einiger Zeit, Angela, und ich dachte mir, Sie wollen mir vielleicht gern ein paar Fragen stellen. Übrigens“, fuhr er fort, während er mir die Hand gab, „schauen Sie The Crown? [Die Netflix-Serie schildert das Leben von Queen Elisabeth II. von 1940 bis heute.] Ich schon, aber ich wünschte, die Serie hätte nach der ersten Staffel geendet. Sie sollte auf gar keinen Fall von der jüngeren Generation handeln.“ Ein fester Händedruck, gefolgt von einer kurzen, witzigen Bemerkung – das war, wie ich bereits wusste, Harrys bewährte Methode, um das Eis zu brechen.
Es war im Frühjahr 2017, als wir uns im Besuchersalon des Kensington Palace unterhielten. Harry bot mir an, auf dem khakifarbenen Sofa Platz zu nehmen, während er selbst einen pfirsichfarbenen Cordsessel wählte. Wenn man mit einem Angehörigen der britischen Königsfamilie spricht, der die Presse nicht mag, ist es schwierig, einen Einstieg zu finden. Ich war nicht sicher, wie viel Zeit ich bekommen würde, und wollte deswegen auf Smalltalk verzichten. Ich erhoffte mir neue Erkenntnisse von unserem Gespräch und beschloss, mit einer großen Frage zu beginnen. Mir war bewusst, dass man mich eventuell hinauskomplimentieren würde, sollte ihm die Frage zu aufdringlich erscheinen. Aber falls die Frage ihn erreichte, wäre das ein guter Start für uns.
Ich hob an: „Wenn Sie auf Ihre königlichen Besuche gehen, versuchen Sie auch, Ihre eigenen Themen und Probleme mit den Menschen zu bearbeiten, die Sie treffen? Ich meine, ist das eine Art Therapie?“
Er schwieg länger als ein paar Sekunden. „Wow!“, sagte er dann. „Das ist eine Monsterfrage, die Sie mir da stellen.“ Es folgte eine lange Pause, dann lächelte er. „Sie haben natürlich recht.“ Wir waren auf einem guten Weg.
Der Prinz hielt Augenkontakt, während er redete, und steckte viel Energie in das Gespräch. Er sprach schnell und ein wenig ungeduldig, als könnten die Worte nicht rasch genug hervorsprudeln. Er war freundlich und zugewandt, aber sehr bestimmt, wenn er ein Thema nicht weiter erörtern wollte. Äußerte ich etwas, dem er zustimmte, sagte er gelegentlich: „Genau.“ Dann ging er zum nächsten Thema über, statt das vorherige zu vertiefen. Er hat es eilig, sein Profil zu schärfen, und scheint das Leben auch als Wettrennen zu betrachten: „Ich will etwas aus meinem Leben machen. Ich habe das Gefühl, es gibt nur ein kleines Zeitfenster, in dem sich die Leute für mich interessieren, bevor [Prinz] George und [Prinzessin] Charlotte [die Kinder seines Bruders William] übernehmen, und ich muss das Beste daraus machen.“
Unser Gespräch war breit gefächert und kam, wenig überraschend, bald auf seine verstorbene Mutter, Diana, Prinzessin von Wales. Das Wichtigste, das sie für ihn getan habe, so erklärte er mir, war, ihm „Sicherheit zu geben“. Es war einer der vielen ergreifenden Momente unseres Gesprächs. So etwas trifft mitten ins Herz eines jeden Kindes, ob reich oder arm. Kinder brauchen Eltern, die ihnen ein Gefühl der Sicherheit geben und für die richtige Umgebung sorgen, in der sie wachsen und gedeihen können. Sie brauchen auch das Gefühl, so akzeptiert und geliebt zu werden, wie sie sind.
Nach dem Verlust seiner Mutter, die starb, als er zwölf Jahre alt war, durchlebte Harry eine harte Zeit. Ihr Tod veränderte ihn. Aus dem bezaubernden, verschmitzten Jungen, der gerade zu verstehen begann, was es bedeutete, an dritter Stelle der Thronfolge und für immer im Schatten seines großen Bruders zu stehen, wurde ein eigensinniger, impulsiver Präpubertärer, der sich in den darauffolgenden Jahren schlecht benahm, seine Hausaufgaben selten rechtzeitig erledigte, zu viel trank und rauchte und zu viele Verbindungen mit unpassenden Mädchen einging. Zeitweilig schien er auf einer Mission in Sachen Selbstzerstörung zu sein und auf eine Katastrophe zuzusteuern, die Schande über seine gesamte Familie zu bringen drohte und sich sogar auf die Zukunft der britischen Monarchie hätte auswirken können.
Ich bin der Überzeugung, dass eine immerwährende Sehnsucht, seiner Mutter zu gefallen und in ihren Augen ein guter Junge zu bleiben, der Hauptgrund für Harrys Rückkehr aus seiner persönlichen Hölle ist. Sie wird ihm für immer als junge Frau von 36 Jahren im Gedächtnis bleiben – dasselbe Alter übrigens, in dem Meghan Markle bei ihrer Verlobung mit Harry war. Es tröstet ihn zu glauben, dass Diana immer noch irgendwie in Kontakt mit ihm ist und mitbekommt, was er tut, besonders wenn es um Angelegenheiten geht, die ihr wichtig waren. „Ich weiß instinktiv, welches Verhalten sich meine Mutter von mir wünschen würde“, sagte er. So hat er verlautbaren lassen, sie sei „auf und ab gehüpft“ bei der Nachricht von seiner Verlobung und dass sie sich „darauf freut, erneut Großmutter zu werden“.
Harry weiß um den Schmerz des Verlusts und Verlassenwerdens auf beruflicher und persönlicher Ebene. Und er nutzt dieses Wissen, um andere zu ermutigen, ihren Blick nach vorn zu richten. Er ist scharfsinnig und dringt schnell zum Kern der Dinge vor, kann Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden. Aber er kann auch gereizt und ungeduldig werden, wenn andere nicht mit seinem Tempo mithalten können.
Ich hatte das Glück, Prinz Harry in den Jahren 2016 und 2017 für Newsweek häufiger bei der Ausübung seiner diversen königlichen Pflichten begleiten zu dürfen. Ich beobachtete sein Verhalten in einer Vielzahl von Situationen und erhielt schließlich mehrmals die Gelegenheit, mich persönlich mit ihm im Kensington Palace zu unterhalten.
Harry galt anfangs zwar eher als Partylöwe, aber als engagierte Beobachterin des britischen Königshauses hatte ich bemerkt, dass seine ernsthaftere Seite allmählich zum Vorschein kam. Ich erzählte Mitgliedern seines Teams, die mir übrigens genauestens auf den Zahn fühlten, bevor sie dem Projekt zustimmten, von meinen Eindrücken. Ich vermutete, dass Harry eine Wandlung durchmachte; dass er dabei war, seine Rolle innerhalb der königlichen Familie zu finden, und zumindest von der Öffentlichkeit ernster genommen werden wollte. Glücklicherweise fanden sie, dass ich damit „goldrichtig“ lag, und versprachen, meine Anfrage an Harry weiterzuleiten. Es sei wichtig, betonten sie, den Zeitpunkt mit Bedacht zu wählen, denn er war nicht immer in der richtigen Stimmung.
Nach Monaten des Wartens, in denen ich gelegentlich höfliche E-Mails verschickte, um daran zu erinnern, dass es mich noch gab, wurde mir ein Ausflug nach Nottingham vorgeschlagen, um den Prinzen in Aktion zu erleben. Ich traf eine ganze Weile vor Harrys Ankunft ein. Er sagte nichts, schaute mich aber ein paar Sekunden lang direkt an und nickte mir mit einer minimalen Kopfbewegung zu. So weit, so gut, dachte ich.
Schließlich erhielt ich einen Termin für ein Gespräch mit ihm. Einer der wichtigsten Aspekte, die er vermitteln wollte, war seine große Sehnsucht, „jemand anderes zu sein als Prinz Harry“ – und das mag der Grund dafür sein, dass er sich manchmal nicht wohlzufühlen scheint in seiner Haut. Er möchte außerdem „normal sein“. In der Praxis kann diese „Normalität“ nur eine Pose sein, hat er doch Zugang zu diversen Palästen, wird in Limousinen mit Motorradeskorte herumkutschiert und nutzt seine unglaublichen Kontakte, um zu bekommen, was er will. Er kennt die einflussreichsten Menschen in allen Bereichen, und viele würden ihr letztes Hemd dafür geben, seine Wünsche wahr werden zu lassen. Sogar seine Großmutter, die Queen, tut so gut wie alles, um ihn glücklich zu machen.
Das Volk will auch gar nicht, dass er normal ist. Fast alle Menschen, die er in meinem Beisein traf, ganz besonders die unter 30-Jährigen, waren begeistert, einem „echten Prinz“ zu begegnen. Genau deswegen hörten sie ihm so aufmerksam zu. Auch seine Fähigkeit, mit anderen in Kontakt zu treten, ist alles andere als normal. Nur sehr wenige Menschen können jemandem, den sie gerade erst kennengelernt haben, intime Fragen nach ihrem seelischen Befinden stellen, ohne übergriffig zu wirken, aber Harry kann es, und er tut es.
Ich fragte ihn, ob er sich jemals Sorgen mache, dass zu viel „Normalität“ dem Königshaus etwas von seinem Geheimnis nehmen könnte. „Es ist ein Balanceakt“, antwortete er zustimmend. „Wir wollen den Zauber nicht schwächen.“
Sein Weg vom rebellischen Außenseiter zu einem der weltweit beliebtesten Royals hat ihm einiges an Selbstreflexion abverlangt. Die toxische Atmosphäre in seinem Elternhaus und der plötzliche Tod seiner Mutter haben Narben hinterlassen. Prinz William hat sich bemüht, seine persönlichen Probleme aufzuarbeiten, und hat über seine Frau Kate und ihre bürgerliche Herkunft den Wert eines von Zuneigung geprägten Familienlebens erkannt. Harry hat versucht, dasselbe über die wohltätigen Stiftungen zu erreichen, die er unterstützt, was viel schwieriger ist. Er ist auch emotionaler als sein Bruder.
Harry hat noch einiges vor sich, doch nun hat er Meghan Markle an seiner Seite. Die geschiedene US-amerikanische Schauspielerin und glamouröse Feministin entspricht nicht dem Klischeebild einer royalen Gemahlin, aber sie weiß, was sie will und was Harry braucht, und dazu zählt unter anderem, ein wenig bemuttert zu werden. Wie bei den besten Paaren kann auch er sich über sie definieren und verteidigt ihre Bedürfnisse entschieden. Der Historiker und Verfassungsexperte Dr. David Starkey, einer meiner Gesprächspartner während der Arbeit an diesem Buch, hält die beiden für ein gutes Paar: „Das Wesen der Philanthropie ist in beiden tief verwurzelt und wird ihnen die...