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E-Book

Tarifeinheit im Betrieb

Ein Auslaufmodell? Spartengewerkschaften auf der Überholspur

AutorOlaf Wittenburg
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl93 Seiten
ISBN9783836618984
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis33,00 EUR
Im Oktober 2005 hat sich eine große deutsche Tageszeitung in einem Beitrag zum Beschluss des BAG zur Tarifzuständigkeit bei IBM zu der Prognose hinreißen lassen, dass sich Arbeitgeber zukünftig darauf einstellen sollten, Tarifverhandlungen mit mehreren Gewerkschaften führen zu müssen. Damit stellt sich die Frage, ob der Grundsatz der Tarifeinheit überhaupt Platz für abweichende Tarifverträge lässt. Sollte der Grundsatz der Tarifeinheit tatsächlich obsolet sein, könnten dann nicht ganze Wirtschaftszweige durch Streiks weniger Spezialisten lahm gelegt werden können? Doch zunächst sollte geklärt werden, ob die Tarifeinheit im Arbeitsverhältnis überhaupt Geltung beansprucht und wie eine Tarifkonkurrenz gegebenenfalls aufgelöst werden kann. Von der Tarifeinheit im Arbeitsverhältnis ist zudem die Tarifeinheit im Betrieb abzugrenzen. Auch hier ist zunächst zu klären, wie es zu einer Tarifpluralität kommen kann, sodann ob und gegebenenfalls wie diese aufzulösen ist.

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Leseprobe
Kapitel A DER GRUNDSATZ DER TARIFEINHEIT

A. Tarifeinheit in der aktuellen Diskussion

Erst im Oktober 2005 hat sich eine große deutsche Tageszeitung in einem Beitrag zum Beschluss des BAG zur Tarifzuständigkeit bei IBM1 zu der Prognose hinreißen lassen, dass sich Arbeitgeber zukünftig darauf einstellen sollten, Tarifverhandlungen mit mehreren Gewerkschaften führen zu müssen. Schon ein Jahr später scheint die Wirklichkeit diese Zukunftsprognose eingeholt zu haben: Bereits Ende 2006 hat der Marburger Bund als so genannte Spezialistengewerkschaft nach monatelangen Auseinandersetzungen und wochenlangen Streiks eigene, von den Tarifverträgen der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft4 unabhängige, Tarifverträge für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern5 und Universitätskliniken6 erkämpft. Dem folgte im Februar 2007 ein eigener Tarifvertrag der Gewerkschaft der Fluglotsen. Das verbleibende Jahr 2007 stand sodann im Zeichen des Arbeitskampfes der Lokführergewerkschaft GDL. Am 19.03.2007 übergab die GDL den Entwurf eines eigenständigen Tarifvertrages für das Fahrpersonal an die Deutsche Bahn AG7. Damit beabsichtigt die GDL aus der Tarifgemeinschaft mit der DGB-Gewerkschaft Transnet und der ehemaligen Beamtengewerkschaft GDBA auszuscheren. Auch wenn die GDL laut Satzung allen im Transport- und Verkehrswesen Beschäftigten offen steht8, bezeichnet sie sich selbst als Spartengewerkschaft mit Tarifzuständigkeit für das fahrende Bahnpersonal. Zu Elite- oder Spartengewerkschaften aber hat sich das BAG bisher noch nicht geäußert. Das von der Deutschen Bahn AG vorgetragene Hauptargument gegen den angestrebten eigenständigen Tarifvertrag für das von der GDL vertretene Fahrpersonal ist der Grundsatz der Tarifeinheit, der neben den bereits mit der Transnet und der GDBA abgeschlossenen Tarifverträgen keinen Raum für einen abweichenden Tarifvertrag lasse. Ein eigenständiger Tarifvertrag für das Fahrpersonal würde zu Tarifkonkurrenz und Tarifpluralität und somit zuunlösbaren Schwierigkeiten für die Deutsche Bahn AG führen. Dem folgt zunächst auch die erstinstanzliche Judikatur mit der Feststellung, der von der GDL geforderte eigenständige Tarifvertrag für das Fahrpersonal könne unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Tarifeinheit nicht zur Anwendung kommen. Dies obwohl andere Gerichte jüngst bereits Arbeitskämpfe von Spartengewerkschaften zugelassen hatten. Um der aktuellen Diskussion mit dem notwendigen kritischen Abstand folgen zu können, müssen zunächst die grundlegenden Begriffe in gebotener Kürze erläutert werden. Dann gilt es festzustellen, wie es dazu kommen kann, dass ein Arbeitsverhältnis den Regeln mehrerer Tarifverträge unterliegt und ob diese Konkurrenz aufgelöst werden muss. Damit wird geklärt, ob die Tarifeinheit im Arbeitsverhältnis Geltung beansprucht und wie eine Tarifkonkurrenz gegebenenfalls aufgelöst werden kann. Von der Tarifeinheit im Arbeitsverhältnis ist die Tarifeinheit im Betrieb abzugrenzen. Auch hier ist zunächst zu klären, wie es zu einer Tarifpluralität kommen kann, sodann ob und gegebenenfalls wie diese aufzulösen ist. Damit kann anschließend auch die in der aktuellen Diskussion aufgeworfene Frage nach der Rechtmäßigkeit eines eigenständigen Tarifvertrags für die in der GDL organisierten Eisenbahner beantwortet werden.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Tarifeinheit im Betrieb - Ein Auslaufmodell?Spartengewerkschaften auf der Überholspur1
INHALTSÜBERSICHT3
INHALTSVERZEICHNIS4
LITERATURVERZEICHNIS9
VERZEICHNIS DER ZITIERTEN GERICHTSENTSCHEIDUNGEN17
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS20
DER GRUNDSATZ DER TARIFEINHEIT22
A. Tarifeinheit in der aktuellen Diskussion22
B. Definition der grundlegenden Begriffe23
C. Tarifeinheit im Arbeitsverhältnis24
I. Entstehung von Tarifkonkurrenz24
1. Tarifautonom veranlasste Tarifkonkurrenz24
a. Identische Tarifvertragsparteien25
b. Unterschiedliche Tarifvertragsparteien26
c. Zwischenergebnis27
2. Tarifkonkurrenz durch Allgemeinverbindlichkeitserklärung27
3. Abgrenzung zur scheinbaren Tarifkonkurrenz28
a. Kollision schuldvertraglicher Regelungen28
b. Verweis auf anderen Tarifvertrag28
c. Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel28
d. Betriebsübergang29
e. Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG29
f. Potentielle Tarifkonkurrenz31
g. Zwischenergebnis31
4. Ergebnis31
II. Tarifkonkurrenz und der Grundsatz der Tarifeinheit32
1. Entstehung des Grundsatz der Tarifeinheit32
2. Begründung des Grundsatz der Tarifeinheit32
3. Auswirkung der Tarifgebundenheit33
a. Tarifeinheit bei Individualnormen34
b. Tarifeinheit bei Kollektivnormen35
c. Aufspaltung von Tarifverträgen in Individual- und Kollektivnormen36
d. Zwischenergebnis38
4. Ergebnis38
III. Prinzipien zur Lösung der Tarifkonkurrenz38
1. Autonome Lösung der Tarifvertragsparteien39
a. Tarifvertragliche Vorrangklauseln39
b. Tarifvertragliche Selbstbeschränkungsklauseln39
c. Zwischenergebnis40
2. Spezialitätsprinzip40
a. Methodische Bedenken40
b. Inhaltliche Bedenken41
c. Zwischenergebnis42
3. Prinzip der größeren Sachnähe42
4. Günstigkeitsprinzip42
5. Wahlrecht des Arbeitnehmers43
a. Rechtliche Grundlage45
b. Zwischenergebnis46
6. Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien46
7. Quantitätsprinzip46
8. Rang der Tarifvertragsparteien48
9. Posterioritätsprinzip50
10. Prioritätsprinzip50
a. Vorrang des älteren Tarifvertrags50
b. Vorrang der älteren Tarifbindung51
c. Zwischenergebnis53
11. Ergebnis53
IV. Alternativer Ansatz zur Lösung der Tarifkonkurrenz53
1. Vorrang mitgliedschaftlicher Legitimation54
2. Vorrang spezieller Tarifzuständigkeit56
a. Doppelte Tarifgebundenheit57
3. Lösung der Tarifkonkurrenz bei Kollektivnormen58
4. Ergebnis59
V. Zusammenfassung60
D. Tarifeinheit im Betrieb60
I. Vorliegen einer Tarifpluralität60
1. Abgrenzung zur scheinbaren Tarifpluralität61
a. Ergänzung61
b. Ablösung61
c. Ausschluss61
d. Kollision schuldrechtlicher Regeln61
e. Einzelvertragliche Bezugnahme61
2. Ergebnis61
II. Tarifpluralität und der Grundsatz der Tarifeinheit62
1. Rechtsprechung des BAG62
2. Literaturmeinung64
III. Rechtsgrundlage der Tarifeinheit im Betrieb64
1. Ständige Rechtsprechung65
2. Gewohnheitsrecht65
3. Rechtsprinzip66
4. Richterliche Rechtsfortbildung66
a. Zulässigkeit67
b. Gesetzesimmanente Rechtsfortbildung67
c. Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung75
d. Zwischenergebnis79
5. Organisationsprinzipien des DGB80
6. Ergebnis81
IV. Vereinbarung der Tarifeinheit im Betrieb mit der Rechtsordnung81
1. Tarifvertragsgesetz82
a. Verstoß gegen § 3 Abs. 1 und 2 TVG82
b. Verstoß gegen § 5 TVG82
c. Zwischenergebnis83
2. Grundgesetz83
a. Kollektive Koalitionsfreiheit83
b. Individuelle Koalitionsfreiheit85
c. Zwischenergebnis86
3. Ergebnis86
V. Folgeprobleme der Tarifpluralität im Betrieb86
1. Arbeitskampfrechtliche Reaktionen87
a. Majority Rule87
b. Abkühlungsphase87
c. Lösende Aussperrung88
d. Tarifzensur88
2. Individualarbeitsrechtliche Folgen88
a. Fragerecht des Arbeitgebers88
b. Bezugnahmeklausel88
3. Ergebnis89
VI. Zusammenfassung89
E. Wesentliche Ergebnisse89
I. Tarifeinheit im Arbeitsverhältnis89
II. Tarifeinheit im Betrieb91
III. Konsequenz für die aktuelle Diskussion91
F. Ausblick91

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