|27|2 Theoretischer Überblick
Wie wir gesehen haben, können Pausen unterschiedlichste Funktionen erfüllen – neben der Erholung können sie z. B. auch zum Tätigkeitsausgleich, zur Arbeitszeitgliederung, zur sozialen Interaktion oder zur Wahrnehmung kultureller und individueller Bedürfnisse dienen. Je nach Funktion gehen Pausen mit sehr unterschiedlichen Wirkungen einher: Neben der Entmüdung wirken Pausen so beispielsweise auf die Motivation, die Emotion sowie auf die Kognition und das Lernen. Demzufolge finden sich auch eine ganze Reihe theoretischer Modelle aus der Arbeitszeit-, Belastungs- und Beanspruchungs-, Erholungs-, Motivations-, Emotions-, Kognitions- sowie Lernforschung, die Begründungen zur Wirkung unterschiedlichster Organisationselemente von Pausen (z. B. Pausenregime, Bezahlung von Pausen, Pausenauslösung, Pauseninhalt und Pausenort) liefern.
Im folgenden Kapitel werden zunächst diese unterschiedlichen Pausenorganisationselemente vorgestellt, die sich dann auch in einem integrativen Rahmenkonzept zu den Wirkungszusammenhängen bei Pausen wiederfinden. Dabei geht es nicht nur um die Erläuterung des hauptsächlichen Wirkungsmechanismus von Arbeitspausen, sondern auch um die Wechselwirkungen mit dem Arbeitssystem und den Einfluss individueller Merkmale. Im Anschluss daran werden die entsprechenden theoretischen Modelle und Grundlagen erläutert, um diese unterschiedlichen Wirkungen zu erklären.
2.1 Organisationselemente von Pausen und ihre Einbettung in ein Rahmenkonzept
Sowohl für den Überblick im Kontext der Forschung als auch für Interventionen bei der Pausengestaltung in betrieblichen Zusammenhängen ist ein systematisierender Überblick über Pausenorganisationselemente, also über mögliche Stellschrauben, hilfreich (s. Tabelle 2). Denn solche Elemente der Pausenorganisation stellen die eigentlichen Bestimmungsstücke eines Pausensystems dar – je nach Ausprägung einzelner Merkmale des jeweiligen Organisationselements sind unterschiedliche Pausenwirkungen möglich (vgl. dazu auch Kapitel 3).
Bei Sichtung einschlägiger Pausen- und Erholungsliteratur finden sich allerdings – ebenso wie bei den Pausenarten oder den Erholungsfunktionen – je nach Autor unterschiedliche Strukturierungen und Benennungen dieser einzelnen Merkmale (vgl. z. B. Krajewski, 2009), sodass die hier folgende Darstellung beispielhaften Charakter hat, ebenso wie die genannten Beispiele möglicher Ausprägungen.
Nicht vergessen werden sollte, dass solche Stellschrauben ihrerseits aber auch in formale (z. B. Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen) und betriebliche Rahmenbedingungen und -prozesse (z. B. Erholungskultur, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Gefährdungsbeurteilung) eingebunden sind. Diese haben zwar auch einen Einfluss auf die Wirkung von Pausen, sie sind jedoch vom betriebli|28|chen Praktiker unter Umständen nur eingeschränkt beeinflussbar, z. B. weil sie in anderen Funktions- und Kompetenzbereichen angesiedelt sind. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass es auch individuelle Merkmale der Beschäftigten gibt, die sowohl die Bedarfe als auch die Wirkungen von Pausen beeinflussen können (z. B. Alter). Dies verdeutlicht auch das in Abbildung 2 dargestellte Modell zu den Wirkungsmechanismen von Arbeitspausen.
Tabelle 2: Organisationselemente von Arbeitspausen
Organisationselement | Merkmal | Mögliche Ausprägungen (Beispiele) |
Zeit | (Gesamt-)Pausenlänge | Keine Pause bzw. Pausenausfall vs. zwei Stunden am Mittag |
Pausenintervall | Eine Pause pro Tag vs. Pausen alle zwei Stunden |
Pausenanzahl | 1 × 30 Minuten vs. 2 × 15 vs. 3 × 10 Minuten |
Stabilität | Immer mittags um 12 Uhr vs. jeden Tag anders |
Vorhersehbarkeit | Am Morgen wissen, wann Pause sein wird vs. Pause zufällig, wenn es in die Arbeitsorganisation passt |
Tätigkeit | Pauseninhalt | Essen mit Kollegen vs. Spaziergang vs. Einkauf erledigen vs. Meditation |
Soziale Bedingungen | Allein vs. mit Kollege(n) |
Umgebung | Pausenort | Pausenraum vs. Park vs. Schreibtisch |
Physikalische Bedingungen | Ruhig vs. laut; warm vs. kalt |
Formalisierung | Legitimität | Formelle offizielle Mittagspause vs. maskierte illegitime Pause |
Partizipationsmöglichkeiten | Pausen sind vorgegeben vs. Team organisiert selbständig das Pausensystem |
Pausenauslösung | Keine Auslösung vs. Signal, Glocke |
Bezahlung der Pausenzeit | Unbezahlte gesetzliche Ruhepause = Nacharbeiten vs. bezahlte Erhol(ungs)zeit |
Freiheitsgrade | Pausenzeitpunkt selbstbestimmt vs. Pause pünktlich von 12 Uhr bis 12:30 Uhr |
|29|Die Ausgestaltung der Pausenorganisation ist zunächst von formalen Rahmenbedingungen bestimmt (s. Feld A, 1. Absatz in Abbildung 2), wie z. B. der Mindestpausendauer laut Arbeitszeitgesetz oder Festlegungen aus Tarif- oder Betriebsvereinbarungen (vgl. Wegge et al., 2014). Zusätzlich sind Pausen aber auch in betriebliche Rahmenbedingungen eingebettet (s. Feld A, 2. Absatz), wie z. B. Möglichkeiten zur Partizipation bei der Gestaltung der Arbeitspausen, Verfahren und Vorgehensweisen zur Funktionsprüfung des Pausensystems oder die Erholungskultur im Unternehmen.
Abbildung 2: Rahmenkonzept zu Einflussgrößen und Wirkungsmechanismen von Arbeitspausen (in Anlehnung an Wendsche & Wegge, 2014)
Der eigentliche Effekt von Pausen liegt dann in ihrer direkten Wirkung als Puffer zwischen Belastungsfaktoren (I)...