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E-Book

Resilienzförderung und Prävention sexualisierter Gewalt in Kitas

Das 'ReSi'-Förderprogramm

AutorChristina Storck, Simone Pfeffer
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl165 Seiten
ISBN9783844428650
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis28,99 EUR
Der Band stellt ein positiv evaluiertes Bildungs- und Präventionskonzept vor, das Resilienz und Sicherheit im Kindergarten durch Kompetenzförderung unterstützt. Neben der Förderung allgemeiner Lebenskompetenzen werden mit einigen Übungen Schutzfaktoren aufgebaut, die spezifisch der Prävention von sexualisierter Gewalt dienen. Bei Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren steht dabei die Förderung von Basiskompetenzen im sozial-emotionalen, körperbezogenen und sprachlichen Bereich im Vordergrund. Weiterhin zielt das Konzept darauf ab, Fachkräfte und andere Bezugspersonen für das Thema sexualisierte Gewalt zu sensibilisieren und sie in ihrem Schutzhandeln zu stärken. Der erste Teil des Buchs beinhaltet Hintergrundinformationen zu Resilienz, Sicherheit und sexualisierter Gewalt sowie zu Zielen, Aufbau und Evaluation des Konzepts. Den zweiten Teil bildet ein Praxismanual mit Übungen sowie Materialien wie z.B. Bildergeschichten mit den Katzen Resi und Ralf auf einer beiliegenden CD-ROM.

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Leseprobe

|48|4 Das ReSi-Förderprogramm für Kinder: Konzeption, Evaluation und Anwendung in der Praxis


4.1 Konzeption des ReSi-Förderprogramms


4.1.1 Bildungsauftrag und Kompetenzerwerb in Kindertageseinrichtungen

Kompetenzen werden als Leistungsdispositionen betrachtet, die eine Person erwerben kann. Von Bedeutung ist dabei das Verständnis, dass die Selbsttätigkeit bei der Aneignung von Kompetenzen die wesentliche Rolle spielt, da „man Kompetenzen nicht lernen kann und dann ein für allemal hat, sondern dass man sie selbstorganisiert und handlungspraktisch erwirbt, und dass an diesem Prozess der ganze Mensch mit seinen Motivationen und Emotionen sowie mit seinen biographischen Prägungen beteiligt ist (kursiv i. O.)“ (Fröhlich-Gildhoff, Nentwig-Gesemann & Pietsch, 2011, S. 18). Eine kompetenzorientierte Pädagogik versteht sich als ein Ansatz, der dazu beiträgt, sich von der Defizit- und Leistungsorientierung im Bereich der frühkindlichen Förderung zu lösen. So wird der Blick auf vorhandene Stärken und Ressourcen von Kindern gelenkt. Durch die Ausbildung von Lebenskompetenzen (WHO, 1994) werden personale und soziale Ressourcen bei Kindern gestärkt, die in engem Zusammenhang zur Ausbildung von Schutzfaktoren und seelischer Widerstandsfähigkeit (Resilienz) gesehen werden (Wustmann, 2009). Durch das Erkunden, Ansprechen und Bekräftigen von Stärken können Kinder in ihrem Vertrauen in eigene Fähigkeiten gestärkt werden und so optimale Voraussetzungen für individuelles Wachstum und Entwicklung erfahren.

Nach einer bundesweiten Diskussion über den Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen verständigten sich die Bundesländer auf der Kultusministerkonferenz 2004 in einem „gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ auf übergeordnete Bildungsziele. Die detaillierten Inhalte der allgemein festgelegten Bildungsziele und deren Umsetzung sollten jeweils in den einzelnen Bundesländern erarbeitet werden. Ergebnis davon waren länderspezifische Bildungspläne, in denen Bildungsbereiche, zu erwerbende Kom|49|petenzen und Schlüsselprozesse, die diesen Kompetenzerwerb unterstützen sollten, definiert wurden. Als Schlüsselprozesse wurden u. a. die Partizipation von Kindern, die Einbeziehung der Eltern, sowie Beobachtung und Evaluation als Qualitätskriterien benannt.

Auch von Seiten der Hirnforschung (z. B. Hüther, 2008; Friedrich & Streit, 2002) erfährt die Kompetenzorientierung im frühpädagogischen Bereich Unterstützung. Lernerfahrungen auf der Basis einer ressourcenorientierten Haltung zu schaffen, trägt dazu bei, die kindliche Neugierde zu wecken, ihrem Grundbedürfnis nach Anerkennung und dem spielerischen Erkunden ihrer eigenen Möglichkeiten Rechnung zu tragen und sie damit in der Ausbildung einer nachhaltigen Lernmotivation zu unterstützen.

4.1.2 Kompetenzbereiche im ReSi-Förderprogramm für Kinder

4.1.2.1 Emotionale Kompetenzen

Emotionen sind aktuelle Zustände von Personen, die sich nach Art oder Qualität und Intensität voneinander unterscheiden lassen und mit einem charakteristischen Erleben, bestimmten physiologische Veränderungen und spezifischen Verhaltensweisen verbunden sind (Meyer, Schützwohl & Reisenzein, 1993).

Emotionale Kompetenzen beinhalten die Fähigkeit, mit Gefühlen und Bedürfnissen umgehen zu können, sowohl für sich alleine, als auch im Zusammensein mit Anderen. Unterschiedliche Modelle der Emotionalen Intelligenz bzw. Kompetenz (wie z. B. Salovey & Mayer, 1990; Saarni, 1990; Rose-Krasnor, 1997; Goleman, 1997) haben gemeinsam, dass das Verständnis eigener Emotionen, das der Emotionen anderer und die Regulation von Emotionen zentrale Komponenten darstellen (Klinkhammer & Salisch, 2015).

Emotional kompetente Kinder können – in altersentsprechender Ausprägung – vielfältige Gefühle unterscheiden. Sie können ihre Gefühle angemessen ausdrücken und regulieren und die Gefühle anderer Menschen erkennen und verstehen. Zu den Bereichen, in denen Kinder emotionale Fertigkeiten entwickeln, gehören Petermann und Wiedebusch (2016, S. 14) zufolge:

  • „der eigene mimische Emotionsausdruck,

  • das Erkennen des mimischen Emotionsausdrucks anderer Personen,

  • der sprachliche Emotionsausdruck,

  • Emotionswissen und -verständnis sowie

  • selbstgesteuerte Emotionsregulation“.

|50|Eine zentrale Funktion des Emotionsausdrucks ist die Kommunikation. Die Emotionen von anderen wahrnehmen und deuten können, sich in andere einfühlen und sie in ihrer Regulation zu unterstützen, sind zentrale Fähigkeiten, die ein soziales Miteinander ermöglichen. Daher sind emotionale Kompetenzen eng mit sozialen verflochten. Während bei emotionalen Kompetenzen der Umgang mit Gefühlen im Fokus steht, rücken bei sozialen Kompetenzen die Beziehungen und die Verhandlung der eigenen Interessen in der Interaktion mit anderen in den Mittelpunkt.

4.1.2.2 Körperbezogene Kompetenzen

Körperbezogene Themen und Erfahrungen sind ein zentraler, allerdings häufig vernachlässigter, Inhalt frühkindlicher Bildung. Im Bereich der körperbezogenen Kompetenzen können motorische Fertigkeiten von Körperwissen und -gefühl unterschieden werden. Im vorliegenden Ansatz wird die Motorik ausgeklammert und stattdessen der Fokus auf Körperwissen und Körperempfindungen gelegt. Dazu gehören Wissen über den eigenen Körper, sprachliche Ausdrucksfähigkeit im Benennen von Körperteilen und körperlichen Empfindungen, die Wahrnehmung körperlicher Bedürfnisse, die Erfahrung von Körpergrenzen und das Respektieren von körperlichen Empfindungen und Körpergrenzen anderer. Dies berührt das Thema kindliche Sexualität, welches sich klar von erwachsener Sexualität unterscheidet.

Ein entwicklungspsychologisches Verständnis von kindlicher Sexualität ist multidimensional und umfasst Beziehungs-, Lust- und Identitätsaspekte, die das kindliche Wohlbefinden fördern können. Wanzeck-Sielert (2010) spricht in diesem Zusammenhang von sexueller Bildung, die es ermöglicht, dass Kinder auf individuelle Entdeckungsreisen gehen, um ihren Körper auch im Kontakt mit anderen kennenzulernen. Sie lernen sich dabei selbst kennen in einem Prozess der Ausbildung der eigenen Identität. Durch dieses Erfahrungsfeld können Kinder in diesem Bereich Selbstsicherheit aufbauen und Grenzen bei sich und anderen erfahren und damit ihre Resilienz und Widerstandskraft stärken. Somit wird sexuelle Bildung als ein bedeutender Baustein der Persönlichkeitsentwicklung erachtet.

4.1.2.3 Soziale Kompetenzen

Soziale Kompetenzen bilden die Voraussetzung für eine gute Integration in die soziale Gemeinschaft. Sie sind mit emotionalen, sprachlichen und kognitiven Kompetenzen verknüpft, denn sie setzen Perspektivenübernahme (kognitiv), Empathie (emotional) und kommunikative Fähigkeiten (sprachlich) voraus. So wird es möglich, eine Repräsentation des Verhaltens anderer aufzubauen und sich auf Andere bezogen sinnvoll zu verhalten.

Dabei ist der Begriff der sozialen Kompetenz relativ. Was als sozial kompetentes Verhalten bewertet wird, hängt zum einen von den Interessen ab, die eine Person |51|in einer bestimmten Situation verfolgt. Darüber hinaus sind auch die jeweils herrschenden Normen und Werte einer sozialen Umgebung maßgeblich. Die soziale Umgebung umfasst dabei die Kultur, die Gesellschaft, aber auch die kleinere soziale Gruppe, in der Kinder aufwachsen (Pfeffer, 2017).

Caldarella und Merrell (1997) unterscheiden folgende soziale Kompetenzen:

  1. Fähigkeit zur Bildung positiver Beziehungen zu anderen (z. B. Perspektivenübernahme, andere wahrnehmen, unterstützen oder loben),

  2. Selbstmanagement-Kompetenzen (z. B. die eigene Gefühlslage kontrollieren und Konflikte bewältigen),

  3. Kognitive Kompetenzen (z. B. Anweisungen befolgen und um Hilfe bitten),

  4. Kooperative Kompetenzen (z. B. Normen und Regeln anerkennen und Interessen verhandeln),

  5. Positive Selbstbehauptung und Durchsetzungsfähigkeiten (z. B. Bedürfnisse äußern und nachhaltig eigene Interessen vertreten).

Die genannten...

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