GEISTESBLITZE
Sozialverhalten
Ein Rezept für mehr Vertrauen
Wer das Gleiche wie wir auf den Teller bekommt, wirkt auf uns vertrauenswürdig. Darauf lässt eine Versuchsreihe von Kaitlin Woolley und Ayelet Fishbach von der University of Chicago schließen. Die Forscherinnen hatten ihre Probanden paarweise ins Labor gebeten und sie angewiesen, entweder gleiche oder unterschiedliche Süßigkeiten zu verspeisen – vorgeblich, um diese für ein Marktforschungsprojekt zu testen. Anschließend spielten die Teilnehmer ein Wirtschaftsspiel, bei dem es zu entscheiden galt, seinem Partner einen frei wählbaren Geldbetrag anzuvertrauen, der diesen anschließend investieren, verdoppeln und einen Teil davon zurückzahlen konnte. Hatte der Mitspieler zuvor von der gleichen Süßigkeit genascht, überließen die Teilnehmer ihm schließlich mehr Geld und fühlten sich ihm näher, wie eine anschließende Befragung offenbarte. Auch bei einer Verhandlung arbeiteten beide Parteien besser zusammen, wenn sie das gleiche Essen vorgesetzt bekamen.
Selbst Produktempfehlungen schenkten Probanden mehr Vertrauen, wenn der Werber die gleiche Nahrung konsumierte wie sie selbst. Das bewiesen Woolley und Fishbach in einem weiteren Experiment, bei dem sie ihren Versuchsteilnehmern Videos vorspielten, in denen jemand etwa ein Computerprogramm oder ein Reinigungsmittel anpries. Da es sich bei den Aufnahmen angeblich um Amateurfilme handelte, die in heimischer Umgebung gedreht wurden, schien es auch nicht weiter ungewöhnlich zu sein, dass der Protagonist – in Wirklichkeit ein Assistent der beiden Forscherinnen – nebenbei einen Schokoriegel aß. Hatten die Probanden die Süßigkeit vor Versuchsbeginn ebenfalls kosten dürfen, schätzten sie die Meinung des Rezensenten auch als zuverlässiger ein.
Woolley und Fishbach glauben, dass wir den Verzehr einer ähnlichen Mahlzeit instinktiv als Hinweis auf eine besonders vertraute Beziehung interpretieren – so wie bei Liebespaaren, die sich häufig das Essen teilen. Für andere zufällige Gemeinsamkeiten, wie etwa ein T-Shirt in der gleichen Farbe zu tragen, gelte das dagegen nicht.
J. Consum. Psychol. 27, S. 1–10, 2017
Übergewicht
Urteil der Eltern lastet auf der Waage
Halten Eltern ihre Kinder für übergewichtig, legen diese im Lauf ihres Lebens tatsächlich mehr zu, berichten Eric Robinson von der University of Liverpool und Angelina Sutin vom Florida State University College of Medicine. Sie werteten die Daten von mehr als 2800 australischen Familien aus. Im Zuge der Untersuchung erfassten Forscher Gewicht und Größe der Kinder, als diese zwischen vier und fünf Jahre alt waren. Außerdem befragten sie die Eltern, wie sie das Gewicht ihrer Kinder einschätzten.
Zehn Jahre später maßen und wogen die Wissenschaftler die Kinder erneut. Hatten die Eltern ihre Sprösslinge bereits früh als zu dick empfunden, brachten diese als Teenager mehr Kilos auf die Waage als die Kinder von Eltern, die ihren Nachwuchs für normal schwer hielten. Das galt für Jungen wie Mädchen und zeigte sich unabhängig von anderen Faktoren wie dem Einkommen und den Körpermaßen der Eltern. Auch das Startgewicht der Kinder zu Beginn der Studie spielte keine Rolle.
Robinson und Sutin vermuten, dass die Wahrnehmung der Eltern sich auch auf Körpergefühl und Verhalten des Nachwuchses auswirkt. Wie Befragungen unter den Teenagern belegen, nahmen die Jugendlichen ihren Körper selbst ebenfalls als problematischer wahr, wenn die Eltern sie für dick hielten, und sie gaben häufiger an, bereits Diätversuche unternommen zu haben. Ob die Eltern auf diese Weise wirklich dazu beitragen, dass ihre Kinder stärker zunehmen, lässt sich aus den Daten nicht ableiten. Es könnte aber sein, dass sie durch die damit verbundene Stigmatisierung ihren Kindern ungewollt schaden, meinen die Forscher.
Psychol. Sci. 28, S. 320–329, 2017
Kopfschmerz
Diät gegen Migräne
Eine Ernährungsumstellung kann möglicherweise helfen, Kopfschmerzattacken zu lindern. Das legt zumindest eine Studie von Cherubino di Lorenzovon der Universität Rom und seinen Kollegen nahe. 96 übergewichtige Frauen, die regelmäßig unter Migräne litten, unterzogen sich dafür zwei verschiedenen Däten: Die eine Hälfte der Frauen aß einen Monat lang fett- und proteinreich, aber kohlenhydratarm (»ketogene Diät«). Darauf folgte eine fünfmonatige Phase, während der sich dieselben Probandinnen gemischt, aber kalorienarm ernährten. Die übrigen Versuchspersonen erhielten hingegen von Anfang an über sechs Monate hinweg lediglich eine kalorienreduzierte Kost.
Zahl und Ausmaß der Migräneanfälle nahmen in beiden Gruppen ab. Bei den Frauen, die zunächst eine ketogene Diät machten, fiel der Rückgang jedoch stärker aus: Während die Probandinnen zuvor im Mittel fünf Tage im Monat unter Kopfschmerzattacken litten, war dies in dem Monat, in dem sie sich vor allem fett- und proteinreich ernährten, im Schnitt nur an weniger als einem Tag der Fall. Als sie nach dem ersten Monat zur normalen Diät wechselten, häuften sich die Attacken wieder; ihre Zahl blieb allerdings weiterhin unter dem Ausgangsniveau.
Warum die ketogene Kost Migräneanfälle minderte, ist noch unklar. Prinzipiell sorgt sie dafür, dass der Körper effizienter mit seinen Ressourcen umgehen muss: Er wird durch die Ernährungsumstellung in eine Art leichten Hungermodus versetzt. Dadurch verringert sich etwa der oxidative Stress, der beispielsweise Zellen angreifen kann. Eine ketogene Ernährung hat allerdings auch Nachteile. Sie kann zumindest anfänglich müde machen und Übelkeit auslösen; außerdem verursacht sie einen typischen Mundgeruch.
Eur. J. Neurol. 22, S. 170–177, 2015
Naschen
Achtsam essen mindert spätere Lust auf Kekse
Kekse, Kuchen, Schokolade: Besonders am Nachmittag überfällt so manchen die Lust auf Süßes. Den Heißhungerattacken lässt sich jedoch vorbeugen, wie Lana Seguias und Katy Tapper von der University of London schildern: Wer sich beim Mittagessen mit allen Sinnen auf die Speisen konzentriert, kann süßem Gebäck am Nachmittag besser widerstehen.
Unter dem Vorwand, Geschmacksvorlieben zu untersuchen, servierten die Psychologinnen rund 50 Versuchspersonen zunächst ein Mittagsmahl: ein Vollkornkäsesandwich, Tomaten, Trauben, Cracker und kleine Kuchen. Zirka 800 Kilokalorien nahmen die Probanden auf diese Weise zu sich. Die eine Hälfte speiste in Stille, die andere Hälfte hörte dabei eine Audioaufnahme, die ihre Aufmerksamkeit auf sensorische Merkmale des Essens wie Aussehen, Konsistenz und Geruch lenkte. Zwei Stunden später sollten alle Probanden Fragen unter anderem dazu beantworten, was ihnen vom Mittagessen in Erinnerung geblieben war, und bekamen jeweils einen Teller mit Gebäck angeboten.
Bei jenen Probanden, deren Aufmerksamkeit man auf die sinnlichen Qualitäten des Essens gelenkt hatte, war die Lust auf Kekse deutlich gemindert. Sie nahmen rund 110 süße Kilokalorien zu sich, die übrigen im Schnitt ganze 200 Kilokalorien. Die Gruppen unterschieden sich nicht darin, wie gut sie sich an das Mittagessen erinnerten, etwa die Menge oder die Art der Speisen. Und es machte auch keinen Unterschied, ob es sich bei den Versuchspersonen um Frauen oder Männer handelte.
Mit allen Sinnen zu essen, hatte das spätere Bedürfnis nach einem Snack also nahezu halbiert. Das Experiment gibt aber keinen Aufschluss darüber, wie der Effekt genau zu Stande kommt. Außerdem kann man derzeit noch nicht erklären, warum sich das achtsame Essen nicht schon direkt während des Mittagessens auf die Menge der verspeisten Nahrung auswirkte.
Appetite 121, S. 93–100, 2018
Gedächtnis
Kognitive Einbußen durch zu viel Salz
Ein hoher Salzkonsum führt bei Mäusen zu kognitiven Defiziten, entdeckten Neurowissenschaftler um Costantino Iadecola vom Weill Cornell Medical College in New York. Im Rahmen eines Experiments setzte das Team dem Futter von Mäusen über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig rund vier bis acht Prozent Kochsalz zu. Das entspricht etwa der 8- bis 16-fachen Salzmenge, die die Nager normalerweise zu sich nehmen – ein Wert, den auch menschliche Salzfans durchaus erreichen können, wie die Forscher schreiben.
Bereits vier Wochen nach Beginn der salzhaltigen Ernährung beobachteten Iadecola und seine Kollegen, dass das Gehirn der betroffenen Tiere weniger mit Blut versorgt wurde. Weitere acht Wochen später konnten die Nager schlechter als zuvor ihnen bekannte von unbekannten Gegenständen unterscheiden, zudem litt ihr Orientierungssinn. Mäuse, die Futter ohne künstlich erhöhten Salzgehalt erhalten hatten, zeigten dagegen keine Auffälligkeiten.
Die Wissenschaftler entdeckten...