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E-Book

Demenz

Den Alltag mit Betroffenen positiv gestalten

AutorStefanie Becker
VerlagBeobachter-Edition
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783038751533
Altersgruppe16 – 99
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,00 EUR
Was bringt das Leben mit einer dementen Person mit sich? Wie lässt sich die Beziehung zu ihr gut erhalten? Wie kommuniziert man am besten? Stefanie Becker, die Autorin und Geschäftsführerin von Alzheimer Schweiz, schöpft in diesem neuen Beobachter-Ratgeber aus ihrem grossen Erfahrungsschatz und gibt viele praktische Tipps, wie man den Alltag mit Betroffenen positiv gestalten kann. Sie vermittelt auch viel Wissenswertes über verschiedene Formen von Demenz, ihre Ursachen, Symptome und Verläufe und erläutert, warum eine frühe Diagnose wichtig ist und welche Therapieformen in Frage kommen. Und nicht zuletzt legt sie ein Augenmerk auf die Gesundheit von betreuenden Angehörigen sowie mögliche finanzielle und personelle Unterstützung bei der Begleitung von an Demenz Erkrankten.

Dr. phil. Stefanie Becker hat in Heidelberg Psychologie und Gerontologie studiert. Sie ist als Geschäftsleiterin von Alzheimer Schweiz tätig. Bis 2012 hat sie das interdisziplinäre Institut Alter an der Berner Fachhochschule geleitet. Sie war 2012 - 2016 Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Gerontologie (SGG) und bis 2018 im Vorstand aktiv. Sie ist Gründerin der Zeitschrift "Angewandte Gerontologie", deren Redaktion sie leitet.

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Leseprobe

Von den ersten Anzeichen zur Diagnose

Die Abklärung einer Demenzerkrankung ist ein wichtiger, aber auch schwieriger Schritt. Was erwartet Sie und Ihren Angehörigen? Und was tun, wenn jemand genau diesen Schritt verweigert? Dieses Kapitel soll Unsicherheiten abbauen und Sie dazu ermutigen, rechtzeitig Ihren Arzt aufzusuchen.

Warum eine frühe Abklärung wichtig ist


Menschen mit Demenz können länger selbständig leben, wenn ihre Krankheit rechtzeitig behandelt wird. Denn auch ein «bisschen verwirrt» kann «ein bisschen zu viel» sein. Was Sie als Angehörige dazu beitragen können, lesen Sie in diesem Kapitel.

Die erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit gegenüber Demenzerkrankungen, allen voran der Alzheimer-Demenz, aber auch die enorme Entwicklung diagnostischer Verfahren in den letzten Jahren haben dazu beigetragen, dass heute bereits bei einer geringen Symptomausprägung, d. h. in einem frühen Krankheitsstadium, abgeklärt werden kann, ob und wenn ja an welcher Form von Demenz jemand erkrankt sein könnte. Auch die Betroffenen selbst und ihre Angehörigen denken beim Nachlassen der Gedächtnisleistungen häufiger als früher an die Möglichkeit einer Demenz. Erfreulicherweise hat dies und auch das bessere Wissen der Ärzte und Ärztinnen dazu beigetragen, dass sich viele früher für eine Abklärung ihrer Symptome entscheiden.

Der Gang zum Arzt macht Angst – das ist verständlich


Noch immer vermeiden viele Menschen den Gang zur Ärztin. Alzheimer Schweiz geht davon aus, dass aktuell nur etwa die Hälfte aller Betroffenen eine Diagnose hat – die Dunkelziffer ist also sehr hoch. Zudem werden viele noch immer ungenügend diagnostiziert; Diagnosen wie «Altersschwäche», «Senilität» oder «Verwirrtheit» anstelle von Demenz finden sich auch heute noch in Patientenakten. Damit erhalten viele Erkrankte erst spät eine falsche oder gar keine Diagnose – und damit keine Behandlung. Und das häufig, obwohl bereits Symptome wie Vergesslichkeit, Orientierungs- und Wortfindungsstörungen erkennbar sind.

Auch wenn ein Arztbesuch also mit Ängsten verbunden ist: Es sprechen gute Gründen für eine frühe Abklärung. Sie ist die Grundlage für eine Therapie, sie schafft Klarheit und sie gibt Gelegenheit, die kommende Zeit aktiv zu gestalten und Verfügungen für die Zukunft zu treffen.

INFO Die Erfahrung zeigt, dass eine frühe Diagnose bei vielen Erkrankten und ihren Angehörigen die Auseinandersetzung mit der Erkrankung und deren Akzeptanz positiv beeinflusst: Sie sind besser in der Lage, sich an die mit der Erkrankung verbundenen veränderten Lebensumstände anzupassen.

Aber nicht alle Menschen sind gleich. Daher kann es für manche gerade bei der Wahrnehmung erster Symptome wichtig sein, ihr Recht auf Nichtwissen zu beanspruchen, indem sie sich gegen eine Abklärung aussprechen und den Arztbesuch verweigern. Für Sie als Angehörige ist das keine einfache Zeit, denn die Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit Ihres Familienangehörigen betreffen auch Ihr Leben. Zu wissen, warum eine frühe Abklärung für die betroffene Person selbst, aber auch für Sie wichtig ist, kann helfen, im Gespräch die richtigen Argumente zu finden.

Gute Gründe für Klarheit


Eine Demenzerkrankung lässt sich heute schon früh diagnostizieren. Auch kann man mit grosser Wahrscheinlichkeit feststellen, um welche Demenzform es sich handelt. Dabei bezieht sich «Früherkennung» auf das Stadium der Erkrankung, in dem erst geringfügige Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit vorliegen, die jedoch sowohl für die Betroffenen wie auch für ihr Umfeld bereits bemerkbar sind. Eine möglichst frühe Diagnosestellung ist aus verschiedenen Gründen von grosser Bedeutung.

Früherkennung kann entlasten

Eine frühe Diagnose kann die Symptome einordnen. Es gibt Erkrankungen, die mit demenzähnlichen Symptomen einhergehen, etwa Depression. Da diese ebenfalls mit starken Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit verbunden ist, muss sie sorgfältig von einer Demenzerkrankung abgegrenzt werden. Depression kann zudem als Vorbote oder Begleitsymptom einer Demenz auftreten und gilt zusätzlich als Risikofaktor. Aber egal, ob eine Depression allein für demenzähnliche Symptome verantwortlich ist oder ob sie eine Demenzerkrankung begleitet: Sie beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen, sondern verstärkt auch die Demenzsymptome. Aber anders als Demenz ist Depression auch im Alter gut behandelbar – je zeitiger sie erkannt wird, desto günstiger sind die Aussichten. Für Sie als Angehörige bringt eine frühe Diagnose Klarheit und Entlastung. Das veränderte Verhalten erhält ein neues Gesicht; schwierige Situationen lassen sich nun einordnen.

DER EHEMANN der an Alzheimer-Demenz erkrankten 72-jährigen Marlies P. drückt es so aus: «Am schlimmsten war die Zeit vor der Diagnose. Irgendwie wussten wir ja alle, dass etwas nicht mehr stimmte. Aber wirklich etwas unternehmen konnten wir erst, als die Ärztin klipp und klar das Wort ‹Alzheimer-Krankheit› aussprach. Jetzt gehen wir ganz anders aufeinander zu.»

Früherkennung bedeutet besser behandeln

Menschen mit Demenz können mit rechtzeitig eingeleiteten gezielten Therapien wirkungsvoll unterstützt werden: Medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapien verzögern das Fortschreiten der Symptome und erhalten die Selbständigkeit länger aufrecht. Dies bedeutet eine verbesserte Lebensqualität der Erkrankten, ihrer Angehörigen und Betreuungspersonen. Eine Diagnose ist auch die Voraussetzung dafür, dass die Kosten für (bestimmte) Behandlungen durch die Krankenkassen übernommen werden.

EIN JAHR NACH der Demenzdiagnose geht es Beat K. (74) subjektiv gut. Dank einer speziellen Therapie kann er seinen Bewegungsdrang ausleben, sodass er und seine Ehefrau nachts nun wieder Schlaf finden. Die Medikamente gegen Depression helfen ihm, sein seelisches Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Das Ehepaar hat begonnen, gemeinsam in einem Chor zu singen.

Früherkennung schenkt Zeit

Die frühe Abklärung und Diagnosestellung ist auch deshalb so wichtig, weil sie den Erkrankten und auch Ihnen als Angehörige wertvolle Zeit schenkt, in der Sie sich auf ein Leben mit Demenz einstellen können.

NACH DER ALZHEIMER-DIAGNOSE entschieden Moritz P. (63) und seine Ehefrau, ihren grossen Traum, eine Chinareise, bereits im nächsten Jahr zu verwirklichen.

Früherkennung bietet die Chance zur autonomen Vorausplanung

Zu Beginn einer Demenzerkrankung können Betroffene viele Dinge noch selbständig erledigen. Eine frühe Diagnose ermöglicht es, wichtige persönliche Vorkehrungen noch selbst zu treffen.

NELLY K. (81) hat nach ihrer Diagnose eine Person ihres Vertrauens für ihre finanziellen und administrativen Angelegenheiten bestimmt. Sie hat ein Testament aufgesetzt und in einem Vorsorgeauftrag festgelegt, wer zukünftige Entscheidungen über ihre Betreuung und Behandlung treffen soll.

Früherkennung erlaubt Anpassungen im Alltag

Vielen Menschen gibt eine frühe Diagnose Gelegenheit, den Alltag so einzurichten, dass sie möglichst lange selbständig bleiben können. Lebensgewohnheiten, die Umgebung (beispielsweise die Wohnung, siehe Seite 138) müssen angepasst werden. Vielleicht braucht es zusätzliche Unterstützung. Neue Gewohnheiten und Alltagsabläufe können entwickelt und mit den Angehörigen zusammen eingeübt werden. Möglicherweise finden sich neue Beschäftigungen, Tätigkeiten usw. für die erkrankte Person. Sie können zu wertvollen Quellen des Wohlbefindens und der Freude werden, wenn die Demenz weiter fortschreitet.

Früherkennung hilft, mit der Demenz nicht alleine zu bleiben

Die Diagnose schafft eine wichtige Basis, um mit Familien und Freunden Hilfe und Unterstützung zu organisieren. Für alleinstehende Menschen mit Demenz lässt sich rechtzeitig ein Unterstützungsnetzwerk aufbauen, damit sie möglichst lange zu Hause bleiben können.

SILVIA O. BETREUT ihre kranke Schwester (71) und konnte schon von vielen Hilfsangeboten Gebrauch machen. Im letzten Sommer zum Beispiel verbrachte sie mit ihrer Schwester zum ersten Mal eine Woche in den Alzheimerferien. Das gab ihnen beiden die Chance, andere Menschen zu treffen. Zweimal pro Woche besucht die Schwester eine Tagesstätte, was Silvia O. Entlastung verschafft. Seit sie nicht mehr das Gefühl hat, alles alleine meistern zu müssen, geht es beiden viel besser.

Und nicht zuletzt kann eine Diagnose auch...

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