ENTSPANNUNG IST LEBENSWICHTIG
Stress begegnet uns im Alltag überall und jederzeit. Das gilt für den Menschen ebenso wie für seinen geliebten Vierbeiner.
Sorgen wir also gemeinsam für die größtmögliche Entspannung auf beiden Seiten.
SCHULDKOMPLEXE ABBAUEN
Hunde sind heute weitaus mehr als nur Freizeitpartner. Sie übernehmen heroische Aufgaben, wie blinde Menschen zu geleiten oder totkranken Kindern ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Sie werden als Helden gefeiert, solange sie gut funktionieren ...
Der gemeine Canis lupus familiaris – im Allgemeinen »Hund« genannt – ist allerdings eher ein Tier, das am Gartenzaun kläfft, friedliche Passanten anspringt und ableckt, die Wurst vom Brot klaut oder die wertvolle Einrichtung im Urlaubsdomizil zerlegt. Und wer ist schuld? Sie natürlich! Ihr Hund ist hyperaktiv? Ganz klar, es liegt an Ihrer eigenen inneren Unruhe. Ihr Hund hat Probleme mit Artgenossen? Wahrscheinlich sind Sie auch nicht gerade der verträglichste Zeitgenosse. Ihr Hund ist ängstlich? Ziemlich sicher sind Sie getrieben von Zweifeln und unbewussten Traumata. Wie auch immer, Sie sollten das laut Wissenschaftlern und Hundetrainern schleunigst ändern. Die Frage ist nur, wie.
Frust und Anspannung sind häufige Begleiter von Hundehaltern. Auch wenn es Ihnen schon sehr gut gelingt, im Gleichgewicht zu bleiben, gibt es vielleicht trotzdem Situationen, in denen Sie am liebsten laut schreien wollen. Ein Blick zu Ihrem Hund lässt den Wunsch meist im Keim ersticken, denn Sie haben ja gelernt, sich zu mäßigen. Dem Tier zuliebe. Auch die bekannte These »Zeige mir deinen Hund, und ich sage dir, wer du bist« beruhigt hier nur wenig und wird eine harmonische, verständnisvolle Beziehung zum eigenen Tier nicht unbedingt fördern. Doch die Annahme, das Befinden Ihres Vierbeiners hänge mit dem Ihrigen zusammen, ist nicht aus der Luft gegriffen. Studien von Wiener Verhaltensbiologen belegen, dass Hunde in der Lage sind, emotionale Informationen ihrer Halter aufzunehmen und sich diesen anzupassen.
Auch Belege über die optische Ähnlichkeit von »Herr und Gescherr« sind hinlänglich bekannt und weit über die amerikanischen Grenzen hinaus erforscht. Gleich und Gleich gesellt sich eben gern.
Schon erstaunlich, was unsere Hunde alles auf sich nehmen, um sich an unser Leben anzugleichen. Darum haben sie es ebenso verdient, von ihren Menschen gesehen und wahrgenommen zu werden. Als Individuen mit auch der einen oder anderen Eigenschaft, die vielleicht nicht so zu Ihnen passt oder momentan in der Gesellschaft nicht als heroisch gefeiert wird. Was Sie wissen sollten, ist, dass niemand schuld ist: weder Sie noch Ihr »unfolgsamer« Hund, der Sie spiegelt.
Der Vierbeiner läuft ganz entspannt an lockerer Leine. So macht der gemeinsame Spaziergang Spaß.
SPANNUNG RAUSNEHMEN
Entspannung geht mit wachem Verhalten einher und spielt sich sowohl auf der gefühlsbezogenen (emotionalen) als auch auf der verstandsbezogenen (kognitiven) Ebene ab.
Erstrebenswert sind angenehme Gefühle wie etwa Gelassenheit oder »An-nichts-mehr-denken-Müssen«. Entspannung wird häufig auch mit Gesundheitserhaltung, Wellness und dem simplen Glücklichsein verbunden. Die Muskeln lockern sich, der Atemablauf wird ruhiger und tiefer, es wird mehr Sauerstoff aufgenommen, die Hauttemperatur steigt, und es tritt ein Gefühl des Ausgeruhtseins ein. Nebenbei – und dieser Punkt ist für das Zusammenleben mit Ihrem Hund besonders wichtig – erhöhen sich die Wahrnehmungsschwellen, und Sie können sich mehr auf innere Prozesse konzentrieren (→ Wissen extra, >). Sind Sie entspannt und ausgeruht, werden Sie kleine, tägliche Ärgernisse seltener aus der Bahn werfen, als wenn Ihr Nervensystem nur so vor sich hin brodelt.
Wenn »das Fass überläuft«
Vielleicht kennen Sie das Prinzip des »Tüpfelchens auf dem i«. Lange Zeit wird einiges geduldet, doch in einem ganz bestimmten Moment und eventuell sogar bei einer Kleinigkeit platzt dann der Kragen. Oftmals trifft die gesamte geballte Energie dann ein Individuum, das in dem Moment einfach da ist, aber eigentlich gar nichts dafür kann. So ein Individuum könnte zum Beispiel Ihr Hund sein. Nachdem dieser aber im Hier und Jetzt lebt, wird er Ihren Wutausbruch bestimmt nicht verstehen, Sie verständnislos mit großen Kulleraugen ansehen und dazu verlegen mit dem Schwanz wedeln. Dieses Verhalten löst höchstwahrscheinlich bei Ihnen wiederum ein Schuldgefühl aus, und der Kreislauf beginnt von Neuem. Sie entschuldigen sich bei Ihrem Tier und schieben die Schuldgefühle ein weiteres Mal in den Vorratskoffer für miese Laune.
Es ist wichtig, körperliche wie seelische Verspannungen regelmäßig abzubauen. Für Mensch und Hund gilt gleichermaßen, dass Seele, Körper und Geist passiv, aber auch aktiv aufgetankt werden sollten. Während Musik hören, sich massieren lassen, ein Nickerchen machen (Powernapping) und Sonne tanken der passiven Entspannung zugezählt werden, sind Sport treiben, bewusst lächeln oder meditieren aktive Formen der Entspannung.
Übung für Sie und Ihren Hund
Beobachten Sie während eines Spaziergangs genau, wo überall Spannung im Sinne einer Verkrampfung bei Ihnen und Ihrem Hund liegt. Welche Körperteile aktivieren Sie besonders? Ist vielleicht die Leine gespannt? Und wenn ja, in welchen Situationen? Beißen Sie häufig die Zähne während des Spaziergangs zusammen? Wann scheint Ihr Hund sich zu versteifen, und an welchen Körperpartien sehen Sie dies? Jetzt geht es darum, ganz bewusst zu entspannen. Halten Sie zum Beispiel vor jeder Ecke den Atem an, weil Sie nicht wissen, wer Ihnen entgegenkommen könnte? Versuchen Sie beim nächsten Spaziergang, diese Körperstellen ganz bewusst zu entspannen. Atmen Sie vor Ecken tief aus und lassen Sie die Leine ein wenig lockerer. Mit etwas Übung werden Sie erkennen, dass auch Ihr Hund ruhiger läuft.
Entspannung durch Schlaf
Entspannungszustände sind nicht mit Schlafphasen gleichzusetzen. Wenngleich Schlaf selbstverständlich auch eine sehr elementare Funktion für das Wohlgefühl von Mensch und Hund darstellt. Während Hunde einen 24-Stunden-Tag mit mindestens 18 Stunden Schlaf verbringen sollten, um fit zu bleiben, reichen den meisten Menschen schon gute acht Stunden. Was in der vorletzten Generation noch Usus war und Kindern empfohlen wurde, ist für die leistungsmotivierten Erwachsenen heute längst nicht mehr schick. Der Mittagsschlaf scheint keinen Stellenwert mehr zu haben. Dabei belegen Studien – unter anderem die der NASA, dass die Aufmerksamkeit bei Piloten durch ein kleines Nickerchen, Powernapping genannt, um bis zu 100 Prozent gesteigert werden kann – natürlich nicht während des Fluges, sondern davor oder danach. Somit wäre auch belegt, was Hunde täglich vorleben. Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 sind die häufigsten Gründe für schlechten Schlaf beim Menschen Stress im Job, gefolgt von privaten und gesundheitlichen Problemen. Jeder fünfte Befragte der unter 30-Jährigen gab das Handy als Störquelle im Schlafzimmer an. Sicher ist, dass ein Schläfchen zwischendurch die Leistungsfähigkeit steigert, den Appetit zügelt, gegen Herzkrankheiten schützt, gute Laune macht und Erschöpfungszuständen vorbeugt.
Tipp für Sie und Ihren Hund
Das kurze Schläfchen zwischendurch, das Powernapping, will gelernt sein! Stellen Sie ungefähr fünf Minuten alles zusammen, was Sie für das Schläfchen brauchen. Bereiten Sie das Sofa vor und für Ihren Hund sein Kuschelkissen. Machen Sie leise Musik an und stellen Sie den Wecker auf zwanzig Minuten. Nach dem Schläfchen ist es wichtig, den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Bewegen Sie Arme und Beine, trinken Sie ein Glas Zitronensaft und gehen Sie dann kurz an die Luft.
Gemeinsam »powernappen«. Das kurze Schläfchen zwischendurch lädt den Energietank auf.
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